Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Hans Jürgen Fahn FREIE WÄHLER vom 02.02.2017 Förderung von Verbänden und kulturellen Einrichtungen der deutschen Heimatvertriebenen und Flüchtlinge im Sinne des § 96 BVFG Die Staatsregierung hat im Doppelhaushalt 2017/18 unter anderem eine Mittelerhöhung im sechsstelligen Bereich im Haushaltstitel 10 06/686 01 vorgeschlagen, die schließlich auch die Zustimmung des Landtags erhielt. Hierbei geht es um Förderungen der im staatlichen Interesse liegenden Kulturarbeit von Verbänden und Einrichtungen der deutschen Heimatvertriebenen und Flüchtlinge, wobei sich zur Sicherung , Ergänzung und Förderung ihrer Kulturarbeit nach § 96 des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG) eine staatliche Verpflichtung ergibt. Ziel ist es, Kulturgut der Vertreibungsgebiete zu erhalten, Archive, Museen und Bibliotheken zu sichern, zu ergänzen und auszuwerten, Einrichtungen des Kunstschaffens und der Ausbildung sicherzustellen und zu fördern. Ich frage daher die Staatsregierung: 1.1 Gibt es für den Begriff der „im staatlichen Interesse liegenden Kulturarbeit“ (Erläuterung zum Haushaltstitel 10 06/686 01) eine feste Definition mit klaren Abgrenzungen ? 1.2 Deckt der Begriff der „im staatlichen Interesse liegenden Kulturarbeit“ auch die Tätigkeit einer Einrichtung, die als Begegnungsstätte einer Landsmannschaft den kulturellen Austausch und die Pflege des eigenen Kulturguts verfolgt? 1.3 Ist die vom Förderverein der Deutschen aus Russland in Augsburg eingerichtete Begegnungsstätte „Deutsche aus dem Osten“ eine Einrichtung, die nach Auffassung der Staatsregierung unter den Begriff der „Kulturarbeit“ fallend grundsätzlich nach § 96 BVFG förderfähig wäre (bitte Begründung, falls nicht)? 2. Welche Überlegungen lagen der von der Staatsregierung vorgeschlagenen Mittelerhöhung für den aktuellen Doppelhaushalt zur Förderung von Verbänden und kulturellen Einrichtungen der deutschen Heimatvertriebenen und Flüchtlinge im Sinne des § 96 BVFG im Einzelnen zugrunde? 3.1 Wie gestaltet sich das Antragsverfahren für eine neue Einrichtung, die eine institutionelle Förderung gemäß § 96 BVFG in Anspruch nehmen möchte? 3.2 An wen müsste ein entsprechender Antrag gerichtet werden? 3.3 Wer ist antragsberechtigt? 4.1 Welches Vorgehen sieht die Staatsregierung vor, wenn Anträge neuer Einrichtungen auf institutionelle Förderung gemäß § 96 BVFG eingehen würden, bislang aber nicht die ausreichenden Mittel im Haushalt vorgesehen wären? 4.2 Wie kann eine neue Einrichtung erfolgreich eine institutionelle Förderung beantragen, wenn die begrenzten Haushaltsmittel nur dafür ausreichen, den Finanzbedarf der bereits geförderten Institutionen zu decken? 4.3 Welche Anträge auf institutionelle Förderung neuer Einrichtungen gab es seit 2003 (bitte auch Anzahl nennen )? 5. In welcher Form und in welcher Regelmäßigkeit wird die zweckmäßige Verwendung der staatlichen Förderung vonseiten der Staatsregierung überprüft? 6. In welchen Intervallen wird die institutionelle Förderung an die geförderten Einrichtungen ausgeschüttet? 7. Werden bzw. wurden in der Vergangenheit neben dem Bund der Vertriebenen, dem Landesverband Bayern e.V., der Stiftung Kunstforum Ostdeutsche Galerie in Regensburg, dem Kulturzentrum Ostpreußen in Ellingen , der Sudetendeutschen Akademie der Wissenschaften und Künste, dem Sudetendeutschen Musikinstitut in Regensburg, dem Bukowina-Institut e.V. in Augsburg, dem Egerland-Museum in Marktredwitz und dem Isergebirgsmuseum in Kaufbeuren-Neugablonz weitere Einrichtungen gemäß § 96 BVFG gefördert? 8.1 Gibt es in der Historie der institutionellen Förderung gemäß § 96 BVFG Einrichtungen in Bayern, die einmal eine Förderung aus Mitteln des Staatshaushalts erhielten , heute aber nicht mehr gefördert werden? 8.2 Falls ja, welche Gründe waren für das Ende der Förderung verantwortlich? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 10.05.2017 17/15777 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/15777 Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 03.03.2017 1.1 Gibt es für den Begriff der „im staatlichen Interesse liegenden Kulturarbeit“ (Erläuterung zum Haushaltstitel 10 06/686 01) eine feste Definition mit klaren Abgrenzungen? Die staatliche Verpflichtung zur Förderung der Kulturpflege deutscher Heimatvertriebener ergibt sich aus dem Auftrag von § 96 Bundesvertriebenengesetz (BVFG), gemäß dem „Bund und Länder entsprechend ihrer durch das Grundgesetz gegebenen Zuständigkeit das Kulturgut der Vertreibungsgebiete in dem Bewusstsein der Vertriebenen und Flüchtlinge, des gesamten deutschen Volkes und des Auslandes zu erhalten, Archive, Museen und Bibliotheken zu sichern, zu ergänzen und auszuwerten sowie Einrichtungen des Kunstschaffens und der Ausbildung sicherzustellen und zu fördern haben. Sie haben Wissenschaft und Forschung bei der Erfüllung der Aufgaben, die sich aus der Vertreibung und der Eingliederung der Vertriebenen und Flüchtlinge ergeben , sowie die Weiterentwicklung der Kulturleistungen der Vertriebenen und Flüchtlinge zu fördern“. Im Rahmen der Erfüllung des Auftrags von § 96 BVFG haben einzelne Länder in der Bundesrepublik Deutschland jeweils besondere Obhutsverhältnisse über bestimmte Volksgruppen der deutschen Heimatvertriebenen übernommen : Bayern übernahm die besondere Obhutspflicht über die Sudetendeutschen und über die Ostpreußen, Baden- Württemberg über die Deutschen aus Russland und die Donauschwaben , Hessen über die Wolgadeutschen. Für Bayern wurde diese besondere Obhutspflicht für Sudetendeutsche und Ostpreußen auch im Staatshaushalt festgeschrieben, in dem zu Kap. 10 06 Tit. 686 01 bei den Erläuterungen explizit vermerkt ist, dass „aus diesem Ansatz vorrangig die aus der Schirmherrschaft über die sudetendeutsche Volksgruppe und die aus der Patenschaft für die Landsmannschaft Ostpreußen erwachsenden Kosten getragen werden“. 1.2 Deckt der Begriff der „im staatlichen Interesse liegenden Kulturarbeit“ auch die Tätigkeit einer Einrichtung , die als Begegnungsstätte einer Landsmannschaft den kulturellen Austausch und die Pflege des eigenen Kulturguts verfolgt? Beim Begriff „Kulturarbeit“ muss es sich um Kulturarbeit im Sinne von § 96 BVFG handeln. Zur Erläuterung des Begriffs „im staatlichen Interesse liegend“ s. o. Antwort zu 1.1. 