Schriftliche Anfrage des/r Abgeordneten Jutta Widmann FREIE WÄHLER vom 12.05.2017 Bauen mit Holz Ich frage die Staatsregierung: 1.1 Wie begründet die Staatsregierung die sich aus dem Beschluss des Landtags vom 14.02.2008 (Drs. 15/9962) ergebende Bevorzugung des Baustoffes Holz gegenüber anderen Bauweisen, zum Beispiel der Massivbauweise? 1.2 Wie ist diese Bevorzugung mit der wirtschaftlichen Neutralitätspflicht des Staates vereinbar? 2. Auf welche wissenschaftlichen Belege stützt sich die Einschätzung, dass es sich bei der Holzbauweise um eine „CO2-speichernde und klimaschonende Bauweise “ handelt? 3.1 Welche Maßnahmen unternimmt die Staatsregierung, den Holzbau konkret zu fördern? 3.2 Auf welcher Rechtsgrundlage erfolgt die Mittelverwendung für diese Maßnahmen? 4.1 Beabsichtigt die Staatsregierung oder einzelne Staatsministerien weitere staatlich finanzierte Maßnahmen zugunsten der Holzbauweise? 4.2 Falls ja, aufgrund welcher rechtlichen Grundlage? 5.1 Sind der Staatsregierung auch Studien bekannt, die dem Baustoff Holz keine ökobilanziellen Vorteile gegenüber anderen Baustoffen zusprechen? 5.2 Wenn ja, wie sind diese Ergebnisse mit der Bevorzugung der Holzbauweise zu vereinbaren? 6. Wie begründet die Staatsregierung die Mitgliedschaft des Freistaates Bayern, vertreten durch das Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, im C.A.R.M.E.N. e.V.? 7. Wie steht die Staatsregierung zu der Tatsache, dass die energetische Holznutzung zu einem verstärkten Einsatz von Importholz führen wird, was die Gesamtbilanz der Holznutzung gerade auch in ökologischer Hinsicht verschlechtert? 8.1 Beabsichtigt die Staatsregierung, Vorschriften des Bauordnungsrechts, insbesondere Mindeststandards zum Schutz der Nutzer, ihrer Sicherheit und Gesundheit , mit der Absicht zu überprüfen, die Holzbauweise zu erleichtern, auch wenn dies eine Absenkung des Schutzniveaus für die Verbraucher darstellt? 8.2 Wenn ja, mit welcher Begründung gegenüber anderen Baustoffen? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 08.06.2017 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie, dem Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und dem Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz wie folgt beantwortet: 1.1 Wie begründet die Staatsregierung die sich aus dem Beschluss des Landtags vom 14.02.2008 (Drs. 15/9962) ergebende Bevorzugung des Baustoffes Holz gegenüber anderen Bauweisen, zum Beispiel der Massivbauweise? 1.2 Wie ist diese Bevorzugung mit der wirtschaftlichen Neutralitätspflicht des Staates vereinbar? Es handelt sich um einen Beschluss des Landtages, an den die Staatsregierung gebunden ist. 2. Auf welche wissenschaftlichen Belege stützt sich die Einschätzung, dass es sich bei der Holzbauweise um eine „CO2-speichernde und klimaschonende Bauweise“ handelt? Vorbemerkung: Die Frage bezieht sich wohl auf den Beschluss des Landtags vom 10.05.2017 auf der Drucksache 17/16866. Im Beschlusstext ist formuliert: „…das Potential der Holzbauweise als CO2-speichernde und klimaschonende Bauweise im urbanen Raum in höheren Gebäudeklassen voll auszuschöpfen.“ Es ist wissenschaftlich belegt, dass Holz Kohlenstoff speichert, der während des Wachstums des Baumes der Atmosphäre entzogen wurde. Entsprechend speichern Gebäude aus Holz Kohlenstoff. Dieser Effekt ist umso größer, je länger das Holz im Gebäude eingebaut bleibt und damit der im Holz enthaltene Kohlenstoff langfristig gebunden ist. Der Beitrag der deutschen Forst- und Holzwirtschaft zum Klimaschutz beträgt nach einer Studie 127 Mio. t CO2/Jahr (2014). Davon entfallen 58 Mio. t CO2/Jahr auf den Waldspeicher , 3 Mio. t CO2/Jahr auf den Holzproduktespeicher, 30 Mio. t CO2/Jahr auf die stoffliche Substitution und 36 Mio. t CO2/Jahr auf die energetische Substitution. Dies entspricht etwa 14 Prozent der gesamten deutschen Treibhausgas- Emissionen von 903 Mio. t CO2-Äquivalent (im Jahr 2014; Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung). Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 10.10.2017 17/17259 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/17259 Quelle: http://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/Broschueren/ ChartaHolz.pdf?__blob=publicationFile 3.1 Welche Maßnahmen unternimmt die Staatsregierung , den Holzbau konkret zu fördern? Es gibt keine spezifische finanzielle Förderung von Holzbauten durch die Staatsregierung. Holz ist der wichtigste nachwachsende Rohstoff. Die Staatsregierung stellt die Bedeutung des universellen und heimischen Roh- und Baustoffes Holz im Rahmen der Informations- und Öffentlichkeitsarbeit heraus und fördert seine positive Wahrnehmung als Ergebnis der naturnahen Bewirtschaftung unserer Wälder in der Öffentlichkeit. Innovationen sind der Schlüssel für neue Produkte und neue Wertschöpfung in der Zukunft. Die Staatsregierung unterstützt daher generell produktübergreifend praxisbezogene Forschung und den Wissenstransfer (z. B. neue Anwendungen von Buchenholz, Bioökonomie) und setzt deshalb beispielhaft vorbildliche Holzverwendung bei Neubau und Sanierung staatlicher Gebäude um, soweit die funktionalen , konstruktiven und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen dies zulassen (vgl. Beschluss des Landtags vom 14.02.2008, Drs. 15/9962). Die Staatsregierung bringt sich zudem in die Neuauflage der Charta für Holz ein, da diese ein Meilenstein zur Erreichung der Klimaschutzziele des Klimaschutzplans 2050 der Bundesregierung ist. Mit ihr sollen Maßnahmen entwickelt werden, die den Beitrag nachhaltiger Holzverwendung zur Erreichung der Klimaschutzziele stärken. 3.2 Auf welcher Rechtsgrundlage erfolgt die Mittelverwendung für diese Maßnahmen? Die Rechtsgrundlage hierzu bildet in erster Linie das Bayerische Gesetz zur nachhaltigen Entwicklung der Agrarwirtschaft und des ländlichen Raumes (Bayerisches Agrarwirtschaftsgesetz – BayAgrarWiG) i. V. m. Art. 20 des Waldgesetzes für Bayern (BayWaldG). 4.1 Beabsichtigt die Staatsregierung oder einzelne Staatsministerien weitere staatlich finanzierte Maßnahmen zugunsten der Holzbauweise? Siehe Antwort zu Frage 3.1. 4.2 Falls ja, aufgrund welcher rechtlichen Grundlage? Siehe Antwort zu Frage 3.2. 5.1 Sind der Staatsregierung auch Studien bekannt, die dem Baustoff Holz keine ökobilanziellen Vorteile gegenüber anderen Baustoffen zusprechen? Es sind verschiedene Studien bekannt, die zu unterschiedlichen Aussagen kommen. Eine breit angelegte Studie, die die wichtigsten Baustoffe bzw. die damit konstruierten Bauteile mit einheitlicher Methodik untersucht, ist nicht bekannt. 5.2 Wenn ja, wie sind diese Ergebnisse mit der Bevorzugung der Holzbauweise zu vereinbaren? Siehe Antwort zu Frage 1.1 und 1.2. 6. Wie begründet die Staatsregierung die Mitgliedschaft des Freistaates Bayern, vertreten durch das Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, im C.A.R.M.E.N. e.V.? Das Centrale Agrar-Rohstoff Marketing- und Energie-Netzwerk C.A.R.M.E.N. e.V. ist ein eingetragener Verein mit dem Status der Gemeinnützigkeit und wurde 1992 durch den Freistaat Bayern gegründet. C.A.R.M.E.N. e. V. informiert und berät seit mittlerweile 25 Jahren Bürger und Unternehmen durch Veranstaltungen und Tagungen. C.A.R.M.E.N. e.V. vernetzt Wirtschaft, Politik und Verwaltung. Satzungsgemäßer Zweck von C.A.R.M.E.N. e.V. ist die Förderung von Forschung, Wissenschaft, Entwicklung