Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Markus Ganserer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 15.11.2016 Gewalt gegen Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst Am 14. November 2016 teilte der Bayerische Lehrerinnenund Lehrerverband (BLLV) mit, dass vier Prozent der bayerischen Lehrer in einer Umfrage angegeben haben, auf ihrer Arbeit schon einmal körperlich angegriffen worden zu sein. Hochgerechnet seien damit rund 4.000 Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen bereits Opfer von tätlicher Gewalt geworden. Grundlage ist eine repräsentative Studie, die das Politik-und Sozialforschungsinstitut forsa im Auftrag des Dachverbands des BLLV, des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) im September und Oktober 2016 deutschlandweit unter knapp 2.000 Lehrkräften durchgeführt hat; 500 davon kamen aus Bayern. Gewalt gegen Polizistinnen und Polizisten im Einsatz stellt ein noch gravierenderes Problem dar. Landespolizeipräsident Prof. Dr. jur. Wilhelm Schmidbauer stellte in seinem Referat auf dem diesjährigen Sicherheitsforum „13. Ainringer Ostertage“ fest, dass Im Jahr 2014 in über 80 Prozent der erfassten Fälle der Streifendienst betroffen gewesen sei. Das Polizeipräsidium Oberfranken teilte im Juni 2016 mit, dass im Jahr 2015 1.126 oberfränkische Polizeibeamtinnen und -beamte in 529 Fällen Opfer von Übergriffen wurden. 13 Prozent der betroffenen Beamtinnen und Beamten erlitten dabei Verletzungen. Aber auch in weiteren Bereichen des öffentlichen Dienstes ist Gewalt gegen die Beschäftigten ein massives und andauerndes Problem, dem konsequent begegnet werden muss. Deshalb frage ich die Staatsregierung: 1. a) Wie viele Fälle von Gewalt gegen Beamte und Beamtinnen und Angestellte im Dienst des Freistaats Bayern gab es in den Jahren 2010 und 2015? Bitte getrennt aufgeführt nach körperlicher Gewalt und psychischer Gewalt/Stalking und aufgeschlüsselt nach Staatsministerien und deren nachgeordnete Dienststellen und Behörden. b) Wie werden Vorfälle von Gewalt erfasst? c) An wen werden Vorfälle dieser Art gemeldet? 2. a) Für welche Verwaltungsbereiche sind Risikobewertungen durchgeführt worden? b) Resultierte aus den Risikoeinschätzungen ein aktives Risikomanagement? c) Welche Schutzmaßnahmen für die Beschäftigten wurden eingeführt? 3. a) Welche Hilfestellungen werden Opfern von Gewalt gegeben ? b) Sind diese in den Staatsministerien und deren nachgeordneten Dienststellen und Behörden unterschiedlich ? 4. a) An wen können sich innerhalb eines Staatsministeriums /einer Behörde Betroffene wenden? b) Stehen geschulte Vertrauensleute als Ansprechpartner /-innen zur Verfügung? c) Gibt es für die Beschäftigten Schulungsprogramme für den Umgang mit Konfliktsituationen, die in Gewalt ausarten könnten, und wie sehen diese aus? 5. a) Wie viele der bekannten Fälle von Gewalt gegen Bedienstete des Freistaats im Jahr 2015 wurden zur Anzeige gebracht? b) Warum wurden Vorfälle nicht zur Anzeige gebracht? 6. a) Wie viele Fälle von Gewalt haben zur Dienstunfähigkeit von Beschäftigten geführt? b) Wie hoch sind die daraus reultierenden Ausfallzeiten der Beschäftigten insgesamt? Bitte aufgeschlüsselt nach Staatsministerien und deren nachgeordnete Dienststellen und Behörden. Antwort des Staatsministeriums der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat vom 06.03.2017 Die Schriftliche Anfrage des Herrn Abgeordneten Markus Ganserer vom 15. November 2016 betreffend Gewalt gegen Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst wird unter Beteiligung der Staatskanzlei, der Staatsministerien sowie des Bayerischen Obersten Rechnungshofs wie folgt beantwortet : 1. a) Wie viele Fälle von Gewalt gegen Beamte und Beamtinnen und Angestellte im Dienst des Freistaats Bayern gab es in den Jahren 2010 und 2015? Bitte getrennt aufgeführt nach körperlicher Gewalt und psychischer Gewalt/Stalking und aufgeschlüsselt nach Staatsministerien und deren nachgeordnete Dienststellen und Behörden. Die Zahlen ergeben sich aus der Tabelle in der Anlage. b) Wie werden Vorfälle von Gewalt erfasst? Im Bereich der Bayerischen Polizei wurde für die Erfassung und weitere Bearbeitung der Delikte zur Gewalt gegen Polizeibeamte die EDV-Anwendung „GewaPol“ entwickelt Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 05.05.2017 | berichtigt 22.05.2017* 17/15794 Bayerischer Landtag *) Berichtigung wegen Anlage Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/15794 Es handelt sich dabei um eine Web-Anwen dung, die über das Intranet der Bayerischen Polizei allen Dienststellen zur Verfügung gestellt wird. Die Datenerfassung obliegt im Wesentlichen den Dienststellenleitungen der aufnehmenden bzw. sachbearbeitenden Dienststellen. In den übrigen Geschäftsbereichen der Staatsverwaltung werden Gewaltvorfälle im jeweiligen Einzelfall erfasst. c) An wen werden Vorfälle dieser Art gemeldet? Für den Polizeibereich dient die EDV-Anwendung „Gewa- Pol“ neben der Polizeilichen Kriminalitätsstatistik (PKS) als wesentliche Datenbasis zur Er stellung eines jährlichen Landeslagebildes zur Gewalt gegen Polizeibeamte und -beamtinnen . Als Zentralstelle für die