Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Hans Jürgen Fahn FREIE WÄHLER vom 29.03.2017 Umsetzung des Grundsatzpapiers des „Runden Tisches Bürgerschaftliches Engagement“ vom 28.07.2010, Teil 3 Ich frage die Staatsregierung: 1. Gibt es eine Erweiterung der Stiftungszwecke der Bayerischen Landesstiftung zur Förderung des Bürgerschaftlichen Engagements? 2. Wurden Einnahmen staatlicher Lotterien für Programme des Bürgerschaftlichen Engagements bereitgestellt? 3. Inwieweit gibt es Erleichterungen für Jugendleiterinnen und Jugendleiter im Rahmen des Personenbeförderungsrechts und bei Haftungsfragen? 4. Ist eine systematische Erschließung von neuen Rollen und Aufgabenfeldern für das Bürgerschaftliche Engagement z. B. durch die Evaluation von „Best-Practice-Beispielen “ geplant? 5. Gibt es eine Entwicklung von Handreichungen, mit welchen Strukturen und Kooperationsmodellen diese Best- Practice-Projekte implementiert und umgesetzt werden können? 6. Inwieweit werden alters- und zielgruppenspezifische Engagements (z. B. Seniorinnen und Senioren, Menschen mit Migrationshintergrund) gefördert? 7. Werden spezifische Projekte der Bewohner und Bewohnerinnen in Stadtteilen unterstützt, um der sozial-räumlichen Segregation (z. B. durch einseitige Altersstrukturen) vor Ort entgegenzuwirken? Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 22.06.2017 Die Schriftliche Anfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Hans Jürgen Fahn wird im Einvernehmen mit allen Ressorts wie folgt beantwortet: 1. Gibt es eine Erweiterung der Stiftungszwecke der Bayerischen Landesstiftung zur Förderung des Bürgerschaftlichen Engagements? Die Förderung Bürgerschaftlichen Engagements gehört bereits seit Gründung der Bayerischen Landesstiftung zu deren Grundaufgaben. Die gewährten Zuschüsse zu Baumaßnahmen im sozialen und kulturellen Bereich unterstützen die Eigenverantwortlichkeit und Eigeninitiative der Bürger. Gerade durch diese Zuschüsse wird die Selbsthilfe gestärkt und oft ein entscheidender Beitrag zur Realisierung wichtiger Projekte geleistet. Darüber hinaus sind die jährlich vergebenen Sozialpreise, Kulturpreise und Umweltpreise der Bayerischen Landesstiftung besonders auch auf das Bürgerschaftliche Engagement ausgerichtet. Eine darüber hinausgehende Erweiterung des Stiftungszwecks gibt es nicht. 2. Wurden Einnahmen staatlicher Lotterien für Programme des Bürgerschaftlichen Engagements bereitgestellt ? Alle Einnahmen der Staatlichen Lotterieverwaltung fließen grundsätzlich als allgemeine Deckungsmittel in den Staatshaushalt . Dieser Grundsatz bietet die Gewähr dafür, dass der Landtag als Haushaltsgesetzgeber alle staatlichen Aufgaben nach Bedeutung und Dringlichkeit gewichtet und dementsprechend über die Verwendung der Mittel entscheidet . Eine Ausnahme stellt nur die Lotterie GlücksSpirale dar. Der Zweckertrag dieser Lotterie wird seit 1999 zu gleichen Teilen der Deutschen Stiftung Denkmalschutz e. V., der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege, dem Deutschen Olympischen Sportbund und dem Bayerischen Naturschutzfonds zur Verfügung gestellt. 