Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Markus Rinderspacher SPD vom 27.04.2017 Spielhallen und Glücksspiel in Bayern Ich frage die Staatsregierung: 1. Wie hat sich die Zahl und Ansiedlungsdichte der Spielhallen in Bayern in den letzten fünf Jahren entwickelt? 2. Wie hat sich die Zahl und Ansiedlungsdichte der Wettbüros in Bayern in den letzten fünf Jahren entwickelt? 3. a) Wie hat sich die Zahl und Ansiedlungsdichte der Spielautomatenbetreiber in Bayern in den letzten fünf Jahren entwickelt? b) Wie nutzt die Staatsregierung die vom Glückspielstaatsvertrag vom 15.12.2011 erlaubten Befreiungen zur Eindämmung der Spielsucht? 4. a) Wo gibt es Gebiete mit besonders hoher Ansiedlungsdichte ? b) Welche Begleiterscheinungen treten in diesen Gebieten auf (Kriminalität, Spielsucht, Auswirkungen auf das Stadtbild etc.)? 5. Wie hat sich die Kriminalität im direkten Umfeld von Glücksspieleinrichtungen in den letzten fünf Jahren entwickelt? 6. Wie hat sich die Zahl der Glücksspielsüchtigen in Bayern in den letzten fünf Jahren entwickelt? 7. Mit welcher Konzeption wird die Staatsregierung der Glücksspielsucht entgegenwirken? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 08.06.2017 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie sowie dem Staatsministerium für Gesundheit und Pflege wie folgt beantwortet: 1. Wie hat sich die Zahl und Ansiedlungsdichte der Spielhallen in Bayern in den letzten fünf Jahren entwickelt? Nach dem Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages und des Änderungsgesetzes zum Ausführungsgesetz zum Glücksspielstaatsvertrag am 01.07.2012, in denen erstmalig neben die bestehenden Vorschriften des Gewerberechts tretende glücksspielrechtliche Regelungen zu Spielhallen enthalten waren, wurden bis zum 31.12.2014 bayernweit insgesamt 116 Spielhallen erlaubt. Die Gesamtzahl der Spielhallen am 31.12.2014 lag mit 2.446 jedoch unter derjenigen von 2012 (2.738). Verantwortlich hierfür sind die in dieser Zeit erfolgten Schließungen. Die aktuelle Zahl der Spielhallen dürfte sich unter Berücksichtigung der seit 01.07.2012 geltenden Beschränkungen für die Eröffnung neuer Spielhallen auf einem ähnlichen Niveau bewegen und gegenüber der letzten Abfrage relativ unverändert geblieben sein. 2. Wie hat sich die Zahl und Ansiedlungsdichte der Wettbüros in Bayern in den letzten fünf Jahren entwickelt ? Für Juli 2010 ist belegt, dass es in Bayern keine dauerhaft offenen Wettbüros gab. Nach einer im Mai 2013 durchgeführten Erhebung waren 207 Wettbüros ohne glücksspielrechtliche Erlaubnis bekannt. Eine zur Beantwortung dieser Anfrage durchgeführte Erhebung im Mai 2017 ergab, dass der Staatsregierung bayernweit derzeit 414 Wettvermittlungsstellen bekannt sind. Diese Zahl ergibt sich im Wesentlichen aus der Zahl der bei den Regierungen gestellten Anträge auf Duldung einer Sportwettvermittlung sowie aus der Zahl der Wettvermittlungsstellen, für die ein solcher Antrag bislang nicht gestellt wurde, die den Behörden allerdings anderweitig bekannt geworden sind. Es ist jedoch nicht auszuschließen , dass weitere Wettvermittlungsstellen existieren, die den Behörden aktuell nicht bekannt sind. 2013 2017 Mittelfranken 25 56 Niederbayern 6 21 Oberbayern 121 246 Oberfranken 2 19 Oberpfalz 6 16 Schwaben 21 37 Unterfranken 26 19 Gesamt 207 414 Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 13.09.2017 17/17257 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/17257 3. a) Wie hat sich die Zahl und Ansiedlungsdichte der Spielautomatenbetreiber in Bayern in den letzten fünf Jahren entwickelt? Die Frage wird so verstanden, dass sie sich – im Unterschied zu Frage 1 – auf die Anzahl der Aufstellorte für Geldspielgeräte