Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Annette Karl SPD vom 16.01.2014 Zukunft junger Lehrer im bayerischen Schulsystem Nach aktuellen Berichten plant das Kultusministerium mit Beginn des Schuljahres 2014/15 371 Lehrerplanstellen auf Dauer zu streichen. Gleichzeitig wurde bekannt, dass in einzelnen Fächerkombinationen Referendare nach dem zweiten Staatsexamen noch nicht einmal mit einem Notenschlüssel von 1,0 übernommen werden. Ich frage daher die Staatsregierung: 1. Aus welchen Gründen sollen die 371 Lehrerplanstellen gestrichen werden? 2. Wo genau fallen diese Lehrerplanstellen weg, aufgeschlüsselt nach Schularten und Fächerkombinationen? 3. Wie verträgt sich das Versprechen von Kultusminister Ludwig Spaenle, die demografische Dividende in den Schulen zu belassen, mit der jetzt geplanten Stellenkürzung? 4. Mit welchen Planstellenentwicklungen ist in den Bereichen der inklusiven Beschulung und der Ganztagesgarantie zu rechnen, angesichts der jetzt bekannt gewordenen Pläne, aufgrund der von MP Seehofer in der Regierungserklärung vom 12.11.13 versprochenen Wahlfreiheit der Schulart und der Ganztagesgarantie bis 2018? 5. Welche Notenschlüssel galten zum Halbjahr des Schuljahres 2013/14 für eine Übernahme in den Staatsdienst? 6. Aus welchen Gründen verzichtet man in einzelnen Fächerkombinationen komplett auf Neueinstellungen, obwohl die langfristigen Prognosen des Kultusministeriums nie von einer „Null-Stellen-Situation“ ausgegangen sind? 7. Wie stellen sich die zukünftigen Stellenplanungen dar, gibt es auch darin in Fächerkombinationen einen „NullStellen -Plan“ und sollen die Fehlstunden in Zukunft allein von den billligeren Referendaren abgedeckt werden? 8. Aus welchen Gründen setzt man an den bayerischen Universitäten Steuermittel für die Ausbildung von augenscheinlich nicht benötigten Lehrern ein, welche dann in anderen Bundesländern arbeiten und somit diese Bundesländer von ihren Aufgaben bei der Ausbildung entbunden werden, während gleichzeitig gegen den Länderfinanzausgleich geklagt wird, weil aus Sicht der Staatsregierung zu viele Steuermittel des Freistaates in andere Bundesländer fließen? Antwort des Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 04.04.2014 1. Aus welchen Gründen sollen die 371 Lehrerplanstellen gestrichen werden? 2. Wo genau fallen diese Lehrerplanstellen weg, aufgeschlüsselt nach Schularten und Fächerkombinationen ? 3. Wie verträgt sich das Versprechen von Kultusminister Ludwig Spaenle, die demografische Dividende in den Schulen zu belassen, mit der jetzt geplanten Stellenkürzung ? Die Staatsregierung beabsichtigt, die demografische Rendite vollständig im Schulsystem verbleiben zu lassen. 4. Mit welchen Planstellenentwicklungen ist in den Bereichen der inklusiven Beschulung und der Ganztagesgarantie zu rechnen, angesichts der jetzt bekannt gewordenen Pläne, aufgrund der von MP Seehofer in der Regierungserklärung vom 12.11.13 versprochenen Wahlfreiheit der Schulart und der Ganztagesgarantie bis 2018? Der Bedarf, der sich in den Bereichen der inklusiven Beschulung und des Ganztags ergeben wird, wird maßgeblich von den Entscheidungen der Eltern bestimmt werden. Der Bedarf ist deshalb derzeit nicht valide abschätzbar. 5. Welche Notenschlüssel galten zum Halbjahr des Schuljahres 2013/14 für eine Übernahme in den Staatsdienst? Für die Fächerverbindungen mit mehr als drei Einstellungen zeigt unten stehende Tabelle die jeweilige Grenznote für die Einstellung in den gymnasialen Staatsdienst (gegebenenfalls unter Berücksichtigung einer Erweiterungsprüfung). Da bei Fächerverbindungen mit bis zu drei Einstellungen durch die Angabe einer Grenznote Rückschlüsse auf die Prüfungsergebnisse einzelner Bewerber gezogen werden könnten, wird in diesen Fächerverbindungen grundsätzlich bei einschlägigen Anfragen oder Informationsschreiben auf die Angabe einer Grenznote verzichtet. Fächerverbindung Grenznote Biologie/Chemie 2,16 Mathematik/Physik 2,89 Physik/Biologie 2,34 Mathematik/Wirtschafts- und Rechtslehre 2,23 Mathematik/Informatik 2,39 Mathematik/Sport männlich 2,08 Mathematik/Sport weiblich 2,23 Sport weiblich/Englisch 1,67 Musik 2,58 Kunst 2,82 Evangelische Religionslehre/Deutsch 1,73 Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 23.05.2014 17/1673 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/1673 Die Grenznote wird durch den letzten eingestellten Bewerber bestimmt. Darüber hinaus wurden auch schwerbehinderte Bewerber und quotenberechtigte Bewerber (aufgrund von Wehr- oder Zivildienst, Erziehungszeiten oder Pflegeleistungen) mit davon abweichenden Prüfungsergebnissen beim Einstellungsverfahren berücksichtigt. Die nachstehende Tabelle dokumentiert jeweils die Einstellungsgrenznoten im staatlichen Schuldienst an beruflichen Schulen mit Lehramtsbefähigung für Absolventen mit Lehramt an beruflichen Schulen einschließlich eventueller Boni. berufliche Fachrichtung Einstellungs- grenznote Agrarwirtschaft 2,63 Ernährungs-/Hauswirtschaftswissenschaften 2,48 Gesundheits- und Pflegewissenschaft 3,06 Metalltechnik 2,46 Sozialpädagogik 2,03 Wirtschaftswissenschaften 2,91 Im Bereich der beruflichen Schulen wurden ebenfalls quotenberechtigte Bewerber (aufgrund von Wehr- oder Zivildienst , Erziehungszeiten oder Pflegeleistungen) mit davon abweichenden Prüfungsergebnissen beim Einstellungsverfahren berücksichtigt. Schwerbehinderte Menschen haben sich nicht beworben. 6. Aus welchen Gründen verzichtet man in einzelnen Fächerkombinationen komplett auf Neueinstellungen , obwohl die langfristigen Prognosen des Kultusmininsterium nie von einer „Null-Stellen-Situation“ ausgegangen sind? Grundsätzlich orientiert sich die Anzahl der Einstellungen an den von den Schulen gemeldeten fächerspezifischen Stundenbedarfen. Im Fach Deutsch und in den modernen Fremdsprachen hätten im Gymnasialbereich zum Februar 2014 die Stundenbedarfe vollständig mit der Zuweisung von Studienreferendaren gedeckt werden können. Dennoch wurde für diese Leitfächer ein schmaler Einstellungskorridor eingerichtet, um wenigstens den besten Bewerbern ein Einstellungsangebot unterbreiten zu können. Bei den Fächerverbindungen ohne Einstellung handelt es sich ausschließlich um Fächerverbindungen mit einer geringen Anzahl an Bewerbern (z. B. Wirtschafts- und Rechtslehre /Englisch mit drei Bewerbern). Aufgrund der Vielzahl an Fächerverbindungen existieren im Gymnasialbereich zu jedem Einstellungstermin mehrere Fächerverbindungen, in denen es keine oder nur einzelne Bewerber gibt. Es kam daher auch in der Vergangenheit immer wieder vor, dass in manchen Fächerverbindungen keine Einstellung erfolgte. Die Zahlenwerte der Lehrerbedarfsprognose beziehen sich grundsätzlich nicht auf einzelne Fächerverbindungen, sondern stets auf den jährlichen Gesamtbedarf an Berufseintritten in der jeweiligen Schulart. Daher widersprechen die langfristigen Prognosen des Staatsministeriums nicht dem Sachverhalt, dass es regelmäßig Fächerverbindungen gibt, in denen zu einem bestimmten Einstellungstermin keine Einstellung erfolgt. 7. Wie stellen sich die zukünftigen Stellenplanungen dar, gibt es auch darin in Fächerkombinationen einen „Null-Stellen-Plan“ und sollen die Fehlstunden in Zukunft allein von den „billigeren“ Referendaren abgedeckt werden? Die Bereitstellung von Stellen in den künftigen Doppelhaushalten obliegt dem bayerischen Landtag als Haushaltsgesetzgeber . Die Stellen können erst im Anschluss auf die Schularten verteilt werden. Es ist deshalb nicht vorgesehen, von dem bewährten Prinzip abzuweichen, in der Lehrerbedarfsprognose keine quantitativen Aussagen zu einzelnen Fächerverbindungen zu treffen. Bayern ist eines der wenigen Länder, in denen der Zugang zum Vorbereitungsdienst für das Lehramt bei Erfüllung der Zugangsvoraussetzungen noch nicht durch begrenzte Aufnahmekapazitäten eingeschränkt ist. Dies ist neben der Verbeamtung auf Widerruf einer der wesentlichen Gründe, weshalb der bayerische Vorbereitungsdienst gerade auch bei außerbayerischen Absolventen des Lehramtsstudiums Zuspruch findet. Gleichzeitig sind zurückgehende Schülerzahlen infolge der demografischen Entwicklung zu verzeichnen . Vor diesem Hintergrund wird im Sinne der Lehramtsanwärter bzw. Studienreferendare zu prüfen sein, ob nicht auch in Bayern die Zulassung zum Vorbereitungsdienst zum beantragten Termin – wie in der Mehrzahl der anderen Länder – von den vorhandenen Ausbildungskapazitäten abhängig gemacht werden muss. Dabei ist nach dem Grundsatz der Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG der Ausbildungsanspruch zu beachten. Konkrete Festlegungen sind derzeit noch nicht getroffen. 8. Aus welchen Gründen setzt man an den bayerischen Universitäten Steuermittel für die Ausbildung von augenscheinlich nicht benötigten Lehrern ein, welche dann in anderen Bundesländern arbeiten und somit diese Bundesländer von ihren Aufgaben bei der Ausbildung entbunden werden, während gleichzeitig gegen den Länderfinanzausgleich geklagt wird, weil aus Sicht der Staatsregierung zu viele Steuermittel des Freistaates in andere Bundesländer fließen? Die bayerischen Universitäten haben den Auftrag, ein flächendeckendes und vielfältiges Angebot in der Lehrerbildung über alle Regierungsbezirke hinweg zu bieten. Dabei steht es den Universitäten im Rahmen der Autonomie frei, Schwerpunkte zu bilden. Sie leisten dabei in der Lehrerbildung aber kein rein auf den Bedarf des Staates ausgerichtetes Studienangebot. Insbesondere setzen die bayerischen Universitäten verstärkt auf polyvalente Studienangebote, um auf Engpässe bei der Übernahme in den Staatsdienst zu reagieren und den Studierenden ein verlässliches zweites Standbein außerhalb des Schuldienstes zu ermöglichen. Wenn ein Absolvent einer bayerischen Universität von einem anderen Land wegen dortigen Lehrermangels eingestellt wird, bedingt dies selbstredend nicht, dass die anderen Länder damit von ihrer Aufgabe bei der Lehrerausbildung entbunden werden. Deshalb steht diese Frage auch in keinem Zusammenhang mit einer Klage des Freistaats Bayern gegen den Länderfinanzausgleich .