17. Wahlperiode 26.06.2017 17/16496 Bayerischer Landtag Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Rosi Steinberger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 16.03.2017 Umsetzung des 13-Punkte-Programms des ORH Der Bayerische Oberste Rechnungshof (ORH) legte Anfang 2016 ein Gutachten über die Lebensmittelkontrollstruktur in Bayern vor und führte in seinem 13-Punkte-Programm kurzfristig umsetzbare Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensmittelkontrollen auf. In diesem Zusammenhang frage ich die Staatsregierung: 1. Wie wurden die Anregungen des ORH bzgl. der Steuerung und Kommunikation umgesetzt? 2. a) Wie wurden die Anregungen des ORH bzgl. der Korruptionsprävention umgesetzt? b) Wird eine Rotation des Kontrollpersonals dokumentiert und regelmäßig durch die Regierungen kontrolliert? c) Werden ausgleichende Maßnahmen bei Nichtdurchführung des Rotationsprinzips konsequent angewandt ? Welche? 3. a) Wie wurden die Anregungen des ORH bzgl. des homogenen Verwaltungshandelns umgesetzt? b) Ist mittlerweile ein landkreisübergreifender Zugriff auf Daten aus TIZIAN möglich? c) Wurde die Parallelität von Kontrollprogrammen der Spezialeinheit am LGL (SE) und der Kreisverwaltungsbehörden aufgehoben und ein zentrales, einheitliches Kontrollprogramm erstellt? 4. a) Werden die Kontrollvorgaben mittlerweile erfüllt und sind die Ursachen für Kontrolldefizite beseitigt? b) Wie wird die Ankündigung von Kontrollen und Probenahmen mittlerweile gehandhabt? c) Sind private Labore mittlerweile verpflichtet, positive Ergebnisse von Eigenkontrollen der Unternehmer unmittelbar den Behörden zu melden? 5. a) Welche Maßnahmen wurden ergriffen, um die Dauer von Laboruntersuchen zu verringern? b) Welche Maßnahmen wurden ergriffen, um die Dringlichkeit von Proben zu kennzeichnen? 6. a) Wie wurden die Anregungen des ORH bzgl. des Aufwandes für Dokumentation und Datenerfassung umgesetzt ? b) Wurden Schnittstellen zwischen den bestehenden IT- Systemen geschaffen, um Doppelerfassungen zu vermeiden ? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 7. a) Welche Maßnahmen wurden vonseiten des Landkreistags ergriffen, um die organisatorische Anordnung von Fach- und Vollzugspersonal zu verbessern? b) Welche Ergebnisse lieferte die Bedarfsanalyse zur stärkeren Ausrichtung des Fortbildungsangebots der Akademie für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (AGL) an den Bedürfnissen der Kontrollbehörden vor Ort? c) Wie wurden die Anregungen des ORH bzgl. der Materialbeschaffung umgesetzt? 8. Wie wurden die Anregungen des ORH bzgl. der Aufgabenveränderung umgesetzt? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 18.04.2017 1. Wie wurden die Anregungen des ORH bzgl. der Steuerung und Kommunikation umgesetzt? Um Praxisbezug und Vollzugserfahrung stärker einzubeziehen und neue Entwicklungen schnell identifizieren zu können, hat das Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV) im Jahr 2016 als neues Element der Kommunikation sechs ständige Fachausschüsse mit Vertretern aus allen Verwaltungsebenen zur fachbezogenen Beteiligung eingerichtet. Ebenfalls im Jahr 2016 wurde neben dem bestehenden Arbeitskreis Lebensmittelkontrolleure der Arbeitskreis Veterinäre ins Leben gerufen, der mittlerweile zu vier Sitzungen zusammengetreten ist. Des Weiteren wurden Vorgaben zur einheitlichen Dokumentenbezeichnung von Qualitätsmanagement(QM)- Dokumenten, ministeriellen Rundschreiben und Vollzugshinweisen erarbeitet und bekannt gemacht. Von rund 580 Ministerialschreiben sind zum Stand 31.01.2017 bereits 380 inhaltlich überprüft sowie mit neuen Bezeichnungen und standardisierten Schlagwörtern versehen worden.Um Informationen und Anleitungen praxisgerecht zu bündeln, wurden erste Global-UMS1 erlassen, was zugleich die Aufhebung von einer Reihe einzelner Schreiben und Handreichungen erlaubte. 