außerhalb von Spielhallen bezieht, insbesondere in der Gastronomie. Die letztmalige Erhebung der Anzahl der Gaststätten, die eine Bestätigung besitzen, dass sie für die Aufstellung von Geldspielgeräten geeignet sind (Geeignetheitsbestätigung ), erfolgte im Jahr 2015 im Rahmen der Evaluierung des Glücksspielstaatsvertrages. Die Erhebung im Jahr 2015 ergab, dass es damals ca. 7.500 Gaststätten mit Geeignetheitsbestätigungen gab. Es ist aber nicht bekannt, inwieweit die Gaststätten von ihren Bestätigungen Gebrauch machen. Insofern kann aus den zur Verfügung stehenden Zahlen nur bedingt auf die Anzahl der sonstigen Spielautomatenbetreiber geschlossen werden. Eine Abfrage bei den größten bayerischen Städten ergab jedoch, dass die Zahl der Gaststätten mit Geeignetheitsbestätigungen in den zurückliegenden Jahren leicht gestiegen sein dürfte. b) Wie nutzt die Staatsregierung die vom Glückspielstaatsvertrag vom 15.12.2011 erlaubten Befreiungen zur Eindämmung der Spielsucht? Durch den am 01.07.2012 in Kraft getretenen novellierten Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) vom 15.12.2011 bedürfen Errichtung und Betrieb von Spielhallen nunmehr – unbeschadet sonstiger Genehmigungserfordernisse – einer Erlaubnis nach § 24 Abs. 1 GlüStV. Für Spielhallen, denen bereits vor dem 28.10.2011 eine gewerberechtliche Erlaubnis erteilt worden ist (Bestandsspielhallen), finden diese Erlaubnisvoraussetzungen aufgrund einer fünfjährigen Übergangsfrist in § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV erst ab dem 01.07.2017 Anwendung. § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV ermöglicht es den zuständigen Behörden, für Bestandsspielhallen in Ansehung der Umstände des jeweiligen Einzelfalles Befreiungen von der Erfüllung einzelner Erlaubnisanforderungen zu erteilen, wenn dies zur Vermeidung unbilliger Härten erforderlich ist. Zum Umgang mit diesen Befreiungsanträgen wegen unbilligen Härten hat das Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie sowie dem Staatsministerium für Gesundheit und Pflege im Dezember 2016 Vollzugshinweise für die zuständigen Behörden übermittelt. Danach sind im Rahmen der Ermessensentscheidung der Behörde im Einzelfall sowohl die Ziele des Gesetzgebers zum Ab- bzw. Rückbau von Großspielhallen zum Schutz der Spieler und zur Bekämpfung der Glücksspielsucht als auch das Vertrauen des Betreibers auf den Fortbestand der gewerbe- und der baurechtlichen Erlaubnis , seine vor dem 28.10.2011 getätigten Investitionen und die zu erwartende wirtschaftliche Belastung im Licht seines Grundrechts auf Berufsfreiheit angemessen zu berücksichtigen und in einen gerechten Ausgleich zu bringen. Diese Vollzugshinweise zeigen den zuständigen Behörden einen rechtlichen Rahmen für die Anwendung und Auslegung der Härtefallregelung auf. Im Interesse kommunaler Gestaltungsspielräume und zur Berücksichtigung der jeweiligen Verhältnisse vor Ort lassen sie bewusst Raum für weitere Konkretisierungen im Einzelfall. 4. a) Wo gibt es Gebiete mit besonders hoher Ansiedlungsdichte ? b) Welche Begleiterscheinungen treten in diesen Gebieten auf (Kriminalität, Spielsucht, Auswirkungen auf das Stadtbild etc.)