Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Christine Kamm BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 08.03.2017 Situation von geflüchteten Menschen mit Behinderungen in Bayern Behinderte Menschen, die nach Deutschland geflohen sind, werden schlecht versorgt, darauf weisen zahlreiche Hilfsorganisationen hin. Eine angemessene medizinische und soziale Betreuung sowie die Versorgung mit den notwendigen Hilfsmitteln sind in der Praxis oftmals nicht sichergestellt. Es fehlt häufig an behindertengerechten und barrierefreien Einrichtungen und Unterkünften. Schätzungsweise 15 Prozent der Geflüchteten leben mit Behinderungen. Die unzureichende Versorgung von Geflüchteten mit Behinderungen hat langfristige gesundheitliche Konsequenzen für die Betroffenen und verursacht enorme Folgekosten. Vor diesem Hintergrund frage ich die Staatsregierung: 1.1 Wie hoch ist nach Erkenntnissen der Staatsregierung der Anteil von besonders schutzbedürftigen Flüchtlingen und Asylbewerberinnen bzw. -bewerbern in Bayern (bitte begründen und nach einzelnen Gruppen gemäß Artikel 21 der EU-Aufnahmerichtlinie aufschlüsseln)? 1.2 Plant die Staatsregierung die Situation von besonders schutzbedürftigen Flüchtlingen und Asylbewerberinnen bzw. -bewerbern zu evaluieren, beispielsweise durch ein bayernweites Forschungsvorhaben? 1.3 Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung im Rahmen des Vertragsverletzungsverfahrens (2015/0387) über die Unterbringungs- und Versorgungssituation von Geflüchteten, insbesondere Menschen mit Behinderungen in Bayern, erlangt? 2.1 Inwiefern werden in den Ankunftszentren, Erstaufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften sowohl in den Verfahren als auch hinsichtlich der sozialen Betreuung die besonderen Bedarfe von Menschen mit Behinderungen beachtet (bitte die einzelnen Maßnahmen benennen)? 2.2 Inwiefern werden die Qualifikation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Unterkünften, aber auch der zuständigen Behörden in Bayern im Bereich Asyl- und Flüchtlingspolitik hinsichtlich des Umgangs mit besonders schutzbedürftigen Personen, insbesondere Menschen mit Behinderungen, überprüft? 2.3 Werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Unterkünften , aber auch der zuständigen Behörden in Bayern im Bereich Asyl- und Flüchtlingspolitik – abgesehen von den Qualifizierungen im Umgang mit traumatisierten Menschen – für den Umgang mit Menschen mit Behinderungen qualifiziert? 3.1 Welche Probleme beim Zugang zu inklusiven Kindertagesstätten und Schulen sowie zu Gebärdensprachkursen von geflüchteten Kindern mit Behinderungen sind der Staatsregierung bekannt? 3.2 Teilt die Staatsregierung die Auffassung, dass durch unzureichende Betreuungsangebote für geflüchtete Kinder mit Behinderungen die Integrationschancen der betreuenden Angehörigen beeinträchtigt werden? 3.3 Werden Familien mit Kindern mit Behinderung im Rahmen der Härtefallregelung beim eingeschränkten Familiennachzug für subsidiär Schutzbedürftige berücksichtigt ? 4.1 Hat die Staatsregierung Kenntnis darüber, welche Erstaufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünfte barrierefrei sind (bitte nach Bezirke und Art der Einrichtung aufschlüsseln)? 4.2 Ist die Staatsregierung der Auffassung, dass einheitliche Gewaltschutzkonzepte in Unterkünften entwickelt werden sollten, um geflüchtete Menschen vor Übergriffen zu schützen, insbesondere Menschen mit Behinderungen ? 4.3 Gibt es solche Gewaltschutzkonzepte und Präventivmaßnahmen , um geflüchtete Menschen vor Übergriffen zu schützen, für bayerische Flüchtlingsunterkünfte (wenn ja, bitte dieser Antwort hinzufügen)? 5.1 Wie vielen Asylsuchenden und Geduldeten wurden nach Kenntnisstand der Staatsregierung im Jahr 2015 behinderungsbedingt notwendige Leistungen sowie Heil- und Hilfsmittel im Rahmen der §§ 4 und 6 des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) gewährt (bitte nach Monaten und Bezirken aufschlüsseln)? 5.2 Teilt die Staatsregierung die Auffassung, dass eine mangelnde Versorgung mit Heil- und Hilfsmitteln, aber auch Teilhabeleistungen zu nachhaltigen gesundheitlichen , insbesondere psychischen, und sozialen Problemen bei geflüchteten Menschen mit Behinderungen führen kann? 6.1 Teilt die Staatsregierung die Auffassung, dass die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes die Versorgung mit Heil- und Hilfsmitteln sowie den Zugang zu Teilhabeleistungen erleichtern und verbessern würde? 