17. Wahlperiode 05.07.2017 17/16521 Bayerischer Landtag Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Annette Karl SPD vom 14.03.2017 5G-Forschung Der Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, Alexander Dobrindt, hat in der „Zukunftsoffensive Gigabit- Deutschland“ vom 7. März 2017 angekündigt, dass er die Forschungsaktivitäten im Bereich 5G unterstützen will. Ich frage daher die Staatsregierung: 1. Wo und in welchem Fachbereich finden in Bayern konkret 5G-Forschungsaktivitäten statt? 2. Wenn Forschungsaktivitäten stattfinden, wo finden diese statt (bitte aufgeschlüsselt nach staatlichen und privaten Einrichtungen)? 3. a) Inwieweit sind die 5G-Forschungsaktivitäten in Bayern auf Bundesebene, europäischer Ebene und internationaler Ebene miteinander verknüpft? b) Um welche Projekte handelt es sich dabei genau? c) Welche privaten Unternehmen sind gegebenenfalls involviert ? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. Antwort des Staatsministeriums für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie vom 24.04.2017 1. Wo und in welchem Fachbereich finden in Bayern konkret 5G -Forschungsaktivitäten statt? In der 5G-Forschung sind zahlreiche bayerische Unternehmen aktiv. Wichtige Netzwerkausrüster (Nokia, Kathrein, Huawei und Ericsson) haben ihren deutschen Hauptsitz in Bayern. Weitere in Bayern ansässige Unternehmen liefern benötigte Technologien, wie beispielsweise Infineon, Qualcomm , Docomo, Siemens oder Rohde & Schwarz. Besondere Stärke Bayerns ist die Dichte an Unternehmen in den Anwendungsindustrien, wie die Vernetzte Mobilität , Industrie 4.0 und eHealth. Autohersteller wie Audi und BMW sind Vorreiter im Bereich der 5G-Forschung. Um das Fahren sicherer zu machen oder langfristig autonomes Fahren zu ermöglichen, soll rechtzeitig etwa vor Unfällen oder Eisglätte gewarnt werden. Diese Kommunikation muss extrem schnell und stabil funktionieren, auch mit vorausfahrenden Fahrzeugen. 5G schafft die technische Möglichkeit für übergreifend koordinierte Big-Data-Anwendungen in Echtzeit, selbst bei schnell fahrenden Autos. Eine der wichtigsten Autobahnen in Bayern, die A9, wird mit Unterstützung des Bundes zum „Digitalen Testfeld Autobahn ” ausgebaut. Dort wird die Kommunikation zwischen den Fahrzeugen (Car-2-Car) und zwischen den Fahrzeugen und der Infrastruktur erprobt. Für Automobilhersteller und Zulieferer entsteht ein Testfeld für moderne und zukunftsweisende Systeme und Technologien. Herkömmliche Mobilfunktechniken reichen dafür nicht aus. Daher baut die Firma Ericsson ein 5G-Test-Netz zwischen dem Autobahnkreuz Nürnberg und Greding. Folgende Forschungseinrichtungen in Bayern bearbeiten Einzelaspekte im Bereich von 5G mit dem Ziel, höhere Sicherheit , Datenraten und Reaktionsgeschwindigkeit zu erreichen : • Das Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen llS (Erlangen) bietet Lösungsansätze für viele 5G-relevante Themenfelder wie Lokalisierung, geringe Latenz oder Erhöhung des Datendurchsatzes und Verbesserung der Abdeckung. • Das Fraunhofer-Institut für Eingebettete Systeme und Kommunikationstechnik ESK (München) ist in einer Reihe von Projekten mit Bezug zu 5G aktiv. Im Bereich der vernetzten Mobilität liegen die Arbeitsschwerpunkte in der Auslegung von Netzarchitekturen unter Berücksichtigung der Anwendungsanforderungen (hybride Netze, Verteilung von Applikationen). Im Bereich von Industrie 4.0 werden neue Übertragungsprotokolle für hohe Robustheit und kurze Latenzzeiten erforscht, wobei Konzepte des Cognitive Radio (d. h. adaptive Nutzung des Frequen-zZeitspektrums) zum Einsatz kommen. Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/16521 • Das Fraunhofer-Institut für Angewandte und Integrierte Sicherheit (AlSEC) beschäftigt sich u. a. mit der Sicherheit von Mobilfunknetzen . • Der Lehrstuhl für Kommunikationsnetze an der Technischen Universität (TU) München beschäftigt sich u. a. mit neuartigen Methoden und Algorithmen für 5G sowie Ansätzen für Ressourcenmanagement in drahtlosen Netzen und Netzarchitekturen. • Ferner sind auch das Institut für Rundfunktechnik GmbH (IRT) und verschiedene Lehrstühle an der Friedrich-Alexander -Universität (FAU) Erlangen-Nürnberg in der 5G- Forschung aktiv. 2. Wenn Forschungsaktivitäten stattfinden, wo finden diese statt (bitte aufgeschlüsselt nach staatlichen und privaten Einrichtungen)? Siehe auch Antwort auf Frage 1. Staatliche Einrichtungen: • Verschiedene Lehrstühle an der Technischen Universität München • Verschiedene Lehrstühle an der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg • Außerdem sind zahlreiche Universitäten und Hochschulen mit einzelnen Lehrstühlen im Bereich der 5G-Forschung aktiv. Private Einrichtungen: • Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e.V., insbesondere mit ihren Instituten ° Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen llS, Erlangen ° Fraunhofer-Institut für Eingebettete Systeme und Kommunikationstechnik ESK, München ° Fraunhofer-Institut für Angewandte und Integrierte Sicherheit AlSEC, München • Institut für Rundfunktechnik GmbH (IRT), München • Außerdem sind zahlreiche bayerische Unternehmen bzw. bayerische Standorte von internationalen Unternehmen in 5G-Forschungsaktivitäten involviert. 3. a) Inwieweit sind die 5G-Forschungsaktivitäten in Bayern auf Bundesebene, europäischer Ebene und internationaler Ebene miteinander verknüpft? Die in Bayern aktiven 5G-Forschungspartner sind auch in zahlreichen Projekten der Bundes- und Landesförderung aktiv. b) Um welche Projekte handelt es sich dabei genau? Nach aktuellem Kenntnisstand des Staatsministeriums für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie (StMWi) sind bayerische Partner (Unternehmen und Forschungseinrichtungen ) u. a. an folgenden 5G-Forschungsprojekten beteiligt. a) Bundesförderung 5G-ConnectedMobility Im Rahmen des Projekts wird auf einem rund 30 Kilometer langen Streckenabschnitt der A9 zwischen den Anschlussstellen Nürnberg-Feucht und Greding ein 5G-Testnetzwerk installiert. Mitglieder des „5G-ConnectedMobility”-Projektes sind Ericsson, BMW Group, Deutsche Bahn, Deutsche Telekom, Telefónica Deutschland, Vodafone, 5G Lab Germany (TU Dresden) Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt), Bundesnetzagentur (BNetzA). Ericsson wird als Netzbetreiber fungieren und hat von der BNetzA die Genehmigung zur Nutzung von 700 MHz Frequenzen erhalten. Das „Digitale Testfeld Autobahn” ist ein technologieoffenes Angebot für Industrie und Forschung. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) und die Bayerische Straßenbauverwaltung (Autobahndirektion Nordbayern) unterstützen das Projekt. CAROUSAL Ziel des Projektes ist die Erarbeitung und Validierung eines Industriefunknetzes nach dem Prinzip des Cognitive Radio, hierfür werden neuartige Zeit-/Frequenz- Signaldarstellungen und Verfahren der Kanalprädiktion erforscht . Die Ergebnisse kommen in der Entwicklung von Industrie 5G RAT (Radio Access Technology) zur Anwendung, basierend auf dem Entwurf einer Cognitive Radio-Architektur basierend auf Optimierten Zeit-Frequenz-Signaldarstellungen (gefördert durch BMBF, VIP-Programm, Partner: FhGUniversität Kassel, Universität Duisburg). HODRIAN Höchst robuste, drahtlose Kommunikationskomponenten