Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Christian Magerl, Rosi Steinberger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 10.01.2017 Gebühren für Print@home-Tickets Die Therme Erding, der TSV 1860 München und andere bieten neben dem postalischen Versand und der persönlichen Abholung noch die Möglichkeit an, einen Gutschein bzw. Ticket per automatisierter Mail zu verschicken. Der Gutschein bzw. das Ticket wird dann vom Verbraucher selbst ausgedruckt . Für die Tätigkeit des Selbstausdruckens muss der Verbraucher eine Gebühr bezahlen, die wahlweise als „Systemgebühr “, „Onlinegebühr“ oder Ähnliches tituliert wird. Wir fragen die Staatsregierung zu diesem Geschäftsgebaren : 1. a) Wie steht die Staatsregierung zu Zusatzgebühren, die Verbraucher für den Selbstausdruck von Tickets oder Gutscheinen bezahlen müssen? b) Was unternimmt die Staatsregierung gegen Zusatzgebühren dieser Art? c) Inwiefern warnt die Staatsregierung Verbraucher vor solchen zusätzlichen Kosten? 2. a) Sind solche Zusatzgebühren aus Sicht der Staatsregierung rechtlich haltbar? b) Widerspricht diese Zusatzgebühr dem Grundsatz, dass Tätigkeiten, die im Interesse des Verwenders (hier: dem Verkäufer) liegen, nicht auf den Verbraucher abgewälzt werden dürfen? 3. a) Hat die Staatsregierung Kenntnis davon, wie solche Zusatzgebühren beim Selbstausdruck von Tickets und Gutscheinen begründet werden? b) Hat die Staatsregierung Kenntnis davon, wie hoch die tatsächlich entstehenden Kosten, die für den automatischen Versand einer automatisch generierten E-Mail und eines automatisch generierten Tickets oder Gutscheins in Form eines pdf-Dokuments sind? 4. a) Werden in staatlichen oder staatlich geförderten Einrichtungen Tickets zum Selbstausdruck angeboten und wie hoch sind jeweils die dafür anfallenden Gebühren ? b) Welche Bearbeitungs- und Zusatzgebühren werden in staatlichen oder staatlich geförderten Einrichtungen beim Verkauf und Versand von Tickets und Gutscheinen erhoben? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 14.03.2017 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst, dem Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat sowie dem Staatsministerium der Justiz wie folgt beantwortet: 1. a) Wie steht die Staatsregierung zu Zusatzgebühren, die Verbraucher für den Selbstausdruck von Tickets oder Gutscheinen bezahlen müssen? b) Was unternimmt die Staatsregierung gegen Zusatzgebühren dieser Art? c) Inwiefern warnt die Staatsregierung Verbraucher vor solchen zusätzlichen Kosten? Vertraglich begründete Entgelte unterliegen unabhängig davon, ob es sich um Haupt- oder Nebenleistungspflichten handelt, im Grundsatz der Privatautonomie und sind somit prinzipiell innerhalb der gesetzlichen Grenzen frei vereinbar. Aus Sicht des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV) sind Zusatzgebühren jedoch zumindest dann kritisch zu sehen, wenn mit ihnen kein über die ohnehin geschuldeten Leistungen hinausgehender Mehrwert verbunden ist, wie etwa die Möglichkeit, die Buchung jederzeit online und auch die Auswahl des konkreten Sitzplatzes zum Zeitpunkt der eigenen Wahl o. Ä. vornehmen zu können. Wichtig sind zudem eine klare, transparente Gebührengestaltung sowie eine frühzeitige Erkennbarkeit im Bestellprozess . In Fällen unzulässiger Gebührenerhebungen oder unzureichender vorvertraglicher Informationen sind insbesondere die staatlich geförderten Verbraucherverbände – die Verbraucherzentrale Bayern e.V. und der Verbraucherservice Bayern im KDFB e. V. (Landesverband Katholischer Deutscher Frauenbund e. V.) – berechtigt, gerichtlich gegen die Verwender entsprechender Klauseln vorzugehen. Beispielsweise erwirkte der Verbraucherservice Bayern im KDFB e.V. unter dem 30.09.2016 eine Unterlassungserklärung des Unternehmens „München Ticket GmbH“ bezüglich einer Vertragsklausel , auf deren Grundlage Bearbeitungsgebühren in Höhe von 2,90 Euro (Print@home über callcenter) bzw. 1,90 Euro (Print@home über Internet) verlangt wurden. 