Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Christoph Rabenstein SPD vom 07.04.2017 Altersarmut in Oberfranken Ich frage die Staatsregierung: 1. Wie hat sich seit 2007 in den kreisfreien Städten und Landkreisen im Bezirk Oberfranken die Zahl der Personen ab 65 Jahren entwickelt, die Grundsicherung erhalten haben (bitte aufgeschlüsselt nach kreisfreien Städten, Landkreisen und Geschlecht)? 2. Wie hat sich das Altersarmutsrisiko für Menschen im Regierungsbezirk Oberfranken in Relation mit den anderen Regierungsbezirken in Bayern in den vergangenen zehn Jahren entwickelt? 3. Wie beurteilt die Staatsregierung die Daten des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration , wonach die Regierungsbezirke Ober-, Mittel - und Unterfranken deutlich über der bayernweiten Armutsquote von 11 Prozent liegen und die Schlusslichter aller Regierungsbezirke bilden? 4. Wie hat sich seit 2007 bis 2017 (Stand: April 2017) die Zahl der Personen ab 65 Jahren entwickelt, die ihre Rente mit sogenannten Minijobs aufbessern? 5. a) Welche Kommunen im Regierungsbezirk Oberfranken sind besonders von Altersarmut betroffen? b) Welche Maßnahmen werden vonseiten der Staatsregierung ergriffen, um einer ansteigenden Altersarmut im Regierungsbezirk Oberfranken entgegenzuwirken? 6. Welche Prognosen gibt es, wie sich das Altersarmutsrisiko im Regierungsbezirk Oberfranken in den kommenden Jahren entwickeln wird? Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 26.05.2017 1. Wie hat sich seit 2007 in den kreisfreien Städten und Landkreisen im Bezirk Oberfranken die Zahl der Personen ab 65 Jahren entwickelt, die Grundsicherung erhalten haben (bitte aufgeschlüsselt nach kreisfreien Städten, Landkreisen und Geschlecht )? Die nachfolgende Tabelle gibt an, wie viele Frauen und Männer ab 2007 Grundsicherung im Alter bezogen haben. Grundsicherung im Alter wird ab der Altersgrenze zum Renteneintrittsalter nach § 41 Abs. 2 des Sozialgesetzbuches (SGB) Zwölftes Buch (XII) gezahlt. Daten für 2016 liegen noch nicht vor. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 24.08.2017 17/17070 Bayerischer Landtag Empfänger von Grundsicherung im Alter jeweils zum 31.12. – Frauen –: Kreise 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Veränd. 2007/2015 Bamberg (Krfr.St) 350 347 309 304 320 341 363 376 393 12,3% Bayreuth (Krfr.St) 300 325 287 286 330 371 393 379 418 39,3% Coburg (Krfr.St) 130 109 108 99 100 113 130 141 155 19,2% Hof (Krfr.St) 261 269 254 246 244 256 274 273 281 7,7% Bamberg (Lkr) 183 166 161 169 162 195 213 196 189 3,3% Bayreuth (Lkr) 141 145 120 117 121 145 158 147 154 9,2% Coburg (Lkr) 141 142 112 112 113 138 146 140 154 9,2% Forchheim (Lkr) 178 169 166 166 173 189 199 185 175 -1,7% Hof (Lkr) 161 145 140 148 188 207 211 202 212 31,7% Kronach (Lkr) 133 118 121 117 123 137 148 130 130 -2,3% Kulmbach (Lkr) 192 180 173 170 170 194 211 205 192 0,0% Lichtenfels (Lkr) 142 128 123 120 129 144 179 166 164 15,5% Wunsiedel i.Fichtelgebirge (Lkr) 168 168 169 170 151 157 180 145 146 -13,1% Oberfranken 2.480 2.411 2.243 2.224 2.324 2.587 2.805 2.685 2.763 11,4% Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik, Sozialhilfe in Bayern, Teil 2: Empfänger, diverse Jahresausgaben Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/17070 2. Wie hat sich das Altersarmutsrisiko für Menschen im Regierungsbezirk Oberfranken in Relation mit den anderen Regierungsbezirken in Bayern in den vergangenen zehn Jahren entwickelt? Im Rahmen der Sozialberichterstattung der amtlichen Statistik werden keine Armutsgefährdungsquoten nach Altersgruppen auf Regierungsbezirksebene veröffentlicht. Für die Sozialberichterstattung wurden jedoch Sonderauswertungen der Mikrozensusdaten in Auftrag gegeben. Eine solche Auswertung durch IT.NRW (Information und Technik Nordrhein-Westfalen) liegt nur für die Jahre 2011–2014 vor. Die Werte finden sich in der nachstehenden Tabelle. Armutsgefährdungsquoten von ab 65-Jährigen (in Prozent, Basis: Bundesmedian) Regierungsbezirke 2011 2012 2013 2014 Oberbayern 12,7 12,9 13,4 13,0 Niederbayern 24,0 22,3 22,0 20,0 Oberpfalz 21,5 20,5 22,7 21,5 Oberfranken 17,0 15,8 16,6 16,0 Mittelfranken 16,0 14,9 16,4 18,1 Unterfranken 19,4 19,7 20,9 21,1 Schwaben 14,2 16,3 17,4 18,0 Bayern 16,3 16,2 17,0 16,9 3. Wie beurteilt die Staatsregierung die Daten des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration, wonach die Regierungsbezirke Ober-, Mittel- und Unterfranken deutlich über der bayernweiten Armutsquote von 11 Prozent liegen und die Schlusslichter aller Regierungsbezirke bilden ? Die sogenannten „Armutsgefährdungsquoten“ geben den Anteil der Bevölkerung wieder, dessen Einkommen weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens beträgt. Sie sind damit ein Gradmesser für die Verteilung des Einkommens. Die „Armutsgefährdungsquote“ kann daher nicht mit „Armut“ gleichgesetzt werden. Bei der Betrachtung von Armutsrisiken müssen mehr Faktoren betrachtet werden, etwa die Entwicklung der Arbeitslosigkeit, die Entwicklung der Löhne und Gehälter, die Inanspruchnahme von Mindestsicherungsleistungen . Bei Betrachtung dieser Faktoren und der Armutsgefährdungsquoten ist festzustellen, dass die Armutsrisiken für die Menschen in Bayern erheblich niedriger sind als in Deutschland. Im Vergleich mit z. B. anderen westdeutschen Bundesländern ist die Situation in den fränkischen Regierungsbezirken gut: Die Armutsgefährdungsquoten lagen 2015 in Oberfranken um 1,3 Prozent-Punkte und in Unterfranken um 1,8 Prozent-Punkte unter dem westdeutschen Durchschnitt, nur in Mittelfranken um 0,3 Prozent-Punkte darüber. Alle Werte lagen deutlich unter dem gesamtdeutschen Durchschnitt von 15,7 Prozent. Armutsgefährdungsquoten 2015 nach Regionen (in Prozent, Basis: Bundesmedian) Bayern 11,6 Baden-Württemberg 11,8 Mittelfranken 15,0 Hessen 14,4 Oberfranken 13,4 Schleswig-Holstein 14,6 Unterfranken 12,9 Westdeutschland 14,7 Niederbayern 12,2 Rheinland-Pfalz 15,2 Oberpfalz 12,2 Hamburg 15,7 Schwaben 12,1 Niedersachsen 16,5 Oberbayern 9,0 Saarland 17,2 Nordrhein-Westfalen 17,5 Bremen 24,8 Armutsgefährdungsschwelle: 60 Prozent des medianen Nettoäquivalenzeinkommens des gesamten Bundesgebiets (Bundesmedian) Zugleich sind Mittelfranken (MF), Oberfranken (OF) und Unterfranken (UF) aufstrebende Regionen, deren Wirtschaftsund Sozialdaten nachhaltig überdurchschnittlich gut sind: – Die Quoten der Empfänger von Grundsicherung im Alter je 100 Einwohner ab 65 Jahre lagen im Jahr 2015 insgesamt auf niedrigem Niveau: In MF bei 3,3 Prozent, in OF bei 2,0 Prozent und in UF bei 2,2 Prozent (Bayern: 2,8 Prozent, Deutschland: 3,2 Prozent). – Renten (Bestandsrenten): Der monatliche durchschnittliche Rentenzahlbetrag (Bestandsrenten) betrug im Jahr 2015 in MF 768 Euro, in OF 735 Euro, in UF 738 Euro, in Westdeutschland lag er hingegen bei 727 Euro (Bayern: 748 Euro). – Das verfügbare Einkommen je Einwohner lag im Jahr 2014 in MF um 8 Prozent über dem bundesdeutschen Durchschnitt, in OF waren es 4 Prozent und in UF 5 Prozent (Bayern: 9 Prozent). – Die Arbeitslosenquote aller Erwerbspersonen ab 55 Jahre lag 2016 in MF bei 5,2 Prozent, in OF bei 5,2 Prozent Empfänger von Grundsicherung im Alter jeweils zum 31.12. – Männer –: Kreise 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Veränd. 2007/2015 Bamberg (Krfr.St) 165 180 169 166 172 172 186 199 218 32,1 % Bayreuth (Krfr.St) 140 161 151 157 176 202 224 256 278 98,6 % Coburg (Krfr.St) 59 59 61 64 79 93 107 119 134 127,1 % Hof (Krfr.St) 141 141 144 138 147 164 166 178 196 39,0 % Bamberg (Lkr) 66 67 65 66 75 94 102 111 123 86,4 % Bayreuth (Lkr) 55 63 70 74 87 94 116 116 114 107,3 % Coburg (Lkr) 57 57 49 53 57 77 88 95 103 80,7 % Forchheim (Lkr) 86 88 82 86 95 103 107 116 117 36,0 % Hof (Lkr) 75 77 84 92 114 134 142 145 174 132,0 % Kronach (Lkr) 46 50 50 55 56 67 61 68 78 69,6 % Kulmbach (Lkr) 68 71 72 72 72 81 98 99 106 55,9 % Lichtenfels (Lkr) 48 40 39 48 50 61 72 69 81 68,8 % Wunsiedel i.Fichtelgebirge (Lkr) 94 94 92 102 88 94 107 108 123 30,9 % Oberfranken 1.100 1.148 1.128 1.173 1.268 1.436 1.576 1.679 1.845 67,7 % Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik, Sozialhilfe in Bayern, Teil 2: Empfänger, diverse Jahresausgaben Drucksache 17/17070 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 und in UF bei 4,0 Prozent (Bayern: 4,8 Prozent, Deutschland : 7,9 Prozent). Die Staatsregierung sieht sich in ihrem Ziel bestärkt, gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Bayern intensiv zu fördern . Die Regierungsbezirke Bayerns weisen unterschiedliche Strukturen und regionale Besonderheiten auf. Ein völliger Gleichschritt der Entwicklungen ist in einem Flächenstaat wie Bayern nie zu erreichen. Eine gute Standortpolitik in allen Gegenden Bayerns, Investitionen in die Infrastruktur, auch in die soziale Infrastruktur, gute Bildungsmöglichkeiten und passgenaue arbeitsmarktpolitische Maßnahmen sollen und können in ganz Bayern gute Lebensbedingungen schaffen, wie der Vergleich u. a. mit den gesamtdeutschen Entwicklungen zeigt. 4. Wie hat sich seit 2007 bis 2017 (Stand: April 2017) die Zahl der Personen ab 65 Jahren entwickelt, die ihre Rente mit sogenannten Minijobs aufbessern? Datenquelle für die Beantwortung ist die Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit. Daten liegen derzeit bis zum Stichtag 30.09.2016 vor. Zu den geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen , auch als Minijobs bezeichnet, zählen geringfügig entlohnte Beschäftigungsverhältnisse und kurzfristige Beschäftigungsverhältnisse. In der Statistik wird unterschieden zwischen ausschließlich und im Nebenjob geringfügig Beschäftigten. Die nachfolgende Tabelle zeigt auf, wie viele Personen ab 65 Jahren (mit Angabe der Personen bis zur Regelaltersgrenze) in Bayern seit 2007 ausschließlich geringfügig beschäftigt waren. Angaben, ob es sich bei diesen Personen um Rentner handelt, liegen der Staatsregierung nicht vor. 5. a) Welche Kommunen im Regierungsbezirk Oberfranken sind besonders von Altersarmut betroffen ? Auf kommunaler Ebene liegen keine Armutsrisikoquoten vor. b) Welche Maßnahmen werden vonseiten der Staatsregierung ergriffen, um einer ansteigenden Altersarmut im Regierungsbezirk Oberfranken entgegenzuwirken ? Die Sicherheit im Alter ist ein ganz zentrales Anliegen der Staatsregierung, nicht nur für die Menschen im Regierungsbezirk Oberfranken, sondern für alle Menschen in Bayern. Menschen, die ihr Leben lang im Erwerbsleben standen bzw. Familiensorgearbeit geleistet haben, sollen im Alter auskömmliche Altersbezüge erhalten, die ihrer Lebensleistung gerecht werden. Hierfür ist eine erfolgreiche Standort- und Arbeitsmarktpolitik das zentrale Instrument: Bayern bietet hervorragende wirtschaftliche Rahmenbedingungen und damit gute Beschäftigungschancen für die Menschen. Bayern weist eine hohe Erwerbstätigenquote auf, die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ist mit 5,2 Millionen so hoch wie nie. Die Arbeitslosenquote lag im Jahr 2016 bei nur 3,5 Prozent. Damit wird in Bayern bereits während des Erwerbslebens der Grundstein für ein gesichertes Auskommen im Alter gelegt – mit guten Einkommen zum Aufbau von Rentenanwartschaften , zur privaten Vorsorge und zum Aufbau Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/17070 von Vermögen. Der stabile bayerische Arbeitsmarkt ist ein guter Schutz vor Altersarmut. Das gilt gerade auch für den Regierungsbezirk Oberfranken : Dort ist etwa die Arbeitslosenquote von 4,4 Prozent im Jahr 2011 auf 3,8 Prozent im Jahr 2016 gesunken. Sie liegt damit weit unter der Arbeitslosenquote für Deutschland von 6,1 Prozent im Jahr 2016. Die Staatsregierung setzt die erfolgreiche Standort- und Arbeitsmarktpolitik fort und setzt dabei auch gezielt bei der besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf und der Bekämpfung von Langzeitarbeitslosigkeit an. Denn gerade für Mütter und Alleinerziehende sind der Wiedereinstieg in den Beruf und eine kontinuierliche Erwerbsbiografie wichtig für die Altersvorsorge. Daher investiert der Freistaat Bayern zum Beispiel intensiv in eine qualitativ hochwertige und flächendeckende Kinderbetreuung und fördert Maßnahmen für den Wiedereinstieg in den Beruf. Außerdem setzt sich die Staatsregierung dafür ein, dass die gesetzliche Rentenversicherung die zentrale Säule unserer Altersvorsorge bleibt. 2016 sind die gesetzlichen Renten so stark gestiegen wie schon lange nicht. Auch in Zukunft sollen die Menschen, die langjährig in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt haben, im Alter auch eine auskömmliche Rente haben. Die Staatsregierung setzt sich deshalb unter anderem für die Anrechnung von drei Kindererziehungsjahren für alle Mütter, für die Ausweitung des Kinderzuschlags, der einen wegen der Erziehung der Kinder fehlenden oder geringeren Verdienst ausgleicht, und die Anerkennung der Familiensorgearbeit in der Rentenversicherung ein. Mit der Umsetzung des ersten Teils der Mütterrente und der besseren Anerkennung von Zeiten der Pflege Angehöriger wurden schon wichtige Schritte umgesetzt. Außerdem setzt sich die Staatsregierung für eine bessere Förderung von Geringverdienern in der privaten und betrieblichen Altersversorgung ein. Private und betriebliche Altersvorsorge soll attraktiver werden und deutlich mehr Menschen erreichen. Mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz wird auch hier ein wichtiger Schritt nach vorne gemacht. Durch die „Flexirente“ werden die Rahmenbedingungen für eine Beschäftigung neben dem Rentenbezug verbessert und eine dauerhafte Rentenaufbesserung ermöglicht. 6. Welche Prognosen gibt es, wie sich das Altersarmutsrisiko im Regierungsbezirk Oberfranken in den kommenden Jahren entwickeln wird? Der Staatsregierung sind keine Prognosen zur Entwicklung des Altersarmutsrisikos im Regierungsbezirk Oberfranken bekannt.