1.3 Ist die vom Förderverein der Deutschen aus Russland in Augsburg eingerichtete Begegnungsstätte „Deutsche aus dem Osten“ eine Einrichtung, die nach Auffassung der Staatsregierung unter den Begriff der „Kulturarbeit“ fallend grundsätzlich nach § 96 BVFG förderfähig wäre (bitte Begründung , falls nicht)? Ob die Kulturarbeit, für die eine Förderung beantragt wird, unter Kulturarbeit im Sinne von § 96 BVFG fällt und – im Rahmen der vorhandenen Haushaltsmittel – förderfähig ist, wird in jedem Einzelfall auf der Grundlage des Förderantrags geprüft. Die prüfende staatliche Stelle ist das Haus des Deutschen Ostens, eine dem Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration nachgeordnete Einrichtung . Einen Förderantrag zu stellen, steht auch dem in der Frage genannten Träger der Begegnungsstätte frei. 2. Welche Überlegungen lagen der von der Staatsregierung vorgeschlagenen Mittelerhöhung für den aktuellen Doppelhaushalt zur Förderung von Verbänden und kulturellen Einrichtungen der deutschen Heimatvertriebenen und Flüchtlinge im Sinne des § 96 BVFG im Einzelnen zugrunde? Der Vorschlag der Staatsregierung für den Doppelhaushalt 2017/2018 sah eine Erhöhung des Haushaltsansatzes Kap. 10 06 Tit. 686 01 „Förderung von Verbänden und kulturellen Einrichtungen der deutschen Heimatvertriebenen und Flüchtlingen, im Sinne des § 96 BVFG“ vor, damit die bislang aus diesem Haushaltsansatz institutionell geförderten Einrichtungen die Kulturarbeit trotz steigender Betriebs- und Personalkosten unter Ausschöpfung der möglichen Einsparpotenziale angemessen weiterführen können. 3.1 Wie gestaltet sich das Antragsverfahren für eine neue Einrichtung, die eine institutionelle Förderung gemäß § 96 BVFG in Anspruch nehmen möchte? Eine Einrichtung, die eine Zuwendung für Kulturarbeit im Sinne von § 96 BVFG erhalten will, muss einen Förderantrag beim Haus des Deutschen Ostens, einer dem StMAS nachgeordneten staatlichen Einrichtung, stellen. Auf der Grundlage dieses Förderantrags wird dann – im Rahmen vorhandener Haushaltsmittel – über die Gewährung einer Zuwendung entschieden. Bei Anträgen auf institutionelle Förderung muss der Antragsteller auch seinen Haushaltsoder Wirtschaftsplan vorlegen. Der Plan muss alle zu erwartenden Einnahmen und voraussichtlich zu leistenden Ausgaben sowie einen Organisations- und Stellenplan enthalten. Die Staatsregierung fördert gegenwärtig institutionell den Landesverband Bayern des Bundes der Vertriebenen als den Dachverband für die verschiedenen Landsmannschaften der deutschen Heimatvertriebenen und Spätaussiedler mit dem Zweck der Förderung der Kulturarbeit im Sinne von § 96 BVFG. Eine institutionelle Förderung von einzelnen Landsmannschaften erfolgt daher seitens der Staatsregierung gegenwärtig nicht. 3.2 An wen müsste ein entsprechender Antrag gerichtet werden? Siehe Antwort zu Frage 3.1. 3.3 Wer ist antragsberechtigt? Einen Antrag auf eine Zuwendung zu stellen, steht jedem frei, soweit er im Sinne von § 96 BVFG tätig ist. 4.1 Welches Vorgehen sieht die Staatsregierung vor, wenn Anträge neuer Einrichtungen auf institutionelle Förderung gemäß § 96 BVFG eingehen würden , bislang aber nicht die ausreichenden Mittel im Haushalt vorgesehen wären? Bei der Erstellung des Haushaltsentwurfs durch die Staatsregierung wird in die Überlegungen zu den einzelnen Haushaltstiteln auch mit einbezogen, wie sich der voraussichtliche Bedarf in diesem Bereich entwickelt. Es gibt jedoch Drucksache 17/15777 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 keinen Automatismus, durch den bei steigendem Bedarf auch eine Erhöhung des jeweiligen Haushaltstitels erfolgt. Die Entscheidung über den Haushaltsentwurf kann nicht nur einen einzelnen Bereich im Blick haben, sondern muss vielfältige Aspekte berücksichtigen. Die Staatsregierung legt dem Landtag einen Entwurf für den Haushalt vor. Der Beschluss über den Haushalt und damit die Festlegung der Höhe des jeweiligen Haushaltsansatzes obliegt dem Haushaltsgesetzgeber, also dem Landtag. 