Schriftliche Anfrage des/r Abgeordneten Dr. Simone Strohmayr SPD vom 28.03.2017 Verkehrssicherheitsprogramm 2020 – Bayern mobil, sicher ans Ziel Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Ist es zutreffend, dass im Rahmen des „Bayerischen Verkehrssicherheitsprogramms 2020 – Bayern mobil, sicher ans Ziel“ die Ortsschilder erst am Punkt von „sichtbarer Bebauung“ aufgestellt sein dürfen? b) Wie wird „sichtbare Bebauung“ definiert? c) Falls 1 a zutrifft, ist es das Ziel der Staatsregierung, innerhalb von Ortschaften Geschwindigkeiten zwischen 50 und 100 km/h zu ermöglichen? 2. a) Wie wird sichergestellt, dass durch die Verlegung von Ortsschildern und die damit automatisch geltende Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h die generelle Verkehrssicherheit nicht gemindert wird? b) Wie wird sichergestellt, dass auch in Bereichen ohne sichtbare Bebauung Kinder, die sich beispielsweise auf dem Weg zur Schule, zum Sportplatz, zum Spielplatz , etc. befinden, vor Fahrzeugen mit Geschwindigkeiten von künftig bis zu 100 km/h geschützt werden? c) Wie wird sicher gestellt, dass durch die Verlegung von Ortsschildern bisher bestehender Lärmschutz nicht unterlaufen wird? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 09.05.2017 1. a) Ist es zutreffend, dass im Rahmen des „Bayerischen Verkehrssicherheitsprogramms 2020 – Bayern mobil, sicher ans Ziel“ die Ortsschilder erst am Punkt von „sichtbarer Bebauung“ aufgestellt sein dürfen? Bei Ortschildern handelt es sich um Verkehrszeichen nach den Vorgaben der Anlage 3 zu § 42 Absatz 2 der Straßenverkehrs -Ordnung (StVO). Die Ausgestaltung und der Aufstellort des Ortsschildes (Zeichen 310 Beginn und Zeichen 311 Ende der geschlossenen Ortschaft) richtet sich nicht nach dem Verkehrssicherheitsprogramm, sondern nach der bundesrechtlichen Vorgabe der StVO und der hierzu erlassenen allgemeinen Verwaltungsvorschrift (VwV-StVO). In dieser ist festgelegt, dass ohne Rücksicht auf Gemeindegrenzen und Straßenbaulast das Zeichen in der Regel dort anzuordnen ist, wo ungeachtet einzelner unbebauter Grundstücke die geschlossene Bebauung auf einer der beiden Seiten der Straße für den ortseinwärts Fahrenden erkennbar beginnt. b) Wie wird „sichtbare Bebauung“ definiert? Eine geschlossene Bebauung liegt nach der VwV-StVO vor, wenn die anliegenden Grundstücke von der Straße erschlossen werden. c) Falls 1 a zutrifft, ist es das Ziel der Staatsregierung, innerhalb von Ortschaften Geschwindigkeiten zwischen 50 und 100 km/h zu ermöglichen? Innerhalb der durch die Ortsschilder gekennzeichneten Ortschaft gilt kraft Gesetzes eine Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h. Sie kann durch Verkehrszeichen für bestimmte Straßen oder Zonen abgesenkt oder für bestimmte Straßen erhöht werden. Dies entscheidet die Straßenverkehrsbehörde aufgrund der besonderen Umstände im Einzelfall. 2. a) Wie wird sichergestellt, dass durch die Verlegung von Ortsschildern und die damit automatisch geltende Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h die generelle Verkehrssicherheit nicht gemindert wird? Außerhalb der durch die Ortsschilder gekennzeichneten Ortschaft gilt kraft Gesetzes eine Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h. Der Verkehrsteilnehmer ist verpflichtet, rechtzeitig vor einer Ortschaft, deren Beginn er tatsächlich an der Bebauung und rechtlich am Ortschild erkennen kann, seine Geschwindigkeit so anzupassen, dass er im Ortsbereich mit der vorgeschriebenen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h fährt. Ist die Ortschaft und/oder das Ortsschild z. B. aufgrund der geografischen Lage nicht rechtzeitig zu erkennen (im Regelfall aus mindestens 100 m Entfernung), ist von der zuständigen Straßenverkehrsbehörde zu prüfen, ob vor dem Beginn der geschlossenen Ortschaft eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 70 km/h angeordnet werden kann. b) Wie wird sichergestellt, dass auch in Bereichen ohne sichtbare Bebauung Kinder, die sich beispielsweise auf dem Weg zur Schule, zum Sportplatz , zum Spielplatz, etc. befinden, vor Fahrzeugen mit Geschwindigkeiten von künftig bis zu 100 km/h geschützt werden? Unabhängig vom Aufstellort des Ortsschildes ist es eine Daueraufgabe der zuständigen Straßenverkehrsbehörden, in enger Abstimmung auch mit den Straßenbaubehörden und der Polizei im Rahmen z. B. bei der Verkehrsschau oder der Arbeit in den Unfallkommissionen, bei denen unfallauffällige Bereiche analysiert werden, an erkannten Gefahrstellen die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Ggf. sind angepasst an die besonderen Umstände im Einzelfall planerische, straßenbauliche, verkehrsrechtliche, verkehrspolizeiliche oder andere Maßnahmen in Erwägung zu zie- Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 09.08.2017 17/16821 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/16821 hen. Die Untersuchung setzt eine sorgfältige Prüfung der Verkehrssituation voraus. c) Wie wird sichergestellt, dass durch die Verlegung von Ortsschildern bisher bestehender Lärmschutz nicht unterlaufen wird? Der Verkehrslärmschutz im Straßenverkehr beurteilt sich insbesondere nach planerischen, straßenbaulichen und verkehrsrechtlichen Gesichtspunkten. Planerischer und straßenbaulicher Verkehrslärmschutz hat grundsätzlich Vorrang, da er entweder die Entstehung von Verkehrslärm vermindert (wie lärmmindernde Fahrbahnbeläge) oder die Einwirkung von Verkehrslärm reduziert (wie aktiv durch Lärmschutzwälle und -wände oder passiv durch Schallschutzfenster ). Der Vorrang kommt auch in niederschwellig gestaffelten Immissionsgrenzwerten zur Lärmvorsorge bzw. Lärmsanierung zum Ausdruck. An das Ortsschild werden neben der Höchstgeschwindigkeit innerorts bzw. außerorts weitere Rechtsfolgen geknüpft, wie etwa das Parken auf der Straße, das Werbeverbot, die freie Wahl des Fahrstreifens für Kraftfahrzeuge unter 3,5 t. Der mit der Geschwindigkeitsregelung verbundene unterschiedliche Verkehrslärm ist nur eine Nebenfolge.