Recherche und Auswertung fun giert das Bayerische Landeskriminalamt, welches die Gesamtsicht auf alle benötigten Daten bekommt und das jährliche Landeslagebild erstellt. Dieses wird anschließend dem Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr (StMI) vorgelegt und an alle Polizeipräsidien zur weiteren Ver wendung weitergeleitet. Des Weiteren erfolgt eine Veröffentlichung im Intra net der Bayerischen Polizei. Daneben stehen den Polizeipräsidien die Daten für ihren Zuständigkeitsbereich zur Verfügung, um eigene Verbandslagebil der erstellen zu können. In den übrigen Verwaltungsbereichen werden Gewaltvorfälle üblicherweise über den bzw. die unmittelbare/n Vorgesetzte/n und/oder die zuständige Personalstelle an die Behördenleitung und gegebenenfalls die Aufsichtsbehörde (z. B. Nr. 7 Absatz 2 lit. b zu Art. 177 des Bayerischen Strafvollzugsgesetzes – BayStVollzG) gemeldet. Zusätzlich erfolgt gegebenenfalls eine parallele Meldung an die Personalvertretung sowie eine Strafanzeige bei der Polizei. 2. a) Für welche Verwaltungsbereiche sind Risikobewertungen durchgeführt worden? b) Resultierte aus den Risikoeinschätzungen ein aktives Risikomanagement? c) Welche Schutzmaßnahmen für die Beschäftigten wurden eingeführt? In allen Ressorts wurden Risikobewertungen durchgeführt. Hierzu zählen insbesondere die Beurteilungen der physischen und psychischen Gefährdungen, die mit der Arbeit der Beschäftigten verbunden sein könnten, im Sinne von § 5 Absätze 1 und 3 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG). Diese Gefährdungsbeurteilungen nach dem ArbSchG erschöpfen sich nicht nur in einer einmaligen Ermittlung möglicher Gefährdungen und der Beurtei lung der entsprechenden Risiken. Im Sinne einer strukturierten Verbesse rung von Arbeitsbedingungen sind die vorhandenen Arbeitsschutzmaßnahmen vielmehr stetig zu überprüfen und zu bestätigen bzw. anzupassen. Weiterhin ist die Wirksamkeit der veranlassten Arbeitsschutzmaßnahmen zu untersuchen und die Gefährdungsbeurteilung entsprechend fortzuschreiben . Insofern resultiert aus diesen Risikoeinschätzungen auch grundsätzlich ein aktives Arbeitsschutz- und damit Risikomanagement . Dies gilt im Besonderen auch für die Gefährdungsbeurteilung der Bayeri schen Polizei. Zudem unterliegen hier die Maßnahmen aus den Bereichen Technik, Organisation und Personal (TOP-Prinzip für mögliche Schutzmaß nahmen im Sinne eines ganzheitlichen Arbeitsschutzes) einer stetigen Über prüfung und Optimierung. Weiterhin wird versucht, auf neue Gefährdungen entsprechend zu reagieren und die notwendigen Schutzmaßnahmen anzu passen und zu verbessern . Der Arbeitsschutz ist nicht nur organisatorisch in der Bayerischen Polizei implementiert (Arbeitsschutzstrukturen auf Landesebene und in den regionalen Polizeiverbänden), sondern mittlerweile standardmäßiger Bestandteil bei allen Maßnahmen, die zum Schutz der Be schäftigten in der Bayerischen Polizei initiiert werden. Darüber hinaus werden einschlägige Fortbildungsmaßnahmen angeboten; auf die Antwort zu Frage 4 c wird verwiesen. Außerdem wurden allgemeine Sicherheitskonzepte bzw. -regelungen entwickelt, gegebenenfalls auch in Zusammenarbeit mit der örtlichen Polizei, und konkrete Schutzmaßnahmen ergriffen. Vielfach sind für Dienstgebäude technisch-organisatorische Sicherungen wie etwa Wachdienste, Videoüberwachungs - und Notfallrufanlagen, Code karten für den Zutritt oder verschlossene Türen eingerichtet. Zudem gibt es durch Personenkontrollen, die Präsenz von Sicherheitsdiensten im Eingangsbereich und die Sicherung von Tiefgaragenzufahrten sowie Nebenein gängen Zugangsbeschränkungen . Häufig sind auch Notruftasten am individuellen Telefon oder PC der Beschäftigten installiert. Daneben kommen in vielen Verwaltungsbereichen räumliche und bauliche Maßnahmen wie beispielsweise Doppelbüros, der Einbau von Besuchertheken oder eine freund liche und großzügige Gestaltung der Wartebereiche zum Einsatz oder sind vorgesehen . Vielfach werden außerdem gefahrvolle Tätigkeiten in Anwesen heit eines/einer Kollegen/Kollegin und kritische Außentermine durch zwei Bedienstete bzw. unter Polizeibegleitung durchgeführt. Die Richtlinie zum vorbeugenden Behördenselbstschutz (RBehS) mit Merkblättern zum Verhalten in verschiedenen Gefahrensituationen ist Teil der regelmäßig bekannt zu gebenden Verwaltungsanweisungen. Als personenbezogene Maßnahmen werden vielfältige präventive Aus-und Fortbildungsmaßnahmen zur Steigerung der Kompetenzen in der Kon fliktvermeidung und -bewältigung angeboten (vgl. hierzu auch Antwort zu Frage 4 c). Dies gilt in besonderem Maße für Beschäftigte im Außendienst, denen ein breites Spektrum an Schulungen und Kursen zur Verfügung steht, z. B. Selbstschutz/Eigensicherung , Deeskalation und Gewaltpräven tion. Für besonders gefährdete Beschäftigtengruppen ist die Teilnahme an bestimmten Maßnahmen verpflichtend, und sie sind zum Selbstschutz mit Reizstoffsprühgeräten („Pfefferspray“) ausgestattet. Weiterhin wurden und werden zum Teil auch Dienstvereinbarungen zur Verhinderung von Mobbing und Diskriminierung etc. geschlossen. Bei der Bayerischen Polizei wurden insbesondere folgende Schutzmaß