Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Christine Kamm BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 18.01.2017 Kriterien der Unterbringungen von Asylbewerberinnen und Asylbewerber in Manching und Bamberg 2016 I Ich frage die Staatsregierung: 1.1 Wie viele Personen wurden 2016 aus ihren Asylbewerberunterkünften nach Manching oder Bamberg umverteilt (bitte nach Nationalität, Aufenthaltstitel und die Unterscheidung zwischen Erwachsene und Minderjährige vornehmen)? 1.2 Waren auch Personen aus Jugendhilfeeinrichtungen betroffen? 1.3 Nach welchen Kriterien wurden die Personen ausgewählt ? 2.1 Wer zeichnete für diese Entscheidung(en) verantwortlich ? 2.2 Wie wurden die Umverteilungen praktisch durchgeführt ? 2.3 Was waren die maßgeblichen Entscheidunggesichtspunkte für die jeweiligen Umverteilungsentscheidungen ? 3.1 Welche Behörde war für die Umverteilungen der Senegalesen in die besonderen Aufnahmeeinrichtungen in Bamberg und Manching verantwortlich? 3.2 Aus welcher Rechtsvorschrift ergab sich die entsprechende Behördenzuständigkeit? 3.3 Auf welcher/welchen Rechtsgrundlage/n erfolgte die Umverteilung? 4.1 Soweit § 9 Abs. 1 DVAsyl die Rechtsgrundlage für die genannten Umverteilungen gewesen ist, welche Gründe des öffentlichen Interesses i.S.d. §§ 9 Abs. 1 u. 5 DVAsyl bestanden an der Umverteilung? 4.2 Nach welchen sonstigen Gesichtspunkten wurde das Ermessen ausgeübt? 4.3 Werden bei der Zuweisungsentscheidung folgende Gesichtspunkte aufseiten des Umzuverteilenden berücksichtigt : Besuch einer Schule, Aufnahme oder Inaussichtstellung einer Ausbildung, Aufnahme oder Inaussichtstellung einer Erwerbstätigkeit, bisherige Aufenthaltsdauer in Deutschland/dem vorhergehenden Wohnort, Sonstige erbrachte Integrationsleistungen , Physische und psychische Erkrankungen, Minderjährigkeit, Familien- oder Ehegemeinschaft in der bisherigen Unterkunft, Grad der persönlichen und beruflichen Verwurzelung am Ort der bisherigen Unterkunft ? 5.1 Soweit eine andere Vorschrift Rechtsgrundlage für die genannten Umverteilungen gewesen ist, welche Vorschrift war die Rechtsgrundlage? 5.2 Wurden bei der Zuweisungsentscheidung folgende Gesichtspunkte aufseiten des Umzuverteilenden berücksichtigt : Besuch einer Schule, Aufnahme oder Inaussichtstellung einer Ausbildung, Aufnahme oder Inaussichtstellung einer Erwerbstätigkeit, bisherige Aufenthaltsdauer in Deutschland/dem vorhergehenden Wohnort, Sonstige erbrachte Integrationsleistungen , Physische und psychische Erkrankungen, Minderjährigkeit, Familien- oder Ehegemeinschaft in der bisherigen Unterkunft, Grad der persönlichen und beruflichen Verwurzelung am Ort der bisherigen Unterkunft ? 6.1 Haben alle umverteilten Personen einen schriftlichen Zuweisungsbescheid erhalten? 6.2 In welcher Form und mit welchem zeitlichen Vorlauf wurde dieser zugestellt? 6.3 Enthielt dieser Zuweisungsbescheid eine Rechtsbehelfsbelehrung ? 7.1 Was ist Gegenstand dieser Rechtsbehelfsbelehrung? 7.2 Welche Rechtsschutzmöglichkeiten gibt es im Allgemeinen gegen einen Zuweisungsbescheid? 7.3 Wann ist aus Behördensicht eine Umverteilung/ein Zuweisungsbescheid als rechtswidrig einzustufen? 8.1 Ist die Umverteilung von afghanischen Asylbewerbern und -suchenden aus ihren bisherigen Asylbewerberunterkünften nach Manching oder Bamberg geplant oder bereits geschehen? 8.2 Wenn ja, in welchem Umfang und auf welcher Rechtsgrundlage ? 8.3 Welche Herkunftsländer waren bisher und werden in Zukunft von den Umverteilungen nach Bamberg und Manching betroffen sein? Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 01.03.2017 Vorbemerkung: Bei der Beantwortung wird unterschieden zwischen der landesinternen Umverteilung von Personen in einen anderen Landkreis oder eine andere kreisfreie Gemeinde im selben oder in einem anderen Regierungsbezirk gemäß § 9 Asyldurchführungsverordnung (DVAsyl) und der Verlegung von Personen in die gemäß § 46 Asylgesetz (AsylG) zuständige Aufnahmeeinrichtung. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 09.05.2017 17/15763 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/15763 1.1 Wie viele Personen wurden 2016 aus ihren Asylbe werberunterkünften nach Manching oder Bamberg umverteilt (bitte nach Nationalität, Aufenthaltstitel und die Unterscheidung zwischen Erwachsene und Minderjährige vornehmen)? Im Jahr 2016 erfolgte eine Umverteilung von insgesamt 1.050 Personen aus der Anschlussunterbringung nach Ingolstadt /Manching. 