Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Martin Bachhuber CSU vom 21.04.2017 B 11, Ausbau nördlich Reindlschmiede, Gemeinde Bad Heilbrunn und Königsdorf, Landkreis Bad Tölz- Wolfratshausen Ich frage die Staatsregierung: 1. Wann wurde mit den Planungsarbeiten für den Ausbau der B 11 nördlich Reindlschmiede begonnen? 2. Worin liegen die aufgetretenen zeitlichen Verzögerungen begründet? 3. Ist es naturschutzfachlich unabdingbar, dass angesichts einer nur geringfügigen Abweichung der geplanten von der bestehenden Trasse die Untersuchung der hydrologischen Verhältnisse mehrere Jahre in Anspruch nehmen muss und so mindestens ein Unfallschwerpunkt entlang der bestehenden Trasse bis zur Realisierung der Ausbauvariante bestehen bleibt? 4. Welche Kosten sind bisher für die Naturschutz-Auflagen entstanden? 5. Welche planungsrechtlichen Voraussetzungen müssen für einen Baubeginn erfüllt sein? 6. Ist ein Planfeststellungsverfahren in dem vorliegenden Fall zwingend erforderlich? 7. Bis wann ist mit einem Beginn des Ausbaus der B 11 in diesem Bereich zu rechnen und ist damit garantiert, dass diese Maßnahme noch im Rahmen des Verkehrssicherheitsprogramms 2020, Programm „Sichere Landstraße“ realisiert werden kann? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 29.05.2017 Der Streckenabschnitt der Bundesstraße 11 von Mittenwald bis München ist im Bereich nördlich des Ortsteils Reindlschmiede (Gemeinde Bad Heilbrunn) mit einer Verkehrsstärke von 2.905 Kfz/24 h (Straßenverkehrszählung – SVZ 2010) unterdurchschnittlich stark belastet (bayernweiter Durchschnitt Bundesstraßen: 9.640 Kfz/24 h). Aufgrund von Unstetigkeiten im Straßenverlauf und engen Kurven war dieser Streckenabschnitt schon mehrfach unfallauffällig und als Unfallhäufungsstrecke deklariert. Per Definition spricht man von einer Unfallhäufungstrecke , wenn sich in einem Streckenbereich von 1.000 m innerhalb von 3 Jahren Unfälle mit insgesamt mindestens 3 Schwerverletzten ereignen. Der Streckenabschnitt nördlich Reindlschmiede war in den Jahren 2003–2005 sowie in den Jahren 2009–2011 eine Unfallhäufungsstrecke. Im dazwischenliegenden Zeitraum und ab dem Jahr 2012 weist die B 11 in diesem Bereich keine Unfallhäufung auf. Aufgrund der auffällig vielen Fahrunfälle hat die Unfallkommission erstmals im Jahr 2005 eine bauliche Verbesserung dieses Streckenabschnitts vorgeschlagen. Im Jahr 2007 wurde die Maßnahme in das Verkehrssicherheitsprogramm „Sichere Landstraße“ aufgenommen und im Jahr 2012 in die Fortschreibung des Programms übernommen. Das Programm „Sichere Landstraße“ ist das Kernstück des Verkehrssicherheitsprogrammes 2020 und soll maßgeblich zur Reduzierung der Unfallzahlen auf bayerischen Landstraßen beitragen. Zur Steigerung der Verkehrssicherheit wird ein Ausbau der Bundesstraße mit Beseitigung der engen Kurvenradien und Optimierung der Haltesichtweiten verfolgt. Da für diese bauliche Maßnahme ein längerer Planungsprozess erforderlich ist, wurde im Jahr 2013 die Strecke durch Nachrüstung von Schutzplanken mit Motorradunterfahrschutz in Bezug auf die Verkehrssicherheit verbessert. 1. Wann wurde mit den Planungsarbeiten für den Ausbau der B 11 nördlich Reindlschmiede begonnen? Erste Planungsüberlegungen wurden im Jahr 2005 angestellt , diese jedoch mit einer Variante, die komplett von der Bestandslage Richtung Osten abwich. Die Vorplanung der aktuellen Ausbauvariante erfolgte im Jahr 2014 im Rahmen einer Bachelorarbeit, innerhalb derer auch schon Teile der technischen Straßenplanung erarbeitet wurden. 