17. Wahlperiode 30.05.2017 17/16119 Bayerischer Landtag Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Johann Häusler FREIE WÄHLER vom 21.02.2017 Verpflichtendes Schulessen: Mehrwertsteuersatz in der Mensa Das Mittagessen in der Mensa, welches mit 19 Prozent besteuert wird, ist an Ganztagsschulen für Schülerinnen und Schüler oftmals verpflichtend und nicht anderweitig ersetzbar. Auf das Angebot des freien Verkaufes außerhalb der Schulen können sie nicht zugreifen, auch wenn dies aufgrund der geringeren Mehrwertsteuer von 7 Prozent oftmals kostengünstiger ist. Solche preislichen Unterschiede bedeuten eine gravierende Benachteiligung für die Kinder. Eine Gleichstellung der Mehrwertsteuersätze würde einer Qualitätsverbesserung und Preissenkung für die Schüler/- innen und Schüler zugutekommen. Vor diesem Hintergrund frage ich die Staatsregierung: 1. Welche Maßnahmen gedenkt die Staatsregierung gegen diese Ungleichbehandlung zu ergreifen? 2. Wie können die Angebote aus Mensa- und freiem Verkauf außerhalb der Schule preislich gleichgestellt werden ? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. Antwort des Staatsministeriums der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat vom 21.03.2017 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst wie folgt beantwortet: 1. Welche Maßnahmen gedenkt die Staatsregierung gegen diese Ungleichbehandlung zu ergreifen? a) Verpflichtung zur Teilnahme am Schulessen Gebundene Ganztagsangebote beinhalten eine tägliche Mittagsverpflegung, die grundsätzlich für alle Schülerinnen und Schüler verpflichtend im Klassenverband stattfindet. Offene Ganztagsangebote sehen vor, dass eine tägliche Mittagsverpflegung angeboten werden muss. Da ein eigenständiges Verlassen des Schulgeländes zur Einnahme der Mittagsverpflegung u. a. aus Gründen der Aufsichtspflicht problematisch erscheint, ist davon auszugehen, dass auch Schülerinnen und Schüler, die ein offenes Ganztagsangebot besuchen, in aller Regel in der Schule (Mensa) bzw. unter Aufsicht der Schule (z. B. in der nahe gelegenen Mensa einer Behörde, eines Altersheims oder einer anderen Bildungseinrichtung ) essen. b) Umsatzsteuersatz für das Schulessen Eine umsatzsteuerliche Ungleichbehandlung der Verpflegung der Schülerinnen und Schüler nach dem Ort der Abgabe der Verpflegung – innerhalb oder außerhalb der Schulen – ist nicht gegeben. Der Umsatzsteuersatz für die Speisen richtet sich nach der jeweiligen Durchführung deren Abgabe. Verzehrfertig zubereitete Speisen können sowohl im Rahmen einer ermäßigt besteuerten Lieferung (Umsatzsteuersatz 7 Prozent) als auch im Rahmen einer nicht ermäßigt besteuerten sonstigen Leistung (Umsatzsteuersatz 19 Prozent) sowohl innerhalb als auch außerhalb der Schulen abgegeben werden. Für die Frage, welcher Steuersatz anzuwenden ist, kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an. Die Verpflegung in Schulen durch externe Essensanbieter (z. B. Caterer) unterliegt nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) in Verbindung mit Anlage 2 zum UStG dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 Prozent, wenn Lebensmittel lediglich geliefert werden. Eine Leistung, die mit dem allgemeinen Umsatzsteuersatz von 19 Prozent zu besteuern ist, liegt dann vor, wenn der leistende Unternehmer neben der Abgabe von Lebensmitteln noch andere Dienstleistungen erbringt, die das Lieferelement qualitativ überwiegen (§ 3 Abs. 9 i. V. m. § 12 Abs. 1 UStG). Zu diesen Dienstleistungen gehören beispielsweise das Portionieren und die Ausgabe der Speisen vor Ort, die Bereitstellung von Tischen und Stühlen oder die Reinigung des Mobiliars und des Geschirrs bzw. Bestecks nach dem Verzehr. Diese Grundsätze gelten – wie der Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/16119 Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 10. August 2006, ausdrücklich entschieden hat – auch bei der Abgabe von Speisen an Schulen. Ob das Dienstleistungselement das Lieferelement qualitativ überwiegt, muss im Einzelfall entschieden werden. Eine ermäßigt besteuerte