Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Herbert Kränzlein SPD vom 11.03.2014 Sozialmissbrauch und Steuerbetrug II Trotz der Antwort auf meine Schriftliche Anfrage vom 13.01.2014 Drs. 17/781 zum Thema Sozialmissbrauch und Steuerbetrug, sind weiterhin einige Sachverhalte nicht ge­ klärt, sodass ich die Staatsregierung frage: 1. Wie kann es sein, dass der Staatsminister des Innern, für Bau und Verkehr, Herr Joachim Herrmann, Informationen zum Thema Ausnutzung des deutschen Sozialsystems durch erschlichene Sozialleistungen der EU­Zuwanderer hat und darüber in der Öffentlichkeit spricht, wenn der Staatsregierung keine Erkenntnisse in diesem Bereich vorliegen, wie sie es in ihrer Antwort auf meine Anfrage geschrieben hat? 2. Durch welche Quellen liegen Herrn Staatsminister Herr­ mann diese Informationen vor, und wann und wie werden diese zugänglich gemacht? 3. Wie viele Fälle von versuchter Steuerhinterziehung (wo­ bei nicht der, wie in Ihrer Antwort fälschlicherweise kons­ truierte Steuerbetrug in Zusammenhang mit Sozialmiss­ brauch durch Zuwanderer aus EU­Staaten gemeint ist, sondern der gesamte durch bayerische Finanzbehörden aufgedeckte Steuerbetrug) wurden in den Jahren 2010, 2011 und 2012 durch die bayerischen Finanzämter auf­ gedeckt und welcher Betrag wäre dem Fiskus dadurch entgangen? 4. Gibt es zu den Dunkelziffern bezüglich des Steuerbetrugs und der entgangenen Steuergelder eine seriöse Schät­ zung? 5. Wenn ja, von wem? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 17.04.2014 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat wie folgt beantwortet: 1. Wie kann es sein, dass der Staatsminister des Innern, für Bau und Verkehr, Herr Joachim Herrmann, Informationen zum Thema Ausnutzung des deutschen So- zialsystems durch erschlichene Sozialleistungen der EU-Zuwanderer hat und darüber in der Öffentlichkeit spricht, wenn der Staatsregierung keine Erkenntnisse in diesem Bereich vorliegen, wie sie es in ihrer Antwort auf meine Anfrage geschrieben hat? Das Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration antwortete auf die Schriftliche Anfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Herbert Kränzlein vom 13.01.2014 (Drs. 17/781) entsprechend der dortigen Fragestellung, dass die Staatsregierung keine Erkenntnisse zu festge­ stellten Fällen von Sozialleistungen habe, die durch falsche Angaben erschlichen wurden. Dies bedeutet nicht, dass die Staatsregierung keine Erkenntnisse darüber hat, dass aus bestimmten Mitgliedstaaten zum Teil eine Zuwanderung in das deutsche Sozialsystem – unabhängig von falschen Angaben der zuziehenden Unionsbürger – stattfindet. Eine staatlicherseits nicht erwünschte ungesteuerte Zuwande­ rung in die Sozialsysteme kommt nämlich keineswegs allein dadurch zustande, dass staatliche oder kommunale Leistun­ gen durch Falschangaben erschlichen werden. 2. Durch welche Quellen liegen Herrn Staatsminister Herrmann diese Informationen vor, und wann und wie werden diese zugänglich gemacht? Zur Frage des Sozialleistungsbezugs von Unionsbürgern – unabhängig von falschen Angaben der Antragsteller (vgl. Antwort zu Frage 1) – hat die Staatsregierung auf die Anfra­ ge zum Plenum der Frau Abgeordneten Diana Stachowitz vom 09.12.2013 auf einen Anstieg der rumänischen und bulgarischen Staatsangehörigen im SGB­II­Leistungsbezug hingewiesen (siehe Drs. 17/306, S. 9). Hierzu wurde u. a. ausgeführt: „Im Juli 2013 befanden sich laut Sonderauswer­ tung der Bundesagentur für Arbeit (BA) in Deutschland rund 38.000 Bulgaren und Rumänen im SGB­II­Leistungsbezug (in Bayern rund 5.800 Personen). Dies bedeutet bundes­ weit eine Steigerung um rund 45 Prozent (in Bayern um 35 Prozent) gegenüber dem Vorjahr. Von den o. g. Personen waren im Juli 2013 über 10.000 Personen erwerbstätig (Bay ern rund 1.500 Personen) und erhielten aufstockende Leistungen nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II).“ Zudem können Erkenntnisse einem Schreiben von Ober­ bürgermeistern großer Städte an die Vorsitzenden der Koalitionsparteien der Bundesregierung vom 13.11.2013 entnommen werden. Dort heißt es u. a.: „Zugleich (...) verzeichnen wir aus diesen Ländern einen seit mehreren Jahren anhaltenden und sich aktuell verstärkenden Zuzug von Menschen, die aus prekären Verhältnissen stammend auch hierzulande unter prekären Bedingungen leben. (...) Hieraus resultieren Probleme, die für die betroffenen Kom­ munen eine völlig neue Qualität haben. (...) Vielerorts ist daher eine Situation entstanden, die die Nachbarschaften völlig überfordert und die Handlungsmöglichkeiten der ein­ zelnen Kommunen übersteigt.“ In einem Schreiben vom 17.05.2013 des Münchner Oberbürgermeisters Christian Ude an die Münchner Bundestagsabgeordneten heißt es u. a.: „Die Armutszuwanderung aus Südosteuropa, insbe­ Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 06.06.2014 17/1709 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/1709 sondere aus den Ländern Bulgarien und Rumänien, stellt viele deutsche Städte vor kaum lösbare Aufgaben. Mit den Folgen der starken Zuwanderung beruflich nahezu völlig un­ qualifizierter Menschen werden die betroffenen Gemeinden bisher weitgehend alleingelassen.“ Die Problematik greift mit entsprechendem Tenor auch der Bundeskoalitionsver­ trag auf (siehe dort 108). Der veröffentlichte Zwischenbericht des Staatssekretärs­ ausschusses zu „Rechtsfragen und Herausforderungen bei der Inanspruchnahme der sozialen Sicherungssysteme durch Angehörige der EU­Mitgliedstaaten“ stellt ebenfalls fest, dass „besonders betroffene Städte und Kommunen ei­ ner wachsenden Belastung der Systeme ihrer kommunalen Daseinsvorsorge durch Teile der neu Zuziehenden ausge­ setzt“ sind (vgl. dort S. 36). Dies betreffe z. B. „wachsen­ de Aufwendungen für Unterbringung und Versorgung einer steigenden Zahl von Obdachlosen aus den neuen Mitglied­ staaten“ (vgl. dort S. 37). 3. Wie viele Fälle von versuchter Steuerhinterziehung (wobei nicht der, wie in Ihrer Antwort fälschlicherweise konstruierte Steuerbetrug in Zusammenhang mit Sozialmissbrauch durch Zuwanderer aus EU-Staaten gemeint ist, sondern der gesamte durch bayerische Finanzbehörden aufgedeckte Steuerbetrug) wurden in den Jahren 2010, 2011 und 2012 durch die bayerischen Finanzämter aufgedeckt und welcher Betrag wäre dem Fiskus dadurch entgangen? Von den bei bayerischen Finanzämtern – Bußgeld­ und Strafsachenstellen – anhängigen bzw. an die Staatsanwalt­ schaften abgegebenen Fällen wurden im Zusammenhang mit Steuerhinterziehung in den Jahren 2010, 2011 und 2012 mit rechtskräftigen Urteilen und Strafbefehlen insgesamt ab­ geschlossen: 2010 2011 2012 Zahl der Fälle 1.224 1.200 1.424 Höhe der hinter­ zogenen Steuern rd. 123 Mio. Euro rd. 93 Mio. Euro rd. 170 Mio. Euro Eine Differenzierung nach Migrationshintergrund bzw. et­ waigen Zusammenhängen mit Sozialbetrug erfolgt nicht. 4. Gibt es zu den Dunkelziffern bezüglich des Steuerbetrugs und der entgangenen Steuergelder eine seriöse Schätzung? Seitens der Staatsregierung gibt es hierzu keine Schät­ zungen. Unabhängig davon ist aussagekräftiges Zahlenma­ terial diesbezüglich hier nicht bekannt und liegt nicht vor. In den Medien genannte Zahlen können weder bestätigt noch dementiert werden. 5. Wenn ja, von wem? Im Hinblick auf die Antwort zu Frage 4 entfällt die Beantwor­ tung.