Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katharina Schulze BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 20.02.2017 Ausspähung der Gülen-Bewegung durch türkische Konsulatsangehörige in Bayern Laut Medienberichten sammeln türkische Religionsattachés in einigen deutschen Städten Informationen über Organisationen und Personen, die nach ihrer Auffassung der „Gülen-Bewegung“ nahestehen. Auch der türkische Religionsattaché in München, der gleichzeitig Fachvorgesetzter der in München predigenden Imame der DITIB ist, ist offenbar in dieser Weise tätig geworden (Süddeutsche Zeitung vom 10.02.17) und hat seine Vorgesetzten in der Türkei in einem ausführlichen Schreiben informiert. Bereits im Herbst wurden türkische Religionsattachés in einem weltweit versandten Fragenkatalog aufgefordert, detailliert über die Aktivitäten von vermeintlichen Gülen-Institutionen zu berichten. Die Liste dieser Institutionen enthält auch etliche in Bayern tätige Einrichtungen und deren Kooperationspartner, darunter so angesehene wie die Stelle für interkulturelle Arbeit der Stadt München, die Münchner Volkshochschule oder die Katholische Universität Eichstätt. Abgesehen von den möglichen strafrechtlichen Implikationen (in Nordrhein-Westfalen ermittelt die Bundesanwaltschaft, Wohnungen von Imamen wurden durchsucht) wäre dieses Verhalten, wenn es sich bestätigen würde, nicht mit einer vertrauensvollen Zusammenarbeit mit deutschen Behörden, demokratisch gewählten Politikerinnen und Politikern und anderen muslimischen Verbänden vereinbar. Ich frage daher die Staatsregierung: 1.1 Ist der Staatsregierung das Schreiben des türkischen Religionsattachés bekannt? 1.2 Wenn ja, seit wann hat die Staatsregierung Kenntnis über das Schreiben des türkischen Religionsattachés? 1.3 Wie bewertet die Staatsregierung das Schreiben des türkischen Religionsattachés? 2.1 Welche Schritte hat die Staatsregierung diesbezüglich unternommen? 2.2 Falls noch keine Schritte unternommen worden sind, welche Schritte wird die Staatsregierung unternehmen ? 3. Welche Konsequenzen beabsichtigt die Staatsregierung aus dem Verhalten des Religionsattachés zu ziehen ? 4.1 Welche Informationen hat die Staatsregierung über die Rolle von DITIB bei diesen Vorgängen? 4.2 Hat die Staatsregierung Hinweise darauf, dass Vertreter von DITIB bei der Informationsbeschaffung eine Rolle gespielt haben und gleichzeitig in staatlichen Gremien oder Runden Tischen, etc. sitzen (bitte einzeln auflisten)? 4.3 Ergeben sich aus diesem Vorgang Konsequenzen für die Zusammenarbeit der Staatsregierung mit DITIB? 5. Sind der Staatsregierung Ermittlungen der Staatsanwaltschaft oder des Generalbundesanwalts diesbezüglich bekannt? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 22.03.2017 Die Schriftliche Anfrage wird – zu Frage 4.3 im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst – wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Die Schriftliche Anfrage thematisiert Medienberichte zur Ausspähung der Gülen-Bewegung durch türkische Konsulatsangehörige in Bayern. Die Staatsregierung hat hierzu bereits auf die Anfrage zum Plenum des Herrn Abgeordneten Georg Rosenthal (SPD) am 02.02.2017 berichtet (vgl. Drucksache 17/15256, S. 17 f.). Auf die dortigen Ausführungen , die weiterhin gültig sind, wird zunächst verwiesen. 1.1 Ist der Staatsregierung das Schreiben des türkischen Religionsattachés bekannt? Der Staatsregierung ist ein Schreiben des Türkischen Generalkonsulats (TGK) München – Attaché für Religiöse Angelegenheiten – vom 24.09.2016 bekannt. Bei dem Schreiben handelt es sich um einen Bericht über die Organisation der „Fethulla Gülen Bewegung“ in Bayern. 