Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katharina Schulze BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 24.02.2014 Gewaltsame Ausschreitungen beim Lokalderby zwischen dem TSV 1860 München und dem FC Ingolstadt am 16. Februar 2014 Während und nach dem Lokalderby zwischen dem TSV 1860 München und dem FC Ingolstadt am 16. Februar 2014 ist es zu gewaltsamen Ausschreitungen gekommen. Ich frage die Staatsregierung: 1. Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über den Vorfall, insbesondere über das Verhalten der Fußballfans und der Polizeieinsatzkräfte während und nach des Spiels? 2. Wie viele Personen wurden dabei wie verletzt? 3. Welche Sachschäden sind dabei entstanden? 4. Wie viele Ermittlungsverfahren wegen welcher Tatbestände wurden eingeleitet? 5. Wie bewertet die Staatsregierung die Maßnahme der Polizeieinsatzkräfte , in einen „voll besetzten Waggon große Mengen Pfefferspray zu sprühen“ (Münchener Merkur vom 17.02.2014 „Heftige Fan-Randale nach Löwen-Pleite “)? 6. Welche Maßnahmen werden ergriffen, um mit den Betroffenen und Verantwortlichen die Vorgänge aufzuarbeiten? 7. Welche Erkenntnisse zieht die Staatsregierung aus dem Geschehen für künftige Einsätze bei Fußballspielen? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 17.04.2014 Vorbemerkung: Zur Beantwortung der Schriftlichen Anfrage wurden das Polizeipräsidium München, das Polizeipräsidium Oberbayern Nord sowie das Bundespolizeipräsidium um Stellungnahmen gebeten. Mit Schreiben vom 17. März 2014 teilte das Bundesministerium des Innern mit, dass kein Antwortbeitrag zu einer Angelegenheit der Bundespolizei im Zusammenhang mit parlamentarischen Anfragen eines Landespar- laments übermittelt wird. Die Bundesregierung und damit auch die Bundespolizei unterliegen ausschließlich dem Kontrollrecht und dem damit korrelierenden Fragerecht des Deutschen Bundestages. 1. Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über den Vorfall, insbesondere über das Verhalten der Fußballfans und der Polizeieinsatzkräfte während und nach des Spiels? Das Spiel FC Ingolstadt 04 – TSV München 1860 fand am 14.02.2014, um 18:30 Uhr, in Ingolstadt im Audi Sportpark statt und wurde von 13.800 Personen besucht, darunter 4.900 Anhänger des TSV München 1860. Aufgrund der Vorausinformationen aus München war im Bereich der Gästefans auch mit der Anreise einer Gruppe von ca. 100 Problempersonen zu rechnen, weshalb die Spielpaarung als Risikospiel eingestuft wurde. Wie konzeptionell festgelegt, führte der FC Ingolstadt 04 als Veranstalter im Vorfeld die obligatorische Sicherheitsbesprechung durch, bei der unter Beteiligung der Vereinsverantwortlichen , der Vertreter der Sicherheitsbehörde, der Polizeiinspektion Ingolstadt sowie der Bundespolizei (BPOL) eine eingehende Lagebewertung vorgenommen wurde. Die Beteiligten stimmten hierbei die notwendigen Maßnahmen ab und trafen die erforderlichen Absprachen. Am Spieltag kam es bereits kurz nach Eintreffen des DBRegelzuges RB 59102 am Hauptbahnhof Ingolstadt zum Abbrennen mehrerer pyrotechnischer Gegenstände durch die Münchener Problemgruppierung. Während des Shuttle- Transportes zum Stadion beschädigten Personen aus dieser Gruppe drei Scheiben von den Shuttlebussen. Das aggressive Verhalten setzten die Störer auch während der Spielphase fort und brannten im Gästeblock mindestens fünf Rauchtöpfe, drei bengalische Fackeln und einen Knallkörper ab. Als in der zweiten