nahmen umgesetzt oder auf den Weg gebracht: – Entwicklung und Umsetzung von Einsatzkonzepten im Umgang mit le bensbedrohlichen Einsatzlagen (z. B. Amok, terroristische Anschläge) – Ständige und begleitende Basisschulungen zum Umgang mit den Füh rungs- und Einsatzmitteln inklusive der Bewaffnung und zur polizeilichen Selbstverteidigung – Training von lageangepasstem taktischen Vorgehen in Einsatzteams – Fortbildung und einsatzmäßige Umsetzungen einer lageangepassten Einsatzsteuerung und Führung – Betreuungskonzepte der regionalen Polizeiverbände nach besonders belastenden Ereignissen – Einsatznachbereitungen auf verschiedenen Organisationsebenen Drucksache 17/15794 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 – Stärkung der körperlichen Leistungsfähigkeit durch Dienstsport – Bereithaltung von Spezialkräften und Fachdienststellen für besondere Einsatzanlässe – Bereitstellung von funktionaler und bedarfsgerechter Bekleidung und Ausstattung (insbesondere auch Schutzausstattung ) – Neuausstattung aller Einsatzkräfte in den Einsatzeinheiten mit einem feuerbeständigen Einsatzanzug und einer modernen Körperschutzausstattung – Ständige Überprüfung der Standards für Bau und Unterhalt von dienstli chen Liegenschaften im Sinne optimierter Abläufe und bauseitiger Schutzmaßnahmen (Zugangskontrolle , ballistischer Schutz, Gewahr samsräume, etc.) – Entwicklung von Standards für die Beschaffenheit und Ausrüstung von Dienst-Kfz unter Einbindung der Beschäftigten und von Fachexperten – Optimierte Tragemöglichkeit der ballistischen Schutzweste (Schutz vor Schusswaffenangriffen) – Zusätzliche ballistische Schutzausstattungen in verschiedenen Schutz klassen (gegen eine Vielzahl durch Angreifer benutzter möglicher Waf fenkaliber und Munitionsarten ) – Ausstattung der Einsatzkräfte mit einem ballistischen Schutzhelm – Entwicklung einer neuen, funktionalen und von den Beschäftigten selbst ausgewählten Dienstkleidung – Neuausstattung der uniformierten Einsatzkräfte mit einem ausziehbaren kurzen Einsatzstock – Entwicklung und Schulung von Einsatzkonzepten für das Vorgehen in lebensbedrohlichen Einsatzlagen (besonders gefährliche Gewalttaten gegen Unbeteiligte und Einsatzkräfte wie z. B. Amoktaten und Taten mit terroristischem Hintergrund) – Verbesserung in der Ausstattung und in der Schulung von Erste-Hilfe -Maßnahmen in gefährlichen Einsatzsituationen – Ausstattung der Polizeivollzugsbeamten mit einer neuen Dienstpistole Um die Sicherheit in den Justizgebäuden zu verbessern, wurden vom Staatsministerium für Justiz (StMJ) ein Leitfaden „Standards für die Sicherheit in Justizgebäuden“ erstellt sowie eine Musterdienstanweisung für die Durchführung von Zugangskontrollen in Justizgebäuden ausgearbeitet. Im Rahmen der Umsetzung des Sicherheits konzepts sind beispielhaft folgende Maßnahmen zu nennen: – Bauliche Ertüchtigung der Eingangs- und Kontrollsituation , insbeson dere Einbau von Vereinzelungsanlagen und Schleusen – Lückenlose Durchführung von Zugangskontrollen mit Personen- und Gepäckkontrolle während der Sprechund Sitzungszeiten – Trennung von Sitzungssaal- und Bürobereichen – Verbesserte Ausstattung mit technischen Vorrichtungen, z. B. Metalldetektorrahmen, Gepäckdurchleuchtungsanlagen – Ausstattung der Justizwachtmeister mit Handsonden, Schutzwesten, Si cherheitshandschuhen, Einsatzstock, Pfefferspray, Handfessel – Ausstattung der Gerichtsvollzieher mit Schutzwesten, Pfefferspray – Organisatorische und administrative Maßnahmen, z. B. gemeinsame Wachtmeistereien, Einführung fester Sprechzeiten, Kontrollgänge – Intensivierung der Thematik Sicherheit in der Aus- und Fortbildung sowie bei Dienstbesprechungen. Viele dieser Maßnahmen kommen auch in der Arbeits- und Sozial-, der Fi nanz- sowie der Verwaltungsgerichtsbarkeit zum Einsatz. Darüber hinaus ist das Erkennen möglicherweise als problematisch anzuse hender Gefangener wesentlicher Bestandteil der regelmäßig stattfindenden Dienstbesprechungen und Fortbildungsveranstaltungen in den Justizvollzugsanstalten . Auch wurde das Thema insbesondere im Rahmen der Dienstbesprechung mit den Leiterinnen und Leitern der bayerischen Justiz vollzugsanstalten sowie der Leiterin der Bayerischen Justizvollzugsakade mie im Herbst 2016 eingehend behandelt. Zudem befasst sich derzeit die ständige Arbeitsgruppe Sicherheit verstärkt mit diesem Thema , die eine Analyse der bisherigen Fälle durch den Kriminologischen Dienst des bayeri schen Justizvollzugs in Auftrag gegeben hat. Im Schulbereich sind Gewaltprävention und die Förderung prosozialen Ver haltens fester Bestandteil des schulischen Alltags. Gemeinsam mit den Schulberatungsstellen und in Zusammenarbeit mit der Polizei und anderen Fachbehörden werden entsprechende Präventionsprogramme zur Stärkung der Persönlichkeit und gegen Gewalt angeboten . Sie stehen im Kontext ei nes Gesamtkonzepts zur Wertebildung an Bayerns Schulen. Daran sind auch zahlreiche Kooperationen mit externen Partnern und Verbänden, Sport und Jugendarbeit beteiligt. Bei den gewaltpräventiven Maßnahmen sind auch die Lehrkräfte mit eingebunden. Darüber hinaus gibt es im Schulbereich das bewährte Unterstützungssys