1 UMS = Umweltministerielles Schreiben Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/16496 2. a) Wie wurden die Anregungen des ORH bzgl. der Korruptionsprävention umgesetzt? b) Wird eine Rotation des Kontrollpersonals dokumentiert und regelmäßig durch die Regierungen kontrolliert? c) Werden ausgleichende Maßnahmen bei Nichtdurchführung des Rotationsprinzips konsequent angewandt? Welche? Zur Erfüllung des gesetzlichen Auftrages nach Art. 22 Gesundheitsdienst - und Verbraucherschutzgesetz (GDVG) legen die Beschäftigungsbehörden fest, wann die Rotation ansteht und die Regierungen achten auf die Umsetzung der Rotation. Als ausgleichende Maßnahmen werden insbesondere das Vier-Augen-Prinzip oder die verstärkte Überwachung des Kontrollpersonals durch den Vorgesetzten durchgeführt. 3. a) Wie wurden die Anregungen des ORH bzgl. des homogenen Verwaltungshandelns umgesetzt? Die in der Antwort auf Frage 1 aufgeführten Maßnahmen dienen zugleich der besseren Anleitung und Koordinierung für einen homogenen Verwaltungsvollzug. b) Ist mittlerweile ein landkreisübergreifender Zugriff auf Daten aus TIZIAN möglich? Der Entwurf der Staatsregierung für ein Gesetz zur Reform der staatlichen Veterinärverwaltung und Lebensmittelüberwachung (Drs.-Nr. 17/16103) sieht eine gesetzliche Regelung für die Nutzung von TIZIAN als gemeinsames Verfahren durch Einfügen eines neuen Art. 30a GDVG vor. Durch diese in Abstimmung mit dem Bayerischen Landesbeauftragten für den Datenschutz erarbeiteten Regelungen wird die rechtliche Grundlage für einen parallelen Zugriff der Behörden der Veterinär-, Futtermittel- und Lebensmittelüberwachung auf TIZIAN-Daten geschaffen. Konkrete Ermächtigungen für ein landkreisübergreifendes Verarbeitungs- und Nutzungsrecht existieren insbesondere für die Aufsichtstätigkeit der Regierungen und die des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) als Aufsichtsbehörde über die neu zu errichtende Kontrollbehörde sowie – ohne Personenbezug – für die Aufsichtsaufgaben des StMUV in Bezug auf die Regierungen und das LGL. Ein weitergehender Bedarf an einer landkreisübergreifenden Nutzung von TIZIAN, der der datenschutzrechtlichen Vorgabe, dass die Nutzung der Daten zur Erfüllung der behördlichen Aufgaben erforderlich sein muss, entspricht, ist derzeit nicht ersichtlich. c) Wurde die Parallelität von Kontrollprogrammen der Spezialeinheit am LGL (SE) und der Kreisverwaltungsbehörden (KVB) aufgehoben und ein zentrales , einheitliches Kontrollprogramm erstellt? Eine Abstimmung zwischen dem Kontrollprogramm der SE mit den Kontrollen der Kreisverwaltungsbehörden ist wichtig und findet laufend statt. Auch das für 2017 angelaufene Sonderkontrollprojekt Tierschutz an Schlachthöfen führt die SE in enger Abstimmung mit den Kreisverwaltungsbehörden und Regierungen durch. Der Entwurf der Staatsregierung für ein Gesetz zur Reform der staatlichen Veterinärverwaltung und Lebensmittelüberwachung sieht vor, unter Aufhebung von § 2a der Verordnung über die Einrichtung der Bayerischen Landesämter für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit sowie für Umwelt (Landesämter -Verordnung – LAV-UGV) dem LGL die fachliche und rechtliche Unterstützung und Beratung der Behörden für Gesundheit, Veterinärwesen, Ernährung und Verbraucherschutz einschließlich der Mitwirkung bei Betriebskontrollen dieser Behörden als Aufgabe zuzuweisen. 