Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Bernhard Roos SPD vom 25.04.2017 Dumpinglöhne im öffentlichen Personennahverkehr Die Lohnentwicklung im Bereich des bayerischen öffentlichen Nahverkehrs ist besorgniserregend. Die staatlicherseits beauftragten Unternehmen greifen zunehmend auf – vorwiegend – osteuropäische Arbeitnehmer mit zum Teil erheblich geringerer Qualifikation zurück, wodurch naturgemäß der Lohndruck und der Druck zum Abschluss arbeitgeberfreundlicher Tarifverträge steigt. Eine konsequente Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 auch und gerade durch die bayerischen Landräte könnte dieser arbeitnehmerschädlichen Entwicklung Einhalt gebieten. Ich frage daher die Staatsregierung: 1. Welche bayerischen Kommunen wenden die Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 direkt an? 2. Welche tariflichen Gehaltsregelungen gibt es bei den örtlichen Anbietern im Bereich des bayerischen ÖPNV? 3. Wie bewertet die Staatsregierung die Praxis aus Nordrhein -Westfalen, wo es zu einer effektiven Vernetzung zwischen einem Landestariftreuegesetz und der Anwendung der Verordnung 1370/2007 gekommen ist? 4. Gibt es mit Nordrhein-Westfalen vergleichbare Bestrebungen auch für den Freistaat Bayern? 5. Wie erklärt sich die Staatsregierung das erhebliche Tarifgefälle im Nord-Süd-Vergleich in Bayern (vgl. Regensburg -Passau)? 6. Welche Möglichkeiten werden von der Staatsregierung zum einen erkannt und zum anderen auch ergriffen, um ein einheitliches, zumindest vergleichbares Qualifikationsniveau bei in- wie ausländischen Arbeitnehmern sicherzustellen ? 7. Beabsichtigt die Staatsregierung, die Kommunen bei deren Aufwendungen für den ÖPNV deutlich besser zu unterstützen, um die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse im Verfassungsrang einzulösen und Lohndumping obsolet zu machen? Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 22.06.2017 Die Schriftliche Anfrage des Herrn Abgeordneten Bernhard Roos wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr, dem Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie sowie dem Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: In der Vorbemerkung der Schriftlichen Anfrage wird von einem Druck zum Abschluss arbeitgeberfreundlicher Tarifverträge ausgegangen. Im Gegensatz dazu berichten die Spitzenverbände des Omnibusgewerbes, der Landesverband Bayerischer Omnibusunternehmen e.V. (LBO) und der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen e.V. – Landesgruppe Bayern (VDV) bei den regelmäßigen Gesprächen mit dem Staatministerium des Innern, für Bau und Verkehr, dass ein Mangel an Busfahrern besteht. Dies wird durch die Bemühungen der Busunternehmen im Rahmen der Werbekampagne „Beweg was – werde Busfahrer“ und die Forderungen der Gewerkschaft ver.di in der aktuellen Tarifverhandlung deutlich. Die generelle Gefahreinschätzung des Abschlusses niedriger „arbeitgeberfreundlicher Tarifverträge “ kann bei dieser Sachlage nicht bestätigt werden. Unterstrichen wird dies durch das aktuelle Ergebnis bei der Tarifverhandlung für das private Omnibusgewerbe mit einer Erhöhung der Fahrerlöhne zwischen 6,25 Prozent und 9,22 Prozent. Die Erhöhung des vergangenen Tarifvertrages betrug im Durchschnitt 4,4 Prozent für zwei Jahre. 1. Welche bayerischen Kommunen wenden die Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 direkt an? Die Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 gilt für Ausgleichsleistungen von zuständigen Behörden an Betreiber eines öffentlichen Dienstes für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen und öffentliche Aufträge. Zuständige Behörden sind nach Art. 8 Abs. 2 des Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr in Bayern (BayÖPNVG) die ÖPNV-Aufgabenträger , die den allgemeinen öffentlichen Personennahverkehr (Beförderung mit Bussen, U- und Straßenbahnen) als freiwillige Aufgabe im eigenen Wirkungskreis organisieren und finanzieren. Neben den kreisfreien Gemeinden und Landkreisen als originäre ÖPNV-Aufgabenträger nach Art. 8 Abs. 1 BayÖPNVG, sind dies auch kreisangehörige Gemeinden, die sich die ÖPNV-Aufgabenträgerschaft nach Art. 9 Abs. 1 BayÖPNVG übertragen haben lassen. Da die Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 direkt gilt, ist diese von den ÖPNV- Aufgabenträgern anzuwenden, soweit der Geltungsbereich eröffnet ist. Bei der Vergabe von Aufträgen nach der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 unterliegen die Aufgabenträger ledig- Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 06.10.2017 17/17427 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/17427 lich der Rechtsaufsicht des Freistaats Bayern. Die von den Aufgabenträgern direkt anzuwendende Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 verpflichtet diese nicht zur Vorgabe der Einhaltung von Lohn- und Sozialstandards. Andere rechtliche Verpflichtungen sind nicht ersichtlich. Die Einhaltung des Vergaberechts wird über Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer sichergestellt. 2. Welche tariflichen Gehaltsregelungen gibt es bei den örtlichen Anbietern im Bereich des bayerischen ÖPNV? Soweit nach den tariflichen Gehaltsregelungen bei den örtlichen Anbietern im Bereich des bayerischen ÖPNV gefragt wird, wird davon ausgegangen, dass damit die ÖPNV-Aufgabenträger im Sinne von Art. 8 Abs. 1 und Art. 9 Abs. 1 BayÖPNVG gemeint sind, also die Landkreise, kreisfreien Städte und (einzelne) kreisangehörige Gemeinden. Soweit aus dem beim Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration geführten Tarifarchiv bzw. -register ersichtlich, gibt es folgende Tarifverträge: Für die 2.955 Mitglieder des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Bayern e.V., darunter alle 71 Landkreise, 838 Gemeinden, 309 der 314 bayerischen Städte und 306 Marktgemeinden in Bayern, gilt der Tarifvertrag Nahverkehrsbetriebe Bayern zwischen dem Kommunalen Arbeitgeberverband Bayern und der dbb Tarifunion (TV-N Bayern ). Der Tarifvertrag regelt die Arbeitsverhältnisse für alle Arbeitnehmer in Nahverkehrsbetrieben, die in einem Arbeitsverhältnis zu einem Arbeitgeber stehen, der Mitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Bayern ist. Für Straßenbahn-, U-Bahn- und Omnibusfahrer liegen die Stundenlöhne danach zwischen 13,55 Euro – 16,00 Euro, in den Städten München, Nürnberg, Fürth und Erlangen erhalten sie höhere Stundenlöhne (13,86 Euro – 16,18 Euro). Der TV-N Bayern wird zum Teil durch die Haustarifverträge kommunaler Tochterunternehmen ergänzt/verdrängt. So regelt z.B. der Haustarifvertrag zwischen der Münchner Verkehrsgesellschaft mbH (MVG) und ver.di die Arbeitsverhältnisse für die Arbeitnehmer im Fahrdienst der MVG. Die Tarifentgelte der Omnibusfahrer liegen hier zwischen 13,63 Euro und 16,04 Euro pro Stunde. Zusätzlich gibt es in München abweichend zu den Tarifverträgen für das private Omnibusgewerbe eine Zusatzvereinbarung zur Entlohnung der Omnibusfahrer bei den privaten Busunternehmen, die im Rahmen der Durchführungsverträge zum Kooperationsvertrag der MVG mit den privaten Verkehrsunternehmen in München im Einsatz sind. Die Stundenlöhne betragen hier zwischen 14,43 Euro und 15,89 Euro. In Nürnberg besteht ein örtlicher Tarifvertrag Fahrdienst zwischen der VAG Verkehrs -Aktiengesellschaft Nürnberg und ver.di, der auf der Grundlage des TV-N Bayern aufbaut. 3. Wie bewertet die Staatsregierung die Praxis aus Nordrhein-Westfalen, wo es zu einer effektiven Vernetzung zwischen einem Landestariftreuegesetz und der Anwendung der Verordnung 1370/2007 gekommen ist? 4. Gibt es mit Nordrhein-Westfalen vergleichbare Bestrebungen auch für den Freistaat Bayern? In den Fragen wird Bezug genommen auf § 4 Absatz 2 des Tariftreue- und Vergabegesetzes Nordrhein-Westfalen (TVgG NRW) vom 31. Januar 2017, in Kraft seit 1. April 2017, der wie folgt lautet: „(2) Öffentliche Aufträge im Sinne des § 2 Absatz 2 Satz 1 im Bereich des öffentlichen Personenverkehrs auf Straße und Schiene dürfen nur an ein Unternehmen vergeben werden, wenn sich dieses gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber schriftlich verpflichtet hat, seinen Beschäftigten (ohne Auszubildende) bei der Ausführung des Auftrags wenigstens das in Nordrhein-Westfalen für diese Leistung in einem einschlägigen und repräsentativen mit einer tariffähigen Gewerkschaft vereinbarten Tarifvertrag vorgesehene Entgelt nach den tarifvertraglich festgelegten Modalitäten zu zahlen und während der Ausführungslaufzeit Änderungen nachzuvollziehen. Das für Arbeit zuständige Ministerium bestimmt durch Rechtsverordnung gemäß § 16 Absatz 1, welcher Tarifvertrag beziehungsweise welche Tarifverträge als repräsentativ im Sinne des Satzes 1 anzusehen sind. Der öffentliche Auftraggeber führt diese in der Bekanntmachung und den Vergabeunterlagen des öffentlichen Auftrags auf.“ Die entsprechende Vorgängerregelung im TVgG NRW vom 10. Januar 2012 zum öffentlichen Personennahverkehr wurde vom Verwaltungsgericht Düsseldorf mit Beschluss vom 27. August 2015 (Az. 6 K 2793/13) dem Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen mit der Frage vorgelegt, ob diese wegen des Verstoßes gegen den Grundsatz der Koalitionsfreiheit verfassungswidrig ist. Nach Kenntnis der Staatsregierung wurde dieses Verfahren für erledigt erklärt, ohne dass es zu einer Sachentscheidung kam. Mögliche Auswirkungen auf die Arbeitnehmer, das Lohngefüge und die Arbeitsschutzrechte des zum 1. April 2017 neu in Kraft getretenen Nachfolgegesetzes können vonseiten der Staatsregierung nicht beurteilt werden. Nordrhein- Westfalen weist im Vergleich zu Bayern allerdings eine divergierende verkehrliche Struktur auf, da dort ein höherer Anteil des Verkehrs durch kommunale Verkehrsunternehmen in Ballungsräumen erbracht wird, während in Bayern viele private Verkehrsunternehmen vor allem im ländlichen Räumen Verkehrsdienstleistungen anbieten. In Bayern bestehen keine Bestrebungen, eine gesetzliche Regelung wie in § 4 Absatz 2 TVgG NRW mit Vorgaben einzuführen, nach denen bei der Ausschreibung einer Verkehrsleistung die Anwendung eines für repräsentativ erklärten Tarifvertrags vorzugeben ist. Für eine gesetzliche Regelung wie in Nordrhein-Westfalen besteht in Bayern keine Notwendigkeit. Im Straßenpersonennahverkehr ist die Tariflandschaft in Bayern zwar zersplittert, allerdings gibt es hier eine sehr weitgehende Tarifbindung. Im Bereich der Ausschreibungen der kreisfreien Städte und Landkreise für Busleistungen gilt ergänzend zu den tarifvertraglichen Regelungen, dass die anbietenden Verkehrsunternehmen an den nach § 5 Absatz 1 des Tarifvertragsgesetzes (TVG) für allgemein verbindlich erklärten Lohntarifvertrag Nr. 27 zwischen dem LBO und ver.di (vgl. unten Frage 5) gebunden sind. Damit finden auch auf Verkehrsunternehmen, die nicht Mitglied im Arbeitgeberverband sind, im räumlichen und sachlichen Geltungsbereich des Tarifvertrags die tariflichen Regelungen Anwendung. Es werden nicht nur die Arbeitsverhältnisse aufgrund von ausgeschriebenen Verkehren erfasst, sondern auch Verkehrsunternehmen , die die Verkehrsleistung ohne staatliche Zuschüsse erbringen, sind an die Inhalte des Tarifvertrages als Mindestanspruch gebunden. 5. Wie erklärt sich die Staatsregierung das erhebliche Tarifgefälle im Nord-Süd-Vergleich in Bayern (vgl. Regensburg-Passau)? Drucksache 17/17427 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Der TV-N Bayern (vgl. oben Frage 2) trifft keine Differenzierung nach Regionen, sondern höchstens eine Sonderregelung für größere Städte. Auch der allgemein verbindlich erklärte Lohntarifvertrag Nr. 27 für alle gewerblichen Arbeitnehmer des privaten Omnibusgewerbes in Bayern, abgeschlossen zwischen dem LBO und ver.di, regelt bayernweite Entgelte. Dabei beträgt der Stundenlohn für neu eingestellte Omnibusfahrer 11,65 Euro, für Busfahrer ab dem 4. Beschäftigungsjahr 12,82 Euro. Aufgrund der Allgemeinverbindlicherklärung nach § 5 Absatz 1 TVG sind auch alle bisher nicht tarifgebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer innerhalb seines Geltungsbereichs an den Tarifvertrag gebunden. Daneben gibt es Tarifverträge, deren örtlicher Geltungsbereich zwar auch Bayern ist, die aber je nach Schwerpunkt des örtlichen Tätigkeitsgebietes der Arbeitgeber faktisch zu regional unterschiedlichen Entgelten führen können. So liegen bei den Entgelttarifverträgen, die zwischen dem Arbeitgeber - und Wirtschaftsverband der Mobilitäts- und Verkehrsdienstleister e.V. (AgV MoVe) und der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) • für die Arbeitnehmer der Omnibusverkehr Franken GmbH (OVF) • für die Arbeitnehmer der Regionalverkehr Oberbayern GmbH (RVO) • für die Arbeitnehmer der Regionalbus Ostbayern GmbH (RBO) • für die Arbeitnehmer der Regionalverkehr Allgäu GmbH (RVA) abgeschlossen wurden, die Stundenlöhne der Omnibusfahrer je nach Arbeitgeber und Qualifikation zwischen 12,23 Euro und 19,56 Euro (Berufskraftfahrer mit IHK-Prüfung). Soweit die Tarifvertragsparteien regional differenzierte Entgelte im ÖPNV vereinbaren, ist dies Ausfluss ihres verfassungsmäßig gewährleisteten Rechts, die Arbeitsund Wirtschaftsbedingungen eigenverantwortlich und frei von staatlichen Vorgaben zu regeln (Tarifautonomie, Art. 9 Abs. 3 des Grundgesetzes). Lohngestaltung und -findung sind originäre Aufgabe der Tarifvertragsparteien; die maßgebenden Bewertungskriterien werden alleine von ihnen bestimmt. Eine Einmischung des Staates in Tarifverhandlungen findet nicht statt. Die Staatsregierung verfügt deshalb über keine Kenntnisse zu den Hintergründen der Bewertung und Entgeltfestsetzung in den jeweiligen Berufen und Regionen. Allgemein ist davon auszugehen, dass die Tarifpartner aufgrund ihrer Sachnähe grundsätzlich am besten in der Lage sind, die Gegebenheiten der verschiedenen Wirtschaftszweige, Berufe und Regionen sachgerecht zu berücksichtigen und einen angemessenen Interessensausgleich herbeizuführen. 6. Welche Möglichkeiten werden von der Staatsregierung zum einen erkannt und zum anderen auch ergriffen , um ein einheitliches, zumindest vergleichbares Qualifikationsniveau bei in- wie ausländischen Arbeitnehmern sicherzustellen? Der Beruf des Berufskraftfahrers ist ein anerkannter Ausbildungsberuf mit dreijähriger Ausbildung im Güterverkehr und in der Personenbeförderung. Auch Fahrer, die keine entsprechende Berufsausbildung absolviert haben und Fahrten im Gewerblichen Güterkraftoder Personenverkehr durchführen, müssen gemäß den Regelungen des Berufskraftfahrer-Qualifikations-Gesetzes (BKrFQG) neben dem Besitz des entsprechenden Führerscheins grundsätzlich eine besondere Qualifizierung nachweisen. Betroffen sind Fahrerinnen und Fahrer von Fahrzeugen mit einem zulässigen Gesamtgewicht über 3,5 Tonnen im Güterkraftverkehr sowie solche von Fahrzeugen mit mehr als acht Fahrgastplätzen im Personenverkehr. Vorgesehen sind grundsätzlich eine Grundqualifikation und Weiterbildungen alle fünf Jahre. Die Regelungen des BKrFQG und der dazugehörigen Berufskraftfahrer-Qualifikations-Verordnung (BKrFQV) wurden inhaltlich durch die „Richtlinie 2003/59 EG über die Grundqualifizierung und Weiterbildung der Fahrer bestimmter Kraftfahrzeuge für den Güter- oder Personenkraftverkehr “ vom 15.07.2003 vorgegeben. Die Qualifizierungspflicht betrifft gemäß § 1 BKrFQG Fahrerinnen und Fahrer, die • deutsche Staatsangehörige sind, • Staatsangehörige eines anderen EU/EWR-Mitgliedstaates oder • Staatsangehörige eines Drittstaates sind und in einem Unternehmen mit Sitz in einem EU-/EWR-Mitgliedstaat beschäftigt oder eingesetzt werden. Somit besteht sowohl bei inländischen als auch bei ausländischen Fahrern, die entsprechende Fahrten unternehmen, das gleiche Qualifikationsniveau. Neben der Möglichkeit des Nachweises der Qualifikation durch Eintragung der Schlüsselzahl 95 im Führerscheindokument sieht die RL 2003/59/EG auch die Möglichkeit des Nachweises durch Ausstellung eines gesonderten Fahrerqualifizierungsnachweises vor. In Deutschland ist derzeit die Ausstellung eines Fahrerqualifizierungsnachweises gesetzlich nicht vorgesehen. Gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 BKrFQV werden die Grundqualifikation und die Weiterbildung durch den Eintrag der harmonisierten Schlüsselzahl der Europäischen Union auf dem Führerschein (Schlüsselzahl 95 nach Anlage 9 der Fahrlaubnis -Verordnung) nachgewiesen, soweit ein deutscher Führerschein erteilt werden kann. Diesem Nachweis gleich stehen der von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz ausgestellte Fahrerqualifizierungsnachweis oder der Eintrag der harmonisierten Schlüsselzahl der Europäischen Union in den von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz ausgestellten Führerschein. Die Kontrolle der Fahrer im Hinblick auf die Einhaltung der Vorschriften des BKrFQG obliegt dem Bundesamt für Güterverkehr sowie den Polizeivollzugskräften. Für die Bayerische Polizei ist festzustellen, dass eine lückenlose Verkehrsüberwachung durch die Polizei weder möglich noch wünschenswert ist. Die Polizei richtet deshalb Maßnahmen der Verkehrsüberwachung (Zahl, Umfang, Einsatzort und Einsatzzeit) nach Prioritäten aus. Im Rahmen der Überwachungsmaßnahmen wird u. a. auch die Berufskraftfahrerqualifikation geprüft und überwacht, sofern die kontrollierten Fahrzeuge den einschlägigen Bestimmungen unterliegen. Vor dem Hintergrund der Beanstandungsquote und der Verkehrsunfalllage werden die Kontrollen des Schwerverkehrs (Güter- und Personenverkehr) auch weiterhin im Rahmen der personellen und materiellen Ressourcen durchgeführt. Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/17427 7. Beabsichtigt die Staatsregierung, die Kommunen bei deren Aufwendungen für den ÖPNV deutlich besser zu unterstützen, um die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse im Verfassungsrang einzulösen und Lohndumping obsolet zu machen? Der Freistaat Bayern unterstützt die Kommunen bei der Durchführung der freiwilligen Aufgabe des allgemeinen öffentlichen Personennahverkehrs durch die Gewährung gezielter Zweckzuweisungen nach dem Bayerischen Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (BayGVFG) sowie Art. 13c Abs. 2 des Finanzausgleichsgesetzes (FAG) für (Bau)Investitionen im ÖPNV-Bereich und sog. ÖPNV-Zuweisungen nach Art. 27 des Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr in Bayern in Verbindung mit Art. 13d FAG. Die Höhe der hierfür im Haushalt pro Jahr zur Verfügung gestellten Mittel nach BayGVFG und FAG ist Bestandteil der jährlich stattfindenden Spitzengespräche zwischen dem Staatsminister der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat und den kommunalen Spitzenverbänden. Entsprechend langjähriger Praxis wird das Ergebnis dieses Spitzengesprächs , an dem auch der Staatsminister des Innern, für Bau und Verkehr sowie der Vorsitzende des Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen im Landtag teilnehmen , einvernehmlich in den Entwurf der Staatsregierung zum jeweiligen Haushaltsgesetz und Finanzausgleichsgesetz übernommen. Die finanzielle Leistungsfähigkeit, die Investitionskraft und damit die Zukunftsfähigkeit der bayerischen Kommunen wurden durch den kommunalen Finanzausgleich 2017 mit seinem neuen Rekordniveau von über 8,9 Mrd. Euro weiter gestärkt. Ein besonderer Schwerpunkt lag dabei in der Stärkung der Investitionen und der Verwaltungshaushalte der Kommunen. Auch außerhalb des kommunalen Finanzausgleichs erweist sich der Freistaat als zuverlässiger Partner seiner Kommunen: So beteiligt sich der Freistaat an der Finanzierung des Verkehrsangebotes des allgemeinen ÖPNV. Dabei hat er in Umsetzung des Aktionsplans Demografischer Wandel in den Jahren 2012 bis 2016 insgesamt 11 Mio. Euro (2012: 2 Mio. Euro, 2013–2016: je 2,25 Mio. Euro) für die Einrichtung nachfrageorientierter Angebotsformen des ÖPNV (z. B. Rufbusse, Sammeltaxis) zur Verbesserung der Mobilität insbesondere im ländlichen Raum zur Verfügung gestellt und setzt dieses Engagement auch im Doppelhaushalt 2017/18 mit einer Erhöhung im Jahr 2017 auf 2,75 Millionen Euro fort.