3. Inwieweit gibt es Erleichterungen für Jugendleiterinnen und Jugendleiter im Rahmen des Personenbeförderungsrechts und bei Haftungsfragen? Auf Initiative des Freistaates Bayern wurde auf der Gemeinsamen Konferenz der Verkehrs- und Straßenbauabteilungsleiter der Länder am 14./15. September 2016 die Evaluierung und Prüfung der personenbeförderungsrechtlichen Vorschriften, insbesondere des Personenbeförderungsgesetzes sowie der Verordnung über die Befreiung bestimmter Beförderungsfälle von den Vorschriften des Personenbeförderungsgesetzes (Freistellungs-Verordnung), beschlossen. Dies wird derzeit im Arbeitskreis Öffentlicher Personenver- Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 18.09.2017 17/17437 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/17437 kehr umgesetzt. Der Freistaat setzt hier einen starken Fokus auf die sozialen und ehrenamtlichen Fahrdienste, auch in der Jugendbetreuung. Eine Änderung der gesetzlichen Regelungen setzt eine Kompromissfindung mit den anderen Bundesländern und eine Mehrheit für eine Anpassung der Gesetzeslage voraus. Die Positionierung muss im Rahmen eines Gesetzgebungsverfahrens auf Bundesebene die nötige Mehrheit finden. Eine Erleichterung auf Vollzugsebene bedeutet es, dass im Freistaat Bayern das Gesamtentgelt, bei dem ohne Prüfung davon ausgegangen wird, dass es unter den Betriebskosten liegt und der Verkehr mit Pkw somit nicht dem Personenbeförderungsrecht unterliegt, von 0,10 Euro auf bis zu 0,25 Euro pro Kilometer erhöht wurde. Durch das Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes (Ehrenamtsstärkungsgesetz ) vom 21. März 2013 hat der Gesetzgeber die besonderen Haftungsregelungen für Vorstandsmitglieder nach § 31a des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) auf Mitglieder anderer Organe sowie auf besondere Vertreter erweitert. Ferner wurde § 31b BGB neu ins Bürgerliche Gesetzbuch integriert. Die Vorschrift soll das ehrenamtliche Engagement fördern, indem sie unter bestimmten Voraussetzungen die Haftung ehrenamtlich tätiger Vereinsmitglieder beschränkt. Mit § 31b BGB hat der Gesetzgeber auch für Vereinsmitglieder (die keine Organpersonen im Sinne des § 31a BGB sind) besondere Haftungsvorschriften geschaffen, die an § 31a BGB angelehnt sind. Üben also Jugendleiter und Jugendleiterinnen als Mitglieder von Vereinen ihre Vereinstätigkeit unentgeltlich oder geringfügig entgolten (maximal 720 Euro/Jahr) aus, so haften sie dem Verein für einen Schaden, den sie bei der Wahrnehmung der ihnen übertragenen satzungsgemäßen Vereinsaufgaben verursachen, nur bei Vorliegen von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit, wobei den Verein die Beweislast für ein entsprechendes Verschulden trifft (§ 31b Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 31a Abs. 1 Satz 3 BGB). Bei einer Schädigung anderer Vereinsmitglieder und sonstiger Dritter hat ein in diesem Sinne ehrenamtlich tätiges Vereinsmitglied in gleichem Umfang wie ein Organmitglied einen Befreiungsanspruch gegen den Verein (§ 31b Abs. 2 BGB). 4. Ist eine systematische Erschließung von neuen Rollen und Aufgabenfeldern für das Bürgerschaftliche Engagement z. B. durch die Evaluation von „Best- Practice-Beispielen“ geplant? Bedingt durch den demografischen und gesellschaftlichen Wandel, aber auch durch aktuelle Herausforderungen findet Bürgerschaftliches Engagement aus seiner eigenen Kraft und seinem eigenen Verständnis heraus immer wieder neue Rollen und Aufgabenfelder. Herausragende und einprägsame Beispiele der letzten Zeit sind insbesondere die Hospizbewegung, aber auch die Hilfsbereitschaft und die neuen Formen der Mobilisierung Bürgerschaftlichen Engagements im Zuge der Flutkatastrophen oder die Flüchtlingsbewegung . Ebenso ist die verstetigte Förderung der Mehrgenerationenhäuser eine Antwort seitens des Staates auf veränderte gesellschaftliche Rahmenbedingungen. Die Staatsregierung schafft geeignete Rahmen-bedingungen , um neuen Rollen und Aufgabenfeldern im