Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Johann Häusler FREIE WÄHLER vom 28.04.2017 Verantwortungsübernahme stärken – Überlastung vermeiden : Das bayerische Feuerwehrwesen zukunftsfähig gestalten! Das ehrenamtliche Feuerwehrwesen im Freistaat ist eine wesentliche Stütze des Schutzes und der Sicherheit unserer bayerischen Heimat und ihrer Menschen. Mit ihrem gewaltigen ehrenamtlichen Engagement tragen die Feuerwehrfrauen und -männer in Bayern über die örtlichen Feuerwehrvereine zudem in erheblichem Maße zur Traditionsund Brauchtumspflege bei. Insbesondere im ländlichen Raum sind unsere Feuerwehren Garanten für den gesellschaftlichen Zusammenhalt in den Kommunen, zentrale Anlaufstelle für das dörfliche Leben und damit in hohem Maße mitverantwortlich für die besondere Lebensqualität in Bayern. Insbesondere die aktiven Wehren sehen sich im Verlauf der letzten Jahre einer gehörigen Expansion ihres Aufgabenprofils ausgesetzt. Weil wir zeitgleich erfreulicherweise unsere Infrastruktur in großem Umfang weiterentwickeln konnten, sind im Zuge dessen möglicherweise auch die Einsatzhäufigkeiten angestiegen. Wenigstens wird – insbesondere durch größere jedoch noch immer ehrenamtlich agierende Feuerwehren – zunehmend eine kaum noch zu bewältigende Arbeitsfülle beklagt. Hinzu kommen allenthalben Nachwuchssorgen. Die große zeitliche Beanspruchung, die schon eine niederschwellige Mitwirkung im aktiven Feuerwehrdienst mit sich bringt, kann offenbar von vielen Bürgerinnen und Bürgern nicht mehr in Kauf genommen werden. Gleichwohl sind die bayerischen Kommunen auf den Dienst ihrer Feuerwehren angewiesen . Als Dienstherren kommt ihnen zudem auch eine soziale Verantwortung für die am Feuerwehrdienst partizipierenden Bürgerinnen und Bürger zu. Vor dem Hintergrund dieser herausfordernden Gemengelage frage ich die Staatsregierung: 1. Wie hat sich die Einsatzhäufigkeit der Feuerwehren in den Landkreisen Augsburg und Dillingen, im Regierungsbezirk Schwaben und im Freistaat Bayern seit dem Jahr 2000 entwickelt? 2. Wie stellt sich die Entwicklung der Mitgliederzahlen unserer Feuerwehren in den Landkreisen Augsburg und Dillingen , im Regierungsbezirk Schwaben und im Freistaat Bayern seit dem Jahr 2000 dar (bitte nach Möglichkeit unterschieden nach passiver und aktiver Mitgliedschaft)? 3. Welche Veränderungen haben sich hinsichtlich der Zuständigkeiten der bayerischen Feuerwehren seit dem Jahr 2000 ergeben? 4. Wie hat sich die finanzielle Ausstattung der Feuerwehren in den Landkreisen Augsburg und Dillingen, im Regierungsbezirk Schwaben und im Freistaat Bayern seit dem Jahr 2000 entwickelt? 5. Wie viele Stunden müssen neu in den Feuerwehrdienst Eintretende mindestens aufwenden, um mit dem geringstmöglichen Aufwand die aktive Wehr zu unterstützen ? 6. Welche Maßnahmen hält die Staatsregierung bereit, um die Freiwilligen Feuerwehren bei der unverzichtbaren Gewinnung von Nachwuchs zu unterstützen? 7. Was gedenkt die Staatsregierung zu unternehmen, um vom Dienstanfall überlastete Feuerwehren im Freistaat zu unterstützen und die Wehrfähigkeit zu erhalten? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 30.05.2017 Vorbemerkung zu Fragen 1 und 2: In den letzten Jahren wurden immer wieder Änderungen am Verfahren zur Erfassung der Einsatz- und Personalstatistiken vorgenommen, weshalb dem Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr keine durchgängig konsistenten Zahlen für den angefragten Zeitraum vorliegen. So wurden z. B. in der Vergangenheit die Einsatzberichte der Feuerwehren in Bayern vor Ort erfasst und nach Ablauf des Berichtsjahres jeweils auf Kreis- und danach auf Regierungsebene und schließlich auf Landesebene zusammengeführt. Mit der Einführung der Integrierten Leitstellen (ILS) und der zugehörigen Softwareausstattung für Einsatzstatistik und Stärkemeldung können die Feuerwehren ihre Einsatzberichte und Stärkemeldung jetzt online ausfüllen. Die sukzessive Umstellung auf die neue Erfassungsart erfolgte seit dem Jahr 2008 und war Mitte 2015 grundsätzlich abgeschlossen. Das neue System ist mit einer teilweise anderen Systematik und Funktionalität verbunden. Daher sind die Zahlen nicht durchgängig miteinander vergleichbar. Auch ist darauf hinzuweisen, dass die Genauigkeit der Statistiken von der Qualität der Erfassung vor Ort durch die rund 7.600 Feuerwehren abhängt. Die angegebenen Daten sind daher nur beschränkt belastbar. Die angegebenen Zahlen umfassen Freiwillige Feuerwehren , Werkfeuerwehren und Berufsfeuerwehren (wobei es in den Landkreisen Augsburg und Dillingen keine Berufsfeuerwehren gibt). Zahlenmaterial liegt erst ab dem Jahr 2003 vor. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 13.09.2017 17/17195 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/17195 1. Wie hat sich die Einsatzhäufigkeit der Feuerwehren in den Landkreisen Augsburg und Dillingen, im Regierungsbezirk Schwaben und im Freistaat Bayern seit dem Jahr 2000 entwickelt? Eine Statistik, die die Einsatzzahlen des Regierungsbezirkes Schwaben erfasst, liegt nicht vor. Einsatzzahlen der Feuerwehren: Jahr Bayernweit Lkr. Augsburg Lkr. Dillingen 2003 198.799 2.079 975 2004 173.589 2.186 1.115 2005 186.174 2.350 894 2006 204.570 2.190 968 2007 207.193 2.643 758 2008 195.150 2.314 832 2009 199.405 1.914 1.145 2010 213.194 3.034 863 2011 206.525 3.424 1.150 2012 198.799 3.200 1.123 2013 237.000 4.465 684 2014 196.000 3.002 774 2015 218.000 3.523 1.298 2. Wie stellt sich die Entwicklung der Mitgliederzahlen unserer Feuerwehren in den Landkreisen Augsburg und Dillingen, im Regierungsbezirk Schwaben und im Freistaat Bayern seit dem Jahr 2000 dar (bitte nach Möglichkeit unterschieden nach passiver und aktiver Mitgliedschaft)? Dem Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr liegen nur Zahlen zu aktiven Mitgliedern in den Feuerwehren vor. Aktive Mitglieder in den Feuerwehren: Jahr Bayernweit Schwaben Lkr. Augsburg Lkr. Dillingen 2003 333.900 47.200 6.450 3.340 2004 332.700 47.000 6.440 3.328 2005 332.500 46.900 6.390 3.363 2006 331.900 47.600 6.519 3.324 2007 334.500 47.500 6.900 3.298 2008 335.500 47.700 6.809 3.333 2009 337.600 48.800 6.925 3.379 2010 335.300 48.400 6.908 3.308 2011 330.400 48.400 6.841 3.312 2012 329.400 48.300 6.878 3.313 2013 326.600 48.200 7.113 3.331 2014 321.000 46.100 6.600 3.401 2015 322.600 46.300 6.556 3.384 3. Welche Veränderungen haben sich hinsichtlich der Zuständigkeiten der bayerischen Feuerwehren seit dem Jahr 2000 ergeben? Die gesetzlichen Pflichtaufgaben der gemeindlichen Feuerwehren sind in Art. 4 Abs. 1 und 2 des Bayerischen Feuerwehrgesetzes (BayFwG) normiert. Nach Art. 4 Abs. 1 BayFwG haben die Feuerwehren den abwehrenden Brandschutz und den technischen Hilfsdienst zu besorgen. Im Hinblick auf diese Hauptaufgaben der Feuerwehren haben sich im genannten Zeitraum keinerlei gesetzliche Änderungen ergeben. Gem. Art. 4 Abs. 2 Satz 1 BayFwG sind die Feuerwehren zudem verpflichtet, Sicherheitswachen zu stellen. Vor Novellierung des BayFwG im Jahr 2008 galt dies nur, wenn eine Sicherheitswache aufgrund besonderer Vorschriften notwendig war und die Sicherheitswache rechtzeitig angefordert wurde. Seit 1. März 2008 sind die Feuerwehren zur Stellung von Sicherheitswachen auch bei Fehlen einer besonderen Vorschrift verpflichtet, wenn dies rechtzeitig von der Gemeinde angeordnet wird. Hintergrund der Ergänzung war, dass die ausdrücklich eine Sicherheitswache fordernden Regelungen nicht sämtliche Fallkonstellationen abdecken , in denen eine Sicherheitswache aufgrund der Umstände des Einzelfalls sinnvoll und notwendig sein kann. 4. Wie hat sich die finanzielle Ausstattung der Feuerwehren in den Landkreisen Augsburg und Dillingen, im Regierungsbezirk Schwaben und im Freistaat Bayern seit dem Jahr 2000 entwickelt? Nach Art. 1 Abs. 1 BayFwG obliegen der abwehrende Brandschutz und der technische Hilfsdienst den Gemeinden als Pflichtaufgabe im eigenen Wirkungskreis. Zur Erfüllung dieser Aufgabe haben sie in den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit gemeindliche Feuerwehren aufzustellen, auszurüsten und zu unterhalten, vgl. Art. 1 Abs. 2 Satz 1 BayFwG. Dem Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr liegen keine Informationen vor, in welcher Höhe die Gemeinden im Rahmen ihres kommunalen Selbstverwaltungsrechts jeweils Haushaltsmittel für ihre Feuerwehren verwenden. 