Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Oliver Jörg CSU vom 16.02.2017 Religiös motivierte Konflikte in Erstaufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften Organisationen wie der Zentralrat Orientalischer Christen in Deutschland (ZOCD) berichten von religiös motivierten Konflikten und religionsbezogener Gewalt in Erstaufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften. Auch Nachrichtenmagazine wie BR Kontrovers und Report München gingen mehreren Fällen nach. Flüchtlinge und Asylbewerberinnen bzw. Asylbewerber christlichen und jesidischen Glaubens, wie auch liberale Muslime, sind demnach Opfer von Benachteiligungen, Diskriminierungen und Gewalt geworden . Ich frage die Staatsregierung: 1. Wird die religiöse Zugehörigkeit der Beteiligten bei Konflikten allgemein festgestellt bzw. bei welchen Konflikten wird die Glaubenszugehörigkeit festgestellt? 2. Wie viele Fälle religiös motivierter Konflikte in bayerischen Aufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften sind der Staatsregierung seit 2015 bekannt? 3. Welche Maßnahmen ergreift die Staatsregierung gegen religiös motivierte Konflikte und Gewalttaten in Aufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften? Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 17.03.2017 Die Schriftliche Anfrage wird im Benehmen mit dem Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr wie folgt beantwortet : Vorbemerkung: Bei der Beantwortung der Schriftlichen Anfrage wird wegen des Zusammenhangs der Fragestellungen mit der Vorbemerkung der Schriftlichen Anfrage davon ausgegangen, dass sich die Anfrage hinsichtlich der genannten „Konflikte“ auf Auseinandersetzungen in Asylbewerberunterkünften bezieht . Zu 1.: Eine allgemeine Erfassung der religiösen Zugehörigkeit der Beteiligten im Rahmen von Auseinandersetzungen in Asylunterkünften erfolgt nicht. Die allgemeine Feststellung der religiösen Zugehörigkeit der Beteiligten erfolgt auch im Rahmen der Polizeilichen Kriminalstatistik – bundesweit einheitlich – weder beim Tatverdächtigen noch beim Opfer einer Straftat. Zu 2.: Vgl. die Antwort zu Frage 1. Die nachfolgend dargestellten Rechercheergebnisse basieren auf kriminaltaktischen Anfragen in Fällen der Politisch motivierten Kriminalität (KTA-PMK-Meldungen) der örtlich zuständigen Staatsschutzdienststellen der Bayerischen Polizei , die im Wege des Kriminalpolizeilichen Meldedienstes in Fällen Politisch motivierter Kriminalität (KPMD-PMK) dem Bayerischen Landeskriminalamt (BLKA) übermittelt worden sind. Als Recherchekriterium diente die Tatörtlichkeit „Asylbewerberunterkunft “ (als Tatort oder Angriffsziel), gefiltert mit der Themenfeldkombination „Hasskriminalität/Religion“. Hiernach konnten nach Angaben des BLKA für das Jahr 2015 4 Fälle und für das Jahr 2016 12 Fälle ermittelt werden. Objekte, bei denen eine Asylunterkunft lediglich einen Teil des Gebäudes darstellt, werden von dem Kriterium „Asylbewerberunterkunft “ im Rahmen der KTA-PMK nicht erfasst. Zu 3.: Der Freistaat Bayern räumt dem Schutz aller Asylbewerberinnen und Asylbewerber, unabhängig von der Konfession, eine hohe Priorität ein. Im Rahmen der Unterbringung der Asylbewerberinnen und Asylbewerber nehmen die zuständigen Regierungen und Kreisverwaltungsbehörden auch auf individuelle Umstände , wie etwa die Religionszugehörigkeit, Rücksicht. Übergriffe auf Asylbewerberinnen und Asylbewerber, gleich aus welchen Gründen und gleich welcher Art, werden in keinster Weise toleriert. Dies gilt auch für Übergriffe unter Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 24.05.2017 17/16071 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/16071 Asylbewerberinnen und Asylbewerbern. Konkreten Hinweisen wird stets nachgegangen und die Strafverfolgungsbehörden werden eingeschaltet. Darüber hinaus besteht in allen Erstaufnahmeeinrichtungen und bei konkretem Bedarf auch in der Anschlussunterbringung ein Wachdienst, der entsprechend Schutz gewähren kann. Sowohl bei der Einstellung des Sicherheitspersonals als auch bei dem Personal der Regierungen wird dabei auf eine sorgfältige Auswahl des Personals und eine entsprechende Schulung desselben für den sensiblen Umgang mit Asylbewerberinnen und Asylbewerbern geachtet. Ferner können sich Betroffene vor Ort an die im Rahmen der Asylsozialarbeit tätigen Sozialarbeiterinnen bzw. -arbeiter und Sozialpädagoginnen bzw. -pädagogen wenden, um Schutz zu suchen. Weiter steht im Rahmen der kurativen ärztlichen Versorgung in den Erstaufnahmeeinrichtungen für die Betroffenen auch ein niedrigschwelliges psychologisches Angebot zur Verfügung. Soweit im Einzelfall eine besondere Situation vorliegt, besteht gemäß Art. 4 Abs. 6 des Aufnahmegesetzes darüber hinaus auch die Möglichkeit der Gestattung des Auszugs aus der Asylunterkunft. Ferner stehen in Bayern verschiedene Informationsangebote zur Verfügung, um Asylbewerberinnen und Asylbewerbern von Anfang an Klarheit über die in Deutschland geltenden Regeln und Rechte, zu denen auch die Religionsfreiheit zählt, zu verschaffen, um auch auf diese Weise Auseinandersetzungen möglichst vorzubeugen. Ein wichtiger Baustein, mit dessen Hilfe Asylbewerberinnen und Asylbewerbern die grundlegenden Werte unserer Rechts- und Verfassungsordnung nahegebracht werden, ist der in Bayern seit Januar 2016 in den Gemeinschaftsunterkünften erfolgende Rechtskundeunterricht. Dort werden insbesondere Werte der Demokratie, der Gleichberechtigung von Mann und Frau, Toleranz, aber auch der Meinungs- und Religionsfreiheit sowie die Grundprinzipien der Rechtsordnung behandelt. Auf diese Weise sollen Asylbewerberinnen und Asylbewerber gleich welcher Konfession die hiesigen vorgenannten Werte kennen und respektieren lernen. Zudem wurde durch das am 1. Januar 2017 in Kraft getretene Bayerische Integrationsgesetz klargestellt, dass die Werte- und Rechtsordnung, die auf dem Grundgesetz und der Bayerischen Verfassung basiert, zu achten ist.