Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Prof. Dr. Michael Piazolo FREIE WÄHLER vom 09.02.2017 Geschlechterforschung an bayerischen Hochschulen Die deutsche Geschlechterforschung sieht sich in vergangener Zeit verstärkter Kritik unterschiedlicher politischer sowie gesellschaftlicher Gruppierungen und Strömungen ausgesetzt . Nicht zuletzt wird hierbei versucht, die Geschlechterforschung bzw. „Gender Studies“ als dezidiert unwissenschaftlich zu deklarieren und ihr damit die feste Etablierung in der akademischen Lehre und Forschung abzusprechen. Darüber hinaus sehen sich auch Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen , die in diesem Bereich lehren und forschen , Diffamierungen ausgesetzt. Vor diesem Hintergrund frage ich die Staatsregierung: 1. a) Welchen Stellenwert misst die Staatsregierung der Geschlechterforschung sowie dem akademisch etablierten Fach „Gender Studies“ an den bayerischen Hochschulen bei? b) Welchen wissenschaftlichen Mehrwert sieht die Staatsregierung hierbei in der Lehre und Forschung im Bereich der „Gender Studies“? 2. Wie positioniert sich die Staatsregierung gegenüber Forderungen, die die Abschaffung der „Genderlehrstühle “ in Bayern zum Ziel haben? 3. Wie positioniert sich die Staatsregierung gegenüber der Kritik, „Gender Studies“ seien unwissenschaftlich? 4. Wie gedenkt die Staatsregierung gegen sogenannte „Anti-Genderismen“, die auch nicht vor Denunzierung und Diffamierung des wissenschaftlichen Personals haltmachen, vorzugehen? 5. a) Sind der Staatsregierung im Zusammenhang des sogenannten „Anti-Genderismus“ auch Anfeindungen, Diffamierungen oder Ähnliches des wissenschaftlichen Personals an bayerischen Hochschulen bekannt? b) Wenn ja, gibt es hierzu konkrete Zahlen (bitte aufschlüsseln nach Universität/Hochschule und Anzahl der Fälle)? 6. Wie gedenkt die Staatsregierung die akademische Lehre und Forschung im Kontext der „Gender Studies“ weiterhin zu stärken und zu fördern? 7. a) Gibt es vonseiten der Staatsregierung Überlegungen (ggf. bereits konkrete Pläne), die Lehre sowie Forschung im Bereich der „Gender Studies“ auszubauen? b) Wenn ja, welcher Art sind diese? c) Wenn nein, wie wird dies begründet? 8. a) Ist der Staatsregierung in diesem Zusammenhang ein Antrag vonseiten des 81. CSU-Parteitages bekannt (Nr. 11), der zur weiteren Prüfung an die staatstragende Fraktion des Landtages überwiesen wurde? b) Wenn ja, wie beurteilt die Staatsregierung diesen und die damit verbundene Forderung, „Genderlehrstühle“ an bayerischen Hochschulen abzuschaffen? Antwort des Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 08.05.2017 1. a) Welchen Stellenwert misst die Staatsregierung der Geschlechterforschung sowie dem akademisch etablierten Fach „Gender Studies“ an den bayerischen Hochschulen bei? Die Geschlechterforschung steht – wie jedes Forschungsgebiet und jede Forschungstätigkeit – unter dem verfassungsrechtlichen Schutz der Freiheit von Forschung und Lehre (Art. 5 Abs. 3 Grundgesetz – GG). Die Frage nach dem „Stellenwert“ der Geschlechterforschung sowie dem akademisch etablierten Fach „Gender Studies“ an den bayerischen Hochschulen kann ausschließlich anhand objektivierbarer und validierbarer Kriterien von der Wissenschaft bzw. den Wissenschaftlern beantwortet werden. Die bayerischen Hochschulen bestimmen daher in eigener Zuständigkeit auf der Grundlage der gesetzlich garantierten Hochschulautonomie die von ihnen aufgegriffenen Forschungsinhalte sowie deren „Stellenwert“. Das Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst (StMBW) fördert zurzeit einen Forschungsverbund bayerischer Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissenschaften „Gender und Care“ für eine Laufzeit von vier Jahren. Dieser untersucht „Care“ als Gegenstand politischer, juristischer, medialer und nicht zuletzt individueller und familiärer Gestaltung, wobei im Mittelpunkt die Zusammenhänge von Fürsorgetätigkeit und Geschlecht stehen. b) Welchen wissenschaftlichen Mehrwert sieht die Staatsregierung hierbei in der Lehre und Forschung im Bereich der „Gender Studies“? Auch die Frage nach dem „wissenschaftlichen Mehrwert“ der Lehre und Forschung im Bereich der „Gender Studies“ darf und kann nur in und durch die Wissenschaft beant- Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 28.07.2017 17/16907 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/16907 wortet werden. Forschung und Wissenschaft rechtfertigen sich per se schon durch Erkenntnisstreben und Erkenntnisgewinn , ohne dass es dazu eines quantifizierbaren „Mehrwerts “ bedarf. 2. Wie positioniert sich die Staatsregierung gegenüber Forderungen, die die Abschaffung der „Genderlehrstühle “ in Bayern zum Ziel haben? Die Staatsregierung teilt diese Forderung nicht. 3. Wie positioniert sich die Staatsregierung gegenüber der Kritik, „Gender Studies“ seien unwissenschaftlich ? Die Staatsregierung macht sich hier keine Meinung zu eigen . 4. Wie gedenkt die Staatsregierung gegen sogenannte „Anti-Genderismen“, die auch nicht vor Denunzierung und Diffamierung des wissenschaftlichen Personals haltmachen, vorzugehen? 5. a) Sind der Staatsregierung im Zusammenhang des sogenannten „Anti-Genderismus“ auch Anfeindungen , Diffamierungen oder Ähnliches des wissenschaftlichen Personals an bayerischen Hochschulen bekannt? b) Wenn ja, gibt es hierzu konkrete Zahlen (bitte aufschlüsseln nach Universität/Hochschule und Anzahl der Fälle)? Hierzu liegen dem Staatsministerium keine Informationen vor. 6. Wie gedenkt die Staatsregierung die akademische Lehre und Forschung im Kontext der „Gender Studies “ weiterhin zu stärken und zu fördern? Die Entscheidung über eine mögliche Stärkung/Förderung der Forschung im Kontext der „Gender Studies“ treffen die bayerischen Hochschulen im Rahmen der ihnen gesetzlich gewährten Hochschulautonomie. Sonderprogramme der Staatsregierung sind in diesem Kontext – jenseits der Förderung des Forschungsverbundes „Gender und Care“ – derzeit nicht geplant. 7. a) Gibt es vonseiten der Staatsregierung Überlegungen (ggf. bereits konkrete Pläne), die Lehre sowie Forschung im Bereich der „Gender Studies“ auszubauen ? b) Wenn ja, welcher Art sind diese? c) Wenn nein, wie wird dies begründet? Nein. 8. a) Ist der Staatsregierung in diesem Zusammenhang ein Antrag vonseiten des 81. CSU-Parteitages bekannt (Nr. 11), der zur weiteren Prüfung an die staatstragende Fraktion des Landtages überwiesen wurde? b) Wenn ja, wie beurteilt die Staatsregierung diesen und die damit verbundene Forderung, „Genderlehrstühle “ an bayerischen Hochschulen abzuschaffen ? Hier wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen.