17. Wahlperiode 05.05.2017 17/15774 Bayerischer Landtag Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Christian Magerl BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 31.01.2017 Fortentwicklung des Arten- und Biotopschutzprogrammes Gemäß Art. 19 des Bayerischen Naturschutzgesetzes (Bay- NatSchG) ist die fachliche Grundlage für die Auswahl der Bestandteile des Biotopverbunds nach § 21 Abs. 3 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) insbesondere das Arten - und Biotopschutzprogramm. Es enthält die Darstellung und Bewertung der unter dem Gesichtspunkt des Arten- und Biotopschutzes bedeutsamen Populationen, Lebensgemeinschaften und Biotope wild lebender Tier- und Pflanzenarten , insbesondere der in ihrem Bestand gefährdeten Arten und Lebensräume, und die zu deren Schutz, Pflege und Entwicklung erforderlichen Ziele und Maßnahmen sowie Wege zu ihrer Verwirklichung. Das Arten- und Biotopschutzprogramm unterliegt als Fachkonzept der ständigen Fortentwicklung. Nachdem 1997 die Erstellung von Arten- und Biotopschutzprogrammen (ABSP) für alle 71 bayerischen Landkreise abgeschlossen war, wurde mit der Aktualisierung veralteter Landkreisbände begonnen. Die Notwendigkeit einer Fortschreibung liegt in der Überarbeitung der Biotopkartierung , in der neuen Bewertung durch die Arten und Lebensräume der Fauna-Flora-Habitat- und Vogelschutzrichtlinie, neuer Roter Listen der gefährdeten Arten und im Datenzuwachs in der Artenschutzkartierung begründet. Leider ist die Fortschreibung des ABSP in den letzten Jahren erheblich ins Stocken gekommen. Ich frage die Staatsregierung: 1. Wie viele Arten- und Biotopschutzprogramme für welche Landkreise und Städte sind in den letzten 5 Jahren fortentwickelt worden? 2. Wie viele Arten- und Biotopschutzprogramme für welche Landkreise und Städte sind bereits über 15 bzw. 20 Jahre alt? 3. In welchen ABSP-Bänden welcher Landkreise und Städte sind die Natura-2000-Gebiete mit Beschreibung , Bewertung und Karte mit aufgenommen worden ? 4. In welchen ABSP-Bänden welcher Landkreise und Städte sind Ausgleichs- und Ersatzflächen sowie Ökokontoflächen mit Beschreibung, Bewertung und Karte mit aufgenommen worden? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 5. a) Welche Landkreisbände weisen kein Kapitel zu den auch für die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie sehr bedeutsamen Weichtieren oder Moosen auf? b) Welche Landkreisbände weisen auf Arten hin, für deren Erhalt Bayern eine besondere Verantwortung hat? 6. Wurde die in Drs. 15/10598 angekündigte Ausschreibung von 12 Landkreisbänden durchgeführt, wenn ja, mit welchem Ergebnis? 7. Wie viele Mittel stehen dem Landesamt für Umwelt jährlich für die Fortentwicklung des Arten- und Biotopschutzprogrammes zur Verfügung? 8. Welche Ursache hat die zögerliche Fortentwicklung des ABSP durch das Landesamt für Umwelt? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 28.02.2017 Ziel der Staatsregierung ist die Erhaltung und Verbesserung der Lebensräume und der Schutz der Arten in Bayern. Ein wesentliches Instrument hierfür ist das Bayerische Biodiversitätsprogramm 2030, das sich auf die konkrete Umsetzung in Kooperation mit den Beteiligten konzentriert. 1. Wie viele Arten- und Biotopschutzprogramme für welche Landkreise und Städte sind in den letzten 5 Jahren fortentwickelt worden? Seit 2012 wurde das Arten- und Biotopschutzprogramm (ABSP) für den Landkreis Berchtesgadener Land und für die Stadt Augsburg fertiggestellt. Das ABSP für den Landkreis Oberallgäu mit Stadt Kempten ist derzeit in Bearbeitung und wird 2017 abgeschlossen. 2. Wie viele Arten- und Biotopschutzprogramme für welche Landkreise und Städte sind bereits über 15 bzw. 20 Jahre alt? Älter als 15 Jahre ist das Arten- und Biotopschutzprogramm für 33 Landkreise und für 3 Städte: – neun Landkreise, in denen das ABSP noch nicht aktualisiert wurde (Fertigstellung der Erstbearbeitung 1997): Landkreise: Coburg, Deggendorf, München, Landsberg a. Lech, Bad Tölz-Wolfratshausen, Weilheim-Schongau, Aschaffenburg, Kulmbach, Schwandorf – 24 Landkreise und 3 Städte, für die bereits eine Aktualisierung durchgeführt wurde, die somit in digitalisierter Form vorliegen: Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/15774 Landfkreise: Fürth, Neuburg-Schrobenhausen, Fürstenfeldbruck , Regensburg, Kelheim, Wunsiedel, Cham, Dingolfing-Landau, Augsburg, Unterallgäu, Freyung-Grafenau , Erding, Lindau a. Bodensee, Amberg-Sulzbach, Haßberge, Weißenburg-Gunzenhausen, Freising, Bayreuth , Erlangen-Höchstadt, Ebersberg, Kitzingen, Miltenberg , Günzburg. Kreisfreie Städte: Fürth, Schweinfurt Älter als 20 Jahre ist das Arten- und Biotopschutzprogramm für 13 Landkreise und für 19 Städte: Landkreise: Bad Kissingen, Mühldorf a. Inn, Altötting, Rhön-Grabfeld, Neumarkt i. d. Oberpfalz, Donau-Ries, Dillingen a. d. Donau, Rosenheim, Lichtenfels, Neustadt a. d. Waldnaab, Roth, Ansbach, Main-Spessart. Kreisfreie Städte: Ingolstadt, Rosenheim, Landshut, Passau , Straubing, Regensburg, Weiden i. d. Oberpfalz, Bamberg, Bayreuth, Coburg, Hof, Ansbach, Erlangen, Nürnberg, Aschaffenburg, Schweinfurt, Würzburg, Kaufbeuren , Memmingen. Es handelt sich dabei ausschließlich um analoge Bände, für die noch keine Aktualisierung vorliegt. 3. In welchen ABSP-Bänden welcher Landkreise und Städte sind die Natura-2000-Gebiete mit Beschreibung , Bewertung und Karte mit aufgenommen worden? In allen ABSP-Bänden, die nach 1999 erstellt wurden, sind die Natura-2000-Gebiete in die Karte „Schutzgebiete – Bestand und Vorschläge“ integriert. Bei der Erstellung der ABSP-Bände werden auf der Grundlage von Biotopkartierung (BK), Artenschutzkartierung (ASK) und weiterer verfügbarer Daten flächige und punktförmige Objekte gebildet. Diese werden nach einem bayernweit einheitlichen , vierstufigen System bewertet und kurz beschrieben. Das trifft auch auf alle ABSP-Objekte zu, die innerhalb von Natura- 2000-Gebieten liegen. Eine gesonderte Beschreibung und Bewertung eines gesamten Natura-2000-Gebietes erfolgt nicht. Dies ist Aufgabe der Managementplanung. Nach 1999 erstellte Bände: ED, LI, AS, HAS, WUG, FS, BT, ERH, EBE, KT, MIL, GZ, TIR, PAF, MB, LA, NU, FO, OAL, TS, KC, NEA, DAH, PA, BA, GAP, AIC, LAU, REG, SR, EI, STA, SW, PAN, HO, BGL, OA 4. In welchen ABSP-Bänden welcher Landkreise und Städte sind Ausgleichs- und Ersatzflächen sowie Ökokontoflächen mit Beschreibung, Bewertung und Karte mit aufgenommen worden? Die Darstellung der Ausgleichs-, Ersatz- und Ökokontoflächen erfolgt in den Unterlagen der jeweiligen Planung des Vorhabens, die auch öffentlich ausgelegt werden. Zudem werden diese Flächen mit Zusatzinformationen im Rahmen der Datenbank Ökoflächenkataster dokumentiert und die Ökokontoflächen bei der Erarbeitung von Zielgeometrien im ABSP grundsätzlich berücksichtigt. Eine darüber hinausgehende Übernahme in das ABSP wäre vor diesem Hintergrund als kostenrelevante Doppelarbeit nicht zielführend . 