17. Wahlperiode 26.07.2017 17/16743 Bayerischer Landtag Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Florian Ritter, Georg Rosenthal SPD vom 08.03.2017 Rechtsradikale Inhalte bei und Teilnahme von Rechtsradikalen an Faschingsumzügen in Bayern 2017 In den vergangenen Jahren nahmen mehrmals rechtsradikale Gruppierungen, wie z. B. das mittlerweile verbotene Freie Netz Süd, an Faschingsumzügen im Freistaat teil. Hierbei meldeten sich diese vorher meist nicht an, sondern schlossen sich eigenmächtig dem Umzug an. Dies ging einher mit der Verbreitung rechtsradikaler Inhalte. 2017 beteiligte sich eine Gruppe von Der III. Weg mit ca. 9 Personen und Transparent am Würzburger Umzug am 26. Februar. Ich frage die Staatsregierung; 1. a) Welche Maßnahmen wurden durch bayerische Sicherheitsbehörden ergriffen, um ähnliche Aktionen in diesem Jahr schon im Vorfeld zu verhindern? b) Gab es Gefährderansprachen bei den Personen und/ oder Gruppen, die in den letzten Jahren für solche Aktionen verantwortlich waren? 2. a) In welcher Form wurden Polizeidienststellen darüber informiert und darauf vorbereitet? b) Welche Handlungsempfehlungen wurden den Polizeidienststellen vom Staatsministerium des Innern für Bau und Verkehr gegeben? 3. a) Hatten bayerische Sicherheitsbehörden für das Jahr 2017 im Vorfeld Informationen über geplante Aktionen von Rechtsradikalen zur Instrumentalisierung von Faschingsumzügen und ähnlichen Veranstaltungen für deren Propaganda? b) Wenn ja, über welche Aktionen lagen Informationen vor? c) Welche Aktionen von rechtsradikalen Gruppen sind bayerischen Behörden bei Faschingsumzügen oder ähnlichen Veranstaltungen in dieser Faschingssaison bekannt geworden (bitte auflisten nach Datum, Ort, Name der Gruppe, politische Zuordnung der Gruppe, verbreiteter politischer Inhalt, Stand der Ermittlung und/oder des Verfahrens)? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 4. a) Hat die Staatsregierung Kenntnis von der Verbreitung rechtsradikaler (rassistischer, antisemitischer, homophober, transphober, nationalistischer, chauvinistischer , frauenfeindlicher, islamamophober, sogenannter „ausländer“- oder „fremdenfeindlicher“, gegen die Völkerverständigung gerichtet, pauschal gegen geflüchtete Menschen) Inhalte im Zusammenhang mit Faschingsumzügen oder ähnlichen Veranstaltungen in dieser Saison? b) Wenn ja, bei welchen Umzügen oder anderen Veranstaltungen kam es zur Verbreitung solcher Inhalte (bitte auflisten nach Datum, Ort, Name der Gruppe, politische Zuordnung der Gruppe, verbreiteter politischer Inhalt, Stand der Ermittlung und/oder des Verfahrens )? 5. a) Wie verhielten sich Polizei und Veranstalter bei der Gruppe von Der III. Weg am Würzburger Faschingsumzug am 26.02.2017? b) Wurde durch die Beamten und Beamtinnen vor Ort Propagandamaterial fest- und/oder sichergestellt? c) Welche Maßnahmen schlossen die angekündigte Anpassung und der „verstärkte Kräfteeinsatz“ beim Faschingsumzug in Würzburg (Pressemeldung Polizeipräsidium Unterfranken 21.02.2017) ein? 6. a) Welche Ergebnisse lieferten die polizeilichen Ermittlungen bezüglich Täter, Organisation, Planung und exakter Durchführung der rassistischen Störaktion am Würzburger Faschingszug? b) Welche Konsequenzen ziehen Staatsschutz und Bayerisches Landesamt für Verfassungsschutz aus der Störaktion am Würzburger Faschingsumzug? 7. a) Sind im Hinblick auf Vorfälle in den vergangenen Jahren Beamte und Beamtinnen des Staatsschutzes bei Faschingsumzügen und ähnlichen Großveranstaltungen anwesend? b) Falls nicht, mit welcher Begründung? c) Welche Maßnahmen sind von der Staatsregierung im Hinblick auf die Problematik von Rechtsradikalen auf Faschingsumzügen geplant? Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/16743 Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 02.05.2017 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Justiz wie folgt beantwortet: 1. a) Welche Maßnahmen wurden durch bayerische Sicherheitsbehörden ergriffen, um ähnliche Aktionen in diesem Jahr schon im Vorfeld zu verhindern ? Vor jeder Veranstaltung findet durch die zuständige Polizeidienststelle einzelfallangepasst eine Lagebeurteilung statt. Im Falle von Faschingsumzügen werden dabei vornehmlich verkehrsrechtliche, versammlungsrechtliche und sonstige sicherheitsbezogene Aspekte, insbesondere hinsichtlich der allgegenwärtigen abstrakten Gefährdung durch den internationalen Terrorismus, berücksichtigt. Daneben spielen aber aufgrund der Vorfälle der vergangenen Jahre auch stets etwaige Aktionen der rechtsextremen Szene eine Rolle. Grundsätzlich erfolgen zudem Besprechungen mit den jeweiligen Veranstaltern und den Vertretern der örtlichen Kommunen, in deren Rahmen eine Sensibilisierung hinsichtlich möglicher rechtsextremer Aktionen stattfindet. Einzelfallbezogen finden auch weitere Aufklärungsmaßnahmen , z. B. Medien-/Internetauswertungen, im Vorfeld der Veranstaltung statt. b) Gab es Gefährderansprachen bei den Personen und/oder Gruppen, die in den letzten Jahren für solche Aktionen verantwortlich waren? Den Präsidien der Bayerischen Polizei sowie dem Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz lagen keine Erkenntnisse über geplante Aktionen oder mögliche Störer der rechtsextremen Szene vor. Demzufolge erfolgten auch keine Gefährderansprachen. 2. a) In welcher Form wurden Polizeidienststellen darüber informiert und darauf vorbereitet? b) Welche Handlungsempfehlungen wurden den Polizeidienststellen vom Staatsministerium des Innern für Bau und Verkehr gegeben? Die Lagebeurteilung von Faschingsumzügen sowie ähnlichen Großveranstaltungen liegt grundsätzlich im Verantwortungsbereich der jeweils zuständigen Präsidien der Bayerischen Polizei. Von dort erfolgte auch in diesem Jahr lageangepasst eine Sensibilisierung der nachgeordneten Polizeidienststellen hinsichtlich möglicherweise auftretender Personen der rechtsextremen Szene durch fachspezifische Lageinformationen, Darstellung vergangener Störungen und Erörterung möglicher Maßnahmen. Eine separate Handlungsempfehlung des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr war mangels vorliegender Erkenntnisse nicht angezeigt. 3. a) Hatten bayerische Sicherheitsbehörden für das Jahr 2017 im Vorfeld Informationen über geplante Aktionen von Rechtsradikalen zur Instrumentalisierung von Faschingsumzügen und ähnlichen Veranstaltungen für deren Propaganda? b) Wenn ja, über welche Aktionen lagen Informationen vor? Den Präsidien der Bayerischen Polizei sowie dem Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz lagen keine Erkenntnisse über geplante Aktionen von Personen aus der rechtsextremen Szene vor. c) Welche Aktionen von rechtsradikalen Gruppen sind bayerischen Behörden bei Faschingsumzügen oder ähnlichen Veranstaltungen in dieser Faschingssaison bekannt geworden (bitte auflisten nach Datum, Ort, Name der Gruppe, politische Zuordnung der Gruppe, verbreiteter politischer Inhalt, Stand der Ermittlung und/oder des Verfahrens )? Den Präsidien der Bayerischen Polizei sind zwei Aktionen von Personen aus dem rechten Spektrum in der diesjährigen Faschingssaison bekannt. Die gewünschte Aufschlüsselung kann der Anlage entnommen werden. 