Bürgerschaftlichen Engagement entsprechende Entwicklungschancen zu geben: – Der Bayerische Ehrenamtskongress ist als etablierter Bestandteil bayerischer Ehrenamtspolitik nicht nur eine großartige Plattform des Bürgerschaftlichen Engagements für Haupt- und Ehrenamtliche mit wissenschaftlichen und praxisorientierten Plenumsvorträgen. Darüber hinaus bieten Workshops zu unterschiedlichsten Themenbereichen , interessante Exkursionen, aber auch der Raum für Begegnung und Vernetzung mit anderen Akteuren die Chance, neue Impulse für das Ehrenamt in Bayern insgesamt zu geben. – Mit dem Bayerischen Innovationspreis Ehrenamt, der im Jahr 2016 erstmalig mit Preisgeldern in Höhe von insgesamt 75.000 Euro verliehen wurde, will die Staatsregierung zum einen Bürgerschaftliches Engagement anerkennen . Zum anderen will sie mit diesem Preis, dessen Konzept das Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration (StMAS) in enger Zusammenarbeit mit dem Runden Tisch Bürgerschaftliches Engagement entwickelt hat, neue Impulse im Bürgerschaftlichen Engagement ermöglichen. – Der Freistaat Bayern wird zum 1. Januar 2018 die Zukunftsstiftung Ehrenamt Bayern gründen, mit der unter anderem auch neue Ideen für das Ehrenamt unterstützt werden sollen. Es handelt sich hierbei um eine Verbrauchsstiftung mit einem Vermögen von rund 2,5 Mio. Euro. – Zu einzelnen Themenbereichen werden gute Beispiele gesammelt und veröffentlich. Demnächst erscheint z. B. die Dokumentation zu dem Projekt „Miteinander leben – Ehrenamt verbindet“, in dem 20 Projektbeispiele zur Integration durch Förderung von ehrenamtlichen Engagement von Menschen mit Migrationshintergrund vorgestellt werden. Zum generationenübergreifenden Lernen und Bürgerschaftlichen Engagement ist ein Handbuch in Arbeit, in dem exemplarisch vier Best-Practice-Beispiele vorgestellt werden. Geplant ist des Weiteren auch eine Sammlung von Best-Practice-Beispielen aus dem Bereich Service Learning sowie im Bereich Integration im Nachgang zur Best-Practice-Konferenz „So geht Integration “. 5. Gibt es eine Entwicklung von Handreichungen, mit welchen Strukturen und Kooperationsmodellen diese Best-Practice-Projekte implementiert und umgesetzt werden können? Das Bayerische Ehrenamtsportal (www.lbe.bayern.de) bietet umfassende Informationen zum Bürgerschaftlichen Engagement in Bayern, darunter eine umfangreiche Sammlung mit Beispielprojekten. Damit können die Strukturen dieser guten Beispiele auf die einzelnen ehrenamtlichen Initiativen und Projekte vor Ort individuell angepasst und übertragen werden. Projekte, die von der Landesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen /Freiwilligenzentren/Koordinierungszentren Bürgerschaftlichen Engagements (lagfa bayern e.V.) umgesetzt und koordiniert werden, sind grundsätzlich so gestaltet , dass eine Übertragbarkeit der Konzeptidee auf andere Koordinierungszentren Bürgerschaftliches Engagement sowie Freiwilligenagenturen und -zentren gewährleistet ist. Bei der Auswahl der Preisträger des Bayerischen Innovationspreises Ehrenamt 2016 wurde ein Augenmerk darauf gelegt, dass die Projekte und Ideen auch für andere Felder und Bereiche des Ehrenamtes nützlich und auf diese anwendbar sind. Diese guten Beispiele sind über das Ehrenamtsportal Bayern unter dem Link www.lbe.bayern.de/ engagement-anerkennen/innovation/index.php abrufbar. Drucksache 17/17437 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 6. Inwieweit werden alters- und zielgruppenspezifische Engagements (z. B. Seniorinnen und Senioren, Menschen mit Migrationshintergrund) gefördert? Neben dem weiteren Ausbau der engagementfeldübergreifenden Infrastruktur für Bürgerschaftliches Engagement unterstützt der Freistaat Bayern auch alters- und zielgruppenspezifische Engagements. So fördert der Freistaat das ehrenamtliche Engagement älterer Menschen in verschiedenen Engagementbereichen. Beispielhaft ist hier die vom StMAS initiierte Seniorenakademie Bayern zu nennen, die 2014 erfolgreich gestartet ist und mit jährlich rund 60.000 Euro finanziert wird. Neben den Schulungen für sogenannte Seniortrainerinnen und Seniortrainer , die selbst wieder ehrenamtliche Projekte organisieren und begleiten, und der Schulung für ehrenamtliche Wohnberaterinnen und Wohnberater bietet die Seniorenakademie Bayern auch Grundlagenschulungen für kommunale Seniorenvertretungen in allen Regierungsbezirken Bayerns sowie Vertiefungsseminare für bereits etablierte kommunale Seniorenvertretungen an. 2016 wurde das bestehende Schulungsangebot um Schulungen im Bereich Integration und regionale Schulungen (sogenannte lnhouse- Schulungen) erweitert. Seit dem ersten Programmdurchlauf 2015 bis heute konnten in 81 Seminaren insgesamt bereits rund 1.400 Teilnehmerinnen und Teilnehmer geschult werden . Das Bürgerschaftliche Engagement von und für Migrantinnen und Migranten fördert der Freistaat Bayern mit dem Projekt „Miteinander leben – Ehrenamt verbindet“. Das Projekt unterstützt über die Koordinierungszentren Bürgerschaftliches Engagement sowie die Freiwilligenagenturen und -zentren Initiativen und Projekte, die sich vor Ort um das ehrenamtliche Engagement von Migrantinnen und Migranten in Vereinen und Organisationen kümmern, wie z. B. Angebote zum kulturellen Austausch und zur Wertevermittlung . Gefördert werden auch verschiedene Patenprojekte. Umgesetzt wird das Projekt durch die lagfa bayern e.V. Das Projekt läuft aktuell im zweiten Projektjahr an 24 Standorten bayernweit. Dafür stehen im Rahmen des Sonderprogramms „Zusammenhalt fördern, Integration stärken“ der Staatsregierung insgesamt 450.000 Euro zur Verfügung. Im Freistaat Bayern wurden darüber hinaus im ehrenamtlichen Bereich mit Landesmitteln diverse Sprachkursangebote speziell für Asylsuchende geschaffen. Im Rahmen des Sofortprogramms „Lernen – Lehren – Helfen“ werden Fortbildungen von ehrenamtlichen Kursleitern in der Arbeit mit der Online-Lernplattform „Deutsch-Uni Online (DUO)“ des Instituts für Deutsch als Fremdsprache der Ludwig-Maximilians-Univeristät München organisiert. Die ehrenamtlichen Kursleiter werden in die Lage versetzt, mithilfe der Online-Plattform individuell zugeschnittene Sprachkurse für Asylbewerber zu geben. Zudem werden ehrenamtlich durchgeführte Deutschkurse und Sprachpatenprojekte unter bestimmten Voraussetzungen durch das StMAS mit einer Aufwandspauschale von je 500 Euro finanziell unterstützt. Die Durchführung und Organisation der ehrenamtlichen Deutschkurse und Sprachpatenprojekte übernimmt ebenfalls die lagfa bayern e. V. Die lagfa übernimmt auch die Schulung von Ehrenamtlichen und organisiert Austauschtreffen. Im Rahmen eines Modellprojekts unterstützt der Freistaat Bayern Landkreise und kreisfreie Städte bei der Etablierung von hauptamtlichen Integrationslotsen, um die Tätigkeit von Ehrenamtlichen im Bereich Integration von Menschen mit Migrationshintergrund auf kommunaler Ebene zu koordinieren und zu steuern. Integrationslotsen sollen dabei als zentrale Anlaufstellen für Ehrenamtliche im Bereich der Integration von Bleibeberechtigten fungieren. Ehrenamtliche können sich mit