Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Verena Osgyan BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 05.04.2017 Öffentlichkeit in studentischen Gremien Der Ältestenrat des studentischen Konvents der Universität Augsburg vertritt die Auffassung, dass Sitzungen des studentischen Konvents grundsätzlich nicht-öffentlich sind. Deshalb frage ich die Staatsregierung: 1. Widersprechen nach Auffassung der Staatsregierung § 6 der Geschäftsordnung des studentischen Konvents der Universität Augsburg sowie § 6 der Geschäftsordnung des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) der Universität Augsburg § 21 Abs. 7 der Grundordnung (GO) der Universität Augsburg? 2. Ist der Staatsregierung bekannt, wie im Fall der (grundsätzlichen ) Nicht-Öffentlichkeit sichergestellt werden kann, dass die Studierenden über die Arbeit, Beschlüsse und Diskussionen ihrer gewählten Vertretung informiert werden? 3. An welchen Universitäten und Hochschulen in Bayern tagen die studentischen Gremien – insbesondere der studentische Konvent – öffentlich bzw. nicht-öffentlich? 4. Wie ist mit von der Grundordnung abweichenden Regelungen in Satzungen oder Geschäftsordnungen eines studentischen Konvents – insbesondere bei Fragen der Öffentlichkeit bzw. Nicht-Öffentlichkeit – grundsätzlich umzugehen? 5. Wie ist mit von dem Bayerischen Hochschulgesetz abweichenden Regelungen in Satzungen oder Geschäftsordnungen eines studentischen Konvents grundsätzlich umzugehen? 6. Können Regelungen zur Nicht-Öffentlichkeit in Grundordnungen von bayerischen Universitäten und Hochschulen auch Mitglieder der jeweiligen Universitäten und Hochschulen von Sitzungen ausschließen oder beziehen sich diese Regelungen ausschließlich auf Nicht-Mitglieder der jeweiligen Universitäten und Hochschulen? 7. Umfassen Regelungen zur Nicht-Öffentlichkeit in Grundordnungen von bayerischen Universitäten und Hochschulen auch Tagesordnungen, Protokolle, Beschlüsse etc. oder ausschließlich die Sitzungen selbst? Antwort des Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 30.05.2017 1. Widersprechen nach Auffassung der Staatsregierung § 6 der Geschäftsordnung des studentischen Konvents der Universität Augsburg sowie § 6 der Geschäftsordnung des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) der Universität Augsburg § 21 Abs. 7 der Grundordnung (GO) der Universität Augsburg? Nach Auffassung der Staatsregierung widersprechen die zitierten Bestimmungen in § 6 der Geschäftsordnungen des studentischen Konvents und des AStA der Universität Augsburg der Regelung in § 21 Abs. 7 der GO, insoweit sie grundsätzlich öffentliche Sitzungen der jeweiligen Gremien vorsehen, während nach § 21 Abs. 7 GO die Öffentlichkeit nur im Einzelfall für bestimmte Tagesordnungspunkte nach einem vorgegebenen Verfahren zugelassen werden kann. § 21 Abs. 7 GO regelt auf der Grundlage von Art. 41 Abs. 1 Satz 2 des Bayerischen Hochschulgesetzes (BayHSchG), dass Gremien grundsätzlich nicht öffentlich tagen. Dabei kann im Einzelfall für bestimmte Tagesordnungspunkte einer künftigen Sitzung die Öffentlichkeit beschlossen werden , soweit nicht Personal- und Prüfungsangelegenheiten behandelt werden und Rechte Dritter oder sonstige rechtliche Gründe entgegenstehen. Der Beschluss, die Öffentlichkeit zuzulassen, wird in geheimer Abstimmung gefasst und bedarf einer Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden stimmberechtigten Mitglieder. Trotz dieses Widerspruchs zu Grundordnungsregelungen liegen der Universität bislang keine formellen Beanstandungen der Regelungen über die Öffentlichkeit