Schriftliche Anfrage des/r Abgeordneten Katharina Schulze BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 03.04.2017 „Amoklauf“ am OEZ in München: Weiterhin viele offene Fragen zum rassistischen Motiv des Täters Die Antworten auf meine Schriftlichen Anfragen zum „Amoklauf “ am Olympia-Einkaufszentrum (OEZ) in München, insbesondere zu einem möglichen rassistischen Motiv des Täters (Drs. 17/15771) haben leider viele Fragen offen gelassen . Dies gilt auch für die Pressekonferenz der Staatsanwaltschaft München I und des Landeskriminalamts vom 17. März 2017, auf der der Abschlussbericht zu den Ermittlungen vorgestellt wurde. Obwohl in der Zusammenfassung des Abschlussberichts ausdrücklich auf die rassistische Einstellung von David S. eingegangen wird („David S. entwickelte ersichtlich einen Hass auf Personen, die hinsichtlich Alter, Aussehen, Herkunft und Lebensstil den ihn mobbenden Jugendlichen ähnlich waren; dies waren vor allem Angehörige südosteuropäischer Bevölkerungsgruppen.“) kommen die Ermittler zu dem Schluss, dass nicht davon auszugehen sei, „dass die Tat politisch motiviert war“ (http://www.polizei.bayern .de/lka/news/presse/aktuell/index.html/257942). Angesichts der Definition Politisch motivierter Kriminalität , die sich auf der Homepage des Bundeskriminalamts (BKA) nachlesen lässt („Der Politisch motivierten Kriminalität (PMK) werden Straftaten zugeordnet, wenn die Tatumstände und/oder die Tätereinstellung Anhaltspunkte dafür bieten, dass sie (...) gegen eine Person wegen ihrer politischen Einstellung, Nationalität, Volkszugehörigkeit, Rasse, Hautfarbe, Religion, Weltanschauung, Herkunft oder aufgrund ihres Erscheinungsbildes, ihrer Behinderung, ihrer sexuellen Orientierung oder ihres gesellschaftlichen Status gerichtet sind und die Tathandlung damit im Kausalzusammenhang steht bzw. sich in diesem Zusammenhang gegen eine Institution/Sache oder ein Objekt richtet.“), wirft die abschließende Einschätzung der Ermittlungsbehörden zusätzliche Fragen auf – vor allem, wenn man berücksichtigt, dass alle neun Todesopfer einen Migrationshintergrund haben. Bereits kurz nach der Tat berichtete die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) – unter Berufung auf Sicherheitskreise –, dass der Münchner „Amokläufer“, David S., „ein Rassist mit rechtsextremistischem Weltbild“ gewesen sei (http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/f-a-z-exklus iv-amoklaeufer-von-muenchen-war- rechtsext remist -14359855.html). In dem Artikel heißt es konkret: „Er habe es als „Auszeichnung“ verstanden, dass sein Geburtstag , der 20. April 1998, auf den Geburtstag von Adolf Hitler fiel. (…) Entsprechende Aussagen über seine Begeisterung für Hitler stammen demnach aus dem engsten Umfeld von S. Auch sei S., der aus einer iranischen Familie stammt, stolz darauf gewesen, als Iraner und als Deutscher „Arier“ zu sein. Ursprünglich gilt Iran als die Heimat der Arier. Türken und Araber habe S. hingegen gehasst. Er habe ein „Höherwertigkeitsgefühl “ ihnen gegenüber gehegt.” Ein weiterer Aspekt, der den Schluss nahelegt, dass die Tat durchaus einen rechtsextremistischen bzw. rassistischen Hintergrund hatte, ist die Tatsache, dass sie am fünften Jahrestag der rechtsextremistisch motivierten Anschläge von Anders Breivik begangen wurde, von denen David S., laut dem Abschlussbericht der Ermittler, „fasziniert“ war. Vor diesem Hintergrund frage ich die Staatsregierung: 1.1 Wann genau wurden die Ermittlungen zum „OEZ- Amoklauf“ abgeschlossen (bitte genaues Datum angeben )? 1.2 Wann wurden die Familien der Opfer über den Abschluss der Ermittlungen unterrichtet (bitte genaues Datum angeben)? 1.3 Wann und in welchem Umfang haben die Anwälte der Opferfamilien Akteneinsicht bekommen (bitte genaues Datum angeben)? 