4. a) Hat die Staatsregierung Kenntnis von der Verbreitung rechtsradikaler (rassistischer, antisemitischer , homophober, transphober, nationalistischer , chauvinistischer, frauenfeindlicher, islamamophober, sogenannter „ausländer“- oder „fremdenfeindlicher“, gegen die Völkerverständigung gerichtet, pauschal gegen geflüchtete Menschen ) Inhalte im Zusammenhang mit Faschingsumzügen oder ähnlichen Veranstaltungen in dieser Saison? b) Wenn ja, bei welchen Umzügen oder anderen Veranstaltungen kam es zur Verbreitung solcher Inhalte (bitte auflisten nach Datum, Ort, Name der Gruppe, politische Zuordnung der Gruppe, verbreiteter politischer Inhalt, Stand der Ermittlung und/oder des Verfahrens)? Neben den bereits bei Frage 3 c dargelegten Vorfällen in Würzburg und Ellingen kam es im Bereich des Polizeipräsidiums Oberfranken zu einem eventuell frauenfeindlichen Vorfall. Die gewünschte Aufschlüsselung kann der Anlage entnommen werden. Im Übrigen liegen den Präsidien der Bayerischen Polizei keine Erkenntnisse zu weiteren Vorfällen im Sinne der Fragestellung vor. 5. a) Wie verhielten sich Polizei und Veranstalter bei der Gruppe von Der III. Weg am Würzburger Faschingsumzug am 26.02.2017? b) Wurde durch die Beamten und Beamtinnen vor Ort Propagandamaterial fest- und/oder sichergestellt? Der Vorfall in Würzburg wurde sowohl der Polizei als auch dem Veranstalter erst zu einem Zeitpunkt bekannt, als die Aktion schon beendet war und die Personen sich bereits wieder entfernt hatten. Demzufolge kam es vor Ort weder zu polizeilichen Maßnahmen noch zu Reaktionen des Veranstalters. c) Welche Maßnahmen schlossen die angekündigte Anpassung und der „verstärkte Kräfteeinsatz“ beim Faschingsumzug in Würzburg (Pressemeldung PP Unterfranken 21.02.2017) ein? Wie in der zitierten Pressemeldung dargestellt, orientierte sich die Lagebeurteilung neben dem Schwerpunkt der Verkehrssicherheit an der abstrakten Gefährdung durch den Terrorismus, auch ausgerichtet an der Vorgehensweise der letzten Anschläge in Europa. Vor diesem Hintergrund lag der Fokus der an der Strecke eingesetzten Polizeibeamten auf der Sicherung des Zuges gegen gewalttätige Aktionen Drucksache 17/16743 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 von außen, insbesondere – aber nicht ausschließlich – an Örtlichkeiten, die eine Zufahrt in den Faschingsumzug ermöglicht hätten. Dementsprechend wurden uniformierte und zivile Polizeikräfte mobil und stationär entlang der Aufzugsstrecke eingesetzt. Die örtlich zuständige Polizeiinspektion Würzburg -Stadt wurde dabei mit Kräften der Bayerischen Bereitschaftspolizei verstärkt. 6. a) Welche Ergebnisse lieferten die polizeilichen Ermittlungen bezüglich Täter, Organisation, Planung und exakter Durchführung der rassistischen Störaktion am Würzburger Faschingsumzug? Die Ermittlungen hierzu sind noch nicht abgeschlossen, eine abschließende strafrechtliche Bewertung durch die Staatsanwaltschaft steht damit ebenfalls noch aus. Aufgrund dessen können hierzu keine näheren Ausführungen gemacht werden. b) Welche Konsequenzen ziehen Staatsschutz und Bayerisches Landesamt für Verfassungsschutz aus der Störaktion am Würzburger Faschingsumzug ? Über konkrete Konsequenzen für das polizeiliche Handlungs - und Einsatzkonzept kann erst nach Abschluss der Ermittlungen entschieden werden. Ungeachtet dessen finden solche Aktionen und mögliche polizeiliche Reaktionen darauf in jeder zukünftigen Lagebeurteilung von Faschingsumzügen oder ähnlichen Großveranstaltungen ihren Niederschlag . Daneben wurden von der Bayerischen Informationsstelle gegen Extremismus (BIGE) Beratungsgespräche mit der Stadt Würzburg geführt sowie auf der Homepage der BIGE über den Vorfall berichtet, um die breite Öffentlichkeit über den Fall zu informieren und zu sensibilisieren. 