Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Markus Ganserer, Christine Kamm BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 14.02.2017 Massive Verspätungen beim Fugger-Express ET 440 Im nunmehr neunten Einsatzjahr der ET 440-Triebwagen des Herstellers Alstom beim Fugger-Express sind diese wohl immer noch nicht stabil zu betreiben. So kam es auch in den letzten Monaten aufgrund einer hohen Zahl technischer Störungen zu Verspätungen und Störungen im Betriebsablauf . Hinzu kommt die überlastete und für Störungen nicht ausgelegte Schieneninfrastruktur zwischen München, Augsburg, Ulm und Donauwörth. Wir fragen die Staatsregierung: 1. Welche Auswirkungen hatten technische Störungen an Fahrzeugen im Fugger-Express-Netz in den letzten 5 Monaten (Angaben bitte zur Anzahl der verspäteten Züge und der Zugausfälle, jeweils auch auf Teilstrecken )? 2. Wie haben sich die Anzahl und die Auswirkungen der Störungen in den letzten Jahren entwickelt? 3. Gibt es eine Analyse der Störungen, und falls ja, welche Ursachen konnten identifiziert werden? 4. Für welchen Anteil der Störungen oder Verspätungen waren Probleme an der Infrastruktur ausschlaggebend ? 5. a) Welche Maßnahmen wurden mit der DB Regio als Netzbetreiber vereinbart? b) Welche davon wurden bereits umgesetzt? c) Welche Umsetzungstermine wurden für die übrigen Maßnahmen vereinbart? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 15.03.2017 1. Welche Auswirkungen hatten technische Störungen an Fahrzeugen im Fugger-Express-Netz in den letzten 5 Monaten (Angaben bitte zur Anzahl der verspäteten Züge und der Zugausfälle, jeweils auch auf Teilstrecken)? Die einzelnen Verspätungen im Eisenbahnverkehr werden durch den Infrastrukturbetreiber Deutsche Bahn (DB) Netz AG den jeweiligen Ursachen zugeordnet. Die in Bayern tätigen Eisenbahnverkehrsunternehmen teilen der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG) im Rahmen der monatlichen Qualitätsberichterstattung die von der DB Netz AG dokumentierten Verspätungsminuten sowie Verspätungsfälle mit. Verspätungen , welche direkt auf eine Fahrzeugstörung an den Triebwagen vom Typ ET 440 zurückzuführen sind, werden dabei in der Kategorie „Schaden am Tfz/Triebwagen, auch Bremsstörung“ aufgeführt. Hierbei ist zu beachten, dass in dieser Kategorie auch diejenigen Fälle enthalten sind, bei denen eine Verspätung im E-Netz Augsburg (Fugger-Express) unmittelbar durch eine Fahrzeugstörung eines anderen Verkehrsunternehmens (z. B. Triebwagenstörung des Fernverkehrs) verursacht wurde . Es ist jedoch davon auszugehen, dass der überwiegende Teil der Verspätungsminuten und Verspätungsfälle durch Triebwagen vom Typ ET 440 hervorgerufen wurde. Es liegen nur Daten für das Gesamtnetz, nicht jedoch nach Teilstrecken unterteilt vor. Für das gesamte E-Netz Augsburg wurden der BEG in den letzten fünf Monaten von DB Regio die folgenden Verspätungsminuten und Verspätungsfälle der Kategorie „Schaden am Tfz/Triebwagen, auch Bremsstörung“ gemeldet: Monat Verspätungsminuten Verspätungsfälle Januar 2017 1.434 200 Dezember 2016 1.120 128 November 2016 732 99 Oktober 2016 1.214 119 September 2016 1.242 134 Die Anzahl der fahrzeugbedingten Zugausfälle (auch Teilausfälle ) im gesamten E-Netz Augsburg hat sich nach Angaben von DB Regio in den letzten fünf Monaten wie folgt entwickelt: Monat Anzahl Ausfälle Januar 2017 41 Dezember 2016 39 November 2016 7 Oktober 2016 31 September 2016 9 2. Wie haben sich die Anzahl und die Auswirkungen der Störungen in den letzten Jahren entwickelt? Die Verspätungen der Kategorie „Schaden am Tfz/Triebwagen , auch Bremsstörung“ haben sich