von Sitzungen des AStA und des studentischen Konvents vor. Es gibt auch aus Sicht der Staatsregierung keinen Anhaltspunkt anzunehmen , dass in den hier in Rede stehenden Gremien entgegen § 21 Abs. 7 Satz 2 GO Personal- und Prüfungsangelegenheiten oder Angelegenheiten, denen Rechte Dritter oder sonstige rechtliche Gründe entgegenstehen, in öffentlicher Sitzung behandelt wurden. Um den Widerspruch zu einer Grundordnungsregelung aufzulösen, wird nun vonseiten der Universität zu Recht angestrebt , zunächst über den Ältestenrat als dem gemäß § 17 Abs. 4 GO neutralen und beratenden Kontroll- und Schlichtungsorgan innerhalb der Studierendenvertretung auf eine grundordnungskonforme Ausgestaltung der in Rede stehenden Geschäftsordnungen hinzuwirken. 2. Ist der Staatsregierung bekannt, wie im Fall der (grundsätzlichen) Nicht-Öffentlichkeit sichergestellt werden kann, dass die Studierenden über die Arbeit, Beschlüsse und Diskussionen ihrer gewählten Vertretung informiert werden? Aus Rückmeldungen der bayerischen Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissenschaften/Technischen Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 13.09.2017 17/17199 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/17199 Hochschulen wird deutlich, dass auf Transparenz der Tätigkeit der Studierendenvertretungen geachtet wird. Unabhängig davon, ob an den Hochschulen die Sitzungen der studentischen Gremien für die Öffentlichkeit zugänglich sind oder nicht, erfolgt die Information der Studierenden über Diskussionsthemen, Beschlüsse und Entscheidungen der Studierendenvertretungen allerorts auf vielfältige Weise, um sicherzustellen, dass die Studierenden über die Arbeit, Beschlüsse und Diskussionen ihrer gewählten Vertretung zuverlässig informiert werden. Die nachfolgend aufgeführten Informationskanäle schließen einander nicht aus, sondern werden regelmäßig nebeneinander genutzt: – Einige Hochschulen erachten die studentische Hochschulvollversammlung als das zentrale Element der Informationsweitergabe an die Studierenden. Dort können studentische Angelegenheiten auch diskutiert und entschieden werden. Es wird darauf geachtet, dass der betreffende Termin zwischen Studierendenvertretung und Hochschulleitung abgestimmt wird, damit die Vollversammlung nicht mit Lehrveranstaltungen zusammenfällt. – Ergebnis- und Sitzungsprotokolle spielen eine wichtige Rolle an vielen Hochschulen, um Studierenden Einblicke in die Gremienarbeit zu ermöglichen und über die Arbeit, Beschlüsse und Diskussionen der studentischen Gremien zu informieren. Dabei kommen verschiedene Verbreitungswege zum Einsatz. Sei es, dass die Protokolle hochschulöffentlich ausgehängt werden, sei es, dass sie ebenso wie Berichte und Anträge auf der öffentlich zugänglichen Webseite der Studierendenvertretung oder der Hochschul-Webseite veröffentlicht werden. Schließlich berichtet eine Hochschule, dass das offizielle Protokoll jeder Sitzung, das Angaben zu den Teilnehmern, dem Protokollführer und der Beschlussfähigkeit, die Tagesordnungspunkte sowie die Beschlüsse mit detaillierten Informationen enthält, mit Ausnahme der vertraulichen Informationen auf Anfrage bei der Studierendenvertretung erhältlich ist. – An Beliebtheit und Verbreitung gewinnt die Möglichkeit, die Studierenden auf Facebookseiten über die Arbeit der Studierendenvertretungen auf dem Laufenden zu halten. Dieser Kanal zeichnet sich dadurch aus, dass er von Studierenden auch für Diskussionen und zur Meinungsabfrage genutzt werden kann. – Neben der Information allgemein über Rundmails dienen informations-, arbeitskreis- und themenbezogene E-Mail-Verteiler, zu denen sich die Studierenden anmelden können, zur Kommunikation der aktuellen Aufgaben, Projekte und Beschlüsse der Studierendenvertretung. – Weitere Informationsmedien sind veröffentlichte Jahresberichte , Studierendenmagazine und natürlich öffentliche Auftritte, z. B. beim dies academicus, bei denen die Studierendenvertretung über ihre Arbeit informiert. – Schließlich besteht an allen Hochschulen die Möglichkeit, Informationen im direkten Kontakt zu erhalten. So können der Konventsvorsitz sowie der Sprecherinnen- und Sprecherrat jederzeit per E-Mail oder auch persönlich im Büro der Studierendenvertretung mit festen Öffnungszeiten sowie einer häufigen Besetzung außerhalb der Öffnungszeiten gezielt um Auskunft gebeten werden. 3. An welchen Universitäten und Hochschulen in Bayern tagen die studentischen Gremien – insbesondere der studentische Konvent – öffentlich bzw. nicht-öffentlich ? An den folgenden Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissenschaften/Technischen Hochschulen tagen die studentischen Gremien grundsätzlich (hochschul-)öffentlich : 1. Otto-Friedrich-Universität Bamberg 2. Universität Bayreuth 3. Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg 4. Technische Universität München 5. Universität Regensburg 6. Ostbayerische Technische Hochschule Amberg-Weiden 7. Hochschule für angewandte Wissenschaften Aschaffenburg 8. Hochschule für angewandte Wissenschaften Kempten 9. Hochschule für angewandte Wissenschaften München 10. Technische Hochschule Nürnberg Georg-Simon-Ohm 11. Hochschule für angewandte Wissenschaften Rosenheim 12. Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg- Schweinfurt An den folgenden Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissenschaften/Technischen Hochschulen tagen die studentischen Gremien grundsätzlich nicht öffentlich: 1. Universität Augsburg 2. Ludwig-Maximilians-Universität München 3. Universität Passau 4. Julius-Maximilians-Universität Würzburg 5. Hochschule für angewandte Wissenschaften Ansbach 6. Hochschule für angewandte Wissenschaften Augsburg 7. Hochschule für angewandte Wissenschaften Coburg 8. Technische Hochschule Deggendorf 9. Hochschule für angewandte Wissenschaften Hof 10. Technische Hochschule Ingolstadt 11. Hochschule für angewandte Wissenschaften Landshut 12. Hochschule für angewandte Wissenschaften Neu-Ulm 13. Ostbayerische Technische Hochschule Regensburg 14. Hochschule für angewandte Wissenschaften Weihenstephan -Triesdorf Bei den Hochschulen, an denen die studentischen Gremien grundsätzlich öffentlich tagen, ist jedoch zu beachten, dass die Öffentlichkeit mit einer qualifizierten Mehrheit der stimmberechtigten Mitglieder für einzelne Tagesordnungspunkte ausgeschlossen werden kann. Ein Ausschluss der Öffentlichkeit ist mitunter sogar zwingend geboten, wenn datenschutzrechtliche Gründe, Aspekte des allgemeinen Persönlichkeitsrechts oder Rechte Dritter, wie z. B. in Personalangelegenheiten , einer öffentlichen Sitzung entgegenstehen . Umgekehrt berichten viele der Hochschulen, an denen studentische Gremiensitzungen grundsätzlich nicht öffentlich stattfinden, davon, dass abweichend vom Grundsatz im Einzelfall die Möglichkeit besteht, die Öffentlichkeit zu einzelnen Tagesordnungspunkten zuzulassen. Außerdem finden in vielen Fällen öffentliche Sitzungen in der Regel statt, wenn Wahlen anstehen oder spezielle Informationsveranstaltungen für Studierende abgehalten werden. Auch gibt es Hochschulen, an denen zwar Sitzungen des studentischen Konvents nicht öffentlich sind, die Sitzungen