Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Johann Häusler FREIE WÄHLER vom 24.02.2017 Abweisung von Schwangeren infolge des Hebammenmangels Laut einem Bericht des Bayerischen Rundfunks wurden im Jahr 2014 allein in der bayerischen Landeshauptstadt München rund 800 hochschwangere Frauen, die kurz vor der Geburt standen, von Krankenhäusern weggeschickt, weil entweder die Betten- oder die Personalzahl für eine angemessene Versorgung nicht ausreichte. Vor dem Hintergrund , dass im gesamten Bundesland Bayern derzeit so viele Kinder auf die Welt kommen wie seit 15 Jahren nicht mehr, wiegt die Tatsache, dass die Betten in der Geburtshilfe zwischen 2005 und 2015 halbiert sowie Dutzende Geburtskliniken insbesondere auf dem Land geschlossen wurden , umso schwerer. Neben finanziellen Gründen für diese Schließungen wird allen voran der Mangel an ausreichend Hebammen angeführt. Sich für eine Berufsausbildung zur Hebamme zu entscheiden, fällt unter den folgenden Voraussetzungen schwer: Die Vergütung ist generell sehr gering , oftmals abhängig von der Zahl der Geburten im entsprechenden Krankenhaus. Eine Haftpflichtversicherung für freiberufliche Geburtshelferinnen, die kaum zu bezahlen ist, trägt ihr Übriges zum Hebammendefizit bei. Vor diesem Hintergrund frage ich die Staatsregierung: 1.1 Wusste die Staatsregierung von den rund 800 Abweisungen in München? 1.2 Wenn ja, wann hat sie davon erfahren? 2. Wie sind die Abweisungen durch die Staatsregierung zu bewerten? 3. Welche Konsequenzen zieht die Staatsregierung aus diesen Vorfällen und welche vorbeugenden Maßnahmen gedenkt sie zu unternehmen, um insbesondere schwangeren Frauen aus den ländlichen Regionen einen einfachen Weg zur Geburtshilfe zu ermöglichen? Antwort des Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 29.03.2017 1.1 Wusste die Staatsregierung von den rund 800 Abweisungen in München? Der entsprechende Bericht war dem Staatsministerium für Gesundheit und Pflege (StMGP) bekannt. 1.2 Wenn ja, wann hat sie davon erfahren? In ersten Hinweisen am 02.02.2015, die endgültigen Zahlen lagen dem StMGP am 09.04.2015 vor. 2. Wie sind die Abweisungen durch die Staatsregierung zu bewerten? Die Aussage, es seien im Jahr 2014 von Münchner Kliniken 800 Schwangere in den Wehen abgewiesen worden, trifft nicht zu. Die Zahl stammt aus einer Umfrage des Referates für Gesundheit und Umwelt der Landeshauptstadt (LHSt) München im Rahmen der Beantwortung einer Anfrage des Stadtrates. Danach wurden 813 Schwangere aus anderen Krankenhäusern in die Münchner Geburtskliniken verlegt. Die Zahl der von den Münchner Kliniken abgewiesenen Schwangeren liegt bei 587. Allerdings sind darin auch Schwangere erfasst, die schon bei der Anmeldung zur Geburt abgewiesen wurden. Daher ist der Umfrage letztlich nicht zu entnehmen, wie viele Schwangere tatsächlich während der Wehen abgewiesen wurden. Das dürften wohl deutlich weniger als 587 (2,8 Prozent von insgesamt 21.295 Geburten im Jahr 2014 in Münchner Kliniken) gewesen sein. Die Münchner Geburtskliniken haben sich im Rahmen der infolge der Stadtratsanfrage gebildeten Arbeitsgruppe auf eine Abstimmung und Zusammenarbeit geeinigt, mit der z. B. Mehrfachanmeldungen möglichst vermieden werden. Besonders wichtig ist die Absprache, bei ausgelasteten eigenen Kapazitäten der Schwangeren einen freien Platz in einer anderen Klinik zu vermitteln. Damit wird zwar weiterhin nicht jede Frau in ihrer „Wunschklinik“ in München entbinden können, Belastungen der Schwangeren werden aber durch diese Vereinbarung weitestgehend vermieden. 3. Welche Konsequenzen zieht die Staatsregierung aus diesen Vorfällen und welche vorbeugenden Maßnahmen gedenkt sie zu unternehmen, um insbesondere schwangeren Frauen aus den ländlichen Regionen einen einfachen Weg zur Geburtshilfe zu ermöglichen? Die Umfrage war auf die LHSt München beschränkt. Aussagen über den ländlichen Raum sind auf dieser Basis nicht möglich. Ähnliche Probleme im ländlichen Raum sind dem StMGP bisher nicht bekannt. Das StMGP hat sich an der Arbeitsgruppe der Münchner Geburtskliniken beteiligt. Es bestand Einigkeit in der Arbeitsgruppe , dass nicht die räumlichen Kapazitäten das Problem darstellen, sondern der Mangel an Personal, der nicht den Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 28.06.2017 17/16296 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/16296 vollen Betrieb der vorhandenen Kapazitäten ermöglicht. Die Fachabteilungen für Gynäkologie und Geburtshilfe in Münchner Kliniken waren im Jahr 2015 zu 69,9 Prozent ausgelastet. Das gewährleistet derzeit auch eine ausreichende räumliche Reservekapazität für Belegungsspitzen. In der Helios-Klinik München-West stehen ab Sommer 2017 drei zusätzliche Entbindungsräume, Vorbereitungs- und Kontrollräume sowie der neue Kreißsaal-OP zur Verfügung. Zusätzliche Kapazitäten sind auch beim Kinderzentrum des Städtischen Klinikums München-Schwabing geplant. Damit kann auch eine weiter steigende Geburtenzahl in der LHSt München bewältigt werden. Das StMGP hat sich gegenüber der Bundesregierung stets dafür eingesetzt, die Situation der Hebammen zu verbessern . So wurden insbesondere • die Vergütungen für alle Hebammenleistungen um 5 Prozent erhöht und • die Erhöhungen der Prämien für die Berufshaftpflichtversicherung in den letzten Jahren durch die gesetzlichen Krankenkassen insgesamt vollständig ausgeglichen. Ein Mangel an Hebammen in Bayern ist derzeit nicht statistisch belegbar, die Zahl der Hebammen in den Kliniken nimmt seit Jahren zu. Jedoch sind die Arbeitszeit und das Leistungsangebot der freiberuflichen Hebammen in Bayern nicht bekannt. Ob eine ggf. vorhandene regionale Unterversorgung auf einem Mangel an Hebammen oder auf geringen Arbeitszeiten beruht, ist nicht bekannt. Um Informationen und valide Daten zu erhalten, hat das StMGP am 20. März 2017 eine „Studie zur Hebammenversorgung in Bayern“ vergeben. Die Studie soll einen Überblick über die aktuelle Versorgungssituation in Bayern schaffen, u. a. zur Zahl der Hebammen, zur Struktur und zur räumlichen Verteilung. Es wird eine Einbindung der Bayerischen Hebammenverbände erfolgen, die bereits ihre Unterstützung zugesagt haben.