im gesamten E-Netz Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 24.05.2017 17/16053 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/16053 Augsburg in den vergangenen Jahren wie folgt entwickelt (die Daten liegen rückwirkend bis einschließlich 2012 vor): Jahr Verspätungsminuten Verspätungsfälle 2016 11.758 1.419 2015 12.526 1.454 2014 14.195 1.795 2013 13.697 1.618 2012 13.647 1.608 Die Anzahl der fahrzeugbedingten Zugausfälle im gesamten E-Netz Augsburg hat sich nach Angaben von DB Regio wie folgt entwickelt (die Daten liegen rückwirkend bis zum Fahrplanwechsel im Dezember 2009 vor): Jahr Anzahl Ausfälle 2016 191 2015 182 2014 176 2013 163 2012 132 2011 98 2010 237 2009 11* * ab Fahrplanwechsel am 13.12.2009 3. Gibt es eine Analyse der Störungen, und falls ja, welche Ursachen konnten identifiziert werden? Die BEG lässt sich von den Verkehrsunternehmen fortlaufend über die Fahrzeugsituation sowie aufgetretene Fahrzeugprobleme informieren. Die fahrzeugbedingten Verspätungen bzw. Zugausfälle im E-Netz Augsburg der vergangenen Monate wurden im Rahmen einer Expertenrunde „Fugger-Express “ mit Beteiligung von DB Regio, DB Netz, dem Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr sowie der BEG ausführlich diskutiert. Nach Angaben des Verkehrsunternehmens waren die Fahrzeugprobleme u. a. auf die folgenden Ursachen zurückzuführen: • Ausfälle der Antriebssteuerung durch Probleme an den Hauptschaltern, • unvorhergesehene Verlängerungen bzw. Überschneidungen der Standzeiten im Rahmen der aktuell laufenden Revision aller Fahrzeuge vom Typ ET 440, • Störungen an Bauteilen der Antriebssteuerung und der Bremse aufgrund eingedrungener Feuchtigkeit, • längerfristiger Ausfall von zwei Triebwagen infolge von Unfällen, • erheblicher Zusatzaufwand in den Werkstätten durch erhöhtes Schadaufkommen sowie die Enteisung der Fahrzeuge während der sehr kalten Witterungsperiode im Januar , • teilweise Überlastung der Werkstätte Steinhausen, in welcher neben den ET 440 des Fugger-Express auch die Fahrzeuge der S-Bahn München gewartet werden, aufgrund des hohen witterungsbedingten Schadaufkommens , • zehn gerissene Wassertanks durch Kälteeinwirkung, infolgedessen Fahrzeuge außer Betrieb genommen werden mussten, • Erfordernis des Tauschs der Radsätze bei den ET 440. 4. Für welchen Anteil der Störungen oder Verspätungen waren Probleme an der Infrastruktur ausschlaggebend ? Den übermittelten Daten zufolge hatten infrastrukturelle Ursachen (hierbei enthalten sind mängelbedingte Langsamfahrstellen , Baumaßnahmen, Oberleitungsschäden, Fahrbahnstörungen , Unregelmäßigkeiten bei Baustellen sowie Störungen der Leit- und Sicherungstechnik) folgenden Anteil an den jeweiligen Gesamtverspätungsminuten bzw. Gesamtverspätungsfällen pro Jahr im gesamten E-Netz Augsburg: Jahr Anteil an Gesamtverspätungsminuten Anteil an Gesamtverspätungsfällen 2016 7,2 % 5,6 % 2015 7,0 % 6,1 % 2014 6,9 % 5,9 % 2013 7,6 % 7,0 % 2012 11,2 % 10,7 % Hierbei ist zu beachten, dass es sich nur um diejenigen Verspätungen handelt, welche sich direkt einer infrastrukturellen Ursache zuordnen lassen. Eventuelle Folgeverspätungen, die hieraus im weiteren Fahrtenverlauf entstehen, werden von DB Netz in der Regel andere Kategorien zugeordnet (z. B. Zugfolgen ) und sind somit nicht als infrastrukturbedingt identifizierbar . 