17. Wahlperiode 05.07.2017 17/16662 Bayerischer Landtag Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Ruth Müller SPD vom 23.03.2017 Untersuchungsergebnisse zur „Durchwachsenen Sylphie “ Bezug nehmend auf eine Antwort vom 2. September 2014 hat das Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten erklärt, dass durch das Technologie- und Förderzentrum am Kompetenzzentrum für nachwachsende Rohstoffe in Straubing (TFZ) bayernweit auf sieben Standorten die Anbaueignung der Durchwachsener Silphie, darunter mehrere Versuchsflächen im Landkreis Straubing-Bogen (z. B. 200m2 in Ascha), angelegt wurden. Ich frage die Staatsregierung: 1. Wo wurde bzw. wird die Anbaueignung der Durchwachsenen Silphie getestet? 2. a) Welche Ergebnisse haben die Anbautests auf den unterschiedlichen Anbaustandorten bisher ergeben? b) Wie lange wird der Anbauversuch auf den in 1 genannten Flächen fortgesetzt? 3. Ist insbesondere zur Durchwachsenen Silphie als Bienenfutterpflanze Neues ermittelt worden? 4. Welche Rolle spielt die Durchwachsene Silphie als Maisersatzpflanze vor allem in Hinblick auf Wasserabfluss und Erosion? 5. a) Warum wird auf einem Informationsblatt des Amtes für Ländliche Entwicklung Niederbayern zu Maßnahmen im Rahmen des Wasserpakts auf das Demonstrations- Projekt „Silphie-Anbau“ in der nördlichen Frankenalb verwiesen? b) Warum gibt es kein Demonstrations-Projekt „Silphie- Anbau“ in Niederbayern, insbesondere unter dem Aspekt der Hochwasserlagen im vergangenen Sommer? 6. a) Wie hat sich der Anbau der Durchwachsenen Silphie in der praktizierten Landwirtschaft entwickelt? b) Welche Anbauflächen sind der Staatsregierung bekannt (bitte aufgeschlüsselt nach Größe, Alter und Standort)? 7. a) Wie beurteilt die Staatsregierung die weitere Verwendung der Durchwachsenen Silphie als Maisersatzpflanze ? b) Im Hinblick auf die Regulierung des Wasserabflusses und der Vermeidung von Erosion? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. Antwort des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 25.04.2017 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz wie folgt beantwortet: 1. Wo wurde bzw. wird die Anbaueignung der Durchwachsenen Silphie getestet? Die Anbaueignung der Durchwachsenen Silphie wird seit 2011 durch das Technologie- und Förderzentrum im Kompetenzzentrum für Nachwachsende Rohstoffe, Straubing (TFZ) an Standorten in Straubing und Aholfing getestet. Hierbei werden verschiedene Herkünfte sowie die Etablierung als Pflanzung und als Saat verglichen. Im Rahmen eines weiteren Forschungsprojekts zu Dauerkulturen wird die Durchwachsene Silphie seit 2014 im direkten Vergleich zu anderen Energiepflanzen an den Standorten Wolferkofen, Aholfing, Thürnthenning, Rosenau , Hötzelsdorf, Parsberg und Gelchsheim untersucht. Hierbei ist das Ziel, für die unterschiedlichen Standortbedingungen Bayerns die jeweils geeigneten Dauerkulturen zu ermitteln und der Praxis abgesicherte Daten zur Ertragserwartung sowie den ökologischen Vorteilen bereitstellen zu können. Ferner werden seit 2017 ebenfalls am TFZ Methoden zur effizienten organischen Düngung in der Durchwachsenen Silphie untersucht. Der Anbau der Durchwachsenen Silphie wird außerdem in den zehn bayernweiten „Demonstrationszentren Energiepflanzenbau“ vorgestellt, die von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL), der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) und von TFZ gemeinsam betrieben werden (www.lfl.bayern.de/ipz/ biogas/044830/index.php) . 