Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Christoph Rabenstein SPD vom 07.04.2017 Reichsbürger-Festnahme in Burgkunstadt – Reichsbürgerbewegung in den Landkreisen Bayreuth und Kulmbach Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Seit wann war der sogenannte Reichsbürger aus Burgkunstadt, der am 22. März 2017 von der Polizei Lichtenfels verhaftet wurde, den Behörden bekannt? b) In welcher Form ist die festgesetzte Person bisher als „Reichsbürger“ in Erscheinung getreten? c) Ging vom sogenannten Reichsbürger eine direkte Gefahr durch Waffenbesitz aus? 2. a) Erfolgte neben der Festnahme auch eine Wohnungsdurchsuchung ? b) Wenn ja, wurden in der Wohnung verfassungsfeindliche Propagandamittel gefunden (bitte aufgeschlüsselt nach Art)? c) Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung, ob der sogenannte Reichsbürger aus Burgkunstadt Kontakte zur rechtsextremen Szene hatte? 3. a) Welche Gruppierungen, die der Reichsbürgerszene zuzuordnen sind, existieren in den Landkreisen Kulmbach und Bayreuth (bitte aufgeteilt nach Landkreisen, Orten und Anzahl der Aktivisten)? b) Wie trat dieser Personenkreis bisher als Reichsbürger in der Öffentlichkeit auf? 4. a) Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung, ob sogenannte Reichsbürger in den Landkreisen Kulmbach und Bayreuth Kontakte zur rechtsextremen Szene haben ? b) Welche Schritte werden vonseiten der Staatsregierung ergriffen, um die Öffentlichkeit besser über die Reichsbürgerbewegung zu informieren und über deren Theorien aufzuklären? 5. Konnte bisher festgestellt werden, ob einzelne Personen aus dem Kreis der sogenannten Reichsbürger im Besitz von Waffen sind? 6. Wie bewertet die Staatsregierung die aktuelle Gefahrenlage , die von sogenannten Reichsbürgern in den Landkreisen Bayreuth und Kulmbach ausgeht? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 30.05.2017 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Justiz wie folgt beantwortet: 1. a) Seit wann war der sogenannte Reichsbürger aus Burgkunstadt, der am 22. März 2017 von der Polizei Lichtenfels verhaftet wurde, den Behörden bekannt ? b) In welcher Form ist die festgesetzte Person bisher als „Reichsbürger“ in Erscheinung getreten? Nach Angaben des Polizeipräsidiums Oberfranken ist Herr Y. (unter Einhaltung datenschutzrechtlicher Löschfristen) erstmals 2003 überwiegend mit verkehrsrechtlichen Vorgängen polizeilich in Erscheinung getreten. Ab dem Jahr 2014 trat Herr Y. dann reichsbürgertypisch und zunehmend offensiv auf. Er versandte eine Vielzahl von Schreiben mit reichsbürgertypischem Inhalt (Anzweifelung der Existenz der Bundesrepublik Deutschland, der Legitimation der Vertreter staatlicher Behörden sowie deren Maßnahmen , Schadensersatzforderungen, Apostillierungsbegehren usw.) an zahlreiche Behörden im gesamten Bundesgebiet und vertrat seine Ideologie zunehmend offensiv (sowie zum Teil aggressiv) auch gegenüber Polizeibeamten. c) Ging vom sogenannten Reichsbürger eine direkte Gefahr durch Waffenbesitz aus? Nach Auskunft des Polizeipräsidiums Oberfranken ging von Herrn Y. keine Gefahr durch Waffenbesitz aus. 2. a) Erfolgte neben der Festnahme auch eine Wohnungsdurchsuchung ? b) Wenn ja, wurden in der Wohnung verfassungsfeindliche Propagandamittel gefunden (bitte aufgeschlüsselt nach Art)? Der Haftbefehl beinhaltete nur die Durchsuchung des Wohnanwesens zur Ergreifung des Beschuldigten. Nachdem Herr Y. am 21.03.2017 im Eingangsbereich unmittelbar nach Öffnung der Haustüre verhaftet werden konnte, lagen die rechtlichen Voraussetzungen für eine anderweitige Durchsuchung nicht vor. Verfassungsfeindliche Propagandamittel wurden während der Verhaftung nicht festgestellt. c) Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung, ob