Spielhälfte Feuerzeuge und kleine Schnapsglasflaschen auf das Spielfeld geworfen wurden, stand das Spiel kurz vor dem Abbruch. Schließlich konnte die Begegnung nach einer zweiten Spielunterbrechung zu Ende geführt werden. Vor dem Gästeblock war außerdem das Ballfangnetz beschädigt worden. Der Shuttle-Transport zum Ingolstädter Hauptbahnhof nach Spielende verlief ohne größere Störungen. Die Abfahrt des DB-Regelzuges RB 59107 in Richtung München erfolgte mit Begleitung durch Kräfte der BPOL um 21:32 Uhr. Um 22:27 Uhr teilte die Einsatzzentrale der Bundespolizeiinspektions (BPOLI) München der Einsatzzentrale des Polizeipräsidium Oberbayern Nord telefonisch mit, dass es am Bahnhof Petershausen „Randale“ im Zug gäbe, die Stimmung aggressiv sei und Unterstützung erforderlich wäre. Aus diesem Grund begab sich der polizeiliche Einsatzleiter der o. g. Spielbegegnung nach Petershausen, um sich einen Lageüberblick zu verschaffen. Zeitgleich wurden weitere Unterstützungskräfte des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord, der Bayerischen Bereitschaftspolizei und des Polizeipräsidiums München zum Einsatzort beordert. Wie durch den Einheitsführer der Zugbegleitkräfte der BPOL vor Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 06.06.2014 17/1710 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/1710 Ort mitgeteilt wurde, kam es während einer Kontrolle im Wagon zu einem Angriff durch einige Fahrgäste, weshalb durch die BPOL gegen mehrere Angreifer Pfefferspray eingesetzt werden musste. Der aus München eingetroffene Einsatzleiter der BPOLI München beabsichtigte zunächst eine Kontrolle der Störer am Bahnhof Petershausen, entschloss sich aber letztlich zu einer Kontrolle am Hauptbahnhof München. Die Einsatzleitung anlässlich der Lage auf dem Bahnhof Peters-hausen lag ausschließlich bei der BPOL. Durch Kräfte des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord wurden bei drei Störern Identitätsfeststellungen vorgenommen. Weitere Maßnahmen wurden vom Polizeipräsidium Oberbayern Nord nicht getroffen. Nach der vom Einsatzleiter der Bundespolizei getroffenen Entscheidung, den Zug weiterfahren zu lassen und in München eine Kontrolle durchzuführen, forderte auch die BPOLI München beim Polizeipräsidium München Unterstützung an. Die Einsatzzentrale des Polizeipräsidiums München beauftragte daraufhin den Höheren Beamten vom Dienst (HvD) mit der Organisation und Führung der Münchner Unterstützungskräfte . Dazu wurden alle verfügbaren Kräfte aufgerufen , die nach Petershausen entsandten Unterstützungskräfte zurückbeordert und im weiteren Verlauf ein Zug der Bereitschaftspolizei zur Verfügung gestellt. Die Führungsverantwortung für die Kontrollmaßnahmen am Münchner Hauptbahnhof lag bei der BPOLI München. Die Beamten des Polizeipräsidiums München unterstützten die Bundespolizei lediglich bei der Zugankunft durch Absperrmaßnahmen. Auf Entscheidung des Einsatzleiters der Bundespolizei – unter Einbindung des HvD des Polizeipräsidiums München – wurden die Absperrungen aufgrund der zum Zeitpunkt der Maßnahme beschränkt zur Verfügung stehenden Einsatzkräfte nach kurzer Zeit aufgehoben und durch die Bundespolizei Selektivkontrollen durchgeführt. Durch Beamte des Polizeipräsidiums München erfolgten keine über die Absperrungen hinausgehenden Eingriffsmaßnahmen. 2. Wie viele Personen wurden dabei verletzt? Nach den uns vorliegenden Erkenntnissen war es vor und nach dem Spiel in der Ingolstädter Innenstadt zu drei Körperverletzungsdelikten durch Problemgäste gekommen. Ein Ingolstädter wurde durch einen Schlag leicht an einer Hand verletzt. Zwei weitere Ingolstädter erlitten durch einen Schlag ins Gesicht bzw. einen Tritt gegen ein Bein Schmerzen. 3. Welche Sachschäden sind dabei entstanden? Folgende Sachbeschädigungen wurden im Zuständigkeitsbereich der Bayer. Polizei registriert (auf die Vorbemerkung wird verwiesen): > drei Seitenscheiben verschiedener Shuttlebusse, ein In- nenspiegel > Ballfangnetz am Gästeblock zerrissen > Toilettenraum im Gästeblock verwüstet und beschmiert > Gelenk eines Shuttlebusses durch „Aufschaukeln“ be- schädigt > mehrfache Verklebungen und Beschmierungen mit Schrift- zügen und Logos des Gastvereins. 4. Wie viele Ermittlungsverfahren wegen welcher Tatbe- stände wurden eingeleitet? Polizeipräsidium Oberbayern Nord: > 6 x Sachbeschädigung > 1 x Diebstahl eine Nothammers > 7 x versuchte gefährliche Körperverletzung (Pyrotechnik) > 1 x Vergehen und 2 x OWi nach dem Sprengstoffgesetz > 1 x Vergehen Betäubungsmittelgesetz > 3 x Beleidigung (1 x z. N. eines Polizeibeamten, 2 x z. N. von Ingolstädtern) > 3 x Körperverletzung (in der Innenstadt, jeweils z. N. von Ingolstädtern) > 3 x Verstoß gegen Stadionverordnung > 2 x OWi Reisegewerbe Polizeipräsidium München: Am 25.02.2014 ging beim Polizeipräsidium München eine Strafanzeige wegen des Einsatzes von Pfefferspray im Zug gegen Polizeibeamte ein. Da sich die Vorwürfe nach Einschätzung des Polizeipräsidiums München ausschließlich gegen Beamte der Bundespolizei richten, wurde die Strafanzeige zuständigkeitshalber an die Bundespolizeidirektion München zur Bearbeitung weitergeleitet. 5. Wie bewertet die Staatsregierung die Maßnahme der Polizeieinsatzkräfte, in einen „voll besetzten Waggon große Mengen Pfefferspray zu sprühen“ (Münchner Merkur vom 17.02.2014 „Heftige Fan-Randale nach Löwen-Pleite“)? An der Maßnahme waren keine bayerischen Einsatzkräfte beteiligt (siehe Antwort zu Frage 1). Bezug nehmend auf die Vorbemerkung ist daher eine Bewertung der Maßnahme nicht möglich. 6. Welche Maßnahmen werden ergriffen, um mit den Betroffenen und Verantwortlichen die Vorgänge aufzuarbeiten ? 7. Welche Erkenntnisse zieht die Staatsregierung aus dem Geschehen für künftige Einsätze bei Fußballspielen ? Aufgrund des inneren Sachzusammenhangs werden die Fragen 6 und 7 gemeinsam beantwortet. Der Polizeieinsatz wurde nach Auswertung aller Einsatzunterlagen entsprechend der bundesweit gültigen Vorschriftenlage von allen Beteiligten umfassend nachbereitet. Dazu wurden auch die Verantwortlichen der beiden Vereine sowie der Stadt Ingolstadt eingebunden. Während Konsens darüber bestand, dass die Polizei und der Ordnungsdienst des FC Ingolstadt 04 ihrer Verantwortung , einen reibungslosen Ablauf vor, während und nach dem Spiel zu gewährleisten, nachgekommen sind, wurde in Teilbereichen ein Optimierungsbedarf erkannt. So soll der Transfer der Fans mit den Bussen vom Hauptbahnhof zum Stadion und zurück sicherer gestaltet werden. Diesbezüglich wurde mit den Verantwortlichen der Betreibergesellschaft INVG bereits vereinbart, Shuttlebusse künftig mit weniger Fans zu besetzen und evtl. mit Einsatzkräften zu begleiten. Ferner werden die bestehenden Einsatzkonzepte der Bayerischen Polizei und der Bundespolizei vor dem Hintergrund der Ereignisse eingehend überprüft und in enger Abstimmung fortgeschrieben.