2. a) Welche Ergebnisse haben die Anbautests auf den unterschiedlichen Anbaustandorten bisher ergeben ? Die Durchwachsene Silphie gehört neben dem Riesenweizengras zu den vielversprechendsten alternativen Energiepflanzen , kann allerdings nicht an den Silomais heranreichen . Nach zwei Erntejahren konnten im oben genannten Dauerkulturen-Projekt gemittelt über alle sieben Standorte nur 57 Prozent des Methanertrags von Mais erzielt werden. Dies liegt an etwa 15 bis 20 Prozent geringeren Biomasseerträgen und einer ebenfalls geringeren Methanausbeute als bei Silomais. Nach derzeitigem Stand benötigt man für eine gleichbleibende Methan- und Stromproduktion damit etwa knapp zwei Hektar Durchwachsene Silphie, um einen Hektar Silomais zu ersetzen. Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/16662 Unter günstigen Bedingungen kann der Anbau der Durchwachsenen Silphie trotzdem ähnlich wirtschaftlich sein wie der Anbau von Mais, da die jährliche Flächenbestellung entfällt. Die Durchwachsene Silphie bietet damit auf ökologisch sensiblen sowie schwierig zu bearbeitenden Flächen viele Vorteile, ist bezüglich Ertragsleistung, Biomassequalität und Anbaurisiko aber vorerst kein großflächiger Ersatz für Mais. b) Wie lange wird der Anbauversuch auf den in 1 genannten Flächen fortgesetzt? Die Versuche des TFZ werden auf noch unbestimmte Zeit weitergeführt, da auch die Nutzungsdauer unter bayerischen Bedingungen ermittelt werden soll. Mit dem oben genannten Projekt zur Untersuchung von Dauerkulturen, das bis 2020 bearbeitet wird, würde man insgesamt fünf Erntejahre erreichen, die eine gute Datenbasis für die Anbaueignung darstellen. 3. Ist insbesondere zur Durchwachsenen Silphie als Bienenfutterpflanze Neues ermittelt worden? Im oben genannten Projekt zur Untersuchung von Dauerkulturen werden in Kooperation mit dem Institut für Ökologischen Landbau, Bodenkultur und Ressourcenschutz der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL-IAB) auch Erhebungen zu Blütenbesuchern durchgeführt. Die Durchwachsene Silphie ist mit bis zu 50 Blütenbesuchen je Quadratmeter in zehn Minuten eine attraktive Honigund Futterquelle. Auch zahlreiche andere Blütenbesucher wie Hummeln, Schwebfliegen und Schmetterlinge konnten nachgewiesen werden. Die bayerischen Ergebnisse bestätigen die umfangreichen Untersuchungen eines Vorhabens des Bundesforschungsinstituts für Ländliche Räume, Wald und Fischerei (Johann-Heinrich-von-Thünen-Institut) und des Bundesforschungsinstituts für Kulturpflanzen (Julius-Kühn-Institut). Hier wurde durch Pollenuntersuchungen nachgewiesen, dass Honigbienen nicht ausschließlich das in der Nähe befindliche Silphiefeld befliegen, sondern auch andere blühende Pflanzen der Umgebung nutzen. Zum gleichen Ergebnis kamen auch Untersuchungen des Fachzentrums Bienen an der LWG, nach denen Bienen die Blüten der Durchwachsenen Silphie rege besuchen, aber bevorzugt andere, attraktivere Pflanzen (beispielsweise Klee und Springkraut) in der Umgebung anfliegen. Die unter Imkern immer wieder erwähnten bis zu 150 kg Honigertrag aus Blüten der Durchwachsenen Silphie wurden in keinem der Stöcke erreicht. 4. Welche Rolle spielt die Durchwachsene Silphie als Maisersatzpflanze vor allem in Hinblick auf Wasserabfluss und Erosion? Als Dauerkultur kann man für die Durchwachsene Silphie generell einen hohen Erosionsschutz unterstellen, da nach dem Etablierungsjahr der Boden nahezu durchgängig durch Pflanzen oder die Wurzelstöcke mit Ernteresten bedeckt ist. Nur im Etablierungsjahr selbst ist der Erosionsschutz nicht hoch, da die Durchwachsene Silphie eine langsame Jugendentwicklung aufweist und im ersten Jahr nur eine Rosette ausbildet. Bis zum Reihenschluss und damit einer schützenden Bodenbedeckung dauert es bis in den Spätsommer/Frühherbst. Auf kritischen Flächen sollte daher die Hanglänge durch quer zum Hang verlaufenden Ackergrasstreifen unterbrochen werden, die nach ein bis zwei Jahren ebenfalls mit Durchwachsener Silphie bestellt werden können. In einem Demonstrationsprojekt zum Anbau der Durchwachsenen Silphie in Oberfranken sind die Ermittlung von Kennzahlen zur Bodenabtragsberechnung für Silphie und Untersuchungen zum Abflussverhalten vorgesehen. 5. a) Warum wird auf einem Informationsblatt des Amtes für Ländliche Entwicklung (ALE) Niederbayern zu Maßnahmen im Rahmen des Wasserpakts auf das Demonstrations-Projekt „Silphie-Anbau“ in der nördlichen Frankenalb verwiesen? In dem o. g. Informationsblatt des ALE Niederbayern sind sämtliche Leistungen des Staatsministeriums für Ernährung , Landwirtschaft und Forsten im Wasserpakt aufgeführt. Zu dem Maßnahmenpaket zählt neben der Ausweitung der Initiative boden:ständig auch das Demonstrations-Projekt „Silphie-Anbau“ in Oberfranken. b) Warum gibt es kein Demonstrations-Projekt „Silphie -Anbau“ in Niederbayern, insbesondere unter dem Aspekt der Hochwasserlagen im vergangenen Sommer? Im Demonstrationsprojekt zum Anbau der Durchwachsenen Silphie in der Region „Nördliche Frankenalb“ soll der größerflächige Anbau der Durchwachsenen Silphie auf einer Fläche von rund 100 ha etabliert werden. Das Gebiet „Nördliche Frankenalb“ zeichnet sich durch die Kombination der größten als Trinkwasser nutzbaren Grundwasservorräte Nordbayerns und dem gleichzeitigen Betrieb von über 50 Biogasanlagen aus und ist damit hochinteressant für Untersuchungen . Die Etablierungsmaßnahmen werden sowohl agrarwirtschaftlich als auch naturschutzfachlich begleitet. Abhängig von den Ergebnissen der Etablierung wird die Staatsregierung weitere Projekte prüfen. 6. a) Wie hat sich der Anbau der Durchwachsenen Silphie in der praktizierten Landwirtschaft entwickelt ? b) Welche Anbauflächen sind der Staatsregierung bekannt (bitte aufgeschlüsselt nach Größe, Alter und Standort)? Die Anbauentwicklung der Durchwachsenen Silphie kann vor 2015 nicht gezeigt werden, da vor diesem Zeitpunkt nur der Anbau „sonstiger mehrjähriger Energiepflanzen“ erfasst wurde. Darunter fallen u. a. die Durchwachsene Silphie, die Sida (Virginamalve), Igniscum, Riesenweizengras/Szarvazi- Gras sowie Rohglanzgras. Erst seit 2015 existiert der Nutzungscode 802 „Silphium (Durchwachsene Silphie)“. Eine Auflistung in den einzelnen Landkreisen kann der Anlage entnommen werden. In den Regierungsbezirken stellt sich die Anbauentwicklung wie folgt dar: 2015 Fläche (ha) 2016 Fläche (ha) Oberbayern 4,73 8,56 Niederbayern 14,10 13,67 Oberpfalz 16,92 19,37 Oberfranken 10,41 11,26 Mittelfranken 8,98 11,27 Unterfranken 7,99 9,96 Schwaben 1,77 1,98 Summe Bayern 64,9 76,1 Drucksache 17/16662 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 7. a) Wie beurteilt die Staatsregierung die weitere Verwendung der Durchwachsenen Silphie als Maisersatzpflanze ? Siehe Antwort zu Frage 2 a. b) Wie beurteilt die Staatsregierung