2.1 Bieten die Tatumstände – alle neun Opfer haben einen Migrationshintergrund – Anhaltspunkte dafür, dass die Opfer aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit, Hautfarbe, Herkunft, Religion oder aufgrund ihres Erscheinungsbildes zum Ziel des „Amoklaufs“ wurden? 2.2 Bietet die Tätereinstellung – der von David S. entwickelte Hass auf „Angehörige südosteuropäischer Bevölkerungsgruppen “ – Anhaltspunkte dafür, dass die Opfer aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit, Hautfarbe, Herkunft, Religion oder aufgrund ihres Erscheinungsbildes zum Ziel des „Amoklaufs“ wurden? 2.3 Falls ja, weshalb wurde die Tat dann nicht – entsprechend der Kriterien zur Einordnung Politisch motivierter Kriminalität (PMK) – als PMK-rechts bzw. als Hasskriminalität eingestuft? 3.1 Welche Rolle spielte ein mögliches rassistisches Tatmotiv bei den Ermittlungen? 3.2 Inwiefern wurden bei der Auswertung von aufgefundenem Material des Täters (online wie offline) Hinweise darauf gefunden, dass er rechtsextremistisches bzw. rassistisches Gedankengut teilte (entsprechende Hinweise bitte detailliert darstellen und erläutern)? 3.3 Welche Erkenntnisse konnten im Laufe der Ermittlungen darüber gewonnen werden, dass David S. laut Medienberichten stolz darauf war, wie Adolf Hitler am 20. April Geburtstag zu haben? 4.1 Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung darüber hinaus über Bezüge des Täters zur „arischen Rassentheorie “ bzw. zu sonstigen ideologischen bzw. rassistischen Höherwertigkeitsvorstellungen – insbesondere gegenüber türkisch- oder arabischstämmigen Menschen bzw. gegenüber Muslimen? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 14.06.2017 17/17018 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/17018 4.2 Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über Bezüge des familiären Umfelds des Täters zur „arischen Rassentheorie“ bzw. zu sonstigen ideologischen bzw. rassistischen Höherwertigkeitsvorstellungen – insbesondere gegenüber türkisch- oder arabischstämmigen Menschen bzw. gegenüber Muslimen? 4.3 Inwiefern wurden speziell die in den Fragen 4.1 und 4.2 erwähnten möglichen ideologischen Bezugspunkte bei den Ermittlungen zur Motivlage des Täters berücksichtigt ? 5.1 Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über das schriftliche „Manifest“, das David S. laut Medienberichten im Vorfeld seiner Tat verfasst hat (http://www.zeit. de/gesellschaft/zeitgeschehen/2016-07/amoklaeufermuenchen -waffe-darknet)? 5.2 Welche rassistischen, rechtsextremen oder islamfeindlichen Bezüge sind in dem „Manifest“ des Amokläufers zu finden (bitte detailliert darstellen und erläutern)? 5.3 Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung darüber, dass David S. durch die Wahl des Tatdatums – am 22. Juli 2016 jährten sich die rechtsextremistisch motivierten Anschläge von Anders Breivik zum fünften Mal – bewusst Bezug genommen hat auf die rassistische Ideologie Breiviks? 6. Weshalb kommen die Ermittlungsbehörden trotz der Tatsache, dass David S. einen Hass auf „ Angehörige südosteuropäischer Bevölkerungsgruppen“ hegte, dass alle neun Todesopfer seinem „Feindbild“ entsprachen und dass David S. von den rechtsextremistisch motivierten Anschlägen von Anders Breivik fasziniert war, zu dem Schluss, dass nicht davon auszugehen sei, „dass die Tat Politisch motiviert war“? 7.1 Wie ist – wenn, wie der Abschlussbericht der Ermittlungsbehörden beschreibt, Mobbing durch ehemalige Mitschüler das entscheidende Motiv des Amokläufers war – zu erklären, dass sich die Tat von David S. auch gegen ältere Menschen wendete (eine 45-jährige Frau wurde tödlich getroffen und ein 60-jähriger schwer verletzt )? 7.2 Bestand über die Tatsache hinaus, dass sie der gleichen , von David S. verhassten „südosteuropäischen Bevölkerungsgruppe“ angehörten, ein Zusammenhang zwischen den Opfern und den Mitschülern, von denen David S. in der Schule gemobbt wurde? 7.3 Wie begründet die Staatsregierung, dass die Ermittlungsbehörden trotz der Tatsache, dass David S. bewusst Personen tötete, die er pauschal einer bestimmten , ihm verhassten (südosteuropäischen) Bevölkerungsgruppe zuordnete – ohne persönlich mit diesen in irgendeiner Beziehung zu stehen – kein rassistisches Motiv hinter der Tat erkennen können? 8. Welche Erkenntnisse konnten im Laufe der Ermittlungen über Schießtrainings gewonnen werden , die David S. laut Medienberichten (http://www. sueddeutsche.de/news/panorama/kriminalitaetmuenchner -amoklaeufer-soll-mit-vater-im-iranschiessen -geuebt-haben-dpa.urn-newsml-dpacom -20090101-160805-99-943828) gemeinsam mit seinem Vater im Iran absolviert haben soll? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 15.05.2017 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Justiz wie folgt beantwortet: 1.1 Wann genau wurden die Ermittlungen zum „OEZ- Amoklauf“ abgeschlossen (bitte genaues Datum angeben)? Die polizeilichen Ermittlungen zum Amoklauf im und um das Olympia Einkaufszentrum am 22.07.2016 wurden mit dem Abschlussbericht der „SOKO OEZ“ vom 21.12.2016 abgeschlossen . Die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren werden in Kürze ebenfalls abgeschlossen werden, sind aber derzeit noch anhängig (Stand: 02.05.2017). Im Verfahren gegen den Waffenhändler Philipp K., dem unter anderem fahrlässige Tötung zur Last liegt, weil er David S. die Tatwaffe und die Munition für den Amoklauf verkauft haben soll, wurde mit Datum vom 13.02.2017 Anklage beim Landgericht München I erhoben. Die Anklage ist bereits zugestellt, über die Eröffnung des Hauptverfahrens ist bislang nicht entschieden (Stand: 02.05.2017). 1.2 Wann wurden die Familien der Opfer über den Abschluss der Ermittlungen unterrichtet (bitte genaues Datum angeben)? Am 17.03.2017 fand auf Einladung der Staatsanwaltschaft München I und des Bayerischen Landeskriminalamts ein Gespräch mit Angehörigen der Getöteten statt, in dem diesen als erste die Ermittlungsergebnisse vorgestellt und Fragen beantwortet wurden. An dem Gespräch nahmen vier Familien teil. 1.3 Wann und in welchem Umfang haben die Anwälte der Opferfamilien Akteneinsicht bekommen (bitte genaues Datum angeben)? Akteneinsicht in die noch bei der Staatsanwaltschaft München I anhängigen Verfahren wurde bislang nicht gewährt (Stand: 02.05.2017). Die Gewährung von Akteneinsicht wird nach Abschluss der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren erfolgen. Über die Gewährung von Akteneinsicht in dem bei Gericht anhängigen Verfahren gegen den Waffenhändler K. entscheidet das Gericht; teilweise ist bereits Akteneinsicht erfolgt. 2.1 Bieten die Tatumstände – alle neun Opfer haben einen Migrationshintergrund – Anhaltspunkte dafür, dass die Opfer aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit, Hautfarbe, Herkunft, Religion oder aufgrund ihres Erscheinungsbildes zum Ziel des „Amoklaufs“ wurden? 2.2 Bietet die Tätereinstellung – der von David S. entwickelte Hass auf „Angehörige südosteuropäischer Bevölkerungsgruppen“ – Anhaltspunkte dafür, dass die Opfer aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit, Hautfarbe, Herkunft, Religion oder aufgrund ihres Erscheinungsbildes zum Ziel des „Amoklaufs“ wurden? Die Tatumstände bieten Anhaltspunkte für die Annahme, dass zumindest bei den durch die ersten Schüsse getöteten Opfern deren Erscheinungsbild für den Täter eine maßgebliche Rolle gespielt haben könnte. Im Rahmen der Ermitt- Drucksache 17/17018 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 lungen konnte kein persönlicher Kontakt zwischen dem Täter und den Opfern festgestellt werden. David S. litt bereits seit frühester Kindheit unter teils massiven psychischen Störungen. Das durch Mitschüler zu seinem Nachteil verübte Mobbing zwischen der 5. und 8. Jahrgangsstufe verstärkte seine krankheitsbedingt negativen Lebenseinstellungen. Er entwickelte offenbar eine posttraumatische Belastungsstörung, die ihn zeitweise in große Angstzustände versetzte. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen ist davon auszugehen, dass David S. den gegenüber den für das Mobbing verantwortlichen Mitschülern empfundenen tiefen Hass mit der Zeit auf Personen projizierte, die diesen Mobbern in Alter, Herkunft, Aussehen und Lebensstil ähnlich waren. So entwickelte er eine tiefe Abneigung gegen Jugendliche bzw. Heranwachsende mit Migrationshintergrund , vor allem mit türkischen oder albanischen Wurzeln . Laut mehreren Zeugenaussagen hat David S. während der Tatausführung den Satz „Selber schuld, die haben mich gemobbt!“ und ähnliche Aussagen mit sinngleichem Inhalt gerufen. 2.3 Falls ja, weshalb wurde die Tat dann nicht – entsprechend der Kriterien zur Einordnung Politisch motivierter Kriminalität (PMK) – als PMK-rechts bzw. als Hasskriminalität eingestuft? Die Ermittlungen befassten sich zentral mit der Frage, was den Täter zu der Tat veranlasst haben könnte. Dazu wurden die Ermittlungsergebnisse der Sonderkommission (SOKO) OEZ des Bayer. Landeskriminalamts in enger Abstimmung mit der sachleitenden Staatsanwaltschaft München I von der Operativen Fallanalyse (OFA) Bayern, der Abteilung Kriminalpolizeilicher Staatsschutz des Bayer. Landeskriminalamts und dem Bayer. Landesamt für Verfassungsschutz (BayLfV) bewertet. Alle beteiligten Stellen kamen übereinstimmend zu der Bewertung, dass nicht eine politische Motivation tatauslösend war, sondern in der Gesamtbetrachtung die Auswahl der Opfer durch den Täter dem persönlichen, aber verallgemeinerten Feindbild der ehemaligen Mobber geschuldet sein dürfte. 3.1 Welche Rolle spielte ein mögliches rassistisches Tatmotiv bei den Ermittlungen? Bei den Ermittlungen fanden alle in Betracht kommenden Tatmotive Berücksichtigung. Hinsichtlich der Ergebnisse wird auf die Antworten zu den Fragen 2.1, 2.3 und 4.1 verwiesen . 3.2 Inwiefern wurden bei der Auswertung von aufgefundenem Material des Täters (online wie offline) Hinweise darauf gefunden, dass er rechtsextremistisches bzw. rassistisches Gedankengut teilte (entsprechende Hinweise bitte detailliert darstellen und erläutern)? David S. entwickelte offenbar gegen Jugendliche mit Migrationshintergrund , insbesondere türkisch- und balkanstämmige , eine starke Abneigung, die er vor allem im Internet auf Plattformen für Onlinespiele (so genannte „Teamspeak- Server“) auslebte. Die Auswertung der bei ihm sichergestellten elektronischen Dateien ergab Hinweise auf rassistisches Gedankengut. Mehreren Aussagen nach habe David S. den norwegischen Attentäter Anders Breivik verehrt. Dieser sei eine Art Vorbild für ihn gewesen. Ob sich dies allein auf dessen mörderische Handlungen oder auch auf die politische Einstellung des als rechtsextremistisch und islamfeindlich eingestuften Attentäters bezieht, bleibt offen. Am 22.07.2016 wurde vom Täter eine Datei mit dem Namen „Ich werde jetzt jeden Deutschen Türken auslöschen egal wer.docx“ erstellt. Inhalt des Dokuments war der Satz: „Das Mobbing wird sich heute auszahlen. Das Leid was mir zugefügt wurde, wird zurückgegeben.“ Im Rahmen der Ermittlungen ergaben sich Hinweise, dass S. während einer durchgeführten Psychotherapie den „Hitler-Gruß“ gebraucht, Hakenkreuze in seinen Block gezeichnet und „Sieg-Heil“ gerufen habe. Von einer Mitpatientin wurde er darauf angesprochen, ob er ein „Nazi“ sei, was dieser ihr gegenüber verneinte. Im Ergebnis kamen die bewertenden Stellen übereinstimmend zu dem Schluss, dass diese Handlungsweisen im Kontext mit dem abgrundtiefen Hass auf den Personenkreis stehen, der zu seinen „Mobbern“ zählte. 