tem aus 880 Schulpsychologinnen und Schulpsychologen an den Schulen vor Ort und an den Staatlichen Schulberatungsstellen. Hilfen zur Einschät zung der Gefährdung und der Wirksamkeit von Handlungsstrategien und de ren Umsetzung bietet auch das Kriseninterventions - und -bewältigungsteam der bayerischen Schulpsychologinnen und Schulpsychologen (KIBBS) an, das aus 92 besonders fortgebildeten Schulpsychologinnen und Schulpsychologen besteht. Es stellt notfallpsychologische Unterstützung und Hilfe beim Krisenmanagement zur Verfügung, insbesondere im Falle von Gewaltdrohungen an Schulen – gegebenenfalls auch in Zusammenarbeit mit der Polizei. Weiterhin stehen für den Themenbereich Gewaltprävention an den Schulen rund 1.800 Beratungslehrkräfte zur Verfügung, es gibt Verbindungslehrkräfte an jeder Schule, Regionalbeauftragte für Demokratie und Toleranz, Medienpädagogisch -informationstechnische Berater/-innen (MiBs) und Fachkräfte für Jugendsozialarbeit an Schulen. 3. a) Welche Hilfestellungen werden Opfern von Gewalt gegeben? Seine Fürsorgeverpflichtung gegenüber von Gewalt betroffenen Bedienste ten nimmt der Freistaat Bayern ernst und kommt ihr mit unterschiedlichen Hilfestellungen in hohem Maße nach. Opfer werden nach Übergriffen nicht alleingelassen , sondern können finanzielle Zuwendungen, persönliche Be treuungsleistungen und organisatorische Maßnahmen in Anspruch nehmen. Hier sind insbesondere der dienstliche Rechtsschutz und verschiedene Entschädigungsleistungen zu nennen: Zur Unterstützung seiner Beamten und Beamtinnen sowie Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen gewährt der Freistaat Bayern germ. Abschnitt 12 Nr. 2 der Verwaltungsvorschriften zum Beamtenrecht (VV-BeamtR), Bekannt machung des Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/15794 Staatsministeriums der Finanzen vom 13. Juli 2009, Az.: 21 - P 1003/1 - 023 - 19952/09, zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 22. Juli 2015 (FMBI S. 143), diesen unter bestimmten Vo raussetzungen Rechtsschutz. Dies gilt sowohl für aktive und passive Zivilverfahren als auch für Strafverfahren . Die Bediensteten erhalten für die not wendigen Kosten der Rechtsverteidigung oder Rechtsverfolgung, wie z. B. Rechtsanwaltsgebühren, einen Vorschuss oder ein zinsloses Darlehen. Dabei ist es möglich, von der Festsetzung einer Eigenbeteiligung des bzw. der Bediensteten abzusehen. In besonderen Fällen übernimmt der Freistaat Bayern die notwendigen Kosten auch endgültig, etwa wenn Bedienstete in einem Zivilverfahren obsiegen, die Kosten jedoch nicht anderweitig gedeckt werden (wie beispielsweise bei Zahlungsunfähigkeit der oder des Beklag ten) oder wenn die Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche, insbesondere aufgrund eines extremistischen Hintergrunds geboten war, aber vor Gericht letztlich erfolglos geblieben ist. Der Dienstherr ist verpflichtet, alle Beschäftigten in geeigneter Weise auf die Möglichkeit des Rechtsschutzes hinzuweisen. Die Entscheidung über die Gewährung trifft die jeweilige oberste Dienstbehörde. Im Bereich der Unfallfürsorge deckt der Freistaat Bayern bei Verletzung oder Tötung von Beamten und Beamtinnen alle potentiellen materiellen Nachteile der Personenschäden ab. Zu den möglichen Unfallfürsorgeleistungen zählen eine umfassende Heilfürsorge mit voller, d. h. nicht auf die Beihilfe beschränkter Kostendeckung, ein erhöhtes Unfallruhegehalt im Fall der Dienstunfähigkeit und eine einmalige Unfallentschädigung sowie gegebenenfalls eine Unfall-Hinterbliebenenversorgung . Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind über die gesetzliche Unfallversicherung abgesichert. Seit dem 1. Januar 2015 haben von tätlichen Angriffen betroffene Beamten und Beamtinnen die Möglichkeit, uneinbringbare rechtskräftig festgestellte Schmerzensgeldansprüche ab einer Höhe von 500 Euro gegen Vorleistung des Dienstherrn an diesen abzutreten. Die Umsetzung erfolgte im Rahmen des Haushaltsgesetzes 2015/2016 durch einen neuen Art. 97 des Bayerischen Beamtengesetzes (BayBG) – Erfüllungsübernahme bei Schmerzensgeldansprüchen. Vergleichbare Regelungen existieren nicht für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen. Im Übrigen wird auf die Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Prof. Dr. Peter Paul Gantzer vom 7. Juli 2016 (Drs. 17/12849) verwiesen. Zudem leistet der Dienstherr gern. Art. 98 BayBG in bestimmten Fällen Sachschadensersatz, wenn durch einen Gewaltakt Gegenstände des Beamten bzw. der Beamtin beschädigt oder zerstört wurden oder wenn dem Beamten bzw. der Beamtin sonstige, nicht unerhebliche Vermögensschäden zugefügt wurden. Die Bagatellgrenze für Sachschadensersatz in Höhe von 75 Euro kommt dabei für durch Gewaltakte Dritter geschädigte Beamte und Beamtinnen nicht mehr zur Anwendung. Die Verwaltungsvorschriften zu Art. 98 BayBG gelten entsprechend für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie auch für Auszubildende und Praktikantinnen und Praktikanten. Betroffene Beschäftigte werden bei der Aufarbeitung in der Regel vor allem von ihren Vorgesetzten und der Personalstelle unterstützt und beraten. Darüber hinaus kann auch