Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Prof. Dr. Peter Paul Gantzer SPD vom 06.03.2014 Altersgrenze für Wahlhelfer Anlässlich der Kommunalwahlen 2014 hat der Wahlleiter (und geschäftsleitende Beamte) der Gemeinde Aying zwei langjährige Wahlhelfer, die inzwischen älter als 70 Jahre sind, nicht mehr als Wahlhelfer berufen. Er begründet das laut Presseberichten mit seiner „Fürsorgepflicht“ gegenüber Älteren, da das Amt des Wahlhelfers „sehr aufwändig und anstrengend“ sei im Hinblick darauf, dass „die Betroffenen am Wahltag bis zu 13 Stunden und damit bis weit nach Mitternacht beschäftigt seien“. Ich frage die Staatsregierung: 1. Gibt es eine Anweisung der Staatsregierung, Wahlhelfer nicht mehr zu berufen, wenn sie älter als 70 Jahre sind? 2. Hält die Staatsregierung die Entscheidung des Wahlleiters der Gemeinde Aying unter Berücksichtigung der Urteile des EuGH vom 21.07.2011 und 13.09.2011für objektiv und angemessen, nachdem der EuGH dort festgestellt hat, dass das reine Kriterium Alter ohne Rechtfertigung durch ein legitimes Ziel Altersdiskriminierung ist, oder ist die genannte Fürsorgepflicht ein solches Ziel? 3. Gibt es überhaupt Richtlinien zur Berufung von Wahlleitern ? Bejahendenfalls: Spielt das Merkmal Alter dort eine Rolle? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 09.04.2014 1. Gibt es eine Anweisung der Staatsregierung, Wahlhelfer nicht mehr zu berufen, wenn sie älter als 70 Jahre sind? Nein. 2. Hält die Staatsregierung die Entscheidung des Wahlleiters der Gemeinde Aying unter Berücksichtigung der Urteile des EuGH vom 21.07.2011 und 13.09.2011 für objektiv und angemessen, nachdem der EuGH dort festgestellt hat, dass das reine Kriterium Alter ohne Rechtfertigung durch ein legitimes Ziel Altersdiskriminierung ist, oder ist die genannte Fürsorgepflicht ein solches Ziel? Aus Sicht des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr ist die Entscheidung der Gemeinde Aying nicht zu beanstanden. Gem. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 des Gemeinde- und Landkreiswahlgesetzes (GLKrWG) sind Mitglieder der Wahlvorstände (Briefwahlvorstände) der Wahlvorsteher (Briefwahlvorsteher ) als vorsitzendes Mitglied, eine mit seiner Stellvertretung betraute Person sowie mindestens drei Beisitzer, die die Gemeinde aus dem Kreis der in der Gemeinde Wahlberechtigten oder der wahlberechtigten Gemeindebediensteten beruft . Bei der Auswahl der Beisitzer sind nach Möglichkeit die Parteien und die Wählergruppen in der Reihenfolge der bei der letzten Gemeinderats- oder Kreistagswahl erhaltenen Stimmenzahlen zu berücksichtigen und die von ihnen rechtzeitig vorgeschlagenen Wahlberechtigten zu berufen (Art. 6 Abs. 2 Satz 1, Art. 5 Abs. 2 Satz 3 GLKrWG). Nach Mitteilung der Gemeinde verfügt diese über einen „Pool“ von etwa 80 – 100 Personen, die sich freiwillig zur Übernahme eines Wahlehrenamts bereit erklärt haben. Da zur Durchführung der allgemeinen Gemeinde- und Landkreiswahlen 2014 in der Gemeinde aber lediglich ca. 60 Wahlhelfer benötigt wurden, konnten nicht alle Interessenten berücksichtigt werden. Grundsätzlich bestehe der Kreis der berufenen Wahlhelfer aus Mitarbeitern der Gemeindeverwaltung sowie aus einer ausgeglichenen Auswahl der Kandidaten aller Parteilisten. Zudem habe die Gemeinde darauf geachtet, dass die sonstigen freiwilligen Wahlhelfer aus verschiedenen Gemeindeteilen stammten. Schließlich sei – auch im Hinblick auf die Nachwuchsgewinnung und -einarbeitung – auf eine ausgewogene Altersstruktur der Wahlhelfer geachtet worden. Das Alter der Interessenten als solches ist nach Mitteilung der Gemeinde kein Ausschlusskriterium gewesen. Es sei lediglich um eine ausgewogene, auch in die Zukunft gerichtete Altersstruktur gegangen. Zum einen solle durch einen gewissen Wechsel der Wahlhelfer die Transparenz der Wahldurchführung gesichert werden; zum anderen sollten auch jüngere Menschen die Möglichkeit erhalten, Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 