1.2 Wenn ja, seit wann hat die Staatsregierung Kenntnis über das Schreiben des türkischen Religionsattachés ? Das o. g. Schreiben liegt dem Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz (BayLfV) seit 16.12.2016 vor. 1.3 Wie bewertet die Staatsregierung das Schreiben des türkischen Religionsattachés? Bei dem Bericht des TGK München vom 24.09.2016 handelt es um eine Bestandsaufnahmeder „Fethullah Gülen Bewegung “ mit Schwerpunkt in Bayern. Anders als in einem Bericht des TGK Köln sind hier keine Einzelinformationen von DITIB-Imamen aufgeführt. Der Bericht des TGK München Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 07.06.2017 17/16106 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/16106 enthält auch keine Denunzierung von Einzelpersonen, die im Zusammenhang mit Einrichtungen der Gülen-Bewegung stehen. Die vom TGK München in die Türkei gemeldeten bayerischen Daten können aus offen zugänglichen Datenquellen zusammengetragen werden. Die Einrichtungen der Gülen-Bewegung, zu denen berichtet wird, sind offen im Internet recherchierbar. Teilweise findet man in den Internetauftritten der einzelnen Institutionen bzw. Einrichtungen ein Bekenntnis zur „Gülen-Bewegung“. Im Ergebnis ist nach gegenwärtigem Kenntnisstand eher auszuschließen, dass es sich bei dem o. g. Bericht des TGK München vom 24.09.2016 um eine Informationssammlung im nachrichtendienstlichen Sinne handelt. 2.1 Welche Schritte hat die Staatsregierung diesbezüglich unternommen? Aus dem o. g. Bericht des TGK München haben sich in Bezug auf in Bayern lebende Personen keine konkreten Umstände ergeben, die ein Tätigwerden des BayLfV, wie beispielsweise das Führen von Sensibilisierungsgesprächen mit Betroffenen, erfordert hätten. 2.2 Falls noch keine Schritte unternommen worden sind, welche Schritte wird die Staatsregierung unternehmen ? Auf die Antwort auf Frage 2.1 wird verwiesen. 3. Welche Konsequenzen beabsichtigt die Staatsregierung aus dem Verhalten des Religionsattachés zu ziehen? Den o. g. Bericht des TGK München betreffend sind derzeit keine weiteren Maßnahmen beabsichtigt. Auf die Antworten zu Frage 1.3 und 5.1 wird verwiesen. 4.1 Welche Informationen hat die Staatsregierung über die Rolle von DITIB bei diesen Vorgängen? Aus dem o. g. Bericht des TGK München ergeben sich inhaltlich keine Hinweise auf das Mitwirken von DITIB bzw. DITIB-Imamen in Bayern. 4.2 Hat die Staatsregierung Hinweise darauf, dass Vertreter von DITIB bei der Informationsbeschaffung eine Rolle gespielt haben und gleichzeitig in staatlichen Gremien oder Runden Tischen, etc. sitzen (bitte einzeln auflisten)? Der Staatsregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 4.3 Ergeben sich aus diesem Vorgang Konsequenzen für die Zusammenarbeit der Staatsregierung mit DITIB? Auf die Antwort zu Frage 4.2 wird verwiesen. Mangels Erkenntnissen der Staatsregierung stellt sich die Frage nach Konsequenzen derzeit nicht. 5. Sind der Staatsregierung Ermittlungen der Staatsanwaltschaft oder des Generalbundesanwalts diesbezüglich bekannt? Der Generalbundesanwalt hat mit Verfügung vom 16.01.2017 ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der geheimdienstlichen Agententätigkeit im Auftrag der türkischen Regierung eingeleitet. Hierzu fanden am 15.02.2017 Durchsuchungsmaßnahmen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz statt. Bislang liegen uns keine Erkenntnisse vor, dass in diesem Ermittlungsverfahren bayerische Bezüge existieren bzw. bayerische Beschuldigte betroffen sind.