medizinische und psychologische Betreuung geleistet werden, z. B. durch den Betriebsärztlichen Dienst, psychosoziale Beratungsstellen oder Schulpsychologen/-innen. Zudem sind regelmäßige strukturierte Mitarbeitergespräche möglich. Im Fall einer längeren Dienst- bzw. Arbeitsunfähigkeit würden Gewaltopfer durch die bzw. den Beauftragte/n für das Betriebliche Eingliederungsmanagement gern. § 84 Absatz 2 Sozialgesetzbuch (SGB) IX persönlich betreut . Hierbei kommt auch die Umsetzung auf einen anderen Dienstposten in Betracht, wenn der Übergriff im Zusammenhang mit dem aktuellen Posten steht. Zum Betrieblichen Eingliederungsmanagement wur den ein umfangreicher Leitfaden sowie eine Informationsbroschüre entwi ckelt. In einem akuten Notfall sind Ersthelfer vorhanden. b) Sind diese in den Staatsministerien und deren nachgeordneten Dienststellen und Behörden unterschiedlich ? Die Hilfsangebote sind differenziert ausgestaltet, um sie in Art und Umfang am tatsächlichen Gefährdungspotenzial zu orientieren. Vom Ansatz her un terschiedlich strukturierte Hilfsangebote gibt es ansonsten nicht. 4. a) An wen können sich innerhalb eines Staatsministeriums /einer Behörde Betroffene wenden? b) Stehen geschulte Vertrauensleute als Ansprechpartner /-innen zur Verfügung? Grundsätzlich können sich alle Betroffenen an ihre Vorgesetzten , die Personalstelle, die Personalvertretungen, die bzw. den Arbeitssicherheits-Beauf tragte/n und den Betriebsärztlichen Dienst wenden. Gegebenenfalls stehen auch die/der Beauftragte für das Betriebliche Eingliederungsmanagement , die/der Gleichstellungsbeauftragte bzw. Ansprechpartner/-in in Gleichstel lungsfragen, die Schwerbehindertenvertretung und – soweit vorhanden – Konfliktberater sowie Frauenbeauftragte zur Verfügung. Im Schulbereich gibt es das bewährte Unterstützungssystem aus Schulpsychologen und -psychologinnen, dem Kriseninterventions - und Bewältigungsteam Bayerischer Schulpsychologinnen und Schulpsychologen (KIBBS), Beratungs- und Verbindungslehrkräften, Regi onalbeauftragten für Demokratie und Toleranz, MiBs sowie Fachkräften für Jugendsozialarbeit . Darüber hinaus sind in den verschiedenen Geschäftsbereichen je nach Be darf weitere spezialisierte Einrichtungen vorhanden. Dies reicht von psycho logischen Psychotherapeut (inn)en, Psychologen/Psychologinnen, Konfliktbera ter(inne)n, Trainer(inne)n und Schulungsteams, Kriseninterventionsteams und im Umgang mit Gewaltopfern geschulten sog. Sonderbetreuer(inne)n bis hin zu individueller psychologischer Fachberatung durch Externe. Polizeibeamte und -beamtinnen stehen oftmals bei ihrer täglichen Dienstverrichtung Grenzsituationen menschlichen Lebens gegenüber. Schwere Unglücksfälle mit Verletzten oder Getöteten, brutale Verbrechen, Suizide und auch die Gewalt gegen Einsatzkräfte gehören zur Realität des beruflichen Alltags. Um den von Gewalt betroffenen Polizeibeamten und -beamtinnen eine fachkundige Hilfe bei der Problemverarbeitung anbieten zu können, sind psychosoziale Unterstützungsmaßnahmen für eine fundierte Beratung bei den Präsidien der Bayerischen Polizei konzeptionell vorbereitet . Die Betreuungskonzepte beinhalten Regelungen zur Sachbearbeitung und zur Unterstützung von Dienstkräften bei besonderen polizeilichen Aus nahme- und Stresssituationen sowie Koordinierungsmaßnahmen der Be treuung. Die Konzepte sind regional unterschiedlich ausgestaltet und berücksichtigen verbandsspezifische Besonderheiten. Es obliegt den jeweiligen Vorgesetzten in den Organisationsebenen , gege benenfalls unter Hinzuziehung von Drucksache 17/15794 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 5 Spezialisten, potenziell belastende Einsätze bzw. Einsatzsituationen mit den Einsatzkräften nachzubereiten und sie zu betreuen. Um weiterführende Betreuungsmaßnahmen gewährleisten zu können, ist bei der Bayerischen Polizei mit dem Polizeiinternen Netzwerk (PIN) ein umfangreiches und zentral sowie dezentral für die Polizeibeamten und -beamtinnen und gegebenenfalls deren Angehörige verfügbares Be treuungs- und Beratungsangebot eingerichtet, das sich aus Spezialisten bzw. entsprechend fortgebildeten Beamten und Beamtinnen verschiedener Fachbereiche zusammensetzt . Hierzu zählen insbesondere die Diplompsy cholog(inn) en des Zentralen Psychologischen Dienstes der Bayerischen Polizei (ZPD), die bei den Verbänden angesiedelten Sozialpädagog(in n)en des Polizeilichen Sozialen Dienstes (PSD), die Polizeiseelsorger/-innen und der Ärztliche Dienst der Bayerischen Polizei. Die Beratungsangebote stehen grundsätzlich allen Angehörigen der Bayeri schen Polizei (Beamte und Beamtinnen sowie Arbeitnehmer und Arbeitneh merinnen) zur Verfügung. Alle im Bereich der Polizei mit der Sachbearbeitung in Folge von Gewalt ge gen Polizeibeamte und -beamtinnen betrauten Mitarbeiter/-innen haben die einschlägigen Ausund Fortbildungen besucht bzw. ein Studium absolviert. Die bei der Bayerischen Polizei direkt mit den Aufgaben der psychosozialen Unterstützung Beauftragten haben einschlägige Schulungen bzw. Fortbil dungen in Nachsorgetechniken und Zusatzqualifikationen, z. B. CISM (Critical lncident Stress Management nach Jeffry T. Mitchell) oder SbE (Stressbearbeitung nach belastenden Ereignissen). Aufgrund der Bedeutung der Thematik für die Führungskräfte ist diese in vielfältiger Weise in den Studi enplänen der 3. und der 4. Qualifikationsebene sowie in den einschlägigen zentralen Fortbildungsangeboten bei der Bayerischen Polizei stark gewich tet. Zudem unterstützen die Polizeiseelsorger und -seelsorgerinnen betroffene Polizeibeamte und -beamtinnen. Betroffenen im Geschäftsbereich des StMJ stehen die bei den Oberlandesgerichten angesiedelten psychosozialen Beratungsstellen „Delfin“, „Cora“ sowie „KoBe“ zur Verfügung . Die speziell geschulten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Beratungsstellen (darunter Sozialpädagog(inn)en und Psycholog(inn)en) bieten den Bediensteten individuelle, auf den konkre ten Bedarf zugeschnittene Beratungsformate an. Im Bereich des Justizvollzugs können sich betroffene Bedienstete nach Übergriffen von Gefangenen (und sonstigen beruflichen Belastungssituatio nen) insbesondere an Kriseninterventionsteams im Strafvollzug (KITIS) wenden, die bei einer Vielzahl von Justizvollzugsanstalten gebildet sind. Da bei handelt es sich um ein Hilfs- und Betreuungsangebot für Bedienstete nach krisenhaften und belastenden Situationen . Die Mitglieder der KITIS-Teams sind erfahrene Mitarbeiter bzw. Mitarbeiterinnen des Justizvollzugs (da-runter auch Psycholog(inn)en), die an der Bayerischen Justizvollzugsakademie in Straubing hierfür zusätzlich gesondert geschult und von dort zudem laufend betreut werden. Mithilfe der Krisenintervention soll bei den betroffenen Bediensteten eine zeitnahe Reduktion affektiv-emotionaler Reaktionen bewirkt und diesen mit gezielten Maßnahmen, etwa Einzel - oder Gruppengesprächen, eine sofortige bzw. zeitnahe Unterstützung geboten werden. Bei Bedarf können Teammitglieder auch koordiniert behördenüber greifend tätig werden. Darüber hinaus stehen auch die jeweiligen weiteren Fachdienste der Justizvollzugsanstalt (Psycholog(inn)en, Ärzte/ Ärztinnen) den Betroffenen zur Seite. Auch sonstige Ansprechpartner/-innen nehmen im Rahmen ihres Zuständigkeitsbereichs grundsätzlich an einschlägigen Fortbildungsmaßnahmen teil. c) Gibt es für die Beschäftigten Schulungsprogramme für den Umgang mit Konfliktsituationen, die in Gewalt ausarten könnten, und wie sehen diese aus? Im Rahmen der Aus- und Fortbildung wird eine Vielzahl von speziellen Kur sen und Seminaren zu einschlägigen Themen wie z. B. konstruktiver Um gang mit Konfliktsituationen bzw. aggressiven Verhaltensweisen, Gewaltprä vention, verbale bzw. psychologische Deeskalation, „Breaking Bad News“, Gesprächs- und Verhandlungsführung, Rhetorik und Kommunikationsver besserung, Vertrauensbildung, Eigensicherung , Erkennen und zutreffende Behandlung von Waffen, Verhalten gegenüber Hunden, Selbstverteidigung und Notwehr, Erste Hilfe sowie Stressmanagement durchgeführt . Darunter sind sowohl allgemeine Veranstaltungen als auch solche, die konkret auf bestimmte Beschäftigtengruppen – wie beispielsweise Außendienstmitarbei ter und -mitarbeiterinnen – oder ressortspezifisch zugeschnitten sind. Die Teilnahme ist teilweise verpflichtend. Je nach Umfang und Ausrichtung kön nen einzelne Maßnahmen direkt an der jeweiligen Dienststelle stattfinden o der, insbesondere bei mehrtägigen Seminaren und Lehrgängen, in zentra len Einrichtungen wie etwa der Hochschule für den öffentlichen Dienst in Bayern, der Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung, der Baye rischen Verwaltungsschule und dem Bildungszentrum der Bayerischen Staatsregierung St. Quirin. Vor allem die längeren Veranstaltungen umfas sen neben der Vermittlung theoretischer Kenntnisse i. d. R. immer auch de ren praktische Einübung anhand von Fallbeispielen . Im Polizeibereich sind neben einer stetigen Verbesserung im Bereich der Ausstattung und der persönlichen Ausrüstung intensive Trainingsmaßnah men erforderlich, um Polizeibeamte und -beamtinnen auf die oftmals gefähr lichen Einsatzsituationen optimal vorzubereiten. Bereits bei der Einstellung von künftigen Polizeivollzugsbeamten und -be amtinnen achtet die Bayerische Polizei besonders auf die charakterliche Eignung sowie persönliche und soziale Kompetenz. In der Ausbildung wird dies speziell in den Fächern „Berufsethik“, „politische Bildung/ Zeitgeschehen“ sowie „Kommunikation und Konfliktbewältigung “ intensiviert. Am Ende soll ein/e rechtlich und praktisch geschulte/r sowie sozial kompetente/r Polizeivollzugsbeamter bzw. -beamtin Dienst verrichten. Verhalten und Vorgehensweise sind der jeweiligen Situation durch kommunikative Fähigkeiten, psychologisches Geschick und Kompetenz in der Konfliktbewältigung anzu passen. In den Unterrichten der sog. „einsatzbezogenen polizeilichen Selbstverteidigung und Eigensicherung“ (epSVE) werden Polizeivollzugsbeamten und -beamtinnen ergänzend in praktischen Übungsszenarien die not wendigen theoretischen und praktischen Kenntnisse vertiefend vermittelt, um handlungssicher unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit erfor derlichenfalls unmittelbaren Zwang unter Beachtung der Eigensicherung anwenden zu können. Diese Philosophie