2. Worin liegen die aufgetretenen zeitlichen Verzögerungen begründet? Nach den ersten Planungsüberlegungen im Jahr 2005 wurde die Maßnahme zugunsten anderer dringlicherer Maßnahmen beim Staatlichen Bauamt Weilheim und aufgrund der Tatsache, dass sich im Zeitraum 2006–2008 keine Un- Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 12.07.2017 17/17141 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/17141 fallhäufung in diesem Streckenabschnitt zeigte, zunächst wieder zurückgestellt. Die Vorplanung zu der Maßnahme wurde schließlich im Jahr 2014 erstellt (siehe Antwort zu 1.). Im Jahr 2015 erfolgten mehrere Erörterungen und Abstimmungen des Staatlichen Bauamtes mit der Unteren Naturschutzbehörde zur Festlegung des naturschutzfachlichen Untersuchungsumfangs. Folgende naturschutzfachliche Untersuchungen sind für den Ausbau und das damit verbundene stellenweise Abrücken der neuen Straße von der Bestandstrasse erforderlich: • FFH*-Verträglichkeitsprüfung aufgrund der nahe gelegenen Natura-2000-Gebiete „Moore um Penzberg“ (8234-371) und „Moore südlich Königsdorf, Rothenrainer Moore und Königsdorfer Alm“ (8133-302). • Spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP), um zu untersuchen, ob durch den Ausbau (unvermeidbare) Verbotstatbestände nach § 44 Abs. 1 i. V. m. Abs. 5 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) bezüglich der Tiergruppe Vögel erfüllt sein könnten. • Faunistische Sonderuntersuchungen zu den Tiergruppen Fledermäuse und Käfer (Eremit) aufgrund querender Gewässer - bzw. angrenzender Gehölzstrukturen sowie für die Tiergruppe Vögel aufgrund von Eingriffen in Hecken-/ Offenlandbereiche. • Hydrogeologische Untersuchungen aufgrund der benachbarten Moore. Die naturschutzfachlichen Untersuchungen mit Erstellung der entsprechenden Gutachten wurden vom Staatlichen Bauamt Weilheim in den Jahren 2015 bzw. 2016 an Fachbüros vergeben. Die Untersuchungen brauchen unterschiedliche Zeiträume. So ist beispielsweise für die FFH-Verträglichkeitsprüfung, die saP und die faunistischen Sonderuntersuchungen eine komplette Vegetationsperiode zu kartieren. Für die hydrogeologischen Untersuchungen sind die Grundwasserstände über einen mehrmonatigen Zeitraum zu dokumentieren und der gutachterlichen Stellungnahme zugrunde zu legen. Hierfür mussten zunächst 3 Grundwassermesspegel gebohrt werden. 3. Ist es naturschutzfachlich unabdingbar, dass angesichts einer nur geringfügigen Abweichung der geplanten von der bestehenden Trasse die Untersuchung der hydrologischen Verhältnisse mehrere Jahre in Anspruch nehmen muss und so mindestens ein Unfallschwerpunkt entlang der bestehenden Trasse bis zur Realisierung der Ausbauvariante bestehen bleibt? Es ist zu befürchten, dass sich insbesondere durch Aufschüttungen und Abgrabungen, die im Zuge der Straßenbaumaßnahme vorgenommen werden, Auswirkungen auf den Wasserstand der angrenzenden Moore einstellen könnten. Dies gilt für die westlich der B 11 gelegenen Moore, die auch aus den in Ost-West-Richtung verlaufenden Grundwasserströmen jenseits der B 11 gespeist werden. Die Untersuchungen sollen aufzeigen, ob aufgrund der geologischen und hydrogeologischen Gegebenheiten eine Beeinflussung der benachbarten Moore durch