Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Markus Rinderspacher SPD vom 17.02.2017 Recht auf Nichterreichbarkeit in Bayern In Zeiten digitaler Arbeitswelten, die sich mit dem Begriff Arbeit 4.0 umschreiben lassen, verändert sich die tägliche Berufs - und Arbeitswelt der Beschäftigten in sehr dynamischer Weise. Dies führt dazu, dass sehr viele der Beschäftigten permanent erreichbar sind und mit der Arbeitsverdichtung eine höhere Belastung einhergeht. Wie reagiert die Politik in Bayern darauf? Ich frage die Staatsregierung: 1. Wie beurteilt die Staatsregierung die Forderung, dass der Gesetzgeber ein generelles Recht auf Nichterreichbarkeit erlässt und die genaue Ausgestaltung dieser Vereinbarung den Tarifparteien überlässt? 2. a) Gibt es bereits Regelungen in den Geschäftsbereichen und Dienststellen der Staatsregierung zur Nichterreichbarkeit ? b) Wenn ja, in welchen Geschäftsbereichen und Dienststellen und wie lauten diese Regelungen? c) Plant die Staatsregierung weitere Regelungen, und wenn ja, welche? 3. a) Wenn nein, warum führt sie solche Regelungen nicht ein? b) Welche Kenntnisse hat die Staatsregierung über mögliche Regelungen der Nichterreichbarkeit anderer öffentlicher Arbeitgeber in Bayern (Zahl der Regelungen, welche Arbeitgeber und Inhalt der Regelungen)? 4. Welche Kenntnisse hat die Staatsregierung über Betriebsvereinbarungen von Unternehmen in Bayern zur Nichterreichbarkeit? 5. a) Um welche Unternehmen handelt es sich? b) Was beinhalten die Regelungen? Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 05.04.2017 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat wie folgt beantwortet: 1. Wie beurteilt die Staatsregierung die Forderung, dass der Gesetzgeber ein generelles Recht auf Nichterreichbarkeit erlässt und die genaue Ausgestaltung dieser Vereinbarung den Tarifparteien überlässt? Das Arbeitszeitgesetz stellt in der derzeitigen Form ein sorgsam austariertes und abgestuftes Schutzsystem dar, das die Beschäftigten in ausreichendem Umfang vor arbeitszeitbedingten Gefahren schützt. Ein generelles Recht auf Nichterreichbarkeit muss nicht gesetzlich geregelt werden. Eventuell darüber hinausgehende Regelungen bleiben den Tarifvertragsparteien im Rahmen der Tarifautonomie selbstverständlich unbenommen. 2. a) Gibt es bereits Regelungen in den Geschäftsbereichen und Dienststellen der Staatsregierung zur Nichterreichbarkeit? Für die Beschäftigten des Freistaats Bayern gibt es weder im Beamten- noch im Tarifbereich Bestimmungen in Gesetzen , Tarifverträgen, Verordnungen oder Verwaltungsvorschriften , welche die Nichterreichbarkeit regeln. b) Wenn ja, in welchen Geschäftsbereichen und Dienststellen und wie lauten diese Regelungen? Entfällt. c) Plant die Staatsregierung weitere Regelungen, und wenn ja, welche? Planungen zur Schaffung von Regelungen im Hinblick auf ein Recht zur Nichterreichbarkeit bestehen seitens der Staatsregierung nicht. 3. a) Wenn nein, warum führt sie solche Regelungen nicht ein? Für die Schaffung derartiger Bestimmungen wird keine Notwendigkeit gesehen. Die Nichterreichbarkeit von Beschäftigten außerhalb der persönlichen Arbeits- bzw. Dienstzeiten stellt den Normalfall dar, der keiner besonderen Regelung bedarf. Soweit Beschäftigte außerhalb ihrer individuellen Arbeits - bzw. Dienstzeit aus dienstlichen Gründen erreichbar sein müssen, existiert das rechtliche Instrumentarium, um eine solche Erreichbarkeit sicherzustellen (Rufbereitschaft, Bereitschaftsdienst). Eine solche Erreichbarkeit dient der Funktionsfähigkeit des Staates und den Interessen aller Bürgerinnen und Bürger in Bayern. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 12.06.2017 17/16427 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/16427 b) Welche Kenntnisse hat die Staatsregierung über mögliche Regelungen der Nichterreichbarkeit anderer öffentlicher Arbeitgeber in Bayern (Zahl der Regelungen, welche Arbeitgeber und Inhalt der Regelungen)? Nach Auskunft des Kommunalen Arbeitgeberverbands Bayern e.V. erfolgt die konkrete Ausgestaltung der Arbeitszeit durch Einführung verschiedener Arbeitszeitmodelle in der Regel durch Betriebs- oder Dienstvereinbarung. Teilweise werden hierin auch die Rahmenbedingungen zum mobilen Arbeiten und zur Erreichbarkeit der Beschäftigten geregelt. Beispiele für Regelungen sind, dass die Beschäftigten nur in dem mit der Führungskraft abgestimmten Zeitfenster (in der Regel die betriebsübliche Servicezeit) erreichbar sein müssen. Oder: Die/der Beschäftigte muss Anrufe, E-Mails etc., die außerhalb des abgestimmten Zeitfensters eingehen , nicht entgegennehmen bzw. beantworten. Außerhalb der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit besteht nach den tarifvertraglichen Regelungen nur dann eine Verpflichtung , sich bereitzuhalten, wenn dies explizit angeordnet ist. Die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes im kommunalen Bereich sehen hier das Instrumentarium der Rufbereitschaft vor. Rufbereitschaft leisten Beschäftigte, die sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer dem Arbeitgeber anzuzeigenden Stelle aufhalten, um auf Abruf die Arbeit aufzunehmen (§ 7 Abs. 4 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst – TVöD, § 8 Abs. 4 des Tarifvertrags für Versorgungsbetriebe – TV-V). Die Rufbereitschaft wird getrennt für die Bereithaltung und für die tatsächlichen Einsätze in der Rufbereitschaft vergütet . Dabei werden auch Arbeitseinsätze, die telefonisch oder mithilfe sonstiger Kommunikationsmittel erfolgen, als Arbeitsleistung innerhalb der Rufbereitschaft vergütet. In der Praxis wird, wenn eine ständige Erreichbarkeit der Beschäftigten notwendig ist, dementsprechend Rufbereitschaft angeordnet (z. B. Rufbereitschaftsdienste der Oberärzte in den kommunalen Kliniken, Rufbereitschaftsdienst in der Wasserversorgung etc.). 4. Welche Kenntnisse hat die Staatsregierung über Betriebsvereinbarungen von Unternehmen in Bayern zur Nichterreichbarkeit? Hierzu liegen der Staatsregierung keine Kenntnisse vor. 5. a) Um welche Unternehmen handelt es sich? Entfällt. b) Was beinhalten die Regelungen? Entfällt.