und Nutzung nachwachsender Rohstoffe, erneuerbarer Energien und nachhaltiger Ressourcennutzung zur Sicherung der Zukunft des ländlichen Raumes sowie aus umweltrelevanten , gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Gründen. Dies fördert regionale Wirtschaftskreisläufe, stärkt den ländlichen Raum und liegt daher im Interesse Bayerns. Die Mitgliedschaft des Freistaates Bayern im C.A.R.M.E.N e. V., vertreten durch das Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und das Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie, ist daher gerechtfertigt. 7. Wie steht die Staatsregierung zu der Tatsache, dass die energetische Holznutzung zu einem verstärkten Einsatz von Importholz führen wird, was die Gesamtbilanz der Holznutzung gerade auch in ökologischer Hinsicht verschlechtert? Es trifft nicht zu, dass die energetische Holznutzung zu einem verstärkten Einsatz von Importholz führt. Vielmehr wird Importholz für alle Einsatzbereiche genutzt. Die energetische Holznutzung ist zuletzt wieder gesunken, wie aus der Studie „Energieholzmarkt in Bayern 2014“ hervorgeht (veröffentlicht unter folgendem Link:http://www.lwf.bayern. de/mam/cms04/service/dateien/energieholzmarkt_bayern _2014_bf.pdf). 8.1 Beabsichtigt die Staatsregierung, Vorschriften des Bauordnungsrechts, insbesondere Mindeststandards zum Schutz der Nutzer, ihrer Sicherheit und Gesundheit, mit der Absicht zu überprüfen, die Holzbauweise zu erleichtern, auch wenn dies eine Absenkung des Schutzniveaus für die Verbraucher darstellt? Nein. Der Landtag hat in seiner Sitzung vom 10.05.2017 den Beschluss „Bauen mit Holz“ auf der Drucksache 17/16866 mit Zustimmung aller Fraktionen gefasst. Mit diesem Beschluss wird die Staatsregierung aufgefordert zu prüfen, wie die Bayerische Bauordnung (BayBO) dahingehend ergänzt werden kann, das Potenzal der Holzbauweise voll auszuschöpfen . Dazu ist festzustellen, dass die BayBO nicht einzelne Baustoffe wie Holz, Glas, Stahl, Beton oder Mauerwerk regelt, sondern allgemeine Anforderungen an die Sicherheit stellt. Das betrifft beim Brandschutz z. B. die Feuerwiderstandsfähigkeit (feuerhemmend, hochfeuerhemmend, feuerbeständig) und das Brandverhalten (nichtbrennbar, schwerentflammbar, normalentflammbar) von Baustoffen und Bauteilen. Vereinfacht lässt sich sagen, dass das Anforderungsniveau proportional zu Höhe und Ausdehnung eines Gebäudes steigt. Bei Gebäuden mit mehr als drei Geschossen (üblicher Höhe) sind tragende Bauteile aus brennbaren Baustoffen nur zulässig, wenn sie brandschutztechnisch wirksam bekleidet sind, bei Gebäuden mit mehr als fünf Geschossen müssen tragende Bauteile in ihren wesentlichen Teilen aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen. Drucksache 17/17259 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft der Bauminister wird derzeit im Rahmen eines bauaufsichtlich begleiteten Forschungsvorhabens untersucht, ob und ggf. wie sich durch neuartige Techniken und Konstruktionen der Einsatz brennbarer Baustoffe auch dort, wo die Bauordnung bislang nichtbrennbare oder brandschutztechnisch bekleidete Baustoffe verlangt, bei gleichem Sicherheitsniveau rechtfertigen lässt. Wenn die Ergebnisse dieses Forschungsvorhabens vorliegen , wird zu prüfen sein, ob und inwieweit es geboten sein kann, wissenschaftlich belastbaren Erkenntnissen durch eine Änderung bauordnungsrechtlicher Anforderungen Rechnung zu tragen. Eine Absenkung des Schutzniveaus für die Nutzer von Gebäuden ist aber jedenfalls nicht beabsichtigt . 8.2 Wenn ja, mit welcher Begründung gegenüber anderen Baustoffen? Trifft nicht zu; siehe Antwort zu Frage 8.1. Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/17259