2. a) Sind solche Zusatzgebühren aus Sicht der Staatsregierung rechtlich haltbar? b) Widerspricht diese Zusatzgebühr dem Grundsatz, dass Tätigkeiten, die im Interesse des Verwenders (hier: dem Verkäufer) liegen, nicht auf den Verbraucher abgewälzt werden dürfen? Entgelte, die nicht unmittelbar die Vergütung der Hauptleistung oder die Vergütung für echte Neben- oder Zusatzleistungen betreffen, können im Rahmen von Allgemeinen Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 24.05.2017 17/16039 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/16039 Geschäftsbedingungen (AGB) vereinbart werden; sie unterliegen der Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Dies kann insbesondere auf Klauseln zutreffen, die ein Entgelt oder einen Aufwendungsersatz für solche Tätigkeiten zum Gegenstand haben, die der Verwender im eigenen Interesse erbringt. Grundsätzlich gilt insoweit, dass Vereinbarungen unzulässig sind, die den Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen (§ 307 Absatz 1 BGB). Hierbei bedarf es jeweils einer Beurteilung des konkreten Einzelfalls, wobei die zu überprüfende Vertragsklausel vor dem Hintergrund des gesamten Vertrags auszulegen und zu bewerten ist. Kürzlich wurde mit Urteil vom 31.08.2016 des Landgerichts Bremen (Az.: 1 O 969/15) eine von einem Ticketvermittler verwendete Klausel, wonach im Rahmen von Internetbestellungen für die Wahl der Option eines selbstausdruckbaren Tickets eine „Servicegebühr“ in Höhe von 2,50 Euro zu entrichten war, für unzulässig erachtet. Es handele sich nicht um eine echte Nebenleistungspflicht, sondern um eine Erfüllung nebenvertraglich begründeter eigener Pflichten des Verwenders in Form eines Aufwendungsersatzanspruchs, da die Besorgung und Verschaffung des Tickets bereits eine Hauptleistungspflicht des Vermittlers sei. Diese Zahlungsverpflichtung sei unzulässig, da sie die Erforderlichkeit der konkret angefallenen Tätigkeit und die Höhe der tatsächlich angefallenen Kosten außer Acht lasse. Ob und inwieweit diese Begründung auf andere Fälle von zum Selbstausdruck angebotener Tickets, Gutscheine o. ä. übertragbar ist, bleibt abzuwarten und ist der Rechtsprechung überlassen, zumal das oben genannte Urteil noch keine Rechtskraft erlangt hat. Zu berücksichtigen sein könnte dabei auch die Frage, ob die Tickets von einem Vermittler erworben werden oder direkt vom Veranstalter bereitgestellt werden, da insoweit unterschiedlich zu beurteilende Vertragsbeziehungen bzw. Pflichtenkreise in Betracht kommen. 3. a) Hat die Staatsregierung Kenntnis davon, wie solche Zusatzgebühren beim Selbstausdruck von Tickets und Gutscheinen begründet werden? b) Hat die Staatsregierung Kenntnis davon, wie hoch die tatsächlich entstehenden Kosten, die für den automatischen Versand einer automatisch generierten E-Mail und eines automatisch generierten Tickets oder Gutscheins in Form eines pdf-Dokuments sind? Die Rechte und Pflichten des Vertragspartners in AGB sind aufgrund des Transparenzgebots nach § 307 Absatz 1 Satz 2 BGB möglichst klar, einfach und präzise darzustellen. Hierzu dürfte auch die Erkennbarkeit, wofür ein konkretes Entgelt erhoben wird, gehören. Darüber hinausgehende Begründungserfordernisse bestehen im Rahmen von Vertragsverhältnissen im Grundsatz nicht, können sich jedoch aus den Umständen des Einzelfalles oder individualvertraglichen Abreden ergeben. Ob und inwieweit tatsächliche Kosten für die Ausstellung, den Versand und die Einlösung und ggf. Überprüfung automatisch generierter E-Mails, Tickets oder Gutscheine anfallen, dürfte maßgeblich einzelfallbedingt sein, wobei etwa der technische und personelle Aufwand für das Vorhalten eines entsprechenden Systems zu berücksichtigen wäre. Seitens der Verwender solcher Klauseln wird z. B. teilweise angeführt, dass selbstausdruckbare Tickets weniger fälschungssicher seien und es deshalb zwingend kostenintensiverer elektronischer Einlasskontrollen (zur Überprüfung von Strich- oder QR-Codes) bedürfe. Außerdem wird zum Teil von Unternehmen pauschal eine sog. Servicegebühr erhoben, die neben der Übersendung eines selbstausdruckbaren Tickets weitere Leistungen wie die Bereitstellung eines Kontakts für Rückfragen, Umbuchungswünsche oder Absagen beinhaltet. 