17. Wahlperiode 26.06.2017 17/16534 Bayerischer Landtag Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katharina Schulze, Verena Osgyan BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 23.03.2017 Polizeiinterner Messengerdienst und Smartphones bei der Bayerischen Polizei Die Bayerische Polizei hat Presseberichten zufolge mehrere Hundert Smartphones für den Dienstgebrauch angeschafft und mit einem speziellen polizeiinternen Messengerdienst ausgestattet (Nürnberger Nachrichten, 07.03.2017, S. 9). Dabei handelt es sich um ein laufendes Pilotprojekt, das aufgrund der technischen Probleme beim Digitalfunk der Polizei (BOS) beschlossen worden sein soll. Der polizeiinterne Messengerdienst soll bei positivem Ergebnis des Pilotprojekts flächendeckend in Bayern zum Einsatz kommen. Dem Pressebericht zufolge soll auch über den Digitalfunk BOS der Polizei eine Datenübertragung insbesondere von Fotos an sich möglich sein. Diese Funktion sei aber derzeit unbrauchbar , da die Datenmengen von Bildern zu groß wären. Daher fragen wir die Staatsregierung: 1.1 Welche Ziele verfolgt das Pilotprojekt, in dessen Rahmen mehrere Hundert Smartphones durch die Polizei gekauft und mit einem polizeiinternen Messengerdienst ausgestattet worden sind? 1.2 Welche Handys sind gekauft worden (bitte Art und Hersteller angeben)? 2.1 Welche Funktionen hat der polizeiinterne Messengerdienst (bitte detailliert angeben)? 2.2 Ist mit dem polizeiinternen Messengerdienst auch die Übertragung von Bild- und Videodateien möglich? 3.1 Welche dieser Funktionen (insbesondere die Übertragung von Fotos und anderen Daten) stehen aktuell über das Digitalfunknetz BOS der Polizei zur Verfügung bzw. sollen künftig zur Verfügung stehen? 3.2 Welche dieser Funktionen können über die derzeitigen Digitalfunk-Endgeräte der Bayerischen Polizei wahrgenommen werden bzw. sollen künftig wahrgenommen werden können? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 4.1 Inwiefern ist die Entwicklung des polizeiinternen Messengerdienstes und sein Einsatz im derzeitigen Pilotprojekt mit dem bayerischen Landesbeauftragten für den Datenschutz abgestimmt? 4.2 Wie bewertet der Landesbeauftragte für den Datenschutz den polizeiinternen Messengerdienst und seinen Einsatz? 4.3 Wo werden die Daten, welche die Polizei über den polizeiinternen Messengerdienst dienstlich austauscht, gespeichert (bitte angeben, wo die Server stehen und wem diese gehören)? 5.1 In welchem Funknetz erfolgt die Übertragung von Daten mit dem polizeiinternen Messengerdienst? 5.2 Inwiefern hat der Netzbetreiber direkt oder indirekt Zugriff auf die mit dem polizeiinternen Messengerdienst ausgetauschten Daten? 6.1 Wer hat den polizeiinternen Messengerdienst entwickelt ? 6.2 Haben die Entwickler des polizeiinternen Messengerdienstes direkt oder indirekt Zugriff auf die mit dem Messengerdienst ausgetauschten Daten? 7.1 Welche Rolle nimmt der polizeiinterne Messengerdienst im Konzept zur Einsatzkommunikation der Bayerischen Polizei ein? 7.2 Welche Rolle spielen Mobiltelefone und insbesondere Smartphones im Konzept zur Einsatzkommunikation der Bayerischen Polizei? 7.3 Welche Regelungen gelten für den dienstlichen Einsatz von privaten Mobiltelefonen der Polizeibeamtinnen und -beamten? 8.1 Wie bewertet die Staatsregierung das Nebeneinander von Digitalfunk BOS und der im Rahmen des Pilotprojekts angeschafften und mit dem Messengerdienst ausgestatteten Smartphones? 8.2 Welche Auswirkungen wird der Einsatz von Smartphones und der polizeiinterne Messengerdienst auf den Digitalfunk BOS haben? Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/16534 Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 24.04.2017 1.1 Welche Ziele verfolgt das Pilotprojekt, in dessen Rahmen mehrere Hundert Smartphones durch die Polizei gekauft und mit einem polizeiinternen Messengerdienst ausgestattet worden sind? Die aktuelle Sicherheits- und Bedrohungslage sowie der tägliche polizeiliche Einsatz bedingen zunehmend die Nutzung eines sicheren Messengerdienstes auf dienstlichen Smartphones. Die Bayerische Polizei hat dies frühzeitig erkannt und erforderliche Maßnahmen ergriffen. Als fachliche Ergänzung zum führenden und flächendeckenden wie hochverfügbaren Einsatzmittel Digitalfunk soll künftig auf diese Weise den Einsatzkräften die Möglichkeit zur Verfügung gestellt werden, mit dienstlichen Smartphones umfangreiche Texte, sowie Foto-, Audio- und Videodateien breitbandig übertragen zu können. Die Bayerische Polizei erprobt derzeit einen solchen gesicherten , polizeiinternen Messengerdienst auf dienstlichen Smartphones. Die Ausstattung erfolgt nicht personen-, sondern funktionsbezogen. Gegenstand des Tests ist ein Gesamtpaket aus Smartphone-Betrieb, App-Bereitstellung und App-Betrieb sowie weiteren erforderlichen Dienstleistungen. Der Test wird im Rahmen und auf Basis bestehender Verträge für das Behördennetz des Freistaates Bayern zusammen mit dem Provider durchgeführt. 1.2 Welche Handys sind gekauft worden (bitte Art und Hersteller angeben)? Es werden im Rahmen der Erprobung Endgeräte der Apple- Produktpalette (iPhone 6 und iPhone 7) eingesetzt. 2.1 Welche Funktionen hat der polizeiinterne Messengerdienst (bitte detailliert angeben)? Bei dem in der Erprobung eingesetzten Produkt handelt es sich um eine „Enterprise Messaging Lösung“ mit den folgend aufgeführten Hauptfunktionalitäten: Schnelles Messaging – 1:1 und Gruppen-Nachrichten – Echtzeit-Messaging – Push Notifications – Visuelle Nachrichten Inbox Leistungsfähige Gruppen-Nachrichten – Eigene Gruppen – Multi-Thread-Fähigkeit – Benutzerdefinierte Titel – Team-Chats Professionelles Teilen von digitalen Inhalten – Video- und Sprachnachrichten – Ortsangaben, Kalendertermine und Fotos – Dokumente und Dateien – Integration in File Sharing Lösungen Fortgeschrittene Messaging-Funktionen – Lesebestätigungen – Administration von Chat-Mitgliedern – Suche nach Chats und Nachrichten Bessere Information und Verbindung – Profilseiten – Automatisches Verbinden von Teilnehmern Verfügbar für verschiedene Plattformen – Mobile, Tablet und Desktop Apps – Synchronisierte Chats Individualisierung des App-Designs – Farben der eigenen Corporate Identity – Unternehmenslogo in der App 2.2 Ist mit dem polizeiinternen Messengerdienst auch die Übertragung von Bild- und Videodateien möglich ? Ja. 3.1 Welche dieser Funktionen (insbesondere die Übertragung von Fotos und anderen Daten) stehen aktuell über das Digitalfunknetz BOS der Polizei zur Verfügung bzw. sollen künftig zur Verfügung stehen? Der Digitalfunk BOS zählt als Funksystem zu den sogenannten kritischen Infrastrukturen der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS). Er ist flächendeckend (in Bayern rund 99 Prozent der Fläche; nicht nur der bewohnten Fläche) und hochverfügbar (in 2016 durchschnittlich 99,96 Prozent) realisiert worden. Der Digitalfunk BOS verfügt über Sondersprachdienste wie die Gruppenkommunikation , über spezielle Adressierungen und Verschlüsselungen etc. Er wird in der Betriebshoheit der BOS betrieben. Damit unterscheidet er sich ganz erheblich von den kommerziellen Mobilfunkdiensten. Er dient primär der hochsicheren Übertragung von Sprache in einem flächendeckend hochverfügbar betriebenen Netz zur Einsatzkommunikation und -steuerung. Ein Versand von Textnachrichten, GPS-Positionen, Statusmeldungen und weitere spezielle schmalbandige Dienste sind im täglichen Einsatz und funktionieren einwandfrei. Die Übertragung z. B. von Videos, für die eine breitbandige Datenübertragung nötig ist, ist bei diesem Einsatzmittel entgegen anderslautender Meldungen allein schon aus technischen Gründen nicht beabsichtigt. 3.2 Welche dieser Funktionen können über die derzeitigen Digitalfunk-Endgeräte der Bayerischen Polizei wahrgenommen werden bzw. sollen künftig wahrgenommen werden können? Siehe Nr. 3.1. Die Rolloutplanungen und Nutzungskonzepte für die beiden Produktlinien sind aufeinander abgestimmt und überschneidungsfrei. 4.1 Inwiefern ist die Entwicklung des polizeiinternen Messengerdienstes und sein Einsatz im derzeitigen Pilotprojekt mit dem bayerischen Landesbeauftragten für den Datenschutz abgestimmt? Mit Schreiben vom 21.09.2016 übersandte das Polizeipräsidium München dem Bayerischen Landesbeauftragten für den Datenschutz die Errichtungsanordnung „Smartphone- Messenger anlässlich des Oktoberfest-Einsatzes 2016“. Ferner unterrichtete das Polizeipräsidium München den Bayerischen Landesbeauftragten für den Datenschutz mit Schreiben vom 28.11.2016 über den bei der Bayerischen Polizei stattfindenden Proof of Concept. 4.2 Wie bewertet der Landesbeauftragte für den Datenschutz den polizeiinternen Messengerdienst und seinen Einsatz? Eine diesbezügliche Bewertung durch den Bayerischen Landesbeauftragten für den Datenschutz liegt dem Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr nicht vor. Drucksache 17/16534 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 4.3 Wo werden die Daten, welche die Polizei über den polizeiinternen Messengerdienst dienstlich austauscht , gespeichert (bitte angeben, wo die Server stehen und wem diese gehören)? Die Daten, die bei der Nutzung des Messengerdienstes entstehen, werden im Rechenzentrum des derzeitigen Providers der Bayerischen Staatsverwaltung, der Firma Vodafone , verschlüsselt abgelegt. Die abgesicherte zentrale IT- Infrastruktur für den Dienst wird in Frankfurt im zertifizierten Rechenzentrum (ISO 27001) betrieben. Die Betreiberform ist „private only“ – eine Teilung der Ressourcen mit anderen Kunden findet nicht statt. 5.1 In welchem Funknetz erfolgt die Übertragung von Daten mit dem polizeiinternen Messengerdienst? Die Übertragung der Nachrichten des Messengerdienstes basiert auf der verfügbaren kommerziellen Mobilfunkinfrastruktur (LTE1, UMTS2), aktuell im Mobilfunknetz des Providers Vodafone als zentralem Provider der Bayerischen Staatsverwaltung. 5.2 Inwiefern hat der Netzbetreiber direkt oder indirekt Zugriff auf die mit dem polizeiinternen Messengerdienst ausgetauschten Daten? Der Netzbetreiber hat keinen direkten oder indirekten Zugriff auf die Daten, da diese mit einem aktuellen Ende-zu-Ende- Verschlüsselungsverfahren sowohl in der Übertragung, als auch bei der Speicherung geschützt sind. 6.1 Wer hat den polizeiinternen Messengerdienst entwickelt ? Der vom Provider zur Verfügung gestellte Messengerdienst „Teamwire“ ist ein auf dem Mark frei verfügbares Standardprodukt der Firma Grouptime GmbH. 6.2 Haben die Entwickler des polizeiinternen Messengerdienstes direkt oder indirekt Zugriff auf die mit dem Messengerdienst ausgetauschten Daten? Nein, siehe Antwort zu Frage 5.2. 7.1 Welche Rolle nimmt der polizeiinterne Messengerdienst im Konzept zur Einsatzkommunikation der Bayerischen Polizei ein? 1 LTE = Long Term Evolution 2 UMTS = Universal Mobile Telecommunications Systems 7.2 Welche Rolle spielen Mobiltelefone und insbesondere Smartphones im Konzept zur Einsatzkommunikation der Bayerischen Polizei? Der Einsatz von Smartphones inkl. der Anwendung eines Messengers versteht sich als Ergänzung des Digitalfunks BOS zur Information der Einsatzkräfte mittels Textnachrichten und der Übertragung von Bild-, Audio- und Videosequenzen . Der Messenger ist zusätzlich in Form eines stationären Softwarepakets für den nicht mobilen Einsatz in den Einsatzzentralen und Führungsstäben zur zentralen Kommunikationssteuerung bzw. für das Einsatzmanagement der Einsatzzentralen in der Erprobung. Der finale Leistungsumfang wird erst nach erfolgreicher Durchführung des Proof of Concept vor der konkreten Einführung der Smartphones mit Messenger feststehen. Für den Fall, dass bei einem Einsatz die kommerziellen Mobilfunknetze nicht oder nicht mit einer ausreichend verfügbaren Bandbreite zur Verfügung stehen, stützt sich die Einsatzführung und -kommunikation ausschließlich auf den Digitalfunk BOS. 7.3 Welche Regelungen gelten für den dienstlichen Einsatz von privaten Mobiltelefonen der Polizeibeamtinnen und -beamten? Der dienstliche Einsatz von privaten Mobiltelefonen ist für bayerische Polizeibeamtinnen und -beamten nicht zulässig. 8.1 Wie bewertet die Staatsregierung das Nebeneinander von Digitalfunk BOS und der im Rahmen des Pilotprojekts angeschafften und mit dem Messengerdienst ausgestatteten Smartphones? Siehe Ziffer 7.2. 8.2 Welche Auswirkungen wird der Einsatz von Smartphones und der polizeiinterne Messengerdienst auf den Digitalfunk BOS haben? Der Einsatz von Smartphones, unabhängig davon ob mit oder ohne Messengerdienst, hat keine Auswirkungen auf die Erforderlichkeit und Akzeptanz des Digitalfunks BOS. Nach wie vor ist es erforderlich, dass Polizeibeamte in der Gruppenkommunikation mittels Sprache miteinander im Einsatz kommunizieren, sei es z. B. während einer Einsatzfahrt mit Sondersignalen oder bei Demonstrationsbegleitungen mit angelegter Schutzausstattung.