Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Herbert Kränzlein SPD vom 21.01.2017 Struktur der bayerischen Staatsschulden Die tatsächliche Schuldenlast Bayerns ist über verschiedene Bereiche verteilt. Neben den Schulden des Kernhaushaltes gibt es Auslagerungen, die ebenfalls die finanzielle Leistungsfähigkeit des Freistaates beeinflussen. Daher frage ich die Staatsregierung: 1. a) Wie hoch ist der derzeitige Schuldenstand im Kernhaushalt Bayerns? b) Bei welchen Gläubigern wurden diese Schulden aufgenommen ? c) In welcher Höhe hat sich der Freistaat bei den jeweiligen Gläubigern verschuldet? 2. a) Wie hoch ist der derzeitige Schuldenstand des Freistaates bei Extrahaushalten (öffentliche Fonds, Einrichtungen und Unternehmen (FEU), sonstige FEUs, usw.)? b) Bei welchen Gläubigern wurden diese Schulden aufgenommen ? c) In welcher Höhe hat sich der Freistaat bei diesen Gläubigern verschuldet? 3. a) In welcher Höhe muss der Freistaat Bayern derzeit Zinsen für die jeweils aufgenommenen Schulden entrichten ? b) Wie hat sich die Zinslast in den letzten 10 Jahren entwickelt ? c) Welche Auswirkungen hat die derzeitige Finanzpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) auf die Zinslast des Freistaates? 4. Ist das Ziel der Staatsregierung, ein schuldenfreies Bayern bis 2030 bei der derzeitigen Tilgungsquote zu erreichen? 5. a) Wie hoch ist der derzeitige Schuldenstand der bayerischen Kommunen? b) Wie hat sich der Schuldenstand in den letzten 10 Jahren entwickelt? c) Wie will die Staatsregierung die Kommunen bei der Entschuldung unterstützen? Antwort des Staatsministeriums der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat vom 07.03.2017 1. a) Wie hoch ist der derzeitige Schuldenstand im Kernhaushalt Bayerns? Der Schuldenstand des Freistaats Bayern belief sich zum 31.12.2016 insgesamt auf 29,0 Mrd. Euro; konkret bestanden zum Stichtag Schulden für den allgemeinen Haushalt von 19,5 Mrd. Euro und für den Stabilisierungsfonds Finanzmarkt und BayernLB von 9,5 Mrd. Euro. Ende 2011 hatte der Schuldenstand noch 32,6 Mrd. Euro betragen, wovon auf den allgemeinen Haushalt 22,6 Mrd. Euro und auf den Stabilisierungsfonds 10,0 Mrd. Euro entfielen. b) Bei welchen Gläubigern wurden diese Schulden aufgenommen? c) In welcher Höhe hat sich der Freistaat bei den jeweiligen Gläubigern verschuldet? Die Schulden verteilen sich am 31.12.2016 auf folgende Gläubigergruppen1 (jeweils in Mrd. Euro): Schatzanweisungen (Inhaber der einzelnen Stücke sind nicht bekannt – 5,0), öffentliche Förderbanken (6,1), Versicherungen (3,0), Landesbanken (1,8), Hypothekenbanken (1,8), Privatbanken (1,1), Versorgungseinrichtungen (0,7), Genossenschaftsbanken (0,4), Bausparkassen (0,3), Sparkassen (0,3), ausländische Institute (0,1), sonstige Gläubiger (0,2) sowie aufgeschobene Anschlussfinanzierungen (das sind Anschlussfinanzierungen von auslaufenden Darlehen, die in künftige Haushaltsjahre übertragen wurden, da die fälligen Darlehen mit vorhandener Liquidität vorläufig beglichen werden konnten, vgl. Art. 8 Abs. 3 Haushaltsgesetz – 8,2). 2. a) Wie hoch ist der derzeitige Schuldenstand des Freistaates bei Extrahaushalten (öffentliche Fonds, Einrichtungen und Unternehmen (FEU), sonstige FEUs, usw.)? b) Bei welchen Gläubigern wurden diese Schulden aufgenommen? c) In welcher Höhe hat sich der Freistaat bei diesen Gläubigern verschuldet? Im Gegensatz zu anderen Ländern bestehen in Bayern nur die oben angegebenen Schulden im Kernhaushalt. 3. a) In welcher Höhe muss der Freistaat Bayern derzeit Zinsen für die jeweils aufgenommenen Schulden entrichten? Die Zinsausgaben des Freistaats beliefen sich 2016 auf 747,0 Mio. Euro, die vollständig auf den Kernhaushalt entfallen (vgl. Antwort zu den Fragen 2 a bis 2 c). Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 05.05.2017 17/15801 Bayerischer Landtag 1) Der namentlichen Nennung des jeweiligen Gläubigers steht deren berechtigtes Schutzin teresse entgegen Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/15801 b) Wie hat sich die Zinslast in den letzten 10 Jahren entwickelt? Die Zinsausgaben der vergangenen 10 Jahre stellen sich wie folgt dar (in Mio. Euro): 2007: 981,7; 2008: 930,8; 2009: 888,0; 2010: 1.089,2; 2011: 1.067,6; 2012: 1.034,9; 2013: 948,1; 2014: 885,3; 2015: 828,6 und 2016: 747,0. c) Welche Auswirkungen hat die derzeitige Finanzpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) auf die Zinslast des Freistaates? Nachdem das Schuldenportfolio des Freistaats keine variabel verzinsten Schulden beinhaltet, keine neuen Schulden mehr aufgenommen und seit 2008 Anschlussfinanzierungen vorhandener Kredite teilweise bzw. seit 2015 komplett ausgesetzt werden, bestehen derzeit keinerlei Auswirkungen auf die Zinslast des Freistaats. Erhebliche Auswirkungen hat die EZB-Politik allerdings auf die Zinseinnahmen des Staates durch Geldanlagen; hier sind kaum mehr positive Erträge erzielbar. 4. Ist das Ziel der Staatsregierung, ein schuldenfreies Bayern bis 2030 bei der derzeitigen Tilgungsquote zu erreichen? Der Doppelhaushalt 2017/2018 sieht eine weitere Schuldentilgung von 1 Mrd. Euro vor. Ab 2020 sollen zum weiteren Abbau der Staatsverschuldung bis zum Jahr 2030 insbesondere finanzielle Verbesserungen aus der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehung eingesetzt werden. Die endgültige Entscheidung über die Höhe der jährlichen Schuldentilgungen obliegt dem Bayerischen Landtag als Haushaltsgesetzgeber . 5. a) Wie hoch ist der derzeitige Schuldenstand der bayerischen Kommunen? Nach Angaben des Landesamtes für Statistik hat der Schuldenstand der bayerischen Kommunen in den Kernhaushalten zum 31.12.2015 rd. 12,6 Mrd. Euro betragen. Daten zum 31.12.2016 liegen noch nicht vor. Berücksichtigt wurden dabei die Kredit- und Wertpapierschulden sowie die Kassenkredite der bayerischen Bezirke, Landkreise, kreisfreien Städte und kreisangehörigen Gemeinden. b) Wie hat sich der Schuldenstand in den letzten 10 Jahren entwickelt? Die Schuldenstände der Kernhaushalte der bayerischen Kommunen haben sich in den Jahren 2006 bis 2015 folgendermaßen entwickelt (in Mrd. Euro): 2006: 15,6; 2007: 15,0; 2008: 14,1; 2009: 14,0; 2010: 14,4; 2011: 14,1; 2012: 13,7; 2013: 13,1; 2014: 12,9 und 2015: 12,6. c) Wie will die Staatsregierung die Kommunen bei der Entschuldung unterstützen? Jede Gebietskörperschaft ist grundsätzlich selbst verantwortlich für die Tilgung ihrer eigenen Schulden. Der Freistaat unterstützt seine Kommunen jedoch massiv mit dem kommunalen Finanzausgleich, der im Jahr 2017 auf die Rekordsumme von 8,9 Mrd. Euro steigt. Die bayerischen Kommunen haben im Ländervergleich daher mit die niedrigste Pro-Kopf-Verschuldung und der Krisenindikator „Kassenkredite “ spielt nahezu keine Rolle. Der Freistaat Bayern setzt auf zielgerichtete Hilfe: Bereits in den Jahren 2006 bis 2012 half der Freistaat im Rahmen des Pilotprojekts „Struktur- und Konsolidierungshilfen“ finanzschwachen Kommunen mit insgesamt fast 56 Mio. Euro. Seit dem Jahr 2012 gewährt der Freistaat konsolidierungswilligen Kommunen, die aufgrund objektiver Indikatoren als strukturschwach gelten bzw. von der negativen demografischen Entwicklung besonders betroffen sind und sich unverschuldet in einer finanziellen Notlage befinden, sog. Stabilisierungshilfen. Ziel ist eine nachhaltige Verringerung der Zins- und Tilgungsleistungen, damit konsolidierungswillige Kommunen wieder mehr finanzielle Handlungsspielräume erlangen. Der Haushaltsansatz für Bedarfszuweisungen/Stabilisierungshilfen wurde ab dem Jahr 2013 mit der Bereitstellung von 100 Mio. Euro fast vervierfacht. Für das Jahr 2015 wurde er nochmals um 20 Mio. Euro auf 120 Mio. Euro und ab 2016 auf 150 Mio. Euro angehoben. Die Stabilisierungshilfen wirken: So haben 75 Prozent der Städte und Gemeinden, die erstmals in 2012 oder 2013 Stabilisierungshilfen erhalten haben, ihren Schuldenstand reduziert . Besonders effektiv waren die Stabilisierungshilfen bei Kommunen mit bis zu fünftausend Einwohnern. Hier konnten sogar 80 Prozent einen Schuldenabbau verzeichnen. Diese Zahlen zeigen deutlich den positiven Effekt der Stabilisierungshilfen auf die Finanzlage der Empfänger. Sparwillige Kommunen konnten sich durch deren Einsatz für den Schuldenabbau neue Handlungsspielräume erschließen. Der Freistaat wird den Kommunen mit diesen erfolgreichen Hilfen auch weiterhin zur Seite stehen.