Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Ulrike Müller FREIE WÄHLER vom 17.02.2014 Pflegefachkräfte und Aufsichtsgremien von Pflegeeinrichtungen Nach wie vor sind die beherrschenden Themen bei Gesprächen mit Mitarbeitern und Leitern von Pflegeeinrichtungen der viel zu umfangreiche Dokumentationsaufwand und der Fachkräftemangel. In den Jahren 2012 und 2013 wurde ein Projekt mit Begleitung des Sozialministeriums und des MDK zur „Entbürokratisierung der Pflegedokumentation“ durch die Fachstelle der Pflege- und Behinderteneinrichtungen – Qualitätsentwicklung und Aufsicht – (FQA) der Landeshauptstadt München in fünf Seniorenheimen in München durchgeführt („Redudok“). Bereits im Mai 2013 lag der Abschlussbericht dazu vor. Ich frage die Staatsregierung: 1. Warum haben die Ergebnisse dieser Studie nicht zu einer Umsetzung der gewonnenen Erkenntnisse geführt ? 2. Hat das zuständige Ministerium eine weitere Studie zu dieser Thematik in Auftrag gegeben? 3. Falls dies der Fall ist, warum wurde eine neue Studie in Auftrag gegeben? 4. In welchem Zeitraum beabsichtigt das Ministerium, den derzeitigen Dokumentationsaufwand durch neue Vorschriften zu reduzieren? 5. Welche Maßnahmen sind geplant, um dem zunehmenden Fachkräftemangel in der Pflege entgegenzuwirken , a) kurzfristig innerhalb der nächsten 12 Monate, b) mittelfristig innerhalb der nächsten 5 Jahre und c) langfristig innerhalb der nächsten 20 Jahre? Antwort des Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 16.04.2014 Pflegeleistungen in der Altenpflege sind nach dem anerkannten Stand des Wissens zu erbringen (§§ 112 ff. SGB XI, Art. 3 Abs. 2 Nr. 4 BayPfleWoqG). Hierzu gehört die nachvollziehbare Dokumentation der Leistungen. Die Pflegedokumentation ist in erster Linie ein Qualitätssicherungsinstrument , das sich aus den fachlichen Ansprüchen an eine gute Pflege ergibt. Welche Form oder Methode der Pflegedokumentation eine Einrichtung wählt, obliegt ihrer eigenen Entscheidung. 2012/2013 wurde ein Projekt mit Begleitung des StMAS und des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Bayern zur Entbürokratisierung der Pflegedokumentation „Redudok“ durch die FQA der Stadt München an fünf Seniorenheimen in München durchgeführt, welches aufzeigt, dass mit wenigen Formblättern eine qualitativ gute Pflege möglich ist, ohne die Anforderungen der Prüfbehörden zu vernachlässigen. 1. Warum haben die Ergebnisse dieser Studie nicht zu einer Umsetzung der gewonnenen Erkenntnisse geführt? Entsprechend der Selbstverwaltung steht es jeder stationären Einrichtung der Pflege frei, die Methode „Redudok“ anzuwenden. Staatliche Vorgaben bestehen nicht. Der Projektbericht ist auf der Internetseite der Landeshauptstadt München eingestellt. Die seit 1. Juli 2013 geltende Fassung des PfleWoqG beinhaltet in Art. 3 Abs. 2 Nr. 8 eine Neuformulierung der Qualitätsanforderung zur Pflegedokumentation, anstatt der „Pflegeplanung“ soll künftig stärker der an „der Person des Pflegebedürftigen orientierte Pflegeprozess“ in den Vordergrund rücken. Dies eröffnet den Einrichtungen die Möglichkeit, die Anforderungen an die „klassische“ Pflegeplanung zu entbürokratisieren und Erleichterungen in der praktischen Handhabung der Dokumentation herbeizuführen. 2. Hat das zuständige Ministerium eine weitere Studie zu dieser Thematik in Auftrag gegeben? Das StMGP hat überdies eine Studie in Auftrag gegeben, die den Dokumentationsbedarf, der aus pflegewissenschaftlicher , juristischer und pflegepraktischer Sicht mindestens erforderlich ist, ermitteln soll. Ergebnisse werden im Sommer 2014 erwartet. Mit ihr soll u. a. die Methode Redudok sowie weitere Bemühungen um Entbürokratisierung wissenschaftlich abgesichert werden. 3. Falls dies der Fall ist, warum wurde eine neue Studie in Auftrag gegeben? Eine Grundlage für den Bedarf zur Entbürokratisierung der Pflegedokumentation ergibt sich aus der am 13. Dezember Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 06.06.2014 17/1738 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/1738 2012 von Bund, Ländern und Verbänden unterzeichneten „Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive Altenpflege“. Unter dem Handlungsfeld VII.4 haben die Länder zugesagt, im Rahmen ihrer Zuständigkeit dazu beizutragen, dass die Pflegedokumentation auf die für eine fachgerechte und individuelle Pflege erforderlichen Inhalte beschränkt wird. Die stationäre Altenhilfe erfüllt ihre Aufgaben vor dem Hintergrund komplexer Gesetze, Verordnungen und Richtlinien. Es gibt bisher keine ausreichend systematisierten und gesicherten Erkenntnisse zu Bedarf und inhaltlicher Ausgestaltung der Pflegedokumentation im Sinne eines juristischen, pflegewissenschaftlichen und evidenzbasierten praktischen Erfordernisses an Dokumentation. Insgesamt stellt sich die Studienlage zum Thema „Pflegedokumentation “ in der Altenpflege als lückenhaft dar. Ein Großteil der Literatur beruht auf Expertenmeinungen und Praxisberichten, denen eine schwache Evidenz zugesprochen wird. In der Praxis bestehen zahlreiche Befürchtungen, bei nicht ausreichender Dokumentation in Haftung zu geraten . Diese sollen mit der Studie ausgeräumt werden. Bisherige Erhebungen fokussierten vor allem den Zeitaufwand für die Pflegedokumentation und somit die entstehenden Kosten, nicht aber inhaltliche Fragen. Damit der Verpflichtung aus der „Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive Altenpflege“ entsprochen werden kann, ist eine valide Studie erforderlich, welche den Stand des Wissens zu zwingend erforderlichen Dokumentationen in der Altenpflege hinreichend aufzeigt. 4. In welchem Zeitraum beabsichtigt das Ministerium , den derzeitigen Dokumentationsaufwand durch neue Vorschriften zu reduzieren? Die bestehende Gesetzeslage bietet aus Sicht des StMGP den Einrichtungen und Pflegenden ausreichend Möglichkeit, die Pflegedokumentation zu reduzieren. Die „entbürokratisierte Pflegedokumentation“ wurde als wichtiges Thema von der Bundesregierung aufgegriffen und eine Ombudsfrau, Fau Beikirch, eingesetzt. Nach umfassender Recherchearbeit (Erkenntnisse aus dem RedudokProjekt sind eingeflossen) hat das BMG 2013/2014 das Projekt „Effizienzsteigerung der Pflegedokumentation in der ambulanten und stationären Langzeitpflege“ über drei Mo- nate in stationären und ambulanten Einrichtungen installiert. Der Abschlussbericht des Projekts wird in den kommenden Wochen vorgestellt werden. Nach Vorliegen der neuen Erkenntnisse ist zu prüfen, inwieweit Handlungsbedarf besteht. Die Bayerische Staatsregierung hat allerdings keinen unmittelbaren Einfluss auf den Dokumentationsaufwand in der Altenpflege. 5. Welche Maßnahmen sind geplant, um dem zunehmenden Fachkräftemangel in der Pflege entgegenzuwirken , a) kurzfristig innerhalb der nächsten 12 Monate, b) mittelfristig innerhalb der nächsten 5 Jahre und c) langfristig innerhalb der nächsten 20 Jahre? Am 13. Dezember 2012 wurde die „Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive Altenpflege“ unterzeichnet, deren Laufzeit vorläufig bis Ende 2015 dauert. Bund, Länder, Verbände und die BA haben sich in 10 Handlungsfeldern verpflichtet, dem Fachkräftemangel in der Altenpflege entgegenzuwirken. 1. Verstärkte Ausbildungsanstrengungen und bedarfs- orientierte Erhöhung der Ausbildungskapazitäten bei Einrichtungen und Schulen; 2. Erschließung des Nachqualifizierungspotenzials in der Altenpflege; Aufstiegswege in der Altenpflege optimieren und die Anrechnung von Qualifikationen verbessern ; 3. Weiterbildungsförderung durch die Agenturen für Arbeit ; 4. Weiterentwicklung der Pflegeberufe; 5. verbesserte Anerkennung im Ausland erworbener Qualifikation im Pflegebereich; 6. Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Vereinbarkeit von Familie und Ausbildung in der Altenpflege; 7. attraktive Arbeitsbedingungen in der Altenpflege; 8. gesellschaftliche Bedeutung des Berufsfeldes Alten- pflege durch intensive Öffentlichkeitsarbeit fördern; 9. Rahmenbedingungen für die Altenpflege verbessern, Pflegeversicherung reformieren; 10. Chancen der Freizügigkeit nutzen.