Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Markus Ganserer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 02.02.2017 2. S-Bahn-Röhre Durchfinanzierung und Vorfinanzierung Am 25. Oktober 2016 verkündete die Staatsregierung, Ggrünes Licht geben zu wollen für den Bau der zweiten Münchner S-Bahn-Stammstrecke. Es läge nun eine „sachgerechte Kostenermittlung“ vor. Der als „plausibel und angemessen“ bewertete Finanzbedarf würde sich auf 3,84 Milliarden Euro belaufen, wovon etwa 660 Millionen Euro auf einen Risikozuschlag entfallen würden. Finanziert werden soll nach Verlautbarung der Staatsregierung ein erheblicher Teil der Kosten für die zweite Münchner S-Bahn-Stammstrecke durch den Bund (1,459 Milliarden Euro ohne Eintritt der Kostenrisiken, zuzüglich bis zu weiteren 397 Millionen Euro bei Eintritt aller skizzierten Kostenrisiken ), wobei der Freistaat über seinen Staatshaushalt einen Großteil der Bundesmittelanteile vorfinanzieren soll. Der von der Staatsregierung verkündete Finanzierungsanteil des Bundes ist allerdings keineswegs gesichert. So schreibt die Staatsregierung selber in ihrem Bericht an den Landtag, dass der Bund die Bereitschaft zur Mitfinanzierung über das GVFG-Bundes programm (GVFG = Gemeinefinanzierungsgesetz ) „in Gesprächen zum Ausdruck“ gebracht habe, und sie weist auch darauf hin, dass eine Mitfinanzierung des Bundes unter Haushaltsvorbehalt steht. Die Behauptung einer gesicherten Finanzierung diente auch dazu, den Landtag dazu zu bewegen, einer Garantieerklärung des Freistaates zur Durchfinanzierung des Projektes und der Vorfinanzierung der vom Bund zu erwartenden Gelder zuzustimmen, was Mitte Dezember auch geschehen ist. Am 21. Dezember wurde dann der Bau- und Finanzierungsvertrag , der die Erklärung des Freistaates zur Durchfinanzierung des Projektes enthält, durch den Freistaat, respektive die Staatsregierung, und die DB AG unterzeichnet. Neben ihrer überraschend großen Risikobereitschaft ist der Sinneswandel der Staatsregierung bezüglich der Vorfinanzierung bemerkenswert. Vor einiger Zeit klang das laut dem Ergebnisprotokoll einer Besprechung zwischen Vertretern des Staatsministeriums für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie sowie des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr mit Vertretern der Landeshauptstadt München zur Vorfinanzierung der 2. Stammstrecke in München am 13.01.2012 ganz anders: „Der Freistaat ist bereit , zusätzlich zu seinem Anteil (rund 950 Millionen Euro) weitere 350 Millionen Euro vorzufinanzieren, sofern der Bund eine Rückzahlung rechtsverbindlich zusagt. Der Freistaat hat Verantwortung für ganz Bayern. Weiter als die zusätzliche Vorfinanzierung von 350 Millionen Euro kann der Freistaat deshalb nicht gehen.“ Jetzt redet die Staatsregierung einer Vorfinanzierung in viel größerer Höhe das Wort. Über viele Jahre hinweg muss nun Bayern Jahr für Jahr mit zig Millionen Euro, in manchen Jahren mit mehreren Hundert Millionen Euro, je nachdem wie viel Gelder die DB als Vorhabensträgerin jeweils abruft, in Vorleistung gehen. Ich frage die Staatsregierung: 1. Wie erklärt die Staatsregierung ihre Bereitschaft, für die Durchfinanzierung des Projektes mit freistaatlichen Mitteln zu garantieren vor dem Hintergrund der Tatsache, dass sie in früheren Jahren bei weitaus geringer angenommenen Kosten für das Projekt nicht zur Abgabe einer Durchfinanzierungserklärung bereit war? 2. Wie soll der Freistaat seiner Garantie zur Durchfinanzierung des Projektes nachkommen, d. h. aus welchen Mitteln soll die Finanzierung des Projektes durch den Freistaat erfolgen, falls keine oder weniger Mittel vom Bund fließen als jetzt von der Staatsregierung angekündigt? 3. Wie erklärt die Staatsregierung ihren Sinneswandel im Hinblick auf die vom Freistaat zu erbringende Vorfinanzierung ? 4. Aus welchen Mitteln soll die Vorfinanzierung über viele Jahre hinweg erfolgen (Angaben bitte in Mio. Euro aus den einzelnen Mitteln und für die einzelnen Jahre)? 