17. Wahlperiode 26.06.2017 17/16500 Bayerischer Landtag Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katharina Schulze BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 08.02.2017 Illegale Waffenkäufe beim Online-Shop „Migrantenschreck “ Hunderte Bundesbürgerinnen und Bundesbürger haben erlaubnispflichtige Waffen beim illegalen Online-Shop „Migrantenschreck “ gekauft. Wie durch geleakte Kundendaten bekannt wurde, leben über 15 Prozent der Kundinnen und Kunden in Bayern (http://www.sueddeutsche.de/digital/mig rantenschreck-ich-will-ja-keine-fluechtlinge-toeten-es-gehtum -einen-denkzettel-1.3360125). Der Online-Shop soll von Mario Rönsch betrieben worden sein, der auch im Internet das rechtsgerichtete „Anonymous.Kollektiv“ betrieben haben soll. Ich frage die Staatsregierung: 1.1 Wie bewertet die Staatsregierung es, dass die meisten Kunden des illegalen Online-Shops „Migrantenschreck“ aus Bayern stammen? 2.1 Seit wann hat die Staatsregierung Kenntnis über den illegalen Online-Shop? 2.2 Hatte die Staatsregierung schon Kenntnis von dem Online-Shop, bevor die Kundendaten geleakt wurden, und wenn ja, seit wann? 2.3 Was hat die Staatsregierung seit ihrer Kenntnisnahme gegen den Online-Shop und die Waffenbesitzerinnen und Waffenbesitzer unternommen, die dort illegal Waffen gekauft haben (bitte einzelne Maßnahmen auflisten )? 3.1 Welche Schritte unternimmt die Staatsregierung aktuell gegen die Betreiber des Online-Shops und die Waffenbesitzerinnen und Waffenbesitzer, die dort illegal Waffen gekauft haben? 3.2 Gab es ebenso wie in anderen Bundesländern auch in Bayern Razzien bei den Kundinnen und Kunden (wenn ja, mit welchem Ergebnis, bitte einzeln auflisten nach Ort und Datum)? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 4.1 Wie viele Personen aus Bayern haben Waffen bei dem Online-Shop gekauft, die zu den erlaubnispflichtigen Schusswaffen im Sinne des Waffengesetzes gehören (bitte nach Region und Anzahl der Waffe/Waffen auflisten )? 4.2 Was für Waffen waren dies (bitte einzeln auflisten)? 4.3 Wie viele Personen, die sich dort eine erlaubnispflichtige Schusswaffe gekauft haben, besitzen einen Waffenschein /Waffenbesitzkarte? 5.1 Wie viele Personen aus Bayern haben sonstige illegale Waffen im Sinne des Waffengesetzes bei dem Online- Shop gekauft (bitte nach Waffenart und Region auflisten )? 5.2 Wie viele Personen, die erlaubnispflichtige Schusswaffen und/oder sonstige illegale Waffen bei dem Online- Shop gekauft haben, hat die Staatsregierung entwaffnet? 6.1 Haben diese Personen aus Bayern, die erlaubnispflichtige Schusswaffen und/oder sonstige illegale Waffen bei dem Online-Shop gekauft haben, Verbindungen in die rechtsextreme Szene, z. B. zu Der III. Weg, Pegida o. Ä. (bitte einzeln auflisten)? 6.2 Haben Personen Waffen beim Online-Shop gekauft, die der „Reichsbürger“-Bewegung zuzuordnen sind? 6.3 Wurden schon Straf- oder Gewalttaten mit diesen Waffen begangen (wenn ja, bitte einzeln auflisten)? 7.1 Welche Informationen hat die Staatsregierung über Mario Rönsch? 7.2 Hat Mario Rönsch Verbindungen in die rechtsextreme Szene in Bayern (wenn ja, bitte die einzelnen Verbindungen auflisten)? 7.3 Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über Verbindungen von Mario Rönsch und dem Online-Shop „Migrantenschreck“ zum rechtspopulistischen Compact- Magazin? 