4. a) Werden in staatlichen oder staatlich geförderten Einrichtungen Tickets zum Selbstausdruck angeboten und wie hoch sind jeweils die dafür anfallenden Gebühren? b) Welche Bearbeitungs- und Zusatzgebühren werden in staatlichen oder staatlich geförderten Einrichtungen beim Verkauf und Versand von Tickets und Gutscheinen erhoben? Die staatlichen Museen und Sammlungen sowie das Haus der Bayerischen Geschichte bieten derzeit noch keine Möglichkeit zum Selbstausdruck von Tickets an. Im Gegensatz zu den staatlichen Einrichtungen offeriert das Deutsche Museum Online-Tickets, die wahlweise als Ausdruck oder digital auf mobilen Endgeräten als Zugangsberechtigung vorgezeigt werden können. Auch das Buchheim Museum in Bernried bietet Print@home-Tickets an. Gebühren für diese Dienstleistungen werden jeweils nicht erhoben. Die Bearbeitungs- und Zusatzgebühren beim Verkauf und Versand von Tickets bzw. Gutscheinen variieren je nach Einrichtung , bewegen sich allerdings auf einem sehr moderaten Niveau von derzeit 0,00 Euro bis maximal 3,50 Euro pro Bestellvorgang. Sie dienen der Deckung von Auslagen für Verpackung, Porto und Verwaltungsaufwand. Für Vorstellungen der Bayerischen Staatstheater und der Bayerischen Theaterakademie werden Tickets zum Selbstausdruck (ticketdirect) sowie Geschenkgutscheine zum Selbstausdruck angeboten. Für ticketdirect wird – wie auch bei allen anderen „Versandarten“ (Ticketzusendung per Post oder Abholung des Tickets an der Abendkasse) im Onlineverkauf , schriftlichen Verkauf und Telefonverkauf − eine Gebühr von 1,50 Euro je verkaufter Eintrittskarte erhoben. Der Online-Verkauf von Geschenkgutscheinen beinhaltet keine Gebühren. Eine Gebühr von 1,50 Euro (je gekauftem Ticket) wird aber bei der Online-Einlösung des Geschenkgutscheins fällig. Es handelt sich für die vorstehend genannten Verkäufe der Bayerischen Staatstheater und der Bayerischen Theaterakademie um eine Bearbeitungsgebühr von 1,50 Euro, die unabhängig von der gewünschten Verkaufsart (Online, schriftlich, telefonisch), unabhängig von der gewünschten Zahlart (Lastschrift, EC-Karte, Kreditkarte) und unabhängig von der gewählten Versandart (ticketdirect, postalische Zusendung , Abholung an der Abendkasse) erhoben wird. Lediglich im Schalterverkauf – und dort wiederum ungeachtet der gewählten Zahlart – werden keine Bearbeitungsgebühren erhoben. Die Bearbeitungsgebühr dient der Bestreitung eines Teils der Kosten, die im Kartenverkauf entstehen, z. B. – Zurverfügungstellung der Software (mit Pflege- und Wartungsgebühren ) für den Online-Verkauf, – Portokosten bei Zusendung der Eintrittskarten (Online- Verkauf, schriftlicher und telefonischer Verkauf), – Kreditkartengebühren und – Personalkosten. Darüber hinaus ist zu erwähnen, dass in den Benutzungsbedingungen für die Bayerischen Staatstheater (AGB) explizit auf eine Bearbeitungsgebühr für die jeweiligen Verkaufsarten hingewiesen wird. Drucksache 17/16039 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Wie vorstehend ausgeführt, wird beim Zentralen Dienst für Vorstellungen der Staatstheater und der Theaterakademie eine Bearbeitungsgebühr in Höhe von 1,50 Euro je Ticket im Online- und Telefonverkauf sowie im schriftlichen Verkauf erhoben. Weitere Gebühren, wie sie z. B. von anderen Ticketanbietern erhoben werden, wie insbesondere Vorverkaufsgebühr, Systemgebühr, Auftragsgebühr und Gebühren für Bezahlung mittels Kredit- oder EC-Karte, sind bei den staatlichen Theatern nicht vorgesehen. Ob und in welchen geförderten nichtstaatlichen Theatern Bearbeitungs- und Zusatzgebühren beim Verkauf und Versand von Tickets oder Gutscheinen erhoben werden, ist uns nicht bekannt. Erkenntnisse hierüber ließen sich nur über eine umfangreiche Abfrage erzielen, die in der Kürze der Beantwortung nicht erbracht werden kann, zumal die nichtstaatlichen Theater nicht zu einer Antwort verpflichtet werden können.