17. Wahlperiode 25.09.2017 17/17218 Bayerischer Landtag Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Rosi Steinberger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 03.05.2017 Abwasserbeseitigung in der Gemeinde Aicha vorm Wald Bei der Firma STF Recycling gestaltete sich die Abwasserbeseitigung nachweislich von Anfang an als problematisch. Da die Firma in den Zuständigkeitsbereich der Gemeinde Aicha vorm Wald fällt, ist diese hier für die ordnungsgemäße Abwasserbeseitigung verantwortlich. Vor diesem Hintergrund frage ich die Staatsregierung: 1. a) Sind der Staatsregierung oder anderen nachgeordneten Behörden, insbesondere der technischen Gewässeraufsicht , seit 1990 Versäumnisse der Gemeinde Aicha vorm Wald bei der Erfüllung ihrer gemeindlichen Pflichten zur ordnungsgemäßen Abwasserbeseitigung bekannt? b) Wenn ja, welche? 2. Welche Maßnahmen wurden seit 1990 von den entsprechenden Behörden jeweils ergriffen, um auf diese Versäumnisse hinzuweisen (bitte entsprechende Anordnungen , Bescheide und sonstige Dokumente beifügen )? 3. Welche Maßnahmen wurden seit 1990 von den entsprechenden Behörden jeweils ergriffen, um auf die Gemeinde einzuwirken und die Erfüllung ihrer Pflichten zu erreichen (bitte entsprechende Anordnungen, Bescheide und sonstige Dokumente beifügen)? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 06.06.2017 Vorbemerkung: Die Gemeinde Aicha vorm Wald betreibt eine Abwasseranlage , die aus der Kläranlage und der Sammelkanalisation einschließlich zugehöriger Sonderbauwerke besteht. Der Betrieb dieser Abwasseranlage setzt voraus, dass für die jeweiligen Einleitungen von (gereinigtem) Abwasser in ein Gewässer eine wasserrechtliche Erlaubnis vorliegt. Mit Bescheid vom 15.06.1998 wurde der Gemeinde Aicha vorm Wald für die Abwassereinleitungen aus der Kläranlage sowie aus Misch- und Niederschlagswassereinleitungen in verschiedene Gewässer die wasserrechtliche Erlaubnis erteilt . Durch Änderungsbescheide wurden während der Laufzeit die Überwachungswerte der Kläranlage auf Antrag der Gemeinde angepasst. Darüber hinaus ist die Gemeinde Aicha vorm Wald als Betreiberin der Abwasseranlage gemäß Verordnung zur Eigenüberwachung von Wasserversorgungs- und Abwasseranlagen (Eigenüberwachungsverordnung – EÜV) eigenüberwachungspflichtig und hat hierbei eine Überwachung durchzuführen, die mindestens den Anforderungen der EÜV genügt. Dazu gehört auch, dass zusammengefasste und ausgewertete Ergebnisse der Überwachung in Form von Jahresberichten für die entsprechenden Abwasseranlagen (hier: Kläranlage und Sammelkanalisation einschließlich zugehöriger Sonderbauwerke) jährlich unaufgefordert dem Wasserwirtschaftsamt vorzulegen sind. Die zu führenden Betriebstagebücher (Betriebsaufzeichnungen) und Datenträger sind für die Dauer von fünf Jahren nach der letzten Eintragung aufzubewahren. Der Kreisverwaltungsbehörde, hier dem Landratsamt Passau , obliegt die Gewässeraufsicht. Sie kann die Gewässeraufsicht u. a. durch eigene Aufsichtstätigkeit an Ort und Stelle ausüben. Insbesondere überwacht sie Fristen und Vorlagepflichten , zudem ordnet sie nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen an, die im Einzelfall notwendig sind, um Beeinträchtigungen im Wasserhaushalt zu vermeiden. Dem Wasserwirtschaftsamt (WWA), hier dem WWA Deggendorf , obliegt die technische Gewässeraufsicht. Diese erfolgt insbesondere durch Kontrolle der Eigenüberwachung der Betreiber, im Wesentlichen durch amtliche Vor-Ort- Überwachungen auf der Kläranlage. Dies geschieht nach pflichtgemäßem Ermessen. Seit Mai 2014 werden alle kommunalen Kläranlagen Bayerns durch private Sachverständige der Wasserwirtschaft (PSW) überwacht. Die Ergebnisse der amtlichen Überwachung und die vorgelegten Jahresberichte der Anlagenbetreiber werden vom Wasserwirtschaftsamt auf Plausibilität und Auffälligkeiten geprüft. Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/17218 1. a) Sind der Staatsregierung oder anderen nachgeordneten Behörden, insbesondere der technischen Gewässeraufsicht, seit 1990 Versäumnisse der Gemeinde Aicha vorm Wald bei der Erfüllung ihrer gemeindlichen Pflichten zur ordnungsgemäßen Abwasserbeseitigung bekannt? b) Wenn ja, welche? Kläranlage Aicha vorm Wald: Die Gemeinde ist ihrer Pflicht, Jahresberichte für die Kläranlage vorzulegen, regelmäßig nachgekommen. Seit dem Jahr 2014 erfolgt die Übermittlung auch über das internetgestützte Instrument des Datenverbunds Abwasser Bayern (DABay). Die technische Gewässeraufsicht des WWA Deggendorf überwacht die Kläranlage regelmäßig zweimal jährlich, zuletzt am 28.11.2016. Dabei werden u. a. Abwasserparameter des Kläranlagenablaufs an der Einleitungsstelle in das Gewässer untersucht, die die organische Belastung des Abwassers beschreiben. Im Rahmen der technischen Gewässeraufsicht durch das WWA Deggendorf wurden keine wesentlichen Auffälligkeiten festgestellt. Die Anforderungen gemäß Anhang 1 der Abwasserverordnung (AbwV) wurden stets eingehalten. Sammelkanalisation einschließlich zugehöriger Sonderbauwerke : Die Sammelkanalisation der Gemeinde Aicha vorm Wald besteht im Wesentlichen aus einem Kanalnetz im Misch-, Trenn- bzw. modifizierten Trennverfahren mit Mischwasserbehandlungsanlagen . Gemäß Bescheid vom 15.06.1998 gibt es fünf Mischwassereinleitungen aus entsprechenden Entlastungsbauwerken sowie 13 Regenwassereinleitungen aus den Regenwasserkanälen. Ein aktuelles Abwasserkataster liegt nach unserer Kenntnis nicht vor. Das Wasserwirtschaftsamt hat regelmäßig angemahnt, zuletzt mit Schreiben vom 18.01.2016, dass die Jahresberichte für die Sammelkanalisation einschließlich zugehöriger Sonderbauwerke von der Gemeinde vorzulegen sind. Die Gemeinde ist diesen Aufforderungen bisher nicht nachgekommen . 2. Welche Maßnahmen wurden seit 1990 von den entsprechenden Behörden jeweils ergriffen, um auf diese Versäumnisse hinzuweisen (bitte entsprechende Anordnungen, Bescheide und sonstige Dokumente beifügen)? Im Bescheid vom 15.06.1998 ist die Vorlagepflicht für die Jahresberichte unter Verweis auf die Vorgaben der Eigenüberwachungsverordnung als gesetzliche Verpflichtung aufgenommen worden. In Bezug auf die von der Gemeinde nicht vorgelegten Kanalnetz -Jahresberichte ergingen regelmäßig entsprechende Schreiben des Wasserwirtschaftsamts an die Gemeinde Aicha vorm Wald, in denen die Vorlage der Jahresberichte angemahnt wurde, zuletzt am 08.09.2015 für die Jahresberichte der Jahre 2012, 2013 und 2014 und erneut mit Schreiben vom 18.01.2016. Das Wasserwirtschaftsamt Deggendorf hat des Weiteren die Entlastungsanlagen am 21.09.2016 im Rahmen der technischen Gewässeraufsicht überwacht. Mit Schreiben vom 29.09.2016 hat das WWA Deggendorf zudem gegenüber der Gemeinde zu einer vorgelegten Studie für die Überrechnung der Kläranlage Stellung genommen. Darin wurde festgestellt, dass das Gewerbegebiet Am Pfarrhof im Mischsystem entwässert, anders, als in den Genehmigungsunterlagen für die Erlaubnis vom 15.06.1998 dargestellt worden war. Dieser erheblichen Planungsabweichung sollte schnellstmöglich abgeholfen werden. Von der Gemeinde wurden bis heute keine neuen Planungen vorgelegt. Die Gemeinde wurde vom Wasserwirtschaftsamt Deggendorf mit Schreiben vom 30.09.2016 zur Beseitigung der Mängel, die sich bei der o. g. Überwachung der Entlastungsbauwerke ergaben, aufgefordert. Gegenstand der Mängelliste war – das Entwässerungsgebiet GE „Am Pfarrhof“ sowie – drei Regenüberlaufbecken sowie drei Regenüberläufe, die nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen. Insbesondere sind die Einleitungsstellen dieser Bauwerke überwiegend nicht bekannt. Die Gemeinde plant nach eigenen Aussagen, ein Kanalkataster erstellen zu lassen. Sie wurde vom WWA Deggendorf auf das Sonderprogramm „Kanalkataster“ nach den Richtlinien für Zuwendungen zu wasserwirtschaftlichen Vorhaben (RZWas 2016) hingewiesen, mit dem der Freistaat derzeit die Erstellung eines digitalen Kanalkatasters fördert. Es können Zuwendungen für alle Kanallängen beantragt werden , für die erstmalig ein digitales Kanalkataster erstellt wird und deren eingehende Sicht- oder Druckprüfung zwischen 01.01.2015 und 31.12.2018 durchgeführt wurde bzw. wird, unabhängig davon, wann der Zuwendungsbescheid ergangen ist. 3. Welche Maßnahmen wurden seit 1990 von den entsprechenden Behörden jeweils ergriffen, um auf die Gemeinde einzuwirken und die Erfüllung ihrer Pflichten zu erreichen (bitte entsprechende Anordnungen , Bescheide und sonstige Dokumente beifügen )? Über die o. g. Maßnahmen hinaus wurde gegenüber der Gemeinde Aicha vorm Wald erstmals mit Schreiben des Landratsamts Passau vom 11.02.2015 die Einhaltung der Bescheidsauflagen des Wasserrechtsbescheids angemahnt. Mit Schreiben vom 07.11.2016 wurde die Gemeinde Aicha vorm Wald vom Landratsamt Passau nochmals dringend aufgefordert, eine Kamerabefahrung des Regenwasserkanals zur Feststellung etwaiger Fehlanschlüsse durch die Firma STF durchzuführen und die Einleitung von behandlungsbedürftigem Abwasser über die gemeindliche Regenwasserkanalisation zuverlässig zu unterbinden. Die Kamerabefahrung hat am 17.11.2016 stattgefunden. Dem Landratsamt wurden bisher weder Auswertungen über das Ergebnis übermittelt noch Veranlassungen durch die Gemeinde hierzu mitgeteilt. Die wasserrechtliche Erlaubnis vom 15.06.1998 ist bis 31.12.2018 befristet. Zur Erteilung einer neuen Erlaubnis ist ein förmliches Verwaltungsverfahren erforderlich. Dazu sind entsprechende Antragsunterlagen von der Gemeinde vorzulegen , in denen u. a. der aktuelle Bestand der Abwasseranlage darzustellen sein wird. Das Landratsamt Passau hat die Gemeinde mit Schreiben vom 21.09.2016 darauf hingewiesen und um rechtzeitige Antragstellung bzw. Planvorlage gebeten.