8.1 Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung, ob die Webseite „Migrantenschreck“, die mittlerweile offline ist, umgezogen bzw. unter anderem Namen wieder online gegangen ist? 8.2 Welche weiteren Webseiten sind der Staatsregierung bekannt, auf denen Bürgerinnen und Bürger aus Bayern illegal erlaubnispflichtige Waffen kaufen (bitte einzeln auflisten)? Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/16500 Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 18.04.2017 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Justiz wie folgt beantwortet: 1.1 Wie bewertet die Staatsregierung es, dass die meisten Kunden des illegalen Online-Shops „Migrantenschreck “ aus Bayern stammen? Der Staatsregierung liegt in diesem Kontext kein verlässliches Zahlenmaterial, weder zur Gesamtanzahl der Kunden des Onlineshops noch der aus Bayern stammenden Kunden, vor, sodass belastbare Aussagen zu der geografischen Verteilung und damit einhergehend zu etwaigen Gründen hinsichtlich regionaler Schwerpunkte nicht möglich sind. 2.1 Seit wann hat die Staatsregierung Kenntnis über den illegalen Online-Shop? 2.2 Hatte die Staatsregierung schon Kenntnis von dem Online-Shop, bevor die Kundendaten geleakt wurden , und wenn ja, seit wann? Laut Mitteilung des Bayerischen Landeskriminalamtes wurden erstmals am 10.05.2016 Hinweise über den illegalen Onlineshop „Migrantenschreck“ bekannt. Der genaue Zeitpunkt der ersten Veröffentlichung von Kundendaten ist der Staatsregierung nicht bekannt. 2.3 Was hat die Staatsregierung seit ihrer Kenntnisnahme gegen den Online-Shop und die Waffenbesitzerinnen und Waffenbesitzer unternommen, die dort illegal Waffen gekauft haben (bitte einzelne Maßnahmen auflisten)? 3.1 Welche Schritte unternimmt die Staatsregierung aktuell gegen die Betreiber des Online-Shops und die Waffenbesitzerinnen und Waffenbesitzer, die dort illegal Waffen gekauft haben? 3.2 Gab es ebenso wie in anderen Bundesländern auch in Bayern Razzien bei den Kundinnen und Kunden (wenn ja, mit welchem Ergebnis, bitte einzeln auflisten nach Ort und Datum)? 4.1 Wie viele Personen aus Bayern haben Waffen bei dem Online-Shop gekauft, die zu den erlaubnispflichtigen Schusswaffen im Sinne des Waffengesetzes gehören (bitte nach Region und Anzahl der Waffe/Waffen auflisten)? 4.2 Was für Waffen waren dies (bitte einzeln auflisten)? Alle bislang bekannt gewordenen Hinweise auf in Bayern lebende Käufer beim Online-Shop „Migrantenschreck“ mündeten in strafrechtlichen Ermittlungsverfahren mit aktuell unterschiedlichem Verfahrensstand. a. Bei bayerischen Polizeidienststellen werden fünf Ermittlungsverfahren gegen sieben Personen geführt, die im Verdacht stehen, Waffen über den Online-Shop erworben zu haben. b. Des Weiteren wurden zwei Ermittlungsverfahren bei bayerischen Polizeidienststellen eingeleitet und im Laufe des Verfahrens an Zollbehörden abgegeben; die Endsachbearbeitung erfolgt von dort. c. Zudem waren bayerische Polizeidienststellen bei vier weiteren Verfahren von Zollbehörden bei der Durchsuchung von Wohnungen oder im Vorfeld zu diesen involviert . Die unter b. und c. genannten Ermittlungsverfahren werden beim Zollkriminalamt geführt; laut Mitteilung des dafür zuständigen Bundesministeriums der Finanzen sind Angaben zu diesen aktuell noch laufenden Ermittlungsverfahren nicht möglich. Zu den unter a. genannten Ermittlungsverfahren kann nach Einbindung des Staatsministeriums der Justiz Folgendes mitgeteilt werden: Insgesamt wurden gegen sieben Beschuldigte Ermittlungsverfahren eingeleitet, nachdem der Verdacht bestand, dass diese bei dem in Frage 1.1 benannten Online-Shop unerlaubt Waffen erworben haben. Die Beschuldigten haben ihren Wohnort in den Zuständigkeitsbereichen der Staatsanwaltschaften Augsburg, München II und Nürnberg -Fürth. Bei fünf dieser sieben Beschuldigten erfolgte zwischenzeitlich eine Wohnungsdurchsuchung auf Grundlage des § 102 Strafprozessordnung (StPO). Klarzustellen ist, dass es sich bei vier dieser fünf Beschuldigten um zwei Ehepaare handelt, bei denen der Verdacht bestand, dass die Waffe jeweils von beiden Ehepartnern gemeinschaftlich erworben wurde. Aus diesem Grunde wurden insoweit, obwohl vier Durchsuchungsbeschlüsse zu vollziehen waren, tatsächlich nur zwei (jeweils gemeinschaftlich bewohnte) Anwesen durchsucht. Bei den zwei weiteren Beschuldigten war eine Durchsuchung nicht erforderlich, nachdem diese die Waffen von sich aus nach der Lieferung bei der örtlich zuständigen Polizeidienststelle abgegeben haben. Aus der nachfolgenden Tabelle ergibt sich, welche Waffen bei dem bezeichneten Online-Shop bestellt und welche Gegenstände entweder von den Beschuldigten freiwillig ausgehändigt wurden oder anlässlich der erfolgten Wohnungsdurchsuchungen sichergestellt werden konnten bzw. in welchem Fall dies nicht gelungen ist: Wohnort im Zuständigkeitsbereich der Staatsanwaltschaft Bestellte Waffe(n) Sichergestellte Waffe(n) Beschuldigte 1 Nürnberg- Fürth 2 Schreckschussrevolver des Typs „Migrantenschreck MS 60 Professional“ einschließlich dazugehöriger 50 Schuss Munition 9mm P.A. Knall Geco und 50 Schuss Munition 9mm R Knall .380 RBlanc Geco Die bestellten Waffen wurden nach der Lieferung freiwillig durch die Beschuldigte bei der Polizei abgegeben. Beschuldigter 2 München II •  1 Langwaffe,  Keserü/H, Home Defender, Serie HDMG 0526, braun, Kaliber: 380 •  Langwaffe,  Keserü/H, Serie: OTG-1056, braun, Kaliber: 380 •   1 Revolver,  Keserü/H, Serie: RG2406, schwarz, Kaliber: 9 mm Die bestellten Waffen wurden nach der Lieferung freiwillig durch den Beschuldigten bei der Polizei abgegeben. Beschuldigter 3 München II 1 Revolver Kal. 9, Marke: Keserü Müvek , Typ P, R-blanc, Nr.: RG 2334 Die bestellte Waffe wurde nebst Munition (Stoffkugeln ) im Rahmen der durchgeführten Wohnungsdurchsuchung sichergestellt. Beschuldigte 4 Drucksache 17/16500 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Wohnort im Zuständigkeitsbereich der Staatsanwaltschaft Bestellte Waffe(n) Sichergestellte Waffe(n) Beschuldigter 5 München II PTB-Waffe ohne Kennzeichnung (Genaueres nicht bekannt). Im Rahmen der am Hauptwohnsitz und in der Ferienwohnung durchgeführten Durchsuchungsmaßnahmen konnte die Waffe nicht aufgefunden werden. Der Beschuldigte gab an, dass die bestellte Waffe nicht geliefert worden sei. Beschuldigter 6 Augsburg Revolver „Migrantenschreck MS60“ Die bestellte Waffe nebst 20 Hartgummigeschossen wurde im Rahmen der durchgeführten Wohnungsdurchsuchung sichergestellt. Beschuldigte 7 Bezüglich der bei den Beschuldigten 6 und 7 sichergestellten Gegenstände ist ergänzend anzumerken, dass diese derzeit durch einen Sachverständigen hinsichtlich ihrer waffenrechtlichen Eigenschaft begutachtet werden. Des Weiteren ist bezüglich der Beschuldigten 4 auszuführen, dass diese nach dem Ergebnis der durchgeführten Ermittlungen an der Bestellung der Waffe durch ihren Ehemann (= Beschuldigter 3) nicht beteiligt war. Das Ermittlungsverfahren gegen diese Beschuldigte wurde daher bereits aus tatsächlichen Gründen nach § 170 Absatz 2 StPO eingestellt. 4.3 Wie viele Personen, die sich dort eine erlaubnispflichtige Schusswaffe gekauft haben, besitzen einen Waffenschein/Waffenbesitzkarte? Keine. 5.1 Wie viele Personen aus Bayern haben sonstige illegale Waffen im Sinne des Waffengesetzes bei dem Online-Shop gekauft (bitte nach Waffenart und Region auflisten)? Hinweise auf Personen, die sonstige illegale Waffen gekauft haben, liegen nicht vor. 5.2 Wie viele Personen, die erlaubnispflichtige Schusswaffen und/oder sonstige illegale Waffen bei dem Online-Shop gekauft haben, hat die Staatsregierung entwaffnet? Bei sechs der sieben Beschuldigten hat eine „Entwaffnung“ im Sinne der Fragestellung stattgefunden, da entweder die Beschuldigten die bei dem Online-Shop georderten Waffen nach der Lieferung freiwillig bei der zuständigen Polizeidienststelle abgegeben haben bzw. die georderten Waffen im Rahmen der durchgeführten Wohnungsdurchsuchungen bei den Beschuldigten sichergestellt werden konnten. Bei dem weiteren Beschuldigten konnte die bei dem Online- Shop bestellte Waffe im Rahmen der am Hauptwohnsitz und in der Ferienwohnung durchgeführten Durchsuchungsmaßnahme nicht aufgefunden werden. Nach Einlassung des Beschuldigten wurde die bestellte Waffe nicht geliefert. Auf die Antwort zu den Fragen 2.3, 3.1, 3.2, 4.1 und 4.2 wird ergänzend Bezug genommen. 6.1 Haben diese Personen aus Bayern, die erlaubnispflichtige Schusswaffen und/oder sonstige illegale Waffen bei dem Online-Shop gekauft haben, Verbindungen in die rechtsextreme Szene, z. B. zu Der III. Weg, Pegida o. Ä. (bitte einzeln auflisten)? Hierzu liegen keine Erkenntnisse vor. 6.2 Haben Personen Waffen beim Online-Shop gekauft, die der „Reichsbürger“-Bewegung zuzuordnen sind? Zu zwei oben angeführten Beschuldigten liegen Hinweise vor, dass sie der sog. „Reichsbürger-/Selbstverwalter-Szene “ nahestehen könnten. Beide Fälle werden derzeit noch geprüft. 6.3 Wurden schon Straf- oder Gewalttaten mit diesen Waffen begangen (wenn ja, bitte einzeln auflisten)? Es sind keine Erkenntnisse zu Straf- oder Gewalttaten bekannt , die mit den illegal erworbenen Waffen begangen wurden . 7.1 Welche Informationen hat die Staatsregierung über Mario Rönsch? 7.2 Hat Mario Rönsch Verbindungen in die rechtsextreme Szene in Bayern (wenn ja, bitte die einzelnen Verbindungen auflisten)? 7.3 Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über Verbindungen von Mario Rönsch und dem Online- Shop „Migrantenschreck“ zum rechtspopulistischen Compact-Magazin? Mario Rönsch gilt als Betreiber bzw. Administrator der Seite „Anonymus Kollektiv“ in diversen sozialen Netzwerken. Seit Ende 2015 konnte vermehrt festgestellt werden, dass unter diesem Synonym rechtspopulistisches Gedankengut verbreitet wurde. Dem Bayerischen Landeskriminalamt sowie dem Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz liegen darüber hinaus keine konkreten Erkenntnisse weder zur Person Mario Rönsch selbst noch zu einer Verbindung in die rechtsextreme Szene in Bayern sowie zum Compact- Magazin vor. 8.1 Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung, ob die Webseite „Migrantenschreck“, die mittlerweile offline ist, umgezogen bzw. unter anderem Namen wieder online gegangen ist? Hierzu liegen keine Erkenntnisse vor. 8.2 Welche weiteren Webseiten sind der Staatsregierung bekannt, auf denen Bürgerinnen und Bürger aus Bayern illegal erlaubnispflichtige Waffen kaufen (bitte einzeln auflisten)? Zu konkreten Webseiten zum illegalen Erwerb erlaubnispflichtiger Waffen liegen keine Erkenntnisse vor.