spiegelt sich in der Fortbildung der Polizeibeamten und -beamtinnen uneingeschränkt wider. Dabei bedeutet Fortbildung nicht nur die Professionalisierung in der Fachkompetenz, sondern auch die Steige rung der Seite 6 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/15794 sozialen Kompetenz (Handlungskompetenz) von Führungskräften und Sachbearbeiter(inne)n. Daher werden auch in vornehmlich fachlichen Seminaren grundsätzlich zielgruppenspezifisch Aspekte des Stress- und Konflikthandhabungstrainings durch entsprechende Unterrichtseinheiten abgedeckt. Mit der Seminarreihe „Polizeiliches Antistress-, Kommunikations - und Ein satzbewältigungstraining (PAKET)“ bietet die Bayerische Polizei zentral ein Verhaltenstraining für alle Polizeivollzugsbeamten und -beamtinnen in Bay ern an. Schwerpunkte dieser Seminare sind Interaktionen im Innenund Au ßenverhältnis, die Stressbewältigung, die emotionale Stabilität, die Fähigkeit zur sozialen Wahrnehmung und die Selbstkontrolle. Durch das intensive Be fassen mit psychologischen Grundthemen wird auch die Selbstreflexion der Teilnehmer/-innen gefördert. Mit dem obersten Ziel, den Polizeibeamten und -beamtinnen eine professio nelle Situationsbeherrschung mit gewaltfreier Konfliktbewältigung zu vermit teln, wird dezentral bei den Präsidien die Fortbildung zum Polizeilichen Ein satzverhalten (PE) durchgeführt. Dabei umfasst das PE-Training die möglichst realitätsnahe Schulung von professioneller Handlungs- und Verhal tenssicherheit der Polizeivollzugsbeamten und -beamtinnen im polizeilichen Einsatzgeschehen. PE ist im Rahmen der Fortbildung als ganzheitliches Training konzipiert. Dabei werden in komplexen Übungen alle Bereiche des Einsatzgeschehens von der verbalen Kommunikation über die Anwendung unmittelbaren Zwangs bis hin zum Schusswaffengebrauch regelmäßig und verpflichtend trainiert. Infolge der stetigen Überprüfung und Weiterentwicklung der Inhalte entsprechen die Trainings den aktuellen fachlichen Anforderungen. Beispielsweise wurden in den vergangenen Jahren die PE-Leitthemen „Umgang mit ag gressiven Personen, die sich in psychischen Ausnahmesituationen befinden“ und „Polizeiliches Einschreiten gegen Gruppen, die sich aggressiv ge genüber Polizeivollzugsbeamten verhalten “ bayernweit einheitlich konzipiert und konsequent zur Fortbildung der Einsatzkräfte umgesetzt. Zu allem entschlossene Gewalttäter, die ohne jegliche Skrupel mit Waffengewalt gegen Mitmenschen und gegen die polizeilichen Einsatzkräfte vorgehen, erfordern angesichts von ihnen ausgehender akuter Lebensgefahren sofortige polizei liche Interventionsmaßnahmen noch vor Eintreffen der Spezialeinheiten . Daher wird das polizeiliche Einschreiten in Erstphasen solcher Lagen regelmä ßig den Erstzugriffskräften vor Ort aus dem Wach- und Streifendienst oblie gen. Um die Erstzugriffskräfte auf solche Lagen optimal vorzubereiten, hat die Bayerische Polizei das Trainingsmodul „Lebensbedrohliche Einsatzla gen“ entwickelt, dass derzeit im Rahmen des PE-Trainings bayernweit um gesetzt wird. Aufbauend auf den Lehrinhalten der Ausbildung in der „Ersten Hilfe“ deckt die Bayerische Polizei mit verschiedenen und wechselnden Fortbildungsmo dulen bereits Ersthelfermaßnahmen auch für spezielle Einsatzsituationen, wie zum Beispiel lebensbedrohliche Blutungen, ab. Mit der im Jahr 2017 ge planten Anschaffung geeigneter Ausrüstungsgegenstände und der Unter weisung der Einsatzkräfte in Elementen der sog. „Taktischen Einsatzmedi zin“ kann die Bayerische Polizei zukünftig Maßnahmen der konventionellen Ersten Hilfe noch besser ergänzen, um z. B. auch etwaig im Einsatz schwer verletzte Polizeibeamte und -beamtinnen oder andere verletzte Personen noch besser versorgen zu können. In der Verantwortung der Polizeipräsi dien werden für Verwaltungsbeamte und -beamtinnen sowie Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen auch Seminare angeboten, welche die Themen Kommunikation und Konfliktmanagement zielgruppenspezifisch abdecken. Seit 2012 wird in der bayerischen Justiz die Fortbildungsreihe „Gefahrerkennung, Konfliktbewältigung und Deeskalation “ mit einer Dauer von zwei Tagen angeboten. Diese Veranstaltung steht allen Justizbediensteten offen. Insgesamt haben bisher über 500 Bedienstete daran teilgenommen. Seit 2015 wurde zu diesem Thema eine zusätzliche Veranstaltungsreihe nur für Gerichtsvollzieher und Gerichtsvollzieherinnen eröffnet, da hierbei deren potenzielle Gefährdungslage im Außendienst spezifischer behandelt werden kann. Neben Psycholog(inn)en und justizinternen Referent(inn)en hal ten hier auch Fachleute der Polizei (Bayerische Informationsstelle gegen Extremismus, BIGE) Vorträge . Kernstück der Fortbildungen bilden jedoch praktische Rollenübungen, bei denen die Teilnehmer/-innen die richtige Re aktion in Gefahrenlagen einüben. Ergänzend zu diesen festen, landesweiten Programmen legen die Oberlan desgerichtsbezirke in Eigenregie regionale Fortbildungsveranstaltungen zur Gefahrerkennung und Konfliktbewältigung auf. Die im Außendienst beson ders gefährdete Gruppe der Gerichtsvollzieher und Gerichtsvollzieherinnen wird bereits im Rahmen ihrer Ausbildung in