der sogenannte Reichsbürger aus Burgkunstadt Kontakte zur rechtsextremen Szene hatte? Dem Polizeipräsidium Oberfranken sowie dem Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz liegen keine diesbezüglichen Erkenntnisse vor. 3. a) Welche Gruppierungen, die der Reichsbürgerszene zuzuordnen sind, existieren in den Landkrei- Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 01.09.2017 17/17143 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/17143 sen Kulmbach und Bayreuth (bitte aufgeteilt nach Landkreisen, Orten und Anzahl der Aktivisten)? b) Wie trat dieser Personenkreis bisher als Reichsbürger in der Öffentlichkeit auf? Dem Polizeipräsidium Oberfranken sowie dem Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz liegen aktuell keine gesicherten Erkenntnisse über aktive sog. „Reichsbürger-Gruppierungen “ vor. In der Vergangenheit wurden lediglich folgende sog. „staatliche Gemeinden“ mittels „Aktivierungsurkunden“ beim Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr angezeigt : – Landkreis Bayreuth: o Staatliche Gemeinde Görschnitz o Staatliche Gemeinde Mengersreuth – Landkreis Kulmbach: o Staatliche Gemeinde Katschenreuth o Staatliche Gemeinde Schwarzach bei Kulmbach o Staatliche Stadt Kulmbach. Weitere Erkenntnisse hierzu, insb. über (öffentlichkeitswirksame ) Aktivitäten dieser sog. „staatlichen Gemeinden“ sowie der Mitgliederanzahl, liegen nicht vor. 4. a) Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung, ob sogenannte Reichsbürger in den Landkreisen Kulmbach und Bayreuth Kontakte zur rechtsextremen Szene haben? Dem Polizeipräsidium Oberfranken sowie dem Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz liegen keine diesbezüglichen Erkenntnisse vor. b) Welche Schritte werden vonseiten der Staatsregierung ergriffen, um die Öffentlichkeit besser über die Reichsbürgerbewegung zu informieren und über deren Theorien aufzuklären? Im Rahmen ihres gesetzlichen Aufklärungsauftrages informiert das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz die Öffentlichkeit über sicherheitsgefährdende Bestrebungen von sog. „Reichsbürgern/Selbstverwaltern“ und deren Gedankengut , z. B. im Internet oder im jährlichen Verfassungsschutzbericht . Darüber hinaus informiert auch die Bayerische Informationsstelle gegen Extremismus (BIGE) als zentrale Informations - und Beratungsstelle der Bayerischen Staatsregierung die Öffentlichkeit (z. B. im Internet), führt für die Bereiche Verwaltung und Polizei Fortbildungsveranstaltungen durch, berät kommunale Entscheidungsträger und hält im Einzelfall Vorträge vor z. B. Bürgerversammlungen. Einzelfallbezogene Anfragen von Pressevertretern, Behörden oder Privatpersonen werden zudem auch durch die jeweils zuständigen Polizeipräsidien beantwortet. 5. Konnte bisher festgestellt werden, ob einzelne Personen aus dem Kreis der sogenannten Reichsbürger im Besitz von Waffen sind? Dem Polizeipräsidium Oberfranken sind einzelne Personen bekannt, die im Besitz einer waffenrechtlichen Erlaubnis sind und die der sog. „Reichsbürger-/Selbstverwalter szene“ zugeordnet werden. Zu diesen Personen erfolgte eine Meldung an die jeweils zuständige Erlaubnisbehörde, die regelmäßig eine Überprüfung der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit vornimmt und ggf. ein Widerrufsverfahren in eigener Zuständigkeit in Gang setzt. 6. Wie bewertet die Staatsregierung die aktuelle Gefahrenlage , die von sogenannten Reichsbürgern in den Landkreisen Bayreuth und Kulmbach ausgeht ? Dem Polizeipräsidium Oberfranken sowie dem Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz liegen keine Erkenntnisse vor, die für eine erhöhte Gefahrenlage durch sog. „Reichsbürger /Selbstverwalter“ in den Landkreisen Bayreuth und Kulmbach sprechen.