? Die Angebotsdichte variiert in Abhängigkeit von der Einwohnerzahl der Städte und Gemeinden. Eine Häufung von Spielhallen und Wettbüros lässt sich in Großstädten beobachten . Grundsätzlich kann nach Angaben der Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern festgehalten werden, dass die Verfügbarkeit von Spielangeboten mit einer höheren Spielteilnahme zusammenhängt, wobei es hierbei Hinweise auf Sättigungseffekte gibt. Die Befundlage zum Zusammenhang zwischen Angebotsdichte und Prävalenz von problematischem /pathologischem Glücksspiel ist jedoch nicht eindeutig. Nach Mitteilung des Bayerischen Landeskriminalamtes (BLKA) liegt dort ein zentrales Verzeichnis über Spielhallenstandorte in Bayern nicht vor. Unstrittig dürfte nach Einschätzung des BLKA aber sein, dass sich vermehrt Spielhallen in den Innenstädten und dort wiederum häufig in Bahnhofsnähe und im näheren Umfeld von größeren Einkaufs- und Vergnügungszentren ansiedeln, ferner aber auch in Gewerbegebieten und entlang von Verkehrswegen. Belastbare Aussagen hinsichtlich der Begleiterscheinungen, insbesondere der Kriminalität, können nicht getroffen werden. Das liegt zum einen daran, dass ein Zusammenhang zwischen Spielsucht/Spielhalle bzw. Wettbüro und delinquentem Verhalten nicht strukturiert in polizeilichen Auskunftssystemen erfasst wird. Zum anderen handelt es sich bei den Gebieten, in denen sich Spielstätten vermehrt angesiedelt haben, aufgrund vielfältiger Einflussfaktoren ohnehin meist um Gebiete mit höherer Kriminalitätsbelastung. Eine Häufung von Spielhallen in Stadt- und Ortsteilzentren ist nicht selten Folge eines schon im Gange befindlichen „Trading-Down-Effektes“, der durch die Zunahme von Spielhallen noch weiter verstärkt wird. Zeichen hierfür sind zunehmende Leerstände und das Verschwinden hochwertiger Angebote, wodurch sich aus städtebaulicher Sicht unerwünschte Nutzungen wie z. B. Spielhallen verstärkt ausbreiten können. Davon betroffene Stadt- und Ortsteilzentren verlieren zunehmend an Attraktivität. In der weiteren Folge droht der Funktionsverlust dieser Gebiete als Versorgungszentrum , was langfristig zu einer städtebaulichen Verödung führen kann. Mit dem Gesetz zur Stärkung der Innenentwicklung in den Städten und Gemeinden und zur weiteren Fortentwicklung des Städtebaurechts hat der Gesetzgeber den Gemeinden im § 9 Abs. 2b des Baugesetzbuchs (BauGB) daher die Möglichkeit eröffnet, Vergnügungsstätten wie beispielsweise Spielhallen im Zusammenhang mit bebauten Ortsteilen durch einen einfachen Bebauungsplan auszuschließen, um eine Beeinträchtigung der sich aus der vorhandenen Nutzung ergebenden städtebaulichen Funktion eines Gebietes zu verhindern. Zudem können insbesondere im Rahmen des Bund-Länder-Städtebauförderungsprogramms „Soziale Stadt“ Finanzhilfen für städtebauliche Maßnahmen zur Stabilisierung und Aufwertung in Stadt- und Ortsteilen mit besonderem Entwicklungsbedarf eingesetzt werden. Dies kann u. a. dann zutreffen, wenn ein betreffendes Gebiet nach seiner vorhandenen Bebauung oder nach seiner sonstigen Beschaffenheit den allgemeinen Anforderungen an die Sicherheit der in ihm wohnenden oder arbeitenden Menschen nicht entspricht. Drucksache 17/17257 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 5. Wie hat sich die Kriminalität im direkten Umfeld von Glücksspieleinrichtungen in den letzten fünf Jahren entwickelt? Eine quantitative Auswertung der Deliktsentwicklung außerhalb von Glücksspieleinrichtungen ist – wie in der Beantwortung der Fragen 4 a und 4 dargestellt – nicht möglich. 6. Wie hat sich die Zahl der Glücksspielsüchtigen in Bayern in den letzten fünf Jahren entwickelt? Es wird auf die Antwort des Staatsministeriums des Innern , für Bau und Verkehr zu der Frage 3 der Schriftlichen Anfrage des Abgeordneten Prof. (Univ. Lima) Dr. Peter Bauer vom 20.01.2017 betreffend Prävention Spielsucht (Drs. 17/15650) verwiesen. 7. Mit welcher Konzeption wird die Staatsregierung der Glücksspielsucht entgegenwirken? Es wird auf die Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr zu der Frage 5 der o. g. Schriftlichen Anfrage verwiesen. Die Staatsregierung beabsichtigt, diese Konzeption ständig zu beobachten und, soweit notwendig, bedarfsgerecht weiterzuentwickeln.