Deeskalation und Selbstverteidi gung geschult; hierfür stehen in den fachtheoretischen Lehrgängen insgesamt 28 Unterrichtsstunden zur Verfügung. Zudem werden in der Fortbildungsreihe „Fachtagung für Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher‘‘ ebenfalls verschiedene Hilfestellungen zu dem Thema der Gefahrvermei dung angeboten. Diese mehrtägigen Veranstaltungen finden viermal pro Jahr statt. Die Themen variieren je nach Aktualität. So wurde 2013 ein halb tägiges Referat zum Thema „Amts- und Vollzugshilfe – Polizei/Gerichtsvoll zieher‘‘ abgehalten. Referenten waren jeweils Kommissare und Oberkom missare der Bayerischen Polizei. Im Jahr 2015 wurde dieser Vortrag ersetzt durch die Referate „Gefahrerkennung und -vermeidung“, ,,Die Reichsbürger bewegung – Auswirkungen auf die Zwangsvollstreckung “ sowie durch „Handreichung zum Umgang mit schwierigen Verfahrensbeteiligten – die Reichsbürgerbewegung “. Seit 2016 hält ein Referent der Bayerischen Informationsstelle gegen Extremismus in den Fachtagungen einen Vortrag zum Thema „Reichsideologien, Selbstverwalter und Co – Probleme mit den Microstaatlern“. Die Berufsgruppe der Justizwachtmeister und Justizwachtmeisterinnen wird bereits im Rahmen ihrer Ausbildung in den Grundlagen der Gewährleistung der Sicherheit in Justizgebäuden, in Kommunikation und Konfliktbewältigung sowie im Justizeinsatztraining eingehend geschult. Hierbei stehen sowohl die Deeskalation von Konfliktsituationen als auch die waffenlose Selbstver teidigung sowie der Umgang mit Einsatzmitteln (Pfefferspray, Einsatzstock) auf dem Programm. Zudem lernen die Justizwachtmeister und Justizwacht meisterinnen im Rahmen der Waffen- und Schießausbildung, in Notwehrfällen eine Pistole schnell und sicher zu handhaben. Die Ausbildung wird durch gezielte Fortbildungsmaßnahmen ergänzt. So wird viermal im Jahr die einwöchige Fortbildungsreihe „Fach- und Sicherheitstagung “ angeboten. Die dort behandelten Themen sind: ,,Sicherheit im Justizgebäude“, „Störungen von Verhandlungen “, „Konflikt und Deeskalation“ sowie „Selbstverteidigung “. Bei den dort stattfindenden praktischen Fallszenarien spielen Störer und gewaltbereite Personen die Hauptrolle. Drucksache 17/15794 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 7 Als Sonderveranstaltungen für Richter und Richterinnen sowie Staatsan wälte und Staatsanwältinnen wurden im Jahr 2016 zwei eintägige Veranstal tungen mit insgesamt 150 Teilnehmern zum Thema „Umgang mit Störungen in der Gerichtsverhandlung “ abgehalten. Für Bewährungshelfer und -helfe rinnen besteht seit 2016 die Möglichkeit einer externen Zusatzausbildung zum zertifizierten Präventionsmanager – Extremismus und Radikalisierung. Die Präventionsmanager und -managerinnen sollen als Multiplikatoren/Multiplikatorinnen für justizinterne Schulungen eingesetzt werden und als Ansprechpart ner/-innen den Justizbediensteten zur Verfügung stehen. Bereits der Kern aller Aus- und Fortbildung von Bediensteten des Justizvoll zugs befasst sich aufgrund der besonderen Gegebenheiten des Justizvoll zugs mit dieser Thematik . Das Themenfeld „Übergriffe von Gefangenen auf Bedienstete“ wird bereits im Rahmen der Ausbildung der Justizvollzugsbediensteten in verschiedenen Hauptfächern (z. B. „Psychologie“, „Gesell schaftslehre“, „Gestaltung des Strafvollzugs“, „Untersuchungshaftvollzug“ o der „Vollzugspädagogik “) thematisiert und an vollzugsnahen Beispielen erör tert. Ebenso werden an der Bayerischen Justizvollzugsakademie in Straubing Selbstverteidigungskurse angeboten. Es bestehen auch im Rah men der ständigen Fortbildung der Bediensteten Schulungsprogramme für den Umgang mit Konfliktsituationen, deren Inhalt auf den jeweiligen explizi ten Teilnahmerkreis (z. B. weibliche Bedienstete) zugeschnitten ist. Auch werden ständig geeignete Mitarbeiter/-innen ausgebildet , um die bereits vorhandenen KITIS-Teams zu erweitern und in den Anstalten zu implementieren. 5. a) Wie viele der bekannten Fälle von Gewalt gegen Bedienstete des Freistaats im Jahr 2015 wurden zur Anzeige gebracht? Die Zahlen ergeben sich aus der Tabelle in der Anlage. b) Warum wurden Vorfälle nicht zur Anzeige gebracht ? Unterbliebene Anzeigen sind im Regelfall darauf zurückzuführen , dass eine strafrechtliche Relevanz nicht gesehen wurde oder der bzw. die Betroffene ein Verfahren bei Polizei und vor Gericht nicht wünschte. Zudem unterblie ben Strafanzeigen wegen Geringfügigkeit, geringer praktischer Erfolgsaus sichten sowie anschließender Entschuldigung und weil die Täter/-innen na mentlich unbekannt waren. 6. a) Wie viele Fälle von Gewalt haben zur Dienstunfähigkeit von Beschäftigten geführt? b) Wie hoch sind die daraus reultierenden Ausfallzeiten der Beschäftigten insgesamt? Bitte aufgeschlüsselt nach Staatsministerien und deren nachgeordnete Dienststellen und Behörden. Im Jahr 2015 kam es aufgrund der Gewaltdelikte gegen Polizeibeamte und -beamtinnen bei der Bayerischen Polizei zu insgesamt 3.090 Dienstausfallta gen. Im Übrigen sind keine Gesamtzahlen vorhanden; von einer Meldung von Einzelfällen wird abgesehen. Seite 8 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/15794 Anlage