3.3 Welche Erkenntnisse konnten im Laufe der Ermittlungen darüber gewonnen werden, dass David S. laut Medienberichten stolz darauf war, wie Adolf Hitler am 20. April Geburtstag zu haben? David S. wurde von einigen Mitschülern unterstellt, Hitler zu mögen, da er am gleichen Tag wie dieser Geburtstag hatte. Die durchgeführten Vernehmungen und die Auswertung der sichergestellten Unterlagen und Datenträger konnten die Annahme, dass David S. stolz darauf gewesen wäre, wie Adolf Hitler am 20. April Geburtstag zu haben, nicht bestätigen . 4.1 Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung darüber hinaus über Bezüge des Täters zur „arischen Rassentheorie“ bzw. zu sonstigen ideologischen bzw. rassistischen Höherwertigkeitsvorstellungen – insbesondere gegenüber türkisch- oder arabischstämmigen Menschen bzw. gegenüber Muslimen ? Laut einer Zeugenaussage aus dem Familienkreis sei David S. sehr stolz auf seine persischen Wurzeln gewesen; gleichzeitig sei er auch stolz gewesen, deutscher Staatsbürger zu sein. Er sei davon ausgegangen, dass der Ursprung der Arier in Persien gewesen sei. Die Abneigung gegen türkisch - oder arabischstämmige Personen sei dem intensiven Mobbing durch eben diese Personen geschuldet gewesen. David S. war iranischer Abstammung und nichtpraktizierender Moslem. Abwertende, von Hass geprägte Äußerungen des S. anderen gegenüber finden sich auch in einem auf seinem Computer gespeicherten Dokument. Hierzu wird auf die Antwort zu Frage 5.1 verwiesen. 4.2 Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über Bezüge des familiären Umfelds des Täters zur „arischen Rassentheorie“ bzw. zu sonstigen ideologischen bzw. rassistischen Höherwertigkeitsvorstellungen – insbesondere gegenüber türkisch- oder arabischstämmigen Menschen bzw. gegenüber Muslimen? Bezüglich des familiären Umfeldes des David S. ergaben sich keine Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung. 4.3 Inwiefern wurden speziell die in den Fragen 4.1 und 4.2 erwähnten möglichen ideologischen Bezugspunkte bei den Ermittlungen zur Motivlage des Täters berücksichtigt? Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/17018 Zur Beantwortung dieser Frage wird auf die Antwort zur Frage 3.1 verwiesen. 5.1 Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über das schriftliche „Manifest“, das David S. laut Medienberichten im Vorfeld seiner Tat verfasst hat (http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen /2016-07/amoklaeufer-muenchen-waffe-darknet )? 5.2 Welche rassistischen, rechtsextremen oder islamfeindlichen Bezüge sind in dem „Manifest“ des Amokläufers zu finden (bitte detailliert darstellen und erläutern)? Die Datei mit der Bezeichnung „Mein Manifest.docx“ wurde von David S. am 24.07.2015 erstellt. Das Schriftstück hat die Überschrift: „Die Rache an diejenigen die mich auf dem Gewissen haben“. Das Dokument ist zwei Seiten lang und wurde auf der sichergestellten Festplatte des David S. aufgefunden . Das Dokument zeigt die Gedankenwelt auf, in der David S. sich bewegte. Er beschreibt darin, dass kein Tag ohne den Plan der Rache an den „Moosachern“ vergehen würde, er schreibt von den hoffnungslosen Tagen an der Schule, an der er gemobbt wurde. Er rätselt darin, was er denen angetan habe, was er verbrochen habe, um so extrem psychisch exekutiert zu werden. Er schreibt über die Lage der Schule im Norden von München und davon, dass diese Gegend sehr verstörend wirke. Der Stadtteil Feldmoching-Hasenbergl sei nahezu komplett mit einem „Virus“ infiziert. Die (Zitat) „ausländischen Untermenschen“ mit meist „türkisch-balkanischen Wurzeln“ würden „die Kriminalität regieren“ und für die Destabilisierung des Stadtteils verantwortlich sein. Er schreibt dabei von „Kakerlaken, Untermenschen und Menschen, die er exekutieren werde“. 5.3 Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung darüber , dass David S. durch die Wahl des Tatdatums – am 22. Juli 2016 jährten sich die rechtsextremistisch motivierten Anschläge von Anders Breivik zum fünften Mal – bewusst Bezug genommen hat auf die rassistische Ideologie Breiviks? Es kann nur vermutet werden, dass David S. gezielt den Jahrestag des Breivik-Attentats ausgewählt hat, konkrete Belege hierfür erbrachten die Ermittlungen nicht. David S. hatte neben einer Affinität zu Anders Breivik, auch eine solche zu anderen Amokläufern, so z. B. zu dem Amokläufer von Emsdetten (2006), dem Amokläufer von Winnenden (2009) und zu den beiden Tätern des Amoklaufs an der Columbine High School in Littleton/Colorado in den USA (1999). 6. Weshalb kommen die Ermittlungsbehörden trotz der Tatsache, dass David S. einen Hass auf „ Angehörige südosteuropäischer Bevölkerungsgruppen “ hegte, dass alle neun Todesopfer seinem „Feindbild“ entsprachen und dass David S. von den rechtsextremistisch motivierten Anschlägen von Anders Breivik fasziniert war, zu dem Schluss, dass nicht davon auszugehen sei, „dass die Tat Politisch motiviert war“? Bei der Definition des Begriffs „Politische Motivation“ ist für die Ermittlungsbehörden der entscheidende Aspekt, ob es politische Gesichtspunkte waren, die den Täter zu seiner Tat bewegt haben, also ob er mit seiner Tat eine politische Aussage treffen oder eine bestimmte Ideologie fördern bzw. durchsetzen wollte. Die Ermittlungsergebnisse weisen jedoch darauf hin, dass für David S. bei der Tatausführung nicht eine ideologische, also politische Motivation, sondern die „Rache“ für erlittene Kränkungen durch jahrelanges Mobbing und damit eine persönliche Motivation tatauslösend gewesen sein dürfte. 7.1 Wie ist – wenn, wie der Abschlussbericht der Ermittlungsbehörden beschreibt, Mobbing durch ehemalige Mitschüler das entscheidende Motiv des Amokläufers war – zu erklären, dass sich die Tat von David S. auch gegen ältere Menschen wendete (eine 45-jährige Frau wurde tödlich getroffen und ein 60-jähriger schwer verletzt)? Wie dargestellt, richtete sich der Gewaltexzess des David S. zunächst gegen Personen, die vom Erscheinungsbild dem Typus seiner Mobber entsprachen. Ob die weiteren Tötungshandlungen des David S. planmäßig, das heißt die Opferauswahl gezielt oder willkürlich war, konnte im Nachhinein nicht mehr belegbar festgestellt werden. Da sich unter den Opfern auch Personen ohne Migrationshintergrund bzw. Personen, die dem „Opferschema“ des Täters nicht entsprachen, befanden, kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass es sich um „Zufallsopfer“ gehandelt hat. 7.2 Bestand über die Tatsache hinaus, dass sie der gleichen, von David S. verhassten „südosteuropäischen Bevölkerungsgruppe“ angehörten, ein Zusammenhang zwischen den Opfern und den Mitschülern, von denen David S. in der Schule gemobbt wurde? Nach den Ergebnissen der Ermittlungen bestand ein solcher Zusammenhang nicht. 7.3 Wie begründet die Staatsregierung, dass die Ermittlungsbehörden trotz der Tatsache, dass David S. bewusst Personen tötete, die er pauschal einer bestimmten, ihm verhassten (südosteuropäischen ) Bevölkerungsgruppe zuordnete – ohne persönlich mit diesen in irgendeiner Beziehung zu stehen – kein rassistisches Motiv hinter der Tat erkennen können? Zur Beantwortung dieser Frage wird auf die Antworten zu den Fragen 2.1, 2.3, 3.1 und 6. verwiesen. 8. Welche Erkenntnisse konnten im Laufe der Ermittlungen über Schießtrainings gewonnen werden, die David S. laut Medienberichten (http://www. sueddeutsche.de/news/panorama/kriminalitaetmuenchner -amoklaeufer-soll-mit-vater-im-iranschiessen -geuebt-haben-dpa.urn-newsml-dpacom -20090101-160805-99-943828) gemeinsam mit seinem Vater im Iran absolviert haben soll? Wie die umfangreichen Ermittlungen ergaben, befand sich David S. im Januar 2016 mit seiner Familie auf einer Urlaubsreise im Iran. Dort wurde auch ein Freizeitpark aufgesucht , in welchem sich ein Schießstand für Luftdruckwaffen befand. Dorthin begleitete der Vater des David S. seinen Sohn, wo dieser mit einer Luftdruckwaffe schoss.