des Studierendenparlaments hingegen öffentlich stattfinden. Die obige Listeneinteilung darf daher nicht schematisch im Sinne einer Schwarz-Weiß-Zeichnung verstanden wer- Drucksache 17/17199 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 den. An einem herausgegriffenen Beispiel lässt sich das zeigen: Der studentische Konvent der Universität Würzburg tagt zwar gemäß § 10 Abs. 5 Satz 1 seiner Geschäftsordnung (GO) grundsätzlich nicht öffentlich, sofern nicht in der vorhergehenden Sitzung die Öffentlichkeit für einzelne Tagesordnungspunkte beschlossen wurde. Allerdings haben gemäß § 2 Satz 2 GO alle Studierenden der Julius- Maximilians-Universität Würzburg ein Rede- und Antragsrecht und gemäß § 2 Satz 4 GO kann auf Antrag Personen, die nicht dem studentischen Konvent angehören, das Rederecht erteilt werden. Darüber hinaus findet gemäß §§ 26 und 27 GO einmal pro Semester eine öffentlich bekannt zu gebende, an alle Studierende gerichtete öffentliche Informationsveranstaltung statt, wobei die Tagesordnung öffentlich ausgehängt wird. In dieser Informationsveranstaltung berichtet gemäß § 27 Abs. 2 GO der Sprecher- und Sprecherinnenrat den Studierenden über seine Tätigkeiten, und die Studierenden haben die Möglichkeit, sich über die Arbeit ihrer Vertreter und Vertreterinnen in den Gremien über laufende Projekte, Arbeitskreise und Veranstaltungen zu informieren und hierzu zu äußern. In der praktischen Umsetzung, so berichtet die Universität Würzburg schließlich, wird bei jeder Sitzung für die darauffolgende Sitzung beschlossen, ob diese öffentlich stattfinden kann. Dies werde laut Mitteilung der Studierendenvertretung „immer einstimmig angenommen“. 4. Wie ist mit von der Grundordnung abweichenden Regelungen in Satzungen oder Geschäftsordnungen eines studentischen Konvents – insbesondere bei Fragen der Öffentlichkeit bzw. Nicht-Öffentlichkeit – grundsätzlich umzugehen? 5. Wie ist mit von dem Bayerischen Hochschulgesetz abweichenden Regelungen in Satzungen oder Geschäftsordnungen eines studentischen Konvents grundsätzlich umzugehen? Für das Verhältnis Gesetz zu Grundordnung und Grundordnung zu Geschäftsordnung gilt die allgemeine Regel, dass höherrangiges Recht niederrangiges Recht verdrängt. Grundsätzlich werden solche Konflikte nicht sofort in formellen Verfahren thematisiert, sondern, wenn möglich, einvernehmlich gelöst. 6. Können Regelungen zur Nicht-Öffentlichkeit in Grundordnungen von bayerischen Universitäten und Hochschulen auch Mitglieder der jeweiligen Universitäten und Hochschulen von Sitzungen ausschließen oder beziehen sich diese Regelungen ausschließlich auf Nicht-Mitglieder der jeweiligen Universitäten und Hochschulen? 7. Umfassen Regelungen zur Nicht-Öffentlichkeit in Grundordnungen von bayerischen Universitäten und Hochschulen auch Tagesordnungen, Protokolle, Beschlüsse etc. oder ausschließlich die Sitzungen selbst? Die Auslegung der Regelung der Hochschulen liegt grundsätzlich in der Hoheit der Hochschulen selbst, die sich diese Regelungen gegeben haben. Sie haben sich dabei an dem herkömmlichen Begriffsverständnis zu orientieren. Regelungen zur Nicht-Öffentlichkeit von Sitzungen schließen daher in aller Regel alle Nicht-Gremienmitglieder aus. Soweit eine Regelung zu den in Frage 7 genannten Unterlagen nicht besteht, ist der Inhalt dieser Akten entscheidend. Auf dieser Grundlage muss die Hochschule entscheiden, ob Vertraulichkeit geboten ist oder nicht. Hier sind vor allem auch immer Aspekte des Datenschutzes oder generell des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes zu berücksichtigen.