6.2 Ist der Staatsregierung bekannt, warum es die Bundesregierung weiterhin für sinnvoll hält, Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz von Leistungen zur Teilhabe nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Neuntes Buch (IX) auszuschließen (bitte ggf. negative Folgen dieses Ausschlusses angeben)? 6.3 Hält es die Staatsregierung für sinnvoll, dass im Rahmen der verpflichtenden Gesundheitsuntersuchung von asylsuchenden Personen nach § 62 des Asylgesetzes zusätzlich die Feststellung besonderer Bedarfe und möglicher Behinderungen erfolgt? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 24.08.2017 17/17063 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/17063 7.1 Bei wie vielen abgelehnten Asylsuchenden wurde eine Abschiebung aufgrund des behinderungsbedingten Gesundheitszustandes in den letzten fünf Jahren nicht vollzogen (bitte nach Herkunftsländern aufschlüsseln )? 7.2 Welche Fachstellen, Beratungsangebote und/oder Initiativen für Asylsuchende, Geduldete und anerkannte Flüchtlinge mit Behinderungen werden vom Freistaat unterstützt (bitte die Höhe des finanziellen Umfangs angeben)? 7.3 Werden in Bayern auch geflüchtete Menschen mit Behinderung in Abschiebehaft genommen? 8.1 Welche Kooperationen zwischen Selbstvertretungsorganisationen von Menschen mit Behinderungen und Menschen mit Migrationshintergrund sind der Staatsregierung bekannt und inwiefern unterstützt die Staatsregierung deren Entstehen, Verbreitung oder Vernetzung? 8.2 Welche Fachstellen, Beratungsangebote und/oder Initiativen für Asylsuchende, Geduldete und anerkannte Flüchtlinge mit Behinderungen werden vom Freistaat unterstützt (bitte die Höhe des finanziellen Umfangs angeben)? 8.3 Wie werden bei Sprach- und Integrationskursen die Belange von Menschen mit Sinnesbehinderungen oder mit kognitiven Beeinträchtigungen berücksichtigt ? Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 22.05.2017 Die Schriftliche Anfrage der Frau Abgeordneten Christine Kamm wird in Abstimmung mit dem Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr, dem Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst sowie dem Staatsministerium für Gesundheit und Pflege wie folgt beantwortet : 1.1 Wie hoch ist nach Erkenntnissen der Staatsregierung der Anteil von besonders schutzbedürftigen Flüchtlingen und Asylbewerberinnen bzw. -bewerbern in Bayern (bitte begründen und nach einzelnen Gruppen gemäß Artikel 21 der EU-Aufnahmerichtlinie aufschlüsseln)? Nach Artikel 21 der EU-Aufnahmerichtlinie gelten als besonders schutzbedürftig Personen wie Minderjährige, unbegleitete Minderjährige, Behinderte, ältere Menschen, Schwangere , Alleinerziehende mit minderjährigen Kindern, Opfer des Menschenhandels, Personen mit schweren körperlichen Erkrankungen, Personen mit psychischen Störungen und Personen, die Folter, Vergewaltigung oder sonstige schwere Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt erlitten haben, wie z. B. Opfer der Verstümmelung weiblicher Genitalien. In Bayern gibt es aktuell (Bundesverwaltungsamt, Stand: 31.03.2017) 4.962 unbegleitete Minderjährige. Hinzu kommen insgesamt 30.703 begleitete Minderjährige (Integriertes Migrantenverwaltungssystem des Freistaats Bayern, „IVMS“, Stand: 31.03.2017). Ältere Menschen mit Fluchthintergrund (65 Jahre und älter) befinden sich derzeit 875 in Bayern (IVMS, Stand: 31.03.2017). Grundsätzlich wird der Personenkreis der Flüchtlinge und Asylbewerber mit Behinderungen statistisch nicht gesondert erfasst; im Rahmen der Erfassung kann nur auf die Staatsangehörigkeit und den Aufenthaltsstatus abgestellt werden. Dennoch kann Folgendes mitgeteilt werden: Seit 2011 wurde in 1.928 Fällen von Asylbewerbern eine Feststellung über den Grad einer Behinderung (GdB) getroffen, davon entfallen allein auf das Jahr 2016 827 Entscheidungen; im Jahr 2015 waren es noch 344 Feststellungen. Ein GdB von 50 oder höher wurde bei 1.318 Personen festgestellt. Berücksichtigt wurden dabei Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit und befristetem Aufenthaltstitel aus den folgenden Herkunftsländern (bzw. mit den Staatsangehörigkeiten): Syrien, Afghanistan, Irak, Eritrea, Iran, Somalia, Nigeria, Äthiopien, Libyen, Mali, Pakistan, Senegal, Ägypten, Marokko . Die Art des befristeten Aufenthaltstitels ist nicht näher bekannt. Die Auswahl der Staatsangehörigkeiten richtet sich nach den statistischen Zahlen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zu Hauptherkunftsländern von Flüchtlingen in den vergangenen zwei Jahren. Die übrigen „besonders schutzbedürftigen Personen“ werden in der Statistik nicht gesondert ermittelt. 