das Vorhaben gegeben sein könnte. Sollte dies nicht ausgeschlossen werden können, so muss der Vorhabensträger diese Beeinflussung planerisch berücksichtigen, z. B. durch eine veränderte Höhenlage der Straße. Für die Untersuchungen mussten zunächst 3 Grundwassermessstellen gebohrt werden. Für die Grundwassermessdaten muss eine ausreichend lange Periode (mehrmonatig bis 1 Jahr) erfasst werden, sodass in Verbindung mit schon vorhandenen Grundwassermessstellen und meteorologischen Daten eine hinreichend genaue Aussage hinsichtlich der ganzjährigen Grundwasserverhältnisse im Planungsgebiet getroffen werden kann. Anschließend sind diese Ergebnisse zusammen mit den hydrogeologischen Untersuchungen gutachterlich zu bewerten. 4. Welche Kosten sind bisher für die Naturschutz-Auflagen entstanden? Für die Untersuchungen und Gutachten im Bereich Flora und Fauna, der FFH-Verträglichkeitsprüfung, der saP, der faunistischen Sonderuntersuchungen sowie für die Erstellung eines Landschaftspflegerischen Begleitplans sind Kosten in Höhe von rund 50.000 Euro zu veranschlagen. Für die hydrogeologischen Untersuchungen und Gutachten einschließlich der baulichen Herstellung der 3 Grundwassermessstellen sind Kosten in Höhe von rund 23.000 Euro zu veranschlagen. 5. Welche planungsrechtlichen Voraussetzungen müssen für einen Baubeginn erfüllt sein? Voraussetzung für einen Baubeginn ist vollziehbares Baurecht , das mit einem bestandskräftigen Planfeststellungsbeschluss erzielt werden soll. 6. Ist ein Planfeststellungsverfahren in dem vorliegenden Fall zwingend erforderlich? Gemäß § 17 Bundesfernstraßengesetz (FStrG) dürfen Bundesfernstraßen nur gebaut oder geändert werden, wenn der Plan vorher festgestellt ist. Das gegenüber einer Planfeststellung vereinfachte Verfahren einer Plangenehmigung ist bei der gegenständlichen Maßnahme nicht anwendbar, da mit der Planung und dem Bau eine Vielzahl von Grundbetroffenheiten ausgelöst wird und es nicht zu erwarten ist, dass sich alle Betroffenen mit der Inanspruchnahme ihres Grundeigentums einverstanden erklären. Außerdem ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich. 7. Bis wann ist mit einem Beginn des Ausbaus der B 11 in diesem Bereich zu rechnen und ist damit garantiert , dass diese Maßnahme noch im Rahmen des Verkehrssicherheitsprogramms 2020, Programm „Sichere Landstraße“ realisiert werden kann? Es werden voraussichtlich Mitte dieses Jahres alle naturschutzfachlichen Gutachten vorliegen. Das Staatliche Bauamt Weilheim wird anschließend die Genehmigungsplanung erstellen und bei der Planfeststellungsbehörde, der Regierung von Oberbayern, die Planfeststellung beantragen. Es ist geplant, die Planfeststellung bis Mitte 2018 zu beantragen . Zeitliche Aussagen über weitere Planungsschritte und einen eventuellen Baubeginn können nicht getroffen werden , da diese vom Rechtsverfahren und eventuellen Klagen gegen einen Planfeststellungsbeschluss abhängen. Sollte ein Baubeginn der Maßnahme erst nach 2020 möglich sein, so wird eine Bilanzierung der Maßnahme nicht mehr im Rahmen des Programms „Sichere Landstraße“ des Verkehrssicherheitsprogramms 2020 erfolgen. Dies wird jedoch an der Zielsetzung der Maßnahme, die B 11 in diesem Streckenabschnitt verkehrssicher auszubauen, nichts ändern. Die Maßnahme wird, sobald vollziehbares Baurecht vorhanden ist, baulich umgesetzt. *) FFH = Fauna-Flora-Habitat