4.2 Wie kann eine neue Einrichtung erfolgreich eine institutionelle Förderung beantragen, wenn die begrenzten Haushaltsmittel nur dafür ausreichen, den Finanzbedarf der bereits geförderten Institutionen zu decken? Welche Förderanträge positiv verbeschieden werden können , ist jeweils eine Einzelfallentscheidung auf der Grundlage des gestellten Förderantrags und der zu diesem Zeitpunkt vorhandenen Haushaltsmittel. Zuwendungen können nur im Rahmen der vorhandenen Haushaltsmittel ausgereicht werden. 4.3 Welche Anträge auf institutionelle Förderung neuer Einrichtungen gab es seit 2003 (bitte auch Anzahl nennen)? Ein Antrag der Stiftung Schlesien.Bayern-MMIX. 5. In welcher Form und in welcher Regelmäßigkeit wird die zweckmäßige Verwendung der staatlichen Förderung vonseiten der Staatsregierung überprüft ? Eine Zuwendung wird nur ausgereicht, wenn ein Förderantrag vorliegt und dieser geprüft und positiv verbeschieden wurde. Die Prüfung und Entscheidung ist in jedem Fall eine Einzelfallentscheidung/-prüfung. Außerdem wird die zweckgemäße Verwendung der ausgereichten Förderung anhand des Verwendungsnachweises geprüft. Bei der Projektförderung erfolgt die Prüfung bezogen auf das jeweilige Projekt. Bei institutioneller Förderung ist der Förderantrag für jedes Haushaltsjahr neu zu stellen und die zweckgemäße Verwendung wird entsprechend geprüft. 6. In welchen Intervallen wird die institutionelle Förderung an die geförderten Einrichtungen ausgeschüttet ? Die institutionelle Förderung wird jährlich ausgereicht. 7. Werden bzw. wurden in der Vergangenheit neben dem Bund der Vertriebenen, dem Landesverband Bayern e.V., der Stiftung Kunstforum Ostdeutsche Galerie in Regensburg, dem Kulturzentrum Ostpreußen in Ellingen, der Sudetendeutschen Akademie der Wissenschaften und Künste, dem Sudetendeutschen Musikinstitut in Regensburg, dem Bukowina-Institut e.V. in Augsburg, dem Egerland- Museum in Marktredwitz und dem Isergebirgsmuseum in Kaufbeuren-Neugablonz weitere Einrichtungen gemäß § 96 BVFG gefördert? Zu den Einrichtungen, die derzeit institutionell gefördert werden , gehören zusätzlich zu den in der Frage genannten Einrichtungen auch die Stiftung Schlesien.Bayern – MMIX und das Haus der Heimat in Nürnberg. Innerhalb der letzten 10 Jahre wurde noch eine weitere Einrichtung institutionell im Bereich von § 96 BVFG gefördert, deren Förderung jedoch bereits vor einigen Jahren beendet wurde. 8.1 Gibt es in der Historie der institutionellen Förderung gemäß § 96 BVFG Einrichtungen in Bayern, die einmal eine Förderung aus Mitteln des Staatshaushalts erhielten, heute aber nicht mehr gefördert werden? 8.2 Falls ja, welche Gründe waren für das Ende der Förderung verantwortlich? Ja (vgl. auch Antwort zu Frage 7); über die Gründe der Beendigung der Förderung kann aus datenschutzrechtlichen Gründen keine nähere Angabe gemacht werden.