Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Christian Magerl, Rosi Steinberger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 23.10.2013 Nicht realisierter Hochwasserschutz entlang der Donau in Niederbayern Die Passauer Neue Presse berichtet in ihrer Ausgabe vom 30.09.2013, dass im Konzept „Hochwasserschutz RMD 2005“ Maßnahmen vorgeschlagen worden seien, die, wenn sie realisiert worden wären, den Großteil der vom Juni-Hochwasser verursachten Schäden verhindert hätten. Dieses Konzept sei im Oktober 2006 auch im damaligen Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz präsentiert worden, ohne dass das Umweltministerium danach tätig geworden wäre. Davon ausgehend, dass dieser Artikel zutreffend ist, fragen wir die Staatsregierung: 1. Welche konkreten Maßnahmen wurden in diesem Konzept vorgeschlagen und wurden diese Maßnahmen vom Wasserwirtschaftsamt Deggendorf aufgenommen und weiterverfolgt? 2. Wenn ja, welche Maßnahmen dieses Konzepts wurden wann realisiert? 3. Aus welchen Gründen wurden nicht alle in diesem Konzept vorgeschlagenen Maßnahmen realisiert? 4. Welche Folgen des Juni-Hochwassers 2013 hätten damit konkret verhindert werden können? 5. Wie ist zu erklären, dass Umweltminister Dr. Marcel Huber noch im Juni 2013 erklärte, eine derartige Studie sei ihm nicht bekannt? 6. Bedeutet diese Aussage, dass dieses Konzept nur ihm persönlich unbekannt ist oder in seinem Ministerium insgesamt ? 7. Wie lässt sich dies erklären, da es wie oben erwähnt bereits 2006 im Umweltausschuss bei Anwesenheit des jetzigen Umweltministers vorgestellt wurde? 8. Teilt die Staatsregierung die Auffassung, dass angesichts der Schäden in Höhe von 1,3 Milliarden Euro, die das Juni -Hochwasser 2013 allein in Bayern verursacht hat, die damals geschätzten Kosten von maximal 255 Millionen Euro für alle in dem Konzept vorgeschlagenen Hochwasserschutzmaßnahmen als eher gering anzusehen sind? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 29.11.2013 1. Welche konkreten Maßnahmen wurden in diesem Konzept vorgeschlagen und wurden diese Maßnahmen vom Wasserwirtschaftsamt Deggendorf aufgenommen und weiterverfolgt? Der Artikel der Passauer Neuen Presse bezieht sich wohl auf das Hochwasserschutzkonzept für den Donauabschnitt Straubing – Vilshofen, das Bestandteil des Raumordnungsverfahrens „Donauausbau“ war und mit der landesplanerischen Beurteilung der Regierung von Niederbayern vom März 2006 unter Maßgaben positiv abgeschlossen worden ist. Das Konzept beinhaltet die notwendigen Maßnahmen zum Schutz der Siedlungsflächen und wichtiger Infrastruktur vor einem hundertjährlichen Hochwasser der Donau im Donauabschnitt zwischen Straubing und Vilshofen. Eine der Maßgaben aus der landesplanerischen Beurteilung war, dass auch der Bereich der Isarmündung, für den keine Maßnahmen vorgesehen waren, in die Planungen mit einzubeziehen ist. Dieses Hochwasserschutzkonzept wurde folgerichtig um den Isarmündungsbereich erweitert und weiter ausgeplant sowie die Auswirkungen des Hochwasserschutzkonzepts auf die Unterlieger überprüft. Das Ergebnis wurde im Dezember 2012 als Bestandteil der „Variantenunabhängigen Untersuchungen zum Ausbau der Donau zwischen Straubing und Vilshofen“ (sogenannte EU-Studie) veröffentlicht. Alle Abschlussberichte inklusive Anlagen wurden der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt und können unter http://www.donauausbau.wsv.de/ergebnisse/index.html heruntergeladen werden. Gleichzeitig wurden Einzelprojekte als vorgezogener Hochwasserschutz ausgeplant und umgesetzt (siehe dazu Antwort zu Frage 2). 