Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Prof. (Univ. Lima) Dr. Peter Bauer FREIE WÄHLER vom 19.03.2014 Grenzwerte der Strahlungsbelastung durch deutsche Hochspannungsleitungen Wie aus dem Bericht „Schweizer Hochspannungsleitungen strahlen weniger“ in der Bayerischen Staatszeitung vom 28.02.2014 hervorgeht, ist der Grenzwert für die elektromagnetische Strahlung bei deutschen Hochspannungsleitungen um das 100-Fache höher als bei Schweizer Hochspannungsleitungen . Ich frage die Staatsregierung: 1. Welche Gründe sprechen dafür, dass der Grenzwert für das elektromagnetische Feld von Hochspannungsleitungen bei voller Auslastung in Deutschland 100 µT beträgt, in der Schweiz hingegen nur 1µT? 2. Welche Schlüsse zieht die Staatsregierung aus den Er- kenntnissen der UN-Gesundheitsorganisation, um die gesundheitlichen Risiken, die durch elektromagnetische Strahlung bestehen, zu berücksichtigten? 3. Welche Maßnahmen wird die Staatsregierung zum Schutz der Bevölkerung im Sinne eines aktiven Gesundheitsschutzes ergreifen, wenn in Bayern die geplanten neuen Stromtrassen gebaut werden? 4. Welche Gründe veranlassen die Staatsregierung dazu, im Bundesrat nicht darauf hinzuwirken, das Vorbild der Schweiz zu übernehmen und im Sinne eines vorbeugenden Gesundheitsschutzes den dort geltenden Grenzwert festzuschreiben, der um das Hundertfache niedriger liegt? 5. Was sind die Gründe dafür, dass die Bayerische Staats- regierung diese in der Schweiz geltenden verschärften Grenzwerte in einem Umweltschutzgesetz nicht verbindlich festschreiben will? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 15.04.2014 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Gesundheit und Pflege wie folgt beantwortet : 1. Welche Gründe sprechen dafür, dass der Grenzwert für das elektromagnetische Feld von Hochspannungsleitungen bei voller Auslastung in Deutschland 100 µT beträgt, in der Schweiz hingegen nur 1 µT? Die Grenzwerte in der Schweizer Verordnung über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung aus dem Jahr 2000 entsprechen der EU-Ratsempfehlung 1999/519/EG für elekt rische, magnetische und elektromagnetische Felder und den Empfehlungen der Internationalen Kommission zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung (ICNIRP) aus dem Jahre 1998. Daher beträgt der in der Schweiz gültige Immissionsgrenzwert für 50 Hz Hochspannungsleitungen genauso wie in Deutschland 100 Mikrotesla. In der Schweizer Verordnung wurden zusätzlich zu den Immissionsgrenzwerten auch noch niedrigere sogenannte Anlagengrenzwerte festgelegt, die nicht überall eingehalten werden müssen. Dort wo sich Menschen längere Zeit (Stunden ) in Innenräumen aufhalten, dürfen beispielsweise die von einer Anlage ausgehenden 50 Hz Magnetfelder nur 1 Mikrotesla erreichen. Da mehrere Anlagen an einem Immissionsort beitragen können, sind damit faktisch auch höhere Werte erreichbar. In Deutschland sind die Grenzwerte für statische, niederfrequente elektrische und magnetische Felder sowie hochfrequente elektromagnetische Felder in der 26. Verordnung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (26. BImSchV) festgelegt . Diese Verordnung wurde im August 2013 novelliert. Die darin festgelegten Immissionsgrenzwerte betragen beispielsweise für die 50 Hz Magnetfelder der neuen Stromleitungen 100 Mikrotesla und sind an Orten mit nicht nur vorübergehendem Aufenthalt einzuhalten. Messungen und Berechnungen zeigen, dass durch das deutsche Grenzwertkonzept an Orten dauerhaften Aufenthaltes in der Umgebung von Stromleitungen die Grenzwerte auch nur höchstens im niedrigen Prozentbereich ausgeschöpft werden. Aus der Begründung der Novelle http://www.bmub.bund.de/fileadmin/Daten_BMU/Download _PDF/Strahlenschutz/aenderungsvo_26bimsch_bemfv _beschluss1_begruendung_bf.pdf geht hervor, dass die Grenzwerte den aktuellen nationalen und internationalen wissenschaftlichen Empfehlungen entsprechen und ebenso wie die Grenzwerte der Schweiz auf der Ratsempfehlung und der ICNIRP Empfehlung basieren: Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 06.06.2014 17/1718 