Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Johanna Werner-Muggendorfer SPD vom 24.03.2017 Kirchenasyl Ich frage die Staatsregierung: 1. Wie viele Menschen (bitte aufgeteilt nach Männern, Frau en, Kindern) befinden sich in Bayern (gesamt) und Nie derbayern in Kirchenasyl? 2. Wie viele Fälle von Kirchenasyl endeten mit einem Auf enthaltstitel für die Betroffenen? 3. Welche rechtlichen Konsequenzen drohen den Pfarrerin nen/Pfarrern bei Gewährung von Kirchenasyl (Aufteilung in katholisch/evangelisch)? 4. Gibt es Fälle von Kirchenasyl, bei denen es zu einer straf rechtlichen Verfolgung von Pfarrerinnen/Pfarrern kam? 5. Mit welchem Ausgang? Antwort des Staatsministeriums der Justiz vom 27.04.2017 Die Schriftliche Anfrage wird – hinsichtlich der Fragen 1 und 2 im Einvernehmen mit dem Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr – wie folgt beantwortet: 1. Wie viele Menschen (bitte aufgeteilt nach Männern, Frauen, Kindern) befinden sich in Bayern (gesamt) und Niederbayern in Kirchenasyl? Die Staatsregierung kann nur diejenigen Fälle von Kirchen asyl benennen, die ihr bekannt geworden sind. Eine Mel depflicht besteht nicht. Zum Stichtag 31. März 2017 waren folgende Fälle von Kirchenasyl bekannt: Bayern Niederbayern 2016 begonnene Fälle von Kirchen asyl (Personen) 417 (546) 37 (69) 2017 begonnene Fälle von Kirchen asyl (Personen) 140 (159) 7 (7) Aktuell (Stichtag: 31. März 2017) sind in Niederbayern 22 Fälle (40 Personen) und in Bayern 303 Fälle (368 Personen) von Kirchenasyl bekannt. 2. Wie viele Fälle von Kirchenasyl endeten mit einem Aufenthaltstitel für die Betroffenen? Dazu liegen der Staatsregierung keine statistischen Anga ben vor. Bei den Personen im Kirchenasyl handelt es sich bislang ganz überwiegend um Asylbewerber, bei denen das Bun desamt für Migration und Flüchtlinge aufgrund der Dublin Verordnung festgestellt hat, dass ein anderer Mitgliedstaat der EU (oder Liechtenstein, Schweiz, Norwegen) für das Asylverfahren zuständig ist, und deshalb die Überstellung dorthin angeordnet hat. Dafür gilt im Regelfall eine Frist von sechs Monaten (Verlängerung bei Untertauchen auf bis zu 18 Monate). Wird die Abschiebung nicht innerhalb dieser Frist vollzogen, geht die Zuständigkeit zur Durchführung des Asylverfahrens auf Deutschland über. Das Asylbegeh ren wird dann inhaltlich geprüft und die Person hält sich während dieser Prüfung nach dem Asylgesetz gestattet in Deutschland auf. Der Ausgang des Asylverfahrens hängt nicht vom Umstand ab, dass sich die Person im Kirchenasyl befand. 3. Welche rechtlichen Konsequenzen drohen den Pfarrerinnen /Pfarrern bei Gewährung von Kirchenasyl (Aufteilung in katholisch/evangelisch)? Die Gewährung von Kirchenasyl kann den Anfangsver dacht der Anstiftung oder Beihilfe zum unerlaubten Aufent halt gemäß § 95 Absatz 1 Nr. 2 Aufenthaltsgesetz, §§ 26, 27 Strafgesetzbuch begründen. Wenn der Verdacht einer Straftat besteht, sind die Staatsanwaltschaften nach dem Legalitätsprinzip (§ 152 Absatz 2 der Strafprozessordnung – StPO) verpflichtet, Ermittlungen aufzunehmen und auf der Grundlage des Ermittlungsergebnisses nach Maßgabe der Vorschriften der Strafprozessordnung über das weitere Vorgehen (Verfahrenseinstellung oder Erhebung der öffent lichen Klage) zu entscheiden. Zu etwaigen innerkirchlichen Konsequenzen der Gewäh rung von Kirchenasyl kann keine Aussage getroffen werden, da die Kirchen nach Artikel 140 des Grundgesetzes in Ver bindung mit Artikel 137 Absatz 3 der Weimarer Reichsver fassung ihre Angelegenheiten selbstständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes ordnen und ver walten. 4. Gibt es Fälle von Kirchenasyl, bei denen es zu einer strafrechtlichen Verfolgung von Pfarrerinnen/Pfarrern kam? Soweit die Staatsanwaltschaften zu Einzelfällen berich tet haben, ergibt sich hieraus, dass im Zusammenhang mit der Gewährung von Kirchenasyl Ermittlungsverfahren gegen Pfarrerinnen und Pfarrer wegen des Verdachts der Anstiftung oder Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt einge leitet wurden. Die Gewährung von Kirchenasyl ist allerdings Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 12.07.2017 17/16697 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/16697 kein statistisches Merkmal, das in der Geschäftsstatistik der bayerischen Staatsanwaltschaften oder der Strafverfol gungsstatistik erfasst wird. Es liegen daher keine Daten zur Gesamtzahl der Ermittlungsverfahren vor, die im Zusam menhang mit der Gewährung von Kirchenasyl eingeleitet wurden. Eine Aussage zur Gesamtzahl der bisher geführten Verfahren wäre nur aufgrund einer händischen Durchsicht aller staatsanwaltschaftlichen Verfahrensakten der letzten Jahre mit Bezug zum Aufenthaltsrecht möglich, die aufgrund des hiermit verbundenen Aufwands nicht geleistet werden kann. 5. Mit welchem Ausgang? Da die Gewährung von Kirchenasyl kein statistisches Merkmal ist, das in der Geschäftsstatistik der bayerischen Staatsanwaltschaften oder der Strafverfolgungsstatistik er fasst wird, liegen keine belastbaren Daten zum Ausgang der bislang abgeschlossenen Verfahren vor. Soweit die Staats anwaltschaften seit dem Jahr 2016 zu Einzelfällen berichtet haben, ergibt sich hieraus, dass sie in großem Umfang von der Möglichkeit Gebrauch gemacht haben, Verfahren wegen geringer Schuld gemäß § 153 Abs. 1 StPO einzustellen. Zu dem wurde über einen Fall berichtet, in dem das Verfahren gemäß § 153a Abs. 1 StPO gegen Zahlung einer Geldaufla ge eingestellt wurde. Über Verfahren, in denen es zu einer strafgerichtlichen Verurteilung wegen der Gewährung von Kirchenasyl gekommen ist, wurde im genannten Zeitraum nicht berichtet.