2. Wenn ja, welche Maßnahmen dieses Konzepts wurden wann realisiert? Das Hochwasserschutzkonzept Straubing – Vilshofen wurde ab Ende der 1990er-Jahre entwickelt. Bereits ab Anfang der 2000er-Jahre wurde mit der Umsetzung der Maßnahmen in größeren Siedlungsbereichen begonnen. Seither wurden allein im Rahmen der sogenannten vorgezogenen Maßnahmen über 120 Mio. € in den Hochwasserschutz zwischen Straubing und Vilshofen investiert. Schutzmaßnahmen wie Straubing, Bogen, Altstadt Deggendorf und Hofkirchen haben sich beim Juni-Hochwasser 2013 bereits bewährt und größere Schäden verhindert. Als konkrete Maßnahmen zum vorgezogenen Hochwasserschutz wurden unter anderem (Aufzählung nicht vollzählig ) umgesetzt: – HWS Pleinting (im Bau) – HWS Kläranlage Straubing – HWS Bogen Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 17.01.2014 17/161 Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/161 – HWS Oberalteich und Furth – Deichrückverlegung Natternberg (im Bau) – Neubau Schöpfwerk Saubach (im Bau) – HWS Hofkirchen – HWS Öbling – HWS Pfelling – HWS Deggendorf-West – HWS Metten – Mühlham-Ruckasing – Parkstetten-Reibersdorf BA 01 – Parkstetten-Reibersdorf BA 02 – Ortschutz Irlbach – Irlbach Abschnitt 2 Für folgende weitere Maßnahmen ist die Planfeststellung bereits beantragt: – HWS Fischerdorf – linker Isardeich – Schwarzach-Sulzbach-Ableiter BA 1 – HWS Hermannsdorf-Ainbrach 3. Aus welchen Gründen wurden nicht alle in diesem Konzept vorgeschlagenen Maßnahmen realisiert? Dieses Konzept lag in großen Teilen lediglich in Raumordnungstiefe vor. Damit war insbesondere für etwa 180 km Deiche und Mauern sowie über 40 Schöpfwerke die Planung weiter zu vertiefen. Für den gesamten Bereich sind zusätzlich neben der Finanzierung die Betroffenen einzubeziehen, der Grund zu erwerben, die Neutralität für Unterlieger nachzuweisen und die erforderlichen Genehmigungsverfahren zu durchlaufen. 4. Welche Folgen des Juni-Hochwassers 2013 hätten damit konkret verhindert werden können? Aufgrund der fehlenden Planungstiefe war eine Umsetzung des Konzepts bis zum Juni-Hochwasser 2013 nicht vollstän- dig möglich. Insofern hätten Deichbrüche im Donauabschnitt Straubing – Vilshofen nicht verhindert werden können. 5. Wie ist zu erklären, dass Umweltminister Dr. Marcel Huber noch im Juni 2013 erklärte, eine derartige Studie sei ihm nicht bekannt? Die genannte Äußerung entstammt der Antwort auf einen Brief vom 10.06.2013. Diese bezog sich jedoch nicht auf das hier angesprochene Konzept, sondern auf Kenntnis einer Studie, wie man Hochwasserereignisse in Bayern verhindern kann. 6. Bedeutet diese Aussage, dass dieses Konzept nur ihm persönlich unbekannt ist oder in seinem Ministerium insgesamt? 7. Wie lässt sich dies erklären, da es wie oben erwähnt bereits 2006 im Umweltausschuss bei Anwesenheit des jetzigen Umweltministers vorgestellt wurde? Gemeinsame Beantwortung der Fragen 6 und 7: Das Konzept war bekannt. 8. Teilt die Staatsregierung die Auffassung, dass angesichts der Schäden in Höhe von 1,3 Milliarden Euro, die das Juni-Hochwasser 2013 allein in Bayern verursacht hat, die damals geschätzten Kosten von maximal 255 Millionen Euro für alle in dem Konzept vorgeschlagenen Hochwasserschutzmaßnahmen als eher gering anzusehen sind? Nach derzeitiger Schätzung werden die Kosten für die vollständige Umsetzung des Hochwasserschutzkonzepts im Donauabschnitt Straubing – Vilshofen rund 600 Mio. € betragen. Auch wenn der genannte Schaden sich auf ganz Bayern bezieht, zeigt der Vergleich, dass sich Investitionen in den Hochwasserschutz auszahlen.