1.2 Plant die Staatsregierung die Situation von besonders schutzbedürftigen Flüchtlingen und Asylbewerberinnen bzw. -bewerbern zu evaluieren , beispielsweise durch ein bayernweites Forschungsvorhaben ? Das vom Staatsministerium für Gesundheit und Pflege in Auftrag gegebene Gutachten „Auswirkungen des Zustroms von Asylbewerbern auf die gesundheitliche Versorgung in Bayern“ untersucht die mittelfristigen Auswirkungen der aktuellen und weiter zu erwartenden Zuwanderung von Asylbewerbern und Flüchtlingen auf das Gesundheitswesen in Bayern, insbesondere auch bezüglich der dadurch entstehenden Herausforderungen für die medizinische Versorgung der aktuellen Wohnbevölkerung und der zuwandernden Asylbewerber und Flüchtlinge. In den Blick genommen werden soll die gesundheitliche Versorgung im stationären und ambulanten Bereich sowie im Bereich Öffentlicher Gesundheitsdienst (ÖGD). Ein darüber hinausgehendes Forschungsvorhaben zur Evaluierung der Situation besonders schutzbedürftiger Flüchtlinge und Asylbewerber und -bewerberinnen ist derzeit nicht geplant. 1.3 Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung im Rahmen des Vertragsverletzungsverfahrens (2015/0387) über die Unterbringungs- und Versorgungssituation von Geflüchteten, insbesondere Menschen mit Behinderungen in Bayern, erlangt? Das in der Fragestellung genannte Vertragsverletzungsverfahren betraf lediglich die rechtliche Umsetzung der Aufnahmerichtlinie , für deren Vollzug der Bund zuständig ist. Drucksache 17/17063 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 2.1 Inwiefern werden in den Ankunftszentren, Erstaufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften sowohl in den Verfahren als auch hinsichtlich der sozialen Betreuung die besonderen Bedarfe von Menschen mit Behinderungen beachtet (bitte die einzelnen Maßnahmen benennen)? Zu den Aufgaben der durch das Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration geförderten Asylsozialberatungskräfte gehört es unter anderem, die Betroffenen durch die Bereitstellung von Orientierungshilfen, Beratung und Information in die Lage zu versetzen, die auftretenden Alltagsprobleme besser bewältigen zu können. Die Beratung erfolgt einzelfallbezogen, sodass den besonderen Bedürfnissen insbesondere von Menschen mit Behinderung Rechnung getragen wird. Fragen hinsichtlich des Asylverfahrens sind an das für die Durchführung zuständige BAMF zu richten. 2.2 Inwiefern werden die Qualifikation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Unterkünften, aber auch der zuständigen Behörden in Bayern im Bereich Asyl- und Flüchtlingspolitik hinsichtlich des Umgangs mit besonders schutzbedürftigen Personen , insbesondere Menschen mit Behinderungen überprüft? 2.3 Werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Unterkünften, aber auch der zuständigen Behörden in Bayern im Bereich Asyl- und Flüchtlingspolitik – abgesehen von den Qualifizierungen im Umgang mit traumatisierten Menschen – für den Umgang mit Menschen mit Behinderungen qualifiziert ? Zunächst sei darauf hingewiesen, dass es keine gesetzlichen Vorgaben bezüglich der Qualifikation mit Blick auf den Umgang mit besonders schutzbedürftigen Personen, insbesondere Menschen mit Behinderungen außerhalb von pflegerischen, sozialpädagogischen oder medizinischen Berufen gibt. Eine Überprüfung einer solchen Qualifikation kann somit nicht erfolgen. Allerdings wird das in der Unterbringungsverwaltung eingesetzte Personal von den Regierungen insgesamt sehr sorgfältig ausgewählt. Bei der Personalentscheidung wird großer Wert darauf gelegt, dass die Mitarbeiter die Kompetenz mitbringen, besondere Bedarfe der Asylsuchenden zu erkennen. Zum Teil sind Sozialpädagogen eingesetzt, die im Umgang mit schutzbedürftigen Personen besonders geschult sind. Es wird bei der Einstellung zudem ein erweitertes Führungszeugnis gefordert. Darüber hinaus werden die Mitarbeiter zum Teil durch Seminare sowie im täglichen Einsatz besonders sensibilisiert, entsprechende Bedürfnisse zu erkennen und angemessen zu reagieren. Hierzu gehört auch, die Asylsozialberatung einzubeziehen , welche wiederum überwiegend aus Sozialpädagogen besteht. Sollte es erforderlich sein, werden Betreuungs-, Jugend - oder Gesundheitsamt sowie Behindertenbeauftragte der Kreisverwaltungsbehörden zurate gezogen. 3.1 Welche Probleme beim Zugang zu inklusiven Kindertagesstätten und Schulen sowie zu Gebärdensprachkursen von geflüchteten Kindern mit Behinderungen sind der Staatsregierung bekannt? Probleme beim Zugang zu inklusiven Kindertagesstätten und Schulen sowie zu Gebärdensprachkursen von geflüchteten Kindern mit Behinderungen sind der Staatsregierung nicht bekannt. Vielmehr unternimmt die Staatsregierung alles , um für diesen Personenkreis gute Rahmenbedingungen zu schaffen. Mit Blick auf den Zugang zu inklusiven Kindertagesstätten begründen Kinder von Asylbewerbern und Flüchtlingskinder spätestens nach der Verteilung der Familie in die Kommune (Gemeinschaftsunterkünfte oder dezentrale Unterbringung) einen gewöhnlichen Aufenthalt und haben damit wie alle Kinder einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz in einer Kindertageseinrichtung oder in der Kindertagespflege ab dem vollendeten ersten Lebensjahr bis zur Einschulung nach § 24 des Sozialgesetzbuches (SGB) Achtes Buch (VIII). Der Rechtsanspruch der Kinder auf einen Betreuungsplatz gilt uneingeschränkt. Grundsätzlich sollen alle Kinder mit (drohender) Behinderung in wohnortnahen Kindertageseinrichtungen entsprechend ihres individuellen Hilfebedarfs gemeinsam mit Kindern ohne Behinderung betreut und gefördert werden, um eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Um den durch die Inklusion bedingten höheren Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungsaufwand auszugleichen und gute Rahmenbedingungen für die inklusive Arbeit zu ermöglichen, wird bei der kindbezogenen Förderung im Rahmen des Bayerischen Kinderbildungsund -betreuungsgesetzes (BayKiBiG) ein erhöhter Gewichtungsfaktor von 4,5 zugrunde gelegt. Außerdem können im Bedarfsfall bei Kindern mit geistiger und/oder körperlicher Behinderung Mittel aus dem speziellen Förderprogramm zur Integration von Asylbewerber- und Flüchtlingskindern in Kindertageseinrichtungen eingesetzt werden. Für dieses Förderprogramm stellt der Freistaat 2017 und 2018 jährlich insgesamt 3 Mio. Euro zur Verfügung. Im Bereich der Beschulung von Flüchtlingskindern mit inklusivem Bedarf sind konkrete Probleme ebenfalls nicht bekannt. Für behinderte Kinder und Jugendliche wird an bayerischen Grund-, Mittel- und Förderschulen – unabhängig vom Merkmal „Flüchtling“ – eine Vielzahl an inklusiven Angeboten und Maßnahmen bereitgehalten. Hierzu gehört die Inklusion einzelner Schüler an Sprengelschulen bzw. Verbundmittelschulen (jeweils zum Teil mit dem Schulprofil „Inklusion“), die Bildung von Kooperations oder Partnerklassen im Förderbereich sowie die maßnahmen- und angebotsbezogene besondere Unterstützung u. a. mittels verstärkter Personalzuweisung, Reduzierung von Klassenstärken und Einsatzes des Mobilen Sonderpädagogischen Dienstes. Daneben gibt es an Staatlichen Schulämtern unabhängige Beratungsstellen für Inklusion im Bereich der Grund-, Mittelund Förderschulen, die Lehrkräfte und Eltern bei konkreten Fragen beraten und ggf. die Inklusionsmaßnahme begleiten. 3.2 Teilt die Staatsregierung die Auffassung, dass durch unzureichende Betreuungsangebote für geflüchtete Kinder mit Behinderungen die Integrationschancen der betreuenden Angehörigen beeinträchtigt werden? Die gedankliche Voraussetzung der Frage, dass die Betreuungsangebote für geflüchtete Kinder mit Behinderungen unzureichend wären, teilt die Staatsregierung nicht. Für den Ausbau und die Bereitstellung von Betreuungsplätzen sind in Bayern die Gemeinden zuständig. Diese sind verpflichtet, ein bedarfsgerechtes und möglichst passgenaues Angebot zur Verfügung zu stellen. Der Freistaat unterstützt die Gemeinden hierbei in erheblichem Umfang durch finanzielle Zuschüsse zu den Betriebs- und Investiti- Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/17063 onskosten. Die Bereitstellung von Betreuungsplätzen in Kindertageseinrichtungen oder Kindertagespflege unterstützt die Integrationschancen von Eltern mit Fluchterfahrung, unabhängig vom Vorliegen einer (drohenden) Behinderung des Kindes. Daher werden generell Eltern mit Fluchthintergrund auf die Chancen für das Kind und die Integration hingewiesen, die mit einer Betreuung in einer Kindertageseinrichtung oder in einer Kindertagespflege verbunden sind (siehe hierzu auch www.kita.bayern.de (Kurzfilme zur frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung in den Sprachen Deutsch, Englisch, Französisch, Arabisch und Farsi)). Eine im Dezember 2016 stichprobenartig durchgeführte Umfrage aller Regierungen hat zudem ergeben, dass bei der Betreuung und Förderung in Heilpädagogischen Tagesstätten an Förderschulen und Schulvorbereitenden Einrichtungen (insgesamt 15.600 Plätze) rund jedes vierte der betreuten Kinder einen Migrations- oder Asylhintergrund hat. Dies zeigt, dass in diesem Bereich die Betreuung durch den betroffenen Personenkreis gut angenommen wird. 3.3 Werden Familien mit Kindern mit Behinderung im Rahmen der Härtefallregelung beim eingeschränkten Familiennachzug für subsidiär Schutzbedürftige berücksichtigt? Der Familiennachzug zu Ausländern, denen nach dem 17.03.2016 als subsidiär Schutzberechtigten eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 Satz 1 zweite Alternative des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) erteilt worden ist, ist nach § 104 Abs. 13 Satz 1 AufenthG bis zum 16.03.2018 ausgesetzt. Unberührt bleibt nach § 104 Abs. 13 Satz 3 Aufenth G bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen die Aufnahme aus dem Ausland über die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach §§ 22, 23 AufenthG. Für die Beurteilung, ob ein dringender humanitärer Grund im Sinne von § 22 Satz 1 AufenthG vorliegt, und damit die abschließende Entscheidung über das Ersuchen auf humanitäre Aufnahme, sind die deutschen Auslandsvertretungen im Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes (ggf. unter dessen direkter Beteiligung) und damit Bundesbehörden zuständig. Die Staatsregierung hat daher zu dieser Fragestellung keine weitergehenden Erkenntnisse . 4.1 Hat die Staatsregierung Kenntnis darüber, welche Erstaufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünfte barrierefrei sind (bitte nach Bezirken und Art der Einrichtung aufschlüsseln)? Grundsätzlich achten die Regierungen bei der Anmietung der Unterkünfte und bei der Unterbringung von schutzbedürftigen Personen, insbesondere mit Behinderungen, im Rahmen des Möglichen auf die unterschiedlichen Anforderungen wie Barrierefreiheit, Unterbringung im Erdgeschoss und geeignete sanitäre Einrichtungen. Die Barrierefreiheit wird nur im Einzelfall erfasst, sodass hierzu keine weitergehenden Angaben gemacht werden können. 4.2 Ist die Staatsregierung der Auffassung, dass einheitliche Gewaltschutzkonzepte in Unterkünften entwickelt werden sollten, um geflüchtete Menschen vor Übergriffen zu schützen, insbesondere Menschen mit Behinderungen? Der Freistaat Bayern nimmt den Schutz aller in den Asylunterkünften untergebrachten Personen sehr ernst und hat zu diesem Zweck ein Schutzkonzept erstellt, vgl. sogleich die Antwort zu Frage 4.3. Um den Schutz jedes Einzelnen zu gewährleisten, müssen abweichend von starren Vorgaben stets die spezifische Lage und die Belange der Betroffenen sowie die individuellen Gegebenheiten vor Ort Berücksichtigung finden. 4.3 Gibt es solche Gewaltschutzkonzepte und Präventivmaßnahmen , um geflüchtete Menschen vor Übergriffen zu schützen, für bayerische Flüchtlingsunterkünfte (wenn ja, bitte dieser Antwort hinzufügen )? Der Freistaat Bayern setzt zum Zweck des Schutzes der in Asylunterkünften Untergebrachten ein Schutzkonzept um. Mit dessen Hilfe soll Übergriffen auf verschiedensten Ebenen effektiv entgegengewirkt und vorgebeugt werden, wobei spezifische Bedarfe Berücksichtigung finden. Beispielhaft, angesichts der Berücksichtigung individueller Bedarfslagen aber nicht abschließend, werden folgende Schutzmaßnahmen seitens des Freistaates Bayern getroffen : Bei der Unterbringung von Asylbewerbern nehmen die zuständigen Regierungen und Kreisverwaltungsbehörden im Rahmen der vorhandenen Kapazitäten auf individuelle Umstände wie beispielsweise Herkunft, Ethnien und Religion , sexuelle Orientierung, körperliche Einschränkungen oder Geschlecht Rücksicht. Übergriffe auf Asylbewerber, gleich aus welchen Gründen, werden in keinster Weise toleriert . Dies gilt auch für Übergriffe unter Asylbewerbern. Konkreten Hinweisen wird stets nachgegangen und die Strafverfolgungsbehörden werden eingeschaltet. Ferner besteht gemäß Art. 4 Abs. 6 des Aufnahmegesetzes (AufnG) auch die Möglichkeit des Erhalts einer Auszugsgestattung aus der Asylunterkunft, soweit im Einzelfall eine besondere Situation vorliegt. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Unzumutbarkeit der Unterbringung infolge von Krankheit nach Art. 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 AufnG ein Regelbeispiel darstellt, bei dessen Vorliegen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles durch die zuständige Behörde eine Auszugsgestattung erteilt werden kann. Ferner wird zusätzlicher Schutz auch durch den Einsatz von Sicherheitspersonal gewährleistet. So ist in allen Erstaufnahmeeinrichtungen rund um die Uhr zum Schutz der Asylbewerber ein Wachdienst vor Ort; auch in einigen Gemeinschaftsunterkünften und dezentralen Unterkünften besteht ein Wachdienst, wenn die besondere Situation vor Ort dies erfordert. Das Sicherheitspersonal wird von den Regierungen sorgfältig ausgewählt. Der sensible Umgang mit der besonderen Situation der Asylbewerber ist Bestandteil des Anforderungsprofils für eingesetzte Mitarbeiter. Im täglichen Ablauf wird durch objektspezifische Dienstanweisungen und regelmäßige Besprechungen mit der Unterbringungsleitung sichergestellt, dass sich das Sicherheitspersonal korrekt verhält. Darüber hinaus besteht für Asylbewerber eine Betreuung durch Berater im Rahmen der Asylsozialberatung, an die sich die Untergebrachten vertrauensvoll wenden können. Einen weiteren wichtigen Baustein als Mittel der Gewaltprävention stellt ergänzend auch der in Bayern seit Januar 2016 in den Gemeinschaftsunterkünften erfolgende Rechtskundeunterricht dar, mit dem Flüchtlingen die grundlegenden Werte unserer Rechts- und Verfassungsordnung nähergebracht werden, um diese zu respektieren und sich mit ihnen zu identifizieren. Drucksache 17/17063 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 5 Im Zuge dessen werden insbesondere Werte der Demokratie , der Meinungs- und Religionsfreiheit, der Gleichberechtigung von Mann und Frau, der Toleranz sowie die Grundprinzipien der Rechtsordnung behandelt. 5.1 Wie vielen Asylsuchenden und Geduldeten wurden nach Kenntnisstand der Staatsregierung im Jahr 2015 behinderungsbedingt notwendige Leistungen sowie Heil- und Hilfsmittel im Rahmen der §§ 4 und 6 des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) gewährt (bitte nach Monaten und Bezirken aufschlüsseln)? Eine Auswertung der Kosten im Rahmen der §§ 4 und 6 AsylbLG im Hinblick darauf, ob diese in einem Zusammenhang mit einer Behinderung gewährt wurden, ist nicht möglich , da die Daten nicht gesondert erfasst werden. 5.2 Teilt die Staatsregierung die Auffassung, dass eine mangelnde Versorgung mit Heil- und Hilfsmitteln, aber auch Teilhabeleistungen zu nachhaltigen gesundheitlichen , insbesondere psychischen, und sozialen Problemen bei geflüchteten Menschen mit Behinderungen führen kann? Die gedankliche Voraussetzung der Frage, dass die Versorgung von Flüchtlingen mit Behinderungen mit Heil- und Hilfsmitteln unzureichend wäre, teilt die Staatsregierung nicht. Gemäß §§ 4 und 6 AsylbLG haben Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz einen Anspruch auf eine Basisversorgung. Im Rahmen dieser erfolgt die Gewährung von Heil- und Hilfsmitteln, wenn diese in unmittelbarem Zusammenhang mit der Behandlung einer akuten Erkrankung oder von Schmerzuständen steht. Gemäß § 6 AsylbLG können darüber hinaus Heil- und Hilfsmittel für Gesundheitsbedarfe gewährt werden, wenn die Leistung im Einzelfall zur Sicherung der Gesundheit unerlässlich oder zur Deckung besonderer Bedürfnisse von Kindern geboten ist. Soweit europarechtlich oder verfassungsrechtlich geboten , vermittelt § 6 AsylbLG – im Wege der Ermessensreduzierung – auch einen zwingenden Anspruch gerade für besonders vulnerable Gruppen wie behinderte Menschen. Nach einem Aufenthalt von 15 Monaten auf deutschem Bundesgebiet haben die Leistungsberechtigten denselben Anspruch auf eine Heil- und Hilfsmittelversorgung wie gesetzlich Krankenversicherte. 6.1 Teilt die Staatsregierung die Auffassung, dass die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes die Versorgung mit Heil- und Hilfsmitteln sowie den Zugang zu Teilhabeleistungen erleichtern und verbessern würde? Das Sonderleistungsrecht des AsylbLG trägt dem Sachverhalt Rechnung, dass sich Asylsuchende in einer von anderen hilfebedürftigen Personengruppen zu unterscheidenden Situation befinden. Die Situation von Asylsuchenden ist durch eine unsichere Aufenthaltsperspektive gekennzeichnet, die der Bundesgesetzgeber durch das AsylbLG berücksichtigt. Diese auf sachlichen Gründen beruhende Unterscheidung zwischen (hilfebedürftigen) Personengruppen wird durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18.07.2012 gestützt, da dem Gesetzgeber aus Sicht des Bundesverfassungsgerichts bei der Bestimmung des Umfangs der Hilfeleistungen ein Gestaltungsspielraum zukommt und sich Minderbedarfe bei einem kurzfristigen und nicht auf Dauer angelegten Aufenthalt ergeben können (BVerfG, Urteil vom 18.07.2012, 1 BvL 10/10, BvL 2/11, Rn. 67 und 76). Eine Ausweitung des Leistungsanspruchs der Asylsuchenden auf alle Heil- und Hilfsmittel sowie Teilhabeleistungen erscheint angesichts einer möglicherweise nur kurzen Aufenthaltsdauer der jeweiligen Betroffenen nicht sachgerecht. 6.2 Ist der Staatsregierung bekannt, warum es die Bundesregierung weiterhin für sinnvoll hält, Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz von Leistungen zur Teilhabe nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Neuntes Buch (IX) auszuschließen (bitte ggf. negative Folgen dieses Ausschlusses angeben)? Der Staatsregierung liegen hierzu keine Informationen vor. 6.3 Hält es die Staatsregierung für sinnvoll, dass im Rahmen der verpflichtenden Gesundheitsuntersuchung von asylsuchenden Personen nach § 62 des Asylgesetzes zusätzlich die Feststellung besonderer Bedarfe und möglicher Behinderungen erfolgt? Die bundesrechtlich vorgeschriebene Gesundheitsuntersuchung nach § 62 des Asylgesetzes (AsylG) auf übertragbare Krankheiten erfolgt in Bayern innerhalb von drei Tagen nach Registrierung in einer Erstaufnahmeeinrichtung durch die Gesundheitsbehörden oder beauftragte Ärzte. Sie soll der Gefahr einer Ausbreitung übertragbarer Krankheiten, die mit der Unterbringung in einer Gemeinschaftseinrichtung generell einhergeht, begegnen und dient damit dem Schutz der öffentlichen Gesundheit. Der Umfang der Untersuchung umfasst in Bayern aktuell eine körperliche Untersuchung auf Anzeichen einer übertragbaren Krankheit, eine Untersuchung zum Ausschluss einer Tuberkulose der Atmungsorgane , eine anlassbezogene Stuhluntersuchung auf bakterielle Erreger (Typhus, Paratyphus, enteritische Salmonellen und Shigellen) und Darmparasiten sowie eine Blutuntersuchung auf HIV- und Hepatitis-B-Infektionen. Weitergehende individualmedizinische Untersuchungen, z.B. auf mögliche Behinderungen der Asylbewerberinnen und Asylbewerber, sind aufgrund des Schutzzwecks nicht Bestandteil dieser verpflichtenden Gesundheitsuntersuchung nach § 62 AsylG. Wird bei der Untersuchung weiterer medizinischer Hilfsbedarf sichtbar, werden diese Personen an das kurative Versorgungssystem weitervermittelt. Der Zugang zu individueller kurativer ärztlicher Betreuung und Therapie der Asylbewerberinnen und Asylbewerber gemäß §§ 4 und 6 des Asylbewerberleistungsgesetzes ist in allen Erstaufnahmeeinrichtungen in Bayern gesichert, vgl. nochmals unter Frage 5.2. Somit können behinderte Personen das medizinische Hilfesystem in den Erstaufnahmeeinrichtungen zeitnah in Anspruch nehmen. Eine Änderung der Vorgaben für die Gesundheitsuntersuchung nach § 62 AsylG kann nur durch den Bund erfolgen. Die bestehenden gesetzlichen Regelungen nach §§ 4 und 6 AsylbLG sind geeignet, um den besonderen Bedürfnissen von behinderten Asylbewerberinnen und Asylbewerbern individuell zu begegnen. 7.1 Bei wie vielen abgelehnten Asylsuchenden wurde eine Abschiebung aufgrund des behinderungsbedingten Gesundheitszustandes in den letzten fünf Jahren nicht vollzogen (bitte nach Herkunftsländern aufschlüsseln)? Seite 6 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/17063 Es liegen keine Angaben darüber vor, bei wie vielen abgelehnten Asylsuchenden eine Abschiebung aufgrund des behinderungsbedingten Gesundheitszustandes in den letzten fünf Jahren nicht vollzogen wurde. 7.2 und 8.2 (gleichlautend) Welche Fachstellen, Beratungsangebote und/oder Initiativen für Asylsuchende, Geduldete und anerkannte Flüchtlinge mit Behinderungen werden vom Freistaat unterstützt (bitte die Höhe des finanziellen Umfangs angeben )? Auch geflüchtete Menschen mit Behinderung können sich in allen Fragen, die in Zusammenhang mit einer Behinderung stehen, an einen Dienst der Offenen Behindertenarbeit (OBA) wenden. Es handelt sich hierbei um ein sozialraumorientiertes und niedrigschwelliges Angebot für Menschen mit wesentlichen geistigen und/oder körperlichen Behinderungen sowie für sinnesbehinderte oder chronisch kranke Menschen nach §§ 53 ff. SGB XII und deren Angehörige. Der Freistaat Bayern und die bayerischen Bezirke fördern regionale und überregionale Dienste der OBA entsprechend der geltenden Richtlinien. Die regionalen Dienste werden im Einzelfall vor Ort und in Kooperation mit den entsprechenden Stellen tätig. Auch das Angebot der überregionalen OBA-Dienste wird niedrigschwellig vorgehalten. Es richtet sich an Menschen, die durch eine spezifische Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit , an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt sind, sowie an deren Angehörige. Förderung des Freistaats Bayern im Jahr 2016: Regionale Dienste der Offenen Behindertenarbeit 5,88 Mio. € Überregionale Dienste der Offenen Behindertenarbeit . 3,12 Mio. € Zudem stehen die Beratungsangebote der Asylsozialberatung , der Migrationsberatung und der Jugendmigrationsdienste zur Verfügung; hierbei fallen die bundesgeförderte Migrationsberatung und die Jugendmigrationsdienste in die Zuständigkeit des Bundes (bayerische Haushaltsansätze 2017: Asylsozialberatung 23,0 Mio. Euro; landesgeförderte Migrationsberatung 6,9 Mio. Euro). Die Ansätze für die bundesgeförderte Migrationsberatung und die Jugendmigrationsdienste wären beim Bund zu erfragen. 7.3 Werden in Bayern auch geflüchtete Menschen mit Behinderung in Abschiebehaft genommen? Vor Stellung eines Antrags auf Abschiebungshaft gemäß § 62 Abs. 3 Satz 1 AufenthG hat die Ausländerbehörde in jedem Einzelfall zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für die beabsichtigte Abschiebung vorliegen. Sind der Ausländerbehörde im konkreten Einzelfall Umstände bekannt, die die Abschiebung unter Zugrundelegung der Voraussetzungen nach § 60 Abs. 2c und 2d AufenthG aus gesundheitlichen Gründen unmöglich machen, wird grundsätzlich keine Abschiebungshaft beantragt. Zu diesen gesundheitlichen Gründen kann unter Umständen auch eine Behinderung gehören, sofern im konkreten Einzelfall die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Reiseunfähigkeit vorliegen. Zudem hat auch das unabhängige Haftgericht zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für eine Abschiebung vorliegen und ob der betreffende Ausländer aufgrund einer etwaigen Behinderung überhaupt haftfähig ist. Beim Vorliegen von Haftunfähigkeit wird Abschiebungshaft nicht angeordnet. 8.1 Welche Kooperationen zwischen Selbstvertretungsorganisationen von Menschen mit Behinderungen und Menschen mit Migrationshintergrund sind der Staatsregierung bekannt und inwiefern unterstützt die Staatsregierung deren Entstehen, Verbreitung oder Vernetzung? Unmittelbare Kooperationen zwischen Organisationen aus dem Bereich Selbsthilfe von Menschen mit Behinderungen und Organisationen aus dem Migrationsbereich sind der Staatsregierung nicht bekannt. Punktuell gibt es nach Auskunft der Landesarbeitsgemeinschaft SELBSTHILFE Anstrengungen einzelner Mitgliedsverbände, sich dem Thema Migration speziell zu öffnen. Von der Landeshauptstadt München wird die Initiative „Handikap International“ gefördert , die sich seit 2003 für Flüchtlinge und Migranten mit Behinderung engagiert. Darüber hinaus liegen der Staatsregierung keine Informationen vor. 8.3 Wie werden bei Sprach- und Integrationskursen die Belange von Menschen mit Sinnesbehinderungen oder mit kognitiven Beeinträchtigungen berücksichtigt ? Für die Integrationskurse ist ausschließlich der Bund zuständig , auf den insoweit verwiesen wird. Im Rahmen der Sprachkurse des Freistaats Bayern wird im Einzelfall eine bedarfsbezogene Entscheidung getroffen, um sinnesbehinderten Menschen oder Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen die Teilnahme zu ermöglichen.