die weitere Verwendung der Durchwachsenen Silphie im Hinblick auf die Regulierung des Wasserabflusses und der Vermeidung von Erosion? Die Durchwachsene Silphie ist eine Dauerkultur, die nach Saat oder Pflanzung ca. 15 Jahre auf dem Feld steht. Regenwasser kann wegen der ganzjährigen Bodenbedeckung und der intensiven Durchwurzelung gut einsickern, der Boden ist vor Erosion gut geschützt. Im Saat- bzw. Pflanzjahr der Durchwachsenen Silphie ist die Bodenbedeckung allerdings noch gering und die Gefahr, dass Wasser abfließt und Boden abgeschwemmt wird, ist in dieser Phase deshalb höher . Trotz dieser Einschränkung ist die Erosionsgefährdung über den gesamten Zeitraum der Standzeit der Kultur nach derzeitigem Wissensstand deutlich geringer einzuschätzen als bei engen Maisfruchtfolgen. 2017 startet ein Demonstrationsprojekt „Silphie-Anbau im Projektgebiet nördliche Frankenalb“, das vom Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz sowie vom Staatsministerium für Ernährung , Landwirtschaft und Forsten finanziell unterstützt wird. Projektnehmer ist die Regierung von Oberfranken. Im Rahmen einer fachlichen Begleitung durch das TFZ (Technologie - und Förderzentrum) und die LfL (Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft) wird auch die Erosionsgefährdung von der Saat bis zur vollen Etablierung der Kultur untersucht und quantifiziert und Untersuchungen zum Abflussverhalten durchgeführt. Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/16662 Anlage Anbau Durchwachsene Silphie Landkreis/Stadt 2015 2016 Landkreis/Stadt 2015 2016 Ingolstadt (Stadt) 1,44 1,44 Ansbach (Stadt) 0,02 0,02 München (Stadt) Erlangen (Stadt) Rosenheim (Stadt) Fürth (Stadt) Altötting 1,56 5,96 Nürnberg (Stadt) Berchtesgadener Land 0,02 0,02 Schwabach (Stadt) Bad Tölz-Wolfratshausen Ansbach 3,83 4,76 Dachau 0,84 0,05 Erlangen-Höchstadt 0,85 2,21 Ebersberg Fürth 0,75 0,75 Eichstätt Nürnberger-Land Erding 0,34 0,35 Neustadt/A.-Bad Windsheim 2,29 2,29 Freising Roth Fürstenfeldbruck Weißenburg-Gunzenhausen 1,24 1,24 Garmisch-Partenkirchen Aschaffenburg (Stadt) Landsberg 0,07 0,09 Schweinfurt (Stadt) Miesbach Würzburg (Stadt) Mühldorf Aschaffenburg 0,08 0,08 München Bad Kissingen 0,20 0,20 Neuburg-Schrobenhausen 0,10 0,29 Rhön-Grabfeld 1,62 2,63 Pfaffenhofen Haßberge Rosenheim Kitzingen 0,40 0,40 Starnberg Miltenberg 0,39 0,27 Traunstein 0,36 0,36 Main-Spessart Weilheim-Schongau Schweinfurt 5,30 4,62 Landshut (Stadt) Würzburg 1,76 Passau (Stadt) Augsburg (Stadt) Straubing (Stadt) Kaufbeuren (Stadt) Deggendorf Kempten (Stadt) Freyung-Grafenau 0,02 Memmingen (Stadt) Kelheim Aichach-Friedberg 1,62 1,83 Landshut Augsburg Passau 0,70 1,88 Dillingen Regen Günzburg Rottal-Inn 3,42 2,46 Neu-Ulm Straubing-Bogen 5,93 5,30 Lindau Dingolfing-Landau 4,03 4,03 Ostallgäu 0,15 0,15 Amberg (Stadt) 6,16 6,16 Unterallgäu Regensburg (Stadt) Donau-Ries Weiden (Stadt) Oberallgäu Amberg-Sulzbach 1,04 1,04 Cham 0,12 0,42 Neumarkt 0,18 0,19 Neustadt 0,37 2,71 Regensburg 4,02 4,02 Schwandorf 4,05 3,85 Tirschenreuth 0,98 0,98 Bamberg (Stadt) Bayreuth (Stadt) 1,36 1,42 Coburg (Stadt) Hof (Stadt) 1,17 Bamberg 0,31 Bayreuth 3,54 4,14 Oberbayern 4,73 8,56 Coburg 0,77 Niederbayern 14,10 13,67 Forchheim 0,60 0,60 Oberpfalz 16,92 19,37 Hof 2,02 3,84 Oberfranken 10,41 11,26 Kronach Mittelfranken 8,98 11,27 Kulmbach Unterfranken 7,99 9,96 Lichtenfels Schwaben 1,77 1,98 Wunsiedel 0,95 0,95 Summe Bayern 64,9 76,1