505 Personen davon waren minderjährig . Keine der umverteilten Personen verfügte über einen Aufenthaltstitel . Von den nach Ingolstadt/Manching umverteilten Personen stammten 457 aus Albanien, 231 aus der Ukraine, 217 aus der Republik Kosovo, 63 aus Mazedonien, 59 aus der Republik Serbien und 23 aus Bosnien-Herzegowina. Nach Bamberg wurden im Jahr 2016 insgesamt 1.171 Personen umverteilt, davon 814 Erwachsene und 357 Minderjährige . 387 der umverteilten Personen stammten aus Albanien, 50 aus Bosnien, 555 aus der Republik Kosovo, 94 aus Mazedonien und 85 aus der Republik Serbien. Auch diese Personen verfügten nicht über einen Aufenthaltstitel. 1.2 Waren auch Personen aus Jugendhilfeeinrichtun gen betroffen? Nein. 1.3 Nach welchen Kriterien wurden die Personen aus gewählt? Die Auswahl erfolgte primär nach dem Kriterium der Herkunft /der Nationalität der betreffenden Person. Daneben wurden insbesondere familiäre Bindungen und der Gesundheitszustand berücksichtigt. 2.1 Wer zeichnete für diese Entscheidung(en) verant wortlich? Zuständig für die Umverteilung nach Bamberg war gemäß § 9 Absatz 2 Satz 2 DVAsyl die Regierung von Oberfranken , für die Umverteilung nach Ingolstadt die Regierung von Oberbayern. 2.2 Wie wurden die Umverteilungen praktisch durch geführt? Die Umverteilungen erfolgten durch schriftlichen Bescheid, mit dem den Betroffenen der zukünftige Wohnsitz zugewiesen wurde und sie aufgefordert wurden, innerhalb einer bestimmten Frist dort einzuziehen. Für den tatsächlichen Transfer wurden je nach Anzahl der Betroffenen Busse oder Personenkraftwagen bereitgestellt oder öffentlicher Personenverkehr (ÖPNV/Bahn-Tickets ausgegeben. 2.3 Was waren die maßgeblichen Entscheidung s gesichtspunkte für die jeweiligen Umverteilungs entscheidungen? Hierzu wird auf die Antwort zu Frage 1.3 verwiesen. 3.1 Welche Behörde war für die Umverteilungen der Senegalesen in die besonderen Aufnahmeeinrich tungen in Bamberg und Manching verantwortlich? 3.2 Aus welcher Rechtsvorschrift ergab sich die ent sprechende Behördenzuständigkeit? 3.3 Auf welcher/welchen Rechtsgrundlage/n erfolgte die Umverteilung? Bei dem Wohnortwechsel der Senegalesen von Oberbayern nach Bamberg handelte es sich um eine Verlegung in die zuständige Aufnahmeeinrichtung, nicht um eine Umverteilung im Sinne von § 9 DVAsyl. Die Verlegung erfolgte in Absprache zwischen der Regierung von Oberbayern und der Regierung von Oberfranken. Asylsuchende aus dem Senegal sind gemäß § 47 Abs. 1a AsylG verpflichtet, bis zur Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge über den Asylantrag und im Falle der Ablehnung des Asylantrags nach § 29a AsylG als offensichtlich unbegründet oder nach § 29 Absatz 1 Nummer 1 AsylG als unzulässig bis zur Ausreise oder bis zum Vollzug der Abschiebungsandrohung oder -anordnung in der für ihre Aufnahme zuständigen Aufnahmeeinrichtung zu wohnen. Für die Bearbeitung von Anträgen Asylsuchender aus dem Herkunftsland Senegal ist die Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge in Bamberg zuständig (§ 46 AsylG). Ein Ermessen ist insoweit nicht eröffnet. Die Festlegung , welche seiner Außenstellen für welches Herkunftsland zuständig ist, obliegt dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. 4.1 Soweit § 9 Abs. 1 DVAsyl die Rechtsgrundlage für die genannten Umverteilungen gewesen ist, welche Gründe des öffentlichen Interesses i.S.d. §§ 9 Abs. 1 u. 5 DVAsyl bestanden an der Umver teilung? In Bamberg und Ingolstadt/Manching werden Asylbewerber mit geringer Bleibeperspektive untergebracht. Durch die dortige Bündelung aller am Asylverfahren beteiligten Behörden lässt sich eine Beschleunigung der Asylverfahren erreichen. Dies dient unmittelbar dem öffentlichen Interesse an einem möglichst effizienten Einsatz öffentlicher Mittel. Es dient zudem dazu, Asylbewerbern möglichst zeitnah Klarheit über ihren Asylantrag zu verschaffen. 4.2 Nach welchen sonstigen Gesichtspunkten wurde das Ermessen ausgeübt? 