5. a) Welche Maßnahmen wurden mit der DB Regio als Netzbetreiber vereinbart? b) Welche davon wurden bereits umgesetzt? c) Welche Umsetzungstermine wurden für die übrigen Maßnahmen vereinbart? Die BEG hat sich im Rahmen der Expertenrunde „Fugger- Express“ über die aktuellen Maßnahmen zur Verbesserung der Fahrzeugsituation unterrichten lassen. Zur kurzfristigen Verbesserung der Fahrzeugsituation hat DB Regio u. a. die Durchführung von Sonderschichten in den Werkstätten auch an Wochenenden, die Priorisierung in der Instandhaltung nach Maßnahmen, die für den Weiterbetrieb der Fahrzeuge unbedingt notwendig sind, sowie Umlaufoptimierungen zur Minimierung von Zugkürzungen zugesagt bzw. bereits umgesetzt . Ferner wurden Maßnahmen zur Stabilisierung des Gesamtsystems diskutiert. Hierbei handelt es sich im Wesentlichen um fahrplantechnische und infrastrukturelle Anpassungen sowie Maßnahmen zur Verringerung von Wende- und Zugfolgeverspätungen. Einige dieser Maßnahmen sind jedoch erst mittel- bis langfristig umsetzbar, teilweise muss die Umsetzbarkeit erst noch geprüft werden. Folgende konkreten Maßnahmen wurden erörtert: • Einsatz von Wendelokführern in München, d. h. ein zusätzlicher Lokführer übernimmt das Fahrzeug bei der Wende, um den Zeitbedarf bei der Wende und somit die Anzahl der Wendeverspätungen zu verringern. • Einführung von Bedarfshalten an wenig frequentierten Halten zur Verringerung der Haltezeiten. DB Regio wird die technische Realisierbarkeit der hierfür notwendigen Umrüstungen an den Fahrzeugen prüfen. • Entfall der verpflichtenden Präsenz von Zugbegleitern an Bahnsteigen bei wenig frequentierten Bahnhöfen zur Verringerung der Haltezeit. • Neukonzeption der verspätungsanfälligen IC-/EC-Linie 60/62, welche für zahlreiche Folgeverspätungen beim Fugger-Express ab München ursächlich ist. DB Regio hat das Thema aufgenommen und wird an DB Fernverkehr herantreten. • Durchführung von überschlagenden Wenden in München Hbf. im Zeitraum von 9 Uhr bis 13 Uhr zur Reduzierung der Wendeverspätungen. • Verkürzung der Kuppelzeiten in Augsburg Hbf. Drucksache 17/16053 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 • Bau einer zusätzlichen Weichenverbindung in Mering zur Schaffung einer Überleitstelle zwischen Nah- und Fernverkehrsgleisen im viergleisigen Abschnitt Augsburg – Olching , um bessere Dispositionsmöglichkeiten im Störfall zu erhalten. Die BEG wird das Thema bei DB Netz anstoßen . • Neuordnung der Zugnummern im Fugger-Express zur Reduzierung der Verspätungen beim Kuppeln/Entkuppeln. BEG und DB Regio haben außerdem ein noch intensiveres Fahrzeugmonitoring vereinbart. DB Regio informiert die BEG nun täglich zuggenau über die aufgetretenen fahrzeugbedingten Verspätungen, Zugausfälle und Zugkürzungen sowie den aktuellen Schadstand bei den ET 440. Die BEG kann somit noch schneller auf negative Entwicklungen bei der Fahrzeugsituation reagieren. b) Welche davon wurden bereits umgesetzt? Die in der Antwort zu Frage 5 a) dargestellten Maßnahmen zur Verbesserung der Fahrzeugsituation und das intensivierte Fahrzeugmonitoring sind bereits umgesetzt. Die übrigen Maßnahmen zur Stabilisierung des Gesamtsystems werden derzeit auf ihre Umsetzbarkeit geprüft sowie detailliert ausgearbeitet . c) Welche Umsetzungstermine wurden für die übrigen Maßnahmen vereinbart? Die Neuordnung der Zugnummern beim Fugger-Express wird zum Fahrplanwechsel im Dezember 2017 umgesetzt. Für die übrigen Maßnahmen zur Stabilisierung des Gesamtsystems wurde eine schnellstmögliche Umsetzung vereinbart. Aufgrund der teilweise komplexen Fragestellungen, die im Rahmen der Umsetzung vorab zu prüfen sind, lässt sich für die meisten Maßnahmen jedoch kein konkreter Umsetzungstermin festlegen. Für Ende März ist eine weitere Expertenrunde terminiert, in welcher der aktuelle Umsetzungsstand sowie ggf. zusätzliche Maßnahmen für das E-Netz Augsburg diskutiert werden.