17. Wahlperiode 05.07.2017 17/16645 Bayerischer Landtag Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Ulrike Gote BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 04.04.2017 Strafzumessung kulturelle und religiöse Prägung Vor dem Hintergrund der Pressemitteilung des Staatsministeriums der Justiz vom 9. März 2017 zur „Strafzumessung bei kulturellen und religiösen Prägungen“ frage ich die Staatsregierung: 1. Gibt es in Bayern Urteile, die bei der Strafzumessung den religiösen oder kulturellen Hintergrund der Angeklagten berücksichtigt haben? 2. Wenn ja, in welcher Weise und wie viele? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. Antwort des Staatsministeriums der Justiz vom 25.04.2017 Zu 1. und 2.: Die genannte Pressemitteilung bezieht sich auf die Einbringung des Gesetzesantrags des Freistaates Bayern zur Strafzumessung bei kulturellen und religiösen Prägungen in den Bundesrat. Ausgangspunkt hierfür und für die Überprüfung der Rechtslage war ein auch in der Medienöffentlichkeit beachteter Fall, den das Landgericht Regensburg im Sommer 2016 zu entscheiden hatte1. Ein irakischer Flüchtling hatte seine Ehefrau erwürgt, weil er vermutete, sie könnte ihm untreu sein. Nach der Tat meldete er sich bei der Polizei und soll gesagt haben, er hätte von seinem Recht, seine Ehefrau zu töten, Gebrauch gemacht. Warum er ins Gefängnis müsse, könne er nicht verstehen. Vergleichbare Fallgestaltungen waren bereits in den Jahren zuvor häufig Gegenstand der medialen Berichterstattung gewesen. Die durchgeführte Analyse von Entscheidungen des Bundesgerichtshofs führte zu dem Ergebnis, dass ein konsequenter Umgang mit kulturellen oder religiösen Prägungen im Rahmen der Strafzumessung nicht erkennbar ist, die Rechtsprechung vielmehr stark einzelfallbezogen und nicht stets konsistent wirkt (vgl. zu einschlägigen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs, denen teilweise auch Entscheidungen bayerischer Landgerichte zugrunde lagen, insbesondere BGH, NStZ 1996, 25; NStZ 1996, 80; NStZ-RR 1997, 1; 1998, 298; 1999, 359; StV 2002, 20; NJW 2004, 1446; NStZ-RR 2007, 86 u. 137; NStZ 2009, 689; 2011, 512, 513). Insoweit darf auf die Ausführungen im Rahmen der Begründung des bayerischen Gesetzesantrags (BR-Drs. 214/17, S. 3 f.) verwiesen werden. Als weitere Grundlage dienten zudem die in wissenschaftlichen Publikationen zusammengetragenen Erkenntnisse (insbesondere bei Werner, Zum Status fremdkultureller Wertvorstellungen bei der Strafzumessung, 2016, Hörnle, Gutachten C zum 70. Deutschen Juristentag 2014, Kasselt/Oberwittler, MSchrKrim 2014, 203 sowie Valerius, Kultur und Strafrecht, 2011). Eine statistische Erfassung von Verfahren, in denen ein religiöser oder kultureller Hintergrund des Angeklagten im Rahmen der Strafzumessung berücksichtigt wurde, findet hingegen nicht statt. Angaben über die Anzahl derartiger Urteile in Bayern können daher nicht gemacht werden. 1 Urteil wurde nicht veröffentlicht und liegt der Staatsregierung nicht vor. Informationen sind der Medienberichterstattung entnommen . Siehe hierzu namentlich https://www.welt.de/regio nales/bayern/article156798617/Habe-vom-Recht-Gebrauch-ge macht-meine-Frau-zu-toeten.html