5. Wie viele Stunden müssen neu in den Feuerwehrdienst Eintretende mindestens aufwenden, um mit dem geringstmöglichen Aufwand die aktive Wehr zu unterstützen? Aktiven Feuerwehrdienst inkl. des Einsatzdienstes können nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayFwG alle „geeigneten“ Personen vom vollendeten 18. Lebensjahr an leisten. Eine Sonderregel bzgl. des Einsatzdienstes gilt für Jugendliche: Sie können als Feuerwehranwärter schon ab vollendetem 16. Lebensjahr bei Einsätzen zu Hilfeleistungen herangezogen werden – aber selbstverständlich nur außerhalb der unmittelbaren Gefahrenzone, vgl. Art. 7 Abs. 2 Satz 2 BayFwG. Es gibt keine Vorschrift, die eine Mindestzahl an Ausbildungsstunden für die Erreichung der nach den genannten Vorschriften notwendigen „Eignung“ für den Einsatzdienst verbindlich vorschreibt. Vielmehr ist es Aufgabe des jeweiligen Kommandanten, im Einzelfall die Eignung einer Person für den Dienst festzustellen. Aus fachlicher Sicht ist grundsätzlich vor der Teilnahme an Einsätzen mindestens die Ableistung des Basismoduls der sog. „Modularen Truppausbildung “ erforderlich, die – je nach individuellen Vorkenntnissen und Lerntempo – um die 110 Unterrichtseinheiten a circa 45 Minuten umfasst. 6. Welche Maßnahmen hält die Staatsregierung bereit, um die Freiwilligen Feuerwehren bei der unverzichtbaren Gewinnung von Nachwuchs zu unterstützen? Der Staatsregierung ist es ein großes Anliegen, die Gemeinden bei ihrer wichtigen Aufgabe der Nachwuchsgewinnung für die Feuerwehren zu unterstützen. Der Freistaat stellt daher für die Kampagnen des Landesfeuerwehrverbandes Bayern e.V. zur Nachwuchsgewinnung bei den Freiwilligen Feuerwehren bereits seit 2011 jährlich 275.000 Euro an Fördermitteln zur Verfügung. Drucksache 17/17195 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Darüber hinaus hat das Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr ein Internetportal (www.nachwuchs112. bayern.de) eröffnet, in dem Ideen für die Nachwuchsgewinnung , die sich vor Ort bewährt haben, vorgestellt werden. Damit wird den Verantwortlichen für die Nachwuchsgewinnung ein Ideenpool an die Hand gegeben, aus dem Anregungen für die eigene Nachwuchswerbung gezogen werden können. Ein ganz wichtiges Instrument der Nachwuchsarbeit kann die Gründung von Kinderfeuerwehren sein – gerade wegen der Konkurrenz zu anderen Freizeitaktivitäten. Deshalb sieht der derzeit im Landtagsverfahren befindliche Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des BayFwG vor, dass den Gemeinden die Gründung von Kinderfeuerwehren in ihrer öffentlichen Einrichtung Feuerwehr eröffnet wird. 7. Was gedenkt die Staatsregierung zu unternehmen, um vom Dienstanfall überlastete Feuerwehren im Freistaat zu unterstützen und die Wehrfähigkeit zu erhalten? Zentrales Änderungsanliegen des Gesetzentwurfs zur Änderung des BayFwG ist die Eröffnung von zusätzlichen Möglichkeiten, mit denen das ehrenamtliche Einsatzkräftepotenzial in den Feuerwehren trotz des demografischen Wandels nachhaltig gesichert werden kann. Neben der Einführung von Kinderfeuerwehren (siehe dazu Antwort zu Frage 6) sind weitere wichtige Bausteine die Anhebung der gesetzlichen Altersgrenze für den aktiven Feuerwehrdienst vom vollendeten 63. auf das vollendete 65. Lebensjahr und die Öffnung der Feuerwehren auch für Menschen, denen die Eignung für den Einsatzdienst fehlt (Inklusion). Darüber hinaus soll das Änderungsgesetz zum Beispiel die kommunale Zusammenarbeit im Feuerwehrbereich stärken und hier flexiblere Lösungen (etwa freiwillige, gemeindeübergreifende Feuerwehren und Ausbildung auf Landkreisebene ) ermöglichen. Zudem werden Entlastungsmöglichkeiten für die besonders stark beanspruchten Führungskräfte ermöglicht: Die Kreisbrandräte können künftig im Einvernehmen mit dem Landratsamt Fachkreisbrandinspektoren bestellen, um ihnen spezifische Fachaufgaben zu übertragen, die Stadtbrandräte können zu ihrer Unterstützung im Einvernehmen mit der Gemeinde Stadtbrandmeister bestellen.