allen Fragen rund um das Thema Integration an die Integrationslotsen wenden. Sie erhalten Unterstützung, Informationen und Schulungen auf der Grundlage eines vom Landesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement (LBE) entwickelten Curriculums in allen Belangen der Integration. Darüber hinaus stehen in bereits 34 Landkreisen und kreisfreien Städten die vom StMAS geförderten hauptamtlichen Ehrenamtskoordinatoren ehrenamtlichen Asylhelfern unterstützend zur Seite. Die Ehrenamtskoordinatoren fungieren hierbei als zentrale Ansprechpartner für Helfende, Bürgerinnern und Bürger, Initiativen, Verbände, Helferkreise und Behörden und beraten und informieren auch hinsichtlich der Rahmenbedingungen für das Engagement. Zusätzlich bieten sie Fortbildungen für Ehrenamtliche an. Für die Förderung steht für die Jahre 2017 und 2018 ein Betrag in Höhe von jeweils 2,5 Mio. Euro bereit. Der Freistaat Bayern unterstützt das Bürgerschaftliche Engagement von Familien und Eltern durch die finanzielle Förderung von Mütterzentren. Mütterzentren entwickeln nach dem Konzept des Laien-mit-Laien-Prinzips ein den örtlichen Bedarfslagen entsprechendes vielfältiges Dienstleistungsangebot , z. B. Treffpunktarbeit und Kinderbetreuungsangebote , insbesondere für Kleinkinder. Mütter und Väter beteiligen sich ehrenamtlich, bringen ihre Kenntnisse und Kompetenzen ein, bieten Raum für Erfahrungsaustausch , Weiterbildung, Mitgestaltung und helfen, ein nachbarschaftliches Netzwerk aufzubauen. Sie bieten einen niedrigschwelligen Zugang für alle interessierten Eltern zu einem sehr frühen Zeitpunkt. Seit dem Jahr 2010 fördert der Freistaat Bayern zwischen 80 und 85 Mütterzentren mit jährlich rund 750.000 Euro. 7. Werden spezifische Projekte der Bewohner und Bewohnerinnen in Stadtteilen unterstützt, um der sozial -räumlichen Segregation (z. B. durch einseitige Altersstrukturen ) vor Ort entgegenzuwirken? Die Verwaltung für Ländliche Entwicklung baut bei ihren Instrumenten und Projekten seit Jahrzehnten besonders auf Beteiligungsverfahren und den Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern. Bei Projekten zur Gemeindeentwicklung und Dorferneuerung ist das Bürgerschaftliche Engagement in Arbeitskreisen und Bürgerversammlungen sowie bei der Planung und Umsetzung konkreter Maßnahmen wesentlicher Motor und Garant für den sozialen Zusammenhalt und eine zukunftsfähige Entwicklung der Dörfer und Gemeinden. Auf lokaler Ebene unterstützen die Ämter für Ländliche Entwicklung mit ihren Projektleiterinnen und -leitern, mit Seminaren an den Schulen der Dorf- und Landentwicklung sowie mit beauftragten Fachleuten die Gemeinden und Dorfgemeinschaften bei der Diskussion und Lösung konkreter struktureller Probleme. Der demografische Wandel ist in vielen Dörfern bereits an leer stehenden Wohngebäuden und Hofstellen sichtbar. Eine zentrale Aufgabe für Gemeinden und Fachbehörden liegt darin, gemeinsam mit engagierten Bürgerinnen und Bürgern konkrete Lösungen und Maßnahmen zur Innenentwicklung und Nutzung leer stehender Bausubtanz zu finden. Die Ämter für Ländliche Entwicklung betreuen aktuell über 1.000 Dorferneuerungen in rund 2.000 Ortsteilen. Um Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/17437 für die verschiedenen Alters- und Interessengruppen einen zentralen Versammlungs- und Begegnungsort zu erhalten bzw. zu schaffen, werden in vielen Projekten mit und für die engagierten Bürgerinnen und Bürger vorrangig leer stehende Gebäude zu Gemeinschaftshäusern umgestaltet. In vielen Dorferneuerungsprojekten gibