17. Wahlperiode 26.07.2017 17/16734 Bayerischer Landtag Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Eva Gottstein FREIE WÄHLER vom 24.03.2017 Technische Ausstattung der Ausländerbehörden in Bayern zwecks Erfassung und Abgleich von Fingerabdrücken Mehr als 90 Prozent der Ausländerbehörden in Deutschland können laut einem Medienbericht keine Fingerabdrücke von Asylbewerbern nehmen und diese mit dem Ausländerzentralregister vergleichen. Demnach besitzen also derzeit schätzungsweise maximal zehn Prozent der Ausländerbehörden ein entsprechendes Gerät – sogenannte Personalisierungsinfrastrukturkomponente (PIK) – um Fingerabdrücke abzunehmen und zu vergleichen. Mehrfachregistrierungen sind aufgrund fehlender technischer Ausstattung weiterhin möglich. Ich frage die Staatsregierung: 1. Haben sämtliche Ausländerbehörden/Behörden für Angelegenheiten der Ausländer in Bayern die Möglichkeit, auf die Daten des Ausländerzentralregisters zuzugreifen ? 2. Führen alle diese Behörden (Frage 1) auch elektronische Akten über die zu erfassenden Personen? 3. Sind flächendeckend in diesen Behörden (Frage 1) Fingerabdruckscanner als Bestandteil einer PIK-Station (Personalisierungsinfrastrukturkomponente) vorhanden und in Gebrauch? 3.1 Sind flächendeckend in diesen Behörden (Frage 1) Fingerabdruckscanner als Fingerabdruckscanner zur Befüllung elektronischer Speicher- und Verarbeitungsmedien von Dokumenten vorhanden und in Gebrauch? 4. Sollte Frage 3 verneint werden, frage ich die Staatsregierung , wann Bayern ausreichend Scanner zur Verfügung haben wird? 5. Hat die Staatsregierung die vorhandenen Scanner vom Bund abgerufen? 6. Sollte Frage 5 verneint werden, frage ich die Staatsregierung , welche Gründe es dafür gibt, dass die Staatsregierung die vorhandenen Scanner nicht – oder noch nicht – vom Bund abgerufen hat? 7.1 Wie häufig wurden in Bayern Mehrfachidentitäten im letzten Jahr aufgedeckt? 7.2 Wieviele davon sind auf eine fehlende digitale Erfassung und Ablgleichung von Daten zurückzuführen? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 25.04.2017 1. Haben sämtliche Ausländerbehörden/Behörden für Angelegenheiten der Ausländer in Bayern die Möglichkeit , auf die Daten des Ausländerzentralregisters zuzugreifen? Ja. Für die Ausländerbehörden ist das Ausländerzentralregister bereits seit Langem zentraler Bestandteil ihrer täglichen Arbeit. 2. Führen alle diese Behörden (Frage 1) auch elektronische Akten über die zu erfassenden Personen? Nein. 3. Sind flächendeckend in diesen Behörden (Frage 1) Fingerabdruckscanner als Bestandteil einer PIK- Station (Personalisierungsinfrastrukturkomponente ) vorhanden und in Gebrauch? Für die Registrierung von Asylbewerbern im Ausländerzentralregister (AZR) sowie die damit einhergehende erkennungsdienstliche Behandlung und Speicherung von deren Fingerabdrücken (= Erstregistrierung nach § 16 des Asylgesetzes ) wurden den Aufnahmeeinrichtungen bundesweit die sog. Personalisierungsinfrastrukturkomponenten (PIK) vom Bund zur Verfügung gestellt. Diese PIK-Stationen, mit deren Hilfe durch die Aufnahmeeinrichtungen z. B. auch der Ankunftsnachweis nach § 63a des Asylgesetzes (AsylG) ausgestellt wird, wurden speziell für die Aufnahmeeinrichtungen konzipiert und von der vom Bund bereitgestellten Stückzahl her auf die Zahl der bestehenden Aufnahmeeinrichtungen zugeschnitten. In der Praxis erfolgen Asylgesuche nämlich nur in Ausnahmefällen bei Ausländerbehörden, sondern weit überwiegend gegenüber der Bundes- und Landespolizei sowie im Wege des Direktzugangs gegenüber Aufnahmeeinrichtungen . Vor diesem Hintergrund sind bei den Ausländerbehörden keine PIK-Stationen in Gebrauch. Hinzu kommt, dass mit diesen PIK-Stationen und den darin zur Verwendung kommenden Fingerabdruckscannern momentan technisch noch keine AZR-Erfassungen von illegal eingereisten oder aufhältigen Ausländern auf Grundlage von § 49 Abs. 8 und 9 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) möglich sind. Der Bund arbeitet an einer entsprechenden technischen Ertüchtigung. 3.1 Sind flächendeckend in diesen Behörden (Frage 1) Fingerabdruckscanner als Fingerabdruckscanner zur Befüllung elektronischer Speicher- und Verarbeitungsmedien von Dokumenten vorhanden und in Gebrauch? Die Frage bezieht sich auf aufenthaltsrechtliche Dokumente, die gemäß § 78 Abs. 1 Satz 1 AufenthG mit elektronischem Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/16734 Speicher- und Verarbeitungsmedium ausgestellt werden (sog. elektronische Aufenthaltstitel – eAT). Dabei handelt ES sich um die Aufenthaltserlaubnis (§ 7 AufenthG), die Blaue Karte EU (§ 19a AufenthG), die Niederlassungserlaubnis (§ 9 AufenthG) und die Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU (§ 9a AufenthG). Gemäß § 78 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 AufenthG enthält das im eAT enthaltene Speichermedium als Daten auch zwei Fingerabdrücke des Ausländers. Die Abnahme dieser Fingerabdrücke erfolgt durch die Ausländerbehörde im Rahmen der Bestellung des eAT bei der Bundesdruckerei. Dafür haben alle Ausländerbehörden spezielle Fingerabdruckscanner, die vom Bund mit der Einführung des eAT (ab 01.09.2011) bereitgestellt wurden. 4. Sollte Frage 3 verneint werden, frage ich die Staatsregierung , wann Bayern ausreichend Scanner zur Verfügung haben wird? Durch die Umwandlung des AZR zu einem Kerndatensystem für Asylsuchende und illegal eingereiste oder aufhältige Ausländer, für die die rechtlichen Voraussetzungen durch das Datenaustauschverbesserungsgesetz vom 02.02.2016 geschaffen wurden, wird das Ziel einer Erfassung und eines Abgleichs von biometrischen Daten dieser Personengruppe Schritt für Schritt verwirklicht. Da es jedoch um die Ertüchtigung eines umfangreichen und komplexen IT-Systems geht (mit über 26 Millionen Datensätzen ), kann eine Umsetzung aller neuen Funktionalitäten nicht für sämtliche Nutzer gleichzeitig erfolgen. Wesentliche Bestandteile dieses Umbaus der IT-Infrastruktur sind die Zuspeicherung von Fingerabdrücken dieser Personengruppe zu den AZR-Einträgen sowie die Ermöglichung eines Abgleichs mittels Fingerabdrücken (sog. Fast-ID) zur Feststellung, ob eine Person bereits im AZR registriert ist. Die Fingerabdrücke werden dabei in der Datenbank AFIS- A (= Automatisiertes Fingerabdruck-Identifizierungssystem – Asyl- und Aufenthaltsrecht) beim Bundeskriminalamt gespeichert , auf die künftig auch Ausländerbehörden über das AZR Zugriff haben werden. Damit diese neuen AZR-Funktionalitäten auch den Ausländerbehörden zur Verfügung stehen, bedarf es jedoch bundesseitig noch technischer Umsetzungen im Ausländerzentralregister /Kerndatensystem. Daran wird vom Bundesverwaltungsamt sowie vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Hochdruck gearbeitet. Dabei darf nicht übersehen werden, dass es bei diesen neuen Funktionalitäten nicht nur um einen Fast-ID-Abgleich geht, sondern auch die technischen Voraussetzungen dafür geschaffen werden müssen, dass die Ausländerbehörden bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen Asylbewerber nach § 19 Abs. 2 i. V. m. § 16 Abs. 1 AsylG bzw. illegal Eingereiste/Aufhältige nach § 49 Abs. 8/9 AufenthG erkennungsdienstlich mit Speicherung im AZR behandeln können. Die Erfassung der Fingerabdrücke muss dabei von Umfang und Qualität den Anforderungen von AFIS-A entsprechen. Parallel zur Bereitstellung der technischen Voraussetzungen durch den Bund erfolgt bei den Ausländerbehörden die Ausstattung mit den diese umfassenden Speicheranforderungen ermöglichenden Fingerabdruckscannern. Auch die PIK-Stationen müssen – wie bei der Antwort auf Frage 3.1 dargestellt – vom Bund technisch noch für eine Erfassung nach § 49 Abs. 8/9 AufenthG ertüchtigt werden. Der Bund hat dafür zuletzt das 1. Quartal 2018 als Termin genannt. Gleichwohl werden derzeit PIK-Stationen, die in den Aufnahmeeinrichtungen momentan nicht mehr benötigt werden, interimsweise an Ausländerbehörden zur Nutzung abgegeben. 5. Hat die Staatsregierung die vorhandenen Scanner vom Bund abgerufen? Ja. Die vom Bund für die bayerischen Aufnahmeeinrichtungen zur Verfügung gestellten PIK-Stationen wurden abgerufen und befinden sich dort im Einsatz. 6. Sollte Frage 5 verneint werden, frage ich die Staatsregierung , welche Gründe es dafür gibt, dass die Staatsregierung die vorhandenen Scanner nicht – oder noch nicht – vom Bund abgerufen hat? Entfällt (vgl. Antwort auf Frage 5). 7. Wie häufig wurden in Bayern Mehrfachidentitäten im letzten Jahr aufgedeckt? 7.2 Wieviele davon sind auf eine fehlende digitale Erfassung und Ablgleichung von Daten zurückzuführen? Hierzu liegen keine statistischen Daten vor.