23.05.2014 17/1678 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/1678 in die Aufgaben des Wahlhelfers „hineinzuwachsen“. Mit in die Auswahl der Wahlhelfer eingeflossen sei zuletzt auch der Fürsorgegedanke gegenüber älteren Personen. Diese Überlegung sei auch in einem persönlichen Gespräch mit einem älteren Interessenten angesprochen worden. Die Nichtberücksichtigung habe jedoch keine Diskriminierung einzelner Personen dargestellt, sondern sei lediglich nach den oben genannten Prämissen vorgenommen worden . Aus Sicht des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr sind in die von der Gemeinde vorzunehmende Auswahlentscheidung verschiedene, sachlich begründete Kriterien eingeflossen, die weder für sich noch in ihrem Zusammenwirken Anlass zur Beanstandung geben. Das Ziel, auf eine ausgewogene Altersstruktur der Wahlhelfer hinzuwirken , ist legitim und bei einem Überhang an Interessenten anders als durch den (teilweisen) Verzicht auf eine Berufung älterer bzw. langjähriger Wahlhelfer nicht zu erreichen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Berufung zum Wahlhelfer keine geschützte subjektive Rechtsposition darstellt. Darüber hinaus dürfte die Rechtsprechung des EuGH zur Altersdiskriminierung auf das Wahlehrenamt (Art. 7 GLKrWG , § 2 GLKrWO) von vornherein nicht anwendbar sein (vgl. für die ebenfalls ehrenamtliche Tätigkeit bei der freiwilligen Feuerwehr OVG Hamburg, Beschluss vom 15.05.2012, 1 Bs 44/12, juris). Der Vorwurf der Altersdiskriminierung ist nach Auffassung des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr daher unbegründet. 3. Gibt es überhaupt Richtlinien zur Berufung von Wahlleitern ? Bejahendenfalls: Spielt das Merkmal Alter dort eine Rolle? Art. 5 Abs. 1 GLKrWG regelt abschließend den Kreis derer, die zum Wahlleiter bestellt werden dürfen. Für Gemeindewahlen sind dies – ohne dass die Reihenfolge der Nennung im Gesetz bindend wäre – der erste Bürgermeister, einer der weiteren Stellvertreter, ein sonstiges Gemeinderatsmitglied oder eine Person aus dem Kreis der Bediensteten der Gemeinde oder der Verwaltungsgemeinschaft (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GLKrWG). Zum Wahlleiter für die Landkreiswahlen darf nur berufen werden der Landrat, der Stellvertreter des Landrats, einer seiner weiteren Stellvertreter, ein sonstiger Kreisrat oder eine Person aus dem Kreis der Bediensteten des Landratsamtes (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GLKrWG). Zum Wahlleiter für die Gemeindewahlen kann nicht berufen werden , wer bei der Wahl zum ersten Bürgermeister oder zum Gemeinderat mit seinem Einverständnis als sich bewerbende Person aufgestellt worden ist, für diese Wahlen eine Aufstellungsversammlung geleitet hat oder bei diesen Wahlen Beauftragter für den Wahlvorschlag oder dessen Stellvertretung ist; Entsprechendes gilt bei Landkreiswahlen (Art. 5 Abs. 1 Satz 4 GLKrWG). Darüber hinaus ist Art. 4 Abs. 3 GLKrWG zu beachten: Hiernach darf niemand die Tätigkeit von mehreren Wahlorganen ausüben oder in mehr als einem Wahlorgan Mitglied oder stellvertretende Person sein. Die gesetzlichen Regelungen werden in den Nrn. 5 ff. GLKrWBek näher erläutert. Die gesetzliche Reihenfolge der zum Wahlleiter bestellbaren Personen ist dabei für den für die Berufung des Wahlleiters zuständigen Gemeinderat (für die Gemeindewahlen) bzw. Kreistag oder Kreisausschuss (für die Landkreiswahlen ) nicht bindend. Das jeweilige Gremium entscheidet bei der Auswahl der in Betracht kommenden Personen vielmehr nach pflichtgemäßem Ermessen und unter Beachtung der in Art. 5 Abs. 1 Satz 4 GLKrWG genannten Hinderungsgründe. Richtlinien, die die Beachtung einer Altersgrenze vorschreiben , existieren nicht. Allerdings wird, soweit es um die Bestellung von Bediensteten zum Wahlleiter geht, aus dem Wortlaut des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 bzw. Satz 2 GLKrWG abgeleitet , dass es sich um ein aktives Beschäftigungsverhältnis handeln müsse.