Lebensmittellieferung liegt jedenfalls immer dann vor, wenn der externe Essensanbieter ausschließlich Speisen liefert und sich daneben auf die mit der Vermarktung der Speisen notwendig verbundenen Dienstleistungselemente wie Zubereitung und Transport beschränkt . Erfolgt die Abgabe von Speisen und Getränken in Schulen durch eine gemeinnützige Körperschaft im Rahmen ihres Zweckbetriebs, kommt nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG der ermäßigte Umsatzsteuersatz zur Anwendung. Die Grundversorgung von Schülern mit Speisen und Getränken an Schulen durch gemeinnützige sog. Mensavereine oder Schulfördervereine stellt einen derartigen steuerbegünstigten Zweckbetrieb nach § 66 der Abgabenordnung dar. Der allgemeine Umsatzsteuersatz in Höhe von 19 Prozent kann im Wesentlichen nur insoweit für die Verpflegungsleistungen an Schulen zur Anwendung kommen, als gewerbliche Cateringunternehmen in die Organisation der Verpflegung einbezogen sind. Beschränkt sich der Cateringunternehmer darauf, verzehrfertiges Essen an der Schule anzuliefern, während die Portionierung, die Essensausgabe , die Reinigung des Mobiliars, des Geschirrs und des Bestecks durch einen Schulverein oder den Träger der Schule erfolgen, erbringt der Cateringunternehmer eine mit dem ermäßigten Umsatzsteuersatz begünstigte Lieferung von Lebensmitteln. Die angestrebten Vereinfachungen in diesem Bereich wurden bereits auf Bund-Länder-Ebene erörtert. Die Ergebnisse dazu finden sich im Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) in Abschnitt 3.6 UStAE. Die Regelungen zu Verpflegungsleistungen an Schulen ermöglichen deren ermäßigte Besteuerung weitestgehend. Die Umsetzung liegt in den Händen der Schulträger. Bei der Forderung nach Einführung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes für die Mittagsverpflegung an Schulen durch Caterer ist zu bedenken, dass es sich bei den Unternehmern, die die Verpflegungsleistungen an Schulen erbringen, um gewinnorientierte Unternehmen handelt, die auch im Wettbewerb zur gesamten Cateringbranche (z. B. ,,Essen auf Räder”, Verpflegungsleistungen in Kindergärten oder im Betreuten Wohnen) stehen. Eine punktuelle Steuerermäßigung für Caterer in Schulen würde folglich dem verfassungsrechtlichen gebotenen Gleichheitsgrundsatz widersprechen und einer gerichtlichen Überprüfung nicht standhalten. Zudem könnte die Weitergabe der Steuerermäßigung in der Form einer Preisreduzierung des Essens in den betroffenen Fällen nicht garantiert werden. c) Umsatzsteuerbefreiung des Schulessens Eine Mittagsverpflegung, die von der Schule selbst angeboten wird, ist umsatzsteuerfrei. Nach § 4 Nr. 23 UStG ist unter anderem die Gewährung von Beköstigung durch Personen und Einrichtungen umsatzsteuerfrei, wenn sie überwiegend Jugendliche für Erziehungs-, Ausbildungs- und Fortbildungszwecke bei sich aufnehmen. Der Begriff „Aufnahme” ist nicht an die Voraussetzung gebunden, dass die Kinder/Jugendlichen Unterkunft während der Nachtzeit und volle Verpflegung erhalten. Die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung kommt aber nur in Betracht, wenn die Verpflegungsleistungen durch den Träger der Einrichtung selbst erbracht werden. Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung ist nicht, dass das Essen in der Schule bzw. durch den Schulträger selbst zubereitet wird. Die Ausgabe der Verpflegung in Schulen muss aber durch den Schulträger selbst erfolgen. Ebenso kann die Abgabe von Speisen und Getränken in Schulen unter den weiteren Voraussetzungen des § 4 Nr. 18 UStG umsatzsteuerfrei sein, wenn diese durch gemeinnützige Einrichtungen erfolgt, die einem Wohlfahrtsverband oder deren Untergliederungen als Mitglied angeschlossen sind. 2. Wie können die Angebote aus Mensa- und freiem Verkauf außerhalb der Schule preislich gleichgestellt werden? Die Umsatzsteuer ist nur ein Faktor von zahlreichen anderen Faktoren, die bei der Kalkulation des Preises zu berücksichtigen sind. Zur Anwendung des jeweiligen Umsatzsteuersatzes (7 Prozent/19 Prozent) wird auf die Antwort zu Frage 1 b verwiesen.