4.3 Werden bei der Zuweisungsentscheidung folgende Gesichtspunkte aufseiten des Umzuverteilenden berücksichtigt: Besuch einer Schule, Aufnahme oder Inaussichtstellung einer Ausbildung, Aufnah me oder Inaussichtstellung einer Erwerbstätigkeit, bisherige Aufenthaltsdauer in Deutschland/dem vorhergehenden Wohnort, Sonstige erbrachte In tegrationsleistungen, Physische und psychische Erkrankungen, Minderjährigkeit, Familien oder Ehegemeinschaft in der bisherigen Unterkunft, Grad der persönlichen und beruflichen Verwurze lung am Ort der bisherigen Unterkunft? Auf die Antwort zu Frage 1.3 wird verwiesen. Sämtliche weitere genannte Belange werden berücksichtigt. Treten sie hinter dem öffentlichen Interesse zurück, fällt die Entscheidung zugunsten einer Umverteilung aus. Mitglieder einer Kernfamilie, das heißt Eltern und deren minderjährige Kinder , werden stets nur gemeinsam umverteilt. 5.1 Soweit eine andere Vorschrift Rechtsgrundlage für die genannten Umverteilungen gewesen ist, wel che Vorschrift war die Rechtsgrundlage? 5.2 Wurden bei der Zuweisungsentscheidung folgende Gesichtspunkte aufseiten des Umzuverteilenden berücksichtigt: Besuch einer Schule, Aufnahme oder Inaussichtstellung einer Ausbildung, Aufnah me oder Inaussichtstellung einer Erwerbstätigkeit, Bisherige Aufenthaltsdauer in Deutschland/dem vorhergehenden Wohnort, Sonstige erbrachte In Drucksache 17/15763 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 tegrationsleistungen, Physische und psychische Erkrankungen, Minderjährigkeit, Familien oder Ehegemeinschaft in der bisherigen Unterkunft, Grad der persönlichen und beruflichen Verwurze lung am Ort der bisherigen Unterkunft? Die Umverteilungen nach Bamberg und Ingolstadt/Manching erfolgten gemäß § 9 DVAsyl. Hinsichtlich der Kriterien wird auf die Antwort zu Frage 4.3 verwiesen. Hinsichtlich der Verlegung von Senegalesen wird auf die Antwort zu den Fragen 3.1, 3.2 und 3.3 verwiesen. 6.1 Haben alle umverteilten Personen einen schriftli chen Zuweisungsbescheid erhalten? Sämtliche nach Bamberg oder Ingolstadt/Manching umverteilte Personen erhielten einen schriftlichen Umverteilungsbescheid nebst Rechtsbehelfsbelehrung. 6.2 In welcher Form und mit welchem zeitlichen Vor lauf wurde dieser zugestellt? Die Bescheide wurden regelmäßig gegen Empfangsbekenntnis ausgehändigt. Die Frist zum Einzug in die im Bescheid genannte Unterkunft betrug in der Regel eine Woche ab Zustellung des Bescheids. 6.3 Enthielt dieser Zuweisungsbescheid eine Rechts behelfsbelehrung? Ja. 7.1 Was ist Gegenstand dieser Rechtsbehelfsbeleh rung? In der Rechtsbehelfsbelehrung wird auf den statthaften Rechtsbehelf, die Stelle, bei der der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz der für den Rechtsbehelf zuständigen Stelle sowie die einzuhaltende Rechtsbehelfsfrist und -form hingewiesen. 7.2 Welche Rechtsschutzmöglichkeiten gibt es im All gemeinen gegen einen Zuweisungsbescheid? Statthafter Rechtsbehelf gegen einen Umverteilungsbescheid ist die Anfechtungsklage. Da die Klage gemäß § 75 Absatz 1 AsylG keine aufschiebende Wirkung entfaltet, kann beim zuständigen Bayerischen Verwaltungsgericht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung beantragt werden. 7.3 Wann ist aus Behördensicht eine Umverteilung/ ein Zuweisungsbescheid als rechtswidrig einzu stufen? Eine Umverteilung/ein Zuweisungsbescheid ist rechtswidrig, wenn hiermit gegen formelles oder materielles Recht verstoßen wird. 8.1 Ist die Umverteilung von afghanischen Asylbewer bern und suchenden aus ihren bisherigen Asylbe werberunterkünften nach Manching oder Bamberg geplant oder bereits geschehen? 8.2 Wenn ja, in welchem Umfang und auf welcher Rechtsgrundlage? 8.3 Welche Herkunftsländer waren bisher und werden in Zukunft von den Umverteilungen nach Bamberg und Manching betroffen sein? Eine Umverteilung von afghanischen Asylbewerbern und -suchenden findet derzeit nicht statt. Für Neuzugänge erfolgt die Verteilung der Bearbeitung der Herkunftsländer auf die Einrichtungen in enger Abstimmung mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, um eine bayernweit gerechte sowie den Personalkapazitäten des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge in den Einrichtungen entsprechende Verteilung sicherzustellen.