5. a) Welche Landkreisbände weisen kein Kapitel zu den auch für die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie sehr bedeutsamen Weichtieren oder Moosen auf? Zentrale Grundlage für die Erstellung von ABSP-Bänden sind die BK und die ASK. Im Vorfeld einer ABSP-Bearbeitung werden i. d. R. die BK aktualisiert und die Daten der ASK durch gezielte Kartierungen, die sogenannten Naturschutzfachkartierungen (NFK) ergänzt. Schwerpunkt der NFK ist die Erhebung naturschutzfachlich bedeutsamer Arten aus Standardgruppen (v. a. Vögel, Reptilien, Amphibien, Libellen, Heuschrecken und Tagfalter). Für die Bearbeitung der Weichtiere im ABSP wird im Regelfall auf den Datenbestand der ASK zurückgegriffen, teilweise erfolgen aber auch gezielte Kartierungen von Weichtieren , insbesondere von Muscheln. Für die Moose gibt es eine spezielle Datenbank (Kryptogamen-Datenbank), die von Experten erstellt und vom Landesamt für Umwelt (LfU) angekauft wurde. Zusätzlich werden zur Bearbeitung von Kapiteln zu Nicht-Standardgruppen mitunter entsprechende Spezialisten eingebunden. Eine kursorische Überprüfung ergab, dass die Weichtiere und Moose in den bereits aktualisierten Bänden bis auf wenige Ausnahmen textlich dargestellt wurden. b) Welche Landkreisbände weisen auf Arten hin, für deren Erhalt Bayern eine besondere Verantwortung hat? Bisher liegt für Bayern nur für die Gefäßpflanzen eine Bewertung hinsichtlich einer besonderen Verantwortung vor. Zusätzlich gibt es Arteinstufungen zur besonderen Verantwortung von Deutschland für Gefäßpflanzen und für einige Tiergruppen. Sofern entsprechende Informationen vorliegen, werden diese bei der Erstellung der Listen landkreisbedeutsamer Arten berücksichtigt. Bei den drei zuletzt bearbeiteten AB- SP-Bänden – Eichstätt, Berchtesgadener Land und Oberallgäu mit Kempten – wurde das Kriterium einer besonderen Verantwortung Bayerns oder Deutschlands standardisiert zur Einstufung und Bewertung von Arten verwendet. 6. Wurde die in Drs. 15/10598 angekündigte Ausschreibung von 12 Landkreisbänden durchgeführt , wenn ja, mit welchem Ergebnis? Das zunächst eingeleitete Vergabeverfahren für die Aktualisierung von 12 ABSP-Landkreisbänden wurde aufgrund begrenzter finanzieller Ressourcen eingestellt. 7. Wie viele Mittel stehen dem Landesamt für Umwelt jährlich für die Fortentwicklung des Arten- und Biotopschutzprogrammes zur Verfügung? Derzeit stehen dem LfU die vertraglich verpflichteten Mittel für die Fertigstellung des in Bearbeitung befindlichen ABSP- Bandes für den Landkreis Oberallgäu und die Stadt Kempten zur Verfügung. 8. Welche Ursache hat die zögerliche Fortentwicklung des ABSP durch das Landesamt für Umwelt? Aufgrund der zur Verfügung stehenden Ressourcen konnten in den vergangenen Jahren zwei Bände im bisherigen Umfang der ABSP-Bearbeitung aktualisiert werden.