4. a) Werden die Kontrollvorgaben mittlerweile erfüllt und sind die Ursachen für Kontrolldefizite beseitigt ? Der Entwurf der Staatsregierung für ein Gesetz zur Reform der staatlichen Veterinärverwaltung und Lebensmittelüberwachung sieht vor, dass für bestimmte Arten von Betrieben die Kontroll- und Vollzugszuständigkeit der Veterinär- und Lebensmittelüberwachung auf die neue Kontrollbehörde übergehen. Dieser – zum 01.01.2018 geplante – Aufgabenübergang ist nicht gekoppelt mit einem Übergang von Planstellen der Kreisverwaltungsbehörden auf die neue Kontrollbehörde . Die Kreisverwaltungsbehörden werden also durch die neue Kontrollbehörde, für die der Bayerische Landtag im Doppelhaushalt 2017/2018 siebzig neue Planstellen bewilligt hat, tatsächlich entlastet. Die Einhaltung der Kontrollvorgaben durch die zuständigen Behörden vor Ort ist ein wichtiger Baustein für den Verbraucher - und Tierschutz. Im Gutachten des Bayerischen Obersten Rechnungshofes wurden insbesondere Kontrollen nach der Schweinhaltungshygieneverordnung angesprochen . Nach den Berichten der Regierungen ist ein deutlicher Anstieg des Erfüllungsgrades der Kontrollpflicht gegenüber dem Jahr 2015 zu verzeichnen. Die Regierungen sind beauftragt , den Kontrollfortgang zu überwachen. b) Wie wird die Ankündigung von Kontrollen und Probenahmen mittlerweile gehandhabt? Kontrollen im Lebensmittel- und Veterinärbereich sind nach der geltenden Rechtslage in der Regel unangekündigt durchzuführen. Entsprechendes wurde auch bereits mehrfach gegenüber den Vollzugsbehörden kommuniziert. c) Sind private Labore mittlerweile verpflichtet, positive Ergebnisse von Eigenkontrollen der Unternehmer unmittelbar den Behörden zu melden? Das geltende europäische bzw. Bundesrecht kennt eine Verpflichtung des Verantwortlichen in folgenden Fällen: – § 44 Absatz 4a Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB): „Hat der Verantwortliche eines Labors, das Analysen bei Lebensmitteln durchführt, aufgrund einer von dem Labor erstellten Analyse einer im Inland von einem Lebensmittel gezogenen Probe Grund zu der Annahme, dass das Lebensmittel einem Verkehrsverbot nach Artikel 14 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 unterliegen würde, so hat er die zuständige Behörde von dem Zeitpunkt und dem Ergebnis der Analyse, der angewandten Analysemethode und dem Auftraggeber der Analyse unverzüglich schriftlich oder elektronisch zu unterrichten.“ – § 4 Abs. 3 Satz 1 Tiergesundheitsgesetz (TierGesG) – Anzeigepflicht im Falle des Ausbruchs anzeigepflichtiger Tierseuchen (Salmonellose bei Geflügel ist keine anzeigepflichtige Tierseuche) – § 1 Abs. 1 Tierkrankheitenmeldeverordnung (TKrMeldV) – Meldepflicht bei Auftreten der aufgeführten Krankheiten (gilt nicht für Salmonellen bei Geflügel). 5. a) Welche Maßnahmen wurden ergriffen, um die Dauer von Laboruntersuchen zu verringern? Drucksache 17/16496 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 b) Welche Maßnahmen wurden ergriffen, um die Dringlichkeit von Proben zu kennzeichnen? Die Dringlichkeit der Probenbearbeitung ergibt sich aus der Art der Probe. Das bisher existierende System wurde durch ein EDV-technisches Alarmsystem ersetzt. Damit werden die Probenverantwortlichen automatisch gewarnt, wenn eine Bearbeitungsfrist überschritten wird. Diese Fälle werden regelmäßig ausgewertet und mit dem Probenverantwortlichen erörtert. 6. a) Wie wurden die Anregungen des ORH bzgl. des Aufwandes für Dokumentation und Datenerfassung umgesetzt? Die Umsetzung der Anregungen des ORH zur Reduzierung des Aufwandes für Dokumentation und Datenerfassung umfasst insbesondere die Prüfung der bisherigen Dokumentationsverpflichtungen , der technischen Möglichkeiten zur Vereinfachung und Vereinheitlichung der Dateneingabe und die Erweiterung der Schnittstellennutzung unter Berücksichtigung fachlicher, technischer und datenschutzrechtlicher Gesichtspunkte und ist noch nicht abgeschlossen. Laufend erfolgt die Prüfung des Dokumentationsaufwands durch Workshops, die alle Verwaltungsebenen umfassen . Beteiligt sind darüber hinaus auch die in Frage 1 dargestellten Gremien. b) Wurden Schnittstellen zwischen den bestehenden IT-Systemen geschaffen, um Doppelerfassungen zu vermeiden? Zur Umsetzung der betreffenden ORH-Empfehlung wurde geprüft, inwieweit über bis dato schon vorhandene Schnittstellen hinaus eine weitere Vernetzung der IT-Systeme vom Fachrecht gedeckt, aus datenschutzrechtlicher Sicht zulässig und aus fachlicher Sicht sinnvoll ist. Dem Ergebnis entsprechend wurden zwischenzeitlich weitere Schnittstellen − wie z. B. die GEWAN-Schnittstelle, die im Dezember 2016 in Betrieb genommen wurde − etabliert bzw. in Planung genommen. 7. a) Welche Maßnahmen wurden vonseiten des Landkreistags ergriffen, um die organisatorische Anordnung von Fach- und Vollzugspersonal zu verbessern ? In den Gesprächen, die das StMUV hierzu mit dem Bayerischen Landkreistag geführt hat, hat dieser ausgeführt, für eine verbesserte Anordnung von Fach- und Vollzugspersonal einzutreten. b) Welche Ergebnisse lieferte die Bedarfsanalyse zur stärkeren Ausrichtung des Fortbildungsangebots der Akademie für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (AGL) an den Bedürfnissen der Kontrollbehörden vor Ort? Die Bedarfsanalyse erfolgt über die Fachausschüsse, die einen dauerhaften und intensiven Austausch über die Verwaltungsebenen hinweg ermöglichen. Auf Basis des Fortbildungsbedarfs der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im gesundheitlichen Verbraucherschutz wurde bereits 2017 das Fortbildungsangebot erhöht. Ab 2018 ist ein Sonderfortbildungsprogramm geplant, das im Rahmen der personellen und finanziellen Ressourcen speziellen fachlichen Fortbildungsbedarf und überfachlichen Qualifizierungsbedarf umfassen soll. Das Sonderfortbildungsprogramm soll zusätzlich zum jährlichen Fortbildungsprogramm für alle Zielgruppen des gesundheitlichen Verbraucherschutzes aufgelegt werden. c) Wie wurden die Anregungen des ORH bzgl. der Materialbeschaffung umgesetzt? Der ORH hat vorgeschlagen, die Materialbeschaffung für alle mit Kontrollen und Probenahmen befassten Stellen (Bedarfsstellen ) an einer Stelle zusammenzufassen. Nach Auffassung des StMUV kommt hierfür allenfalls das LGL in Betracht . Eine entsprechende Zentralisierung setzt jedoch u. a. voraus, dass alle Bedarfsstellen mitwirken und sich mit einer Harmonisierung der Anforderungen einverstanden erklären sowie die für die Ausschreibung von Rahmenverträgen erforderlichen Mengengerüste liefern. Die Abstimmungsprozesse hierzu sind noch nicht abgeschlossen. 8. Wie wurden die Anregungen des ORH bzgl. der Aufgabenveränderung umgesetzt? Mit Wirksamwerden des Aufgabenübergangs auf die neue Kontrollbehörde unter Wahrung des Personalstands der Kreisverwaltungsbehörden ist eine aktuelle Analyse der Tätigkeiten im amtlichen Veterinärwesen und in der Lebensmittelüberwachung sinnvoll und vorgesehen.