5. In welcher Höhe sollen in den einzelnen Jahren Regionalisierungsmittel für die Finanzierung und Vorfinanzierung des Bundesanteils herangezogen werden (Angaben bitte für die einzelnen Jahre und getrennt nach Mittel für die Finanzierung und Mittel für die Vorfinanzierung)? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 31.05.2017 1. Wie erklärt die Staatsregierung ihre Bereitschaft, für die Durchfinanzierung des Projektes mit freistaatlichen Mitteln zu garantieren vor dem Hintergrund der Tatsache, dass sie in früheren Jahren bei weitaus geringer angenommenen Kosten für das Projekt nicht zur Abgabe einer Durchfinanzierungserklärung bereit war? Wesentliche Voraussetzungen für die von der Staatsregierung gegebene Durchfinanzierungserklärung waren • die von der Deutschen Bahn vorgelegte sachgerechte Kostenermittlung unter Hinzuziehung der Ausschreibungsergebnisse von ersten Hauptbaumaßnahmen im westlichen Bereich der 2. Stammstrecke, Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 13.09.2017 17/17194 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/17194 • die Plausibilitätskontrolle der von der DB vorgelegten sachgerechten Kostenermittlung durch die bei der Obersten Baubehörde eingerichtete Expertengruppe und • die am 25. Oktober 2016 zwischen Herrn Ministerpräsidenten Horst Seehofer und Herrn Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt geschlossene Vereinbarung zum Vorhaben 2. Stammstrecke München im Rahmen des GVFG-Bundesprogramms. 2. Wie soll der Freistaat seiner Garantie zur Durchfinanzierung des Projektes nachkommen, d. h. aus welchen Mitteln soll die Finanzierung des Projektes durch den Freistaat erfolgen, falls keine oder weniger Mittel vom Bund fließen als jetzt von der Staatsregierung angekündigt? Im Interesse einer schnellstmöglichen Realisierung der 2. Stammstrecke werden gegebenenfalls ausfallende oder nicht zeitgerecht zur Verfügung gestellte Bundesmittel durch Mittel des Freistaates ersetzt. Hierfür ist vorgesehen, vorrangig Regionalisierungsmittel zu verwenden. Eine entsprechende Verpflichtungsermächtigung ist im Staatshaushalt verankert. Darin ist auch berücksichtigt, dass der Freistaat für die Planung der 2. Stammstrecke bereits rund 200 Mio. Euro der Deutschen Bahn zur Verfügung gestellt hat. Bei zeitgerechter Realisierung aller im GVFG-Bundesprogramm in den Kategorien A und C gelisteten Projekte würde sich ein ergänzender Mittelbedarf ergeben, der aus dem Landeshaushalt gedeckt werden müsste. 3. Wie erklärt die Staatsregierung ihren Sinneswandel im Hinblick auf die vom Freistaat zu erbringende Vorfinanzierung ? Die 2. Stammstrecke ist die wesentliche Voraussetzung, damit die Münchner S-Bahn den künftigen Mobilitätsentwicklungen im Großraum München Rechnung tragen kann. Die Realisierung der 2. Stammstrecke – bei Vorhandensein der in der Antwort zu Frage 1 dargestellten Voraussetzungen – war stets Ziel der Staatsregierung. 4. Aus welchen Mitteln soll die Vorfinanzierung über viele Jahre hinweg erfolgen (Angaben bitte in Mio. Euro aus den einzelnen Mitteln und für die einzelnen Jahre)? Es wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Ob und in welcher Höhe Mittel für eine Vorfinanzierung von Bundesmitteln durch den Freistaat erforderlich werden, steht in Abhängigkeit zu den tatsächlich vom Bund aus dem GVFG- Bundesprogramm jährlich zur Verfügung gestellten Mitteln. Belastbare Aussagen sind derzeit nicht möglich. Die jeweils erforderlichen Mittel werden für die Haushaltspläne der nächsten Jahre angemeldet werden. 5. In welcher Höhe sollen in den einzelnen Jahren Regionalisierungsmittel für die Finanzierung und Vorfinanzierung des Bundesanteils herangezogen werden (Angaben bitte für die einzelnen Jahre und getrennt nach Mittel für die Finanzierung und Mittel für die Vorfinanzierung )? Es wird auf die Antworten zu Frage 2 und 4 verwiesen.