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/1718 „...Die Expositionsgrenzwerte der EU-Ratsempfehlung 1999/519/EG für elektrische, magnetische und elektromagnetische Felder basieren auf den Empfehlungen der Internationalen Kommission zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung (ICNIRP) sowie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) aus dem Jahre 1998. Diese sind in der 26. BImSchV – für ihren bisherigen Anwendungsbereich – bereits umgesetzt . Im Jahr 2010 hat die ICNIRP ihre Grenzwertempfehlung überarbeitet („Guidelines for Limiting Exposure to Time-Varying Electric and Magnetic Fields (1 Hz–100 kHz)“, Health Physics 99 (6): 818-836; 2010 – im Folgenden: Empfehlung ICNIRP 2010). Die dort enthaltenen Grenzwerte werden in der Änderungsverordnung berücksichtigt. Die Neuregelungen bieten eine verbesserte Grundlage, um vor möglichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen und Risiken bei der Nutzung von Techniken, die aus dem modernen gesellschaftlichen Leben nicht mehr wegzudenken sind, zu schützen und damit gleichzeitig die Akzeptanz in den Bereichen zu erhöhen, bei denen nach dem wissenschaftlichen Kenntnisstand keine Beeinträchtigungen zu befürchten sind....“ 2. Welche Schlüsse zieht die Staatsregierung aus den Erkenntnissen der UN-Gesundheitsorganisation, um die gesundheitlichen Risiken, die durch elektromagnetische Strahlung bestehen, zu berücksichtigen? Die Weltgesundheitsorganisation ist die UN-Gesundheitsorganisation und sie hat 1996 das internationale EMF-Projekt eingerichtet (http://www.who.int/peh-emf/project/EMFProject /en/) mit wissenschaftlichem Sekretariat bei der WHO in Genf. Das Bundesamt für Strahlenschutz ist u. a. im Bereich Nichtionisierende Strahlung ein „WHO Collaborating Center “, damit ist sichergestellt, dass die aktuellen Erkenntnisse der WHO und deren Tochter- und Partnerorganisationen wie z. B. der IARC (International Agency for Research on Cancer ) oder der ICNIRP (International Commission on Non-Ionizing Radiation Protection) über elektromagnetische Felder auch direkt in die aktuelle Gesetzgebung und die Empfehlungen des Bundes und deren nachgeordnete Behörden eingeflossen sind. Da die Empfehlungen der WHO in der aktuellen Bundesgesetzgebung zu nichtionisierender Strahlung umgesetzt worden sind (vgl. auch Antwort zu Frage 1) sind die Anfor- derungen für gesundheitlichen Schutz vor nichtionisierender Strahlung erfüllt. 3. Welche Maßnahmen wird die Staatsregierung zum Schutz der Bevölkerung im Sinne eines aktiven Gesundheitsschutzes ergreifen, wenn in Bayern die geplanten neuen Stromtrassen gebaut werden? Siehe Antwort zu Frage 2. 4. Welche Gründe veranlassen die Staatsregierung dazu, im Bundesrat nicht darauf hinzuwirken, das Vorbild der Schweiz zu übernehmen und im Sinne eines vorbeugenden Gesundheitsschutzes den dort geltenden Grenzwert festzuschreiben, der um das Hundertfache niedriger liegt? Die Immissionsgrenzwerte für Anlagen der Stromversorgung sind in Deutschland und in der Schweiz gleich (vgl. Antwort zu Frage 1). Messungen und Simulationsrechnungen zeigen, dass im Normalbetrieb die Grenzwerte an der Stelle der höchsten Felder, nämlich unter den Leiterseilen, dort wo sie am tiefsten durchhängen, auch bei Höchstspannungsleitungen gut eingehalten werden. (Werte werden nach Messvorschrift 1 m über Boden angegeben.) Bei Höchstspannungserdkabeln wird direkt über dem Kabel (auch wieder in 1 m über dem Erdboden) der Grenzwert eingehalten. Bereits in 50 m Abstand von der Trassenmitte von Höchstspannungsfreileitungen werden nur noch einige Prozent des Grenzwerts ausgeschöpft. Demnach unterschreiten die Felder der neuen Höchstspannungsleitungen an Orten mit dauerhaftem Aufenthalt sehr deutlich die Grenzwerte für den Gesundheitsschutz. Der Schutz der Bevölkerung und der vorsorgende Gesundheitsschutz wird daher durch das deutsche Grenzwertkonzept gewährleistet. 5. Was sind die Gründe dafür, dass die Bayerische Staatsregierung diese in der Schweiz geltenden verschärften Grenzwerte in einem Umweltschutzgesetz nicht verbindlich festschreiben will? Siehe Antwort zu Frage 4.