für industrielle Anwendungen. Erforschung eines neuen kombinierten Medienzugriffsverfahrens unter Einbindung eines Token Passing Protokolls mit Funktionen des Cognitive Radio. Dadurch soll eine industrietaugliche hoch robuste lokale Funkvernetzung erreicht werden, die Latenzen im Bereich von 0,5 bis 10 ms erlaubt . Die Arbeiten dienen als Grundlage für zukünftige Industrie 5G RAT (gefördert durch BMBF KMU-innovativ, Partner: IMST, Vahle, Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen. SENDATE-PLANETS Lösungen für den sicheren Aufbau kleiner und dezentraler Clouds, die nahe den Endgeräten eingerichtet werden und Datenverarbeitung in Echtzeit ermöglichen . (gefördert durch BMBF, Partner: TU München, Universität Würzburg, Nokia, Infineon, Airbus, lnfosim, x-ion, genua, Fraunhofer-Institut für Angewandte und Integrierte Sicherheit AISEC, Leibniz-Rechenzentrum, u. a.). b) EU-Förderung für 5G mit bayerischen Projektpartnern E3Network Im EU-Projekt E3Network wurde 2012–2016 innovative Backhaul-Technik für die künftigen Netzwerke entwickelt. Ziel ist eine Datenübertragung mit einer Geschwindigkeit von 10 Gbps (Gigabit pro Sekunde). (7. Forschungsrahmenprogramm , Partner: u. a. Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen – IIS, Alcatel-Lucent Uetzt Nokia)) SANSA (Shared Access Terrestrial-Satellite Backhaul Network enabled by Smart Antennas) Erforscht wird die Integration von Satelliten in das Backhaul, um das rapide steigende Datenvolumen bewältigen zu können. Ziel ist eine Kooperation zwischen terrestrischen und satellitengestützten Systemen. (HORIZON 2020, Partner: Fraunhofer llS, Europäische Weltraumagentur ESA, Nokia, Fraunhofer- Institut für Offene Kommunikationssysteme FOKUS, u. a.) TIMON Mit positionsbezogenen relevanten Informationen für Fahrzeuge, Radfahrer, Fußgänger und Infrastruktur aus dem direkten Umfeld können Verkehrsteilnehmer sich der aktuellen Verkehrslage anpassen und z. B. durch Echtzeitwarnungen vor Unfällen geschützt werden. Aktuell nutzen Fahrzeuge in der Regel den Funkstandard ITS-G5, Fußgänger über ihr Smartphone LTE. In Zukunft sollen die Verkehrsteilnehmer durch hybride Netzarchitektur (lokale Funktechnologie, Mobilfunk) über die Funktechnologien hinweg miteinander in Echtzeit kommunizieren. (Horizon 2020, bayerischer Partner: Fraunhofer-Institut für Eingebettete Systeme und Kommunikationstechnik – ESK) Drucksache 17/16521 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 SENDATE (SEcure Networking for a DATa center cloud in Europe): Für den Betrieb kommunikations- und cloudbasierender Dienste bilden inzwischen mächtige Datenzentren die wichtigsten Schaltzentralen im Internet. Dazu werden in SENDATE Verfahren erforscht, um Daten bei der Übertragung in Glasfasern dichter zu packen, etwa durch höherwertige Modulationsformate und die Verwendung neuer Fasertypen. Es wird untersucht, wie sich die Flexibilität des Netzes durch eine Virtualisierung von Netzfunktionen und softwaredefinierte Netze steigern lässt. Mobile, vernetzte Objekte, z. B. Fahrzeuge, sollen durch die Forschung in SENDATE latenzarm an verteilte Datenzentren angebunden werden. Die in SENDATE zu entwickelnden Technologien eröffnen so neue Märkte, die speziell von deutschen und europäischen Akteuren bedient werden können. Die anwendungsgetriebenen Entwicklungen in SENDATE ermöglichen eine höhere Datensicherheit und -verfügbarkeit, u. a. durch eine lokale Datenhaltung, verbesserte Leistungsfähigkeit und Flexibilität bei der Konfiguration. (Clusterprojekt im Rahmen von EUREKA/Celtic-Plus, gefördert u. a. vom BMBF, Partner: Nokia, Genua, FAU Erlangen, itWatch GmbH, u. a.) ESA SATINET Es werden hybride 5G-Netzwerkarchitekturen aus Satellitensystemen und terrestrischen Systemen erforscht (Partner: Fraunhofer llS, ESA, Nokia, Fraunhofer FOKUS, u. a.) ESA SCOSESE In diesem EU-Projekt werden Szenarien untersucht, in denen Video-Streaming über Satelliten genutzt werden kann. (Partner: u. a. Fraunhofer llS, Nomor Research GmbH) Das europäische Programm „5G Public Private Partnership ” (5G-PPP) ist Teil des EU-Forschungsprogramms Horizon 2020. Die 19 Projekte der ersten Ausschreibung in 5G- PPP mit einem Fördervolumen von ca. 125 Millionen Euro laufen von Juli 2015 bis Juni 2017. An folgenden Projekten von 5G-PPP sind bayerische Institutionen beteiligt: FANTASTIC-5G Ziel ist die Entwicklung neuer technischer Lösungsansätze, die von den großen Telekommunikations - und Technologieunternehmen in die 5G-Standardisierung getragen werden. Der Forschungsschwerpunkt liegt dabei auf flexiblen Air-Interfaces für Frequenzbereiche bis 6 GHz. (5G-PPP, Partner: Nokia Networks, Fraunhofer ESK, Huawei, Intel) 5G-NORMA Es soll eine neue, adaptive und zukunftssichere mobile Netzwerkarchitektur (5G) entwickelt werden. Dabei werden Funktionen jeweils dort im Netz platziert, wo es sinnvoll ist. Das kann dazu führen, dass Funktionen des Kernnetzes (Core) und des Zugangsnetzes (Access) nicht länger an verschiedenen Orten sitzen und deshalb zusammen optimiert werden können. Eine bedarfsgerechte Anpassung der Netzressourcen an die Anforderungen der jeweiligen Anwendung löst das bisher vorherrschende starre Netzwerk-Paradigma ab. (5G-PPP, Partner: Nokia Networks , Nomor Research GmbH, u. a.) METIS-11 Gesamtdesign für 5G-Funknetze und Analyse der Leistungsmerkmale Zu den Hauptzielen von METIS II gehört, das gesamte 5G radio access network Design zu entwickeln und die technischen Voraussetzungen anzubieten, welche für die effiziente Integration und Benutzung von verschiedenen, zurzeit gängigen 5G Technologien und -Komponenten benötigt werden. Auf strategischer Ebene bildet METIS-11 den Rahmen der Zusammenarbeit innerhalb des 5G-PPP Programmes für eine allgemeine Bewertung der 5G radio access network Konzepte und bereitet eine gemeinsame Vorgehensweise zwischen den Regulations- und Standardisierungsgremien vor. (5G-PPP, Partner: Nokia, Ericsson, Huawei, DOCO- MO, Telekom, Intel, u. a.) Xhaul: the SG lntegrated fronthaul/backhaul Das 5G “Fronthaul/Backhaul” Netzwerk wird flexibel die in „Cloud“- Rechenzentren verteilten 5G Funkzugangs- und Kernnetzfunktionen zusammenschalten. Dafür werden folgende Netzwerkelemente implementiert: (i) Xhaul Control lnfrastructure (XCI) für ein einheitliches, abstraktes Modell der Steuerebene (ii) Xhaul Packet Forwarding Element: XFE für eine einheitliche Datenebene für neue, hoch kapazitäre Technologien mit einer latenzdeterministischen „Switch“- Architektur. (5G-PPP, Partner: u. a. Nokia Networks) VirtuWind Windparks sollen mit modernster Kommunikationstechnik rentabler werden und so die Energiewende wirtschaftlicher machen. Intelligente Software übernimmt hier die entscheidende Rolle bei Installation, Wartung und Betrieb. Die Experten passen dazu Open Source Module der Technologien SDN (Software Defined Networking) und NFV (Network Function Visualization) an die Anforderungen von Windparks an. Das Projekt soll die Anschaffungskosten für das Kontrollnetz eines Windparks um 25 Prozent und die Betriebskosten um zehn Prozent jährlich senken. (5G-PPP, Partner: Siemens AG, TU München, NEC, Intel, Deutsche Telekom, u. a.) c) Welche privaten Unternehmen sind gegebenenfalls involviert? Siehe Antwort auf Frage 3 b.