7. a) Sind im Hinblick auf Vorfälle in den vergangenen Jahren Beamte und Beamtinnen des Staatsschutzes bei Faschingsumzügen und ähnlichen Großveranstaltungen anwesend? b) Falls nicht, mit welcher Begründung? Das Bedürfnis eines generellen Einsatzes von Beamten des polizeilichen Staatsschutzes bei Faschingsumzügen und ähnlichen Großveranstaltungen wird nach derzeitiger Lagebewertung nicht gesehen. Ergibt die vor jeder Großveranstaltung durchzuführende Lagebeurteilung ein diesbezügliches Erfordernis, erfolgt einzelfallangepasst auch eine Betreuung der Veranstaltung durch Beamte des polizeilichen Staatsschutzes. c) Welche Maßnahmen sind von der Staatsregierung im Hinblick auf die Problematik von Rechtsradikalen auf Faschingsumzügen geplant? Das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz informiert über die Beteiligung von Rechtsextremisten an Faschingsumzügen und die dabei angewandten Taktiken anlassbezogen in den jährlich erscheinenden Verfassungsschutzberichten , um die breite Öffentlichkeit mit Blick auf derartige Aktionen zu sensibilisieren. So wird geprüft, die Vorfälle in Würzburg und Ellingen in den Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2017 aufzunehmen. Im Übrigen finden solche Vorgänge, wie schon ausgeführt , immer ihren Niederschlag in zukünftigen Lagebeurteilungen . Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/16743 Anlage Aufschlüsselung zu Fragen 3.c) und 4.b) Schriftliche Anfrage MdL Ritter „Rechtsradikale Inhalte bei und Teilnahme von Rechtsradikalen an Faschingsumzügen in Bayern 2017“ zu Frage 3.c): Welche Aktionen von rechtsradikalen Gruppen sind bayerischen Behörden bei Faschingsumzügen oder ähnlichen Veranstaltungen in dieser Faschingssaison bekannt geworden (bitte auflisten nach Datum, Ort, Name der Gruppe, politische Zuordnung der Gruppe, verbreiteter politischer Inhalt, Stand der Ermittlungen und/oder des Verfahrens)? Datum Ort Gruppe Politische Zuordnung Sachverhalt/ Verbreiteter Inhalt Stand der Ermittlungen 26.02.2017 Würzburg Der III. Weg rechts Mindestens acht Personen schlossen sich kurzzeitig dem Faschingsumzug an und äußerten sich mittels Banner, entsprechender Verkleidung und skandierten Parolen kritisch zur Einwanderung. Ermittlungen dauern an 28.02.2017 Ellingen Der III. Weg rechts Drei Personen führten Propagandamaterial für die Partei „Der III. Weg“ und Papierschnipseln mit islamkritischen Parolen mit; zu einer Verbreitung kam es nicht. Kein strafbarer Inhalt zu 4.b): Wenn ja, bei welchen Umzügen oder anderen Veranstaltungen kam es zur Verbreitung solcher Inhalte (bitte auflisten nach Datum, Ort, Name der Gruppe, politische Zuordnung der Gruppe, verbreiteter politischer Inhalt, Stand der Ermittlungen und/oder des Verfahrens)? Datum Ort Gruppe Politische Zuordnung Sachverhalt/ Verbreiteter Inhalt Stand der Ermittlungen 26.02.2017 Forchheim Alleinhandelnder Tatverdächtiger links Nicht angemeldeter Teilnehmer schloss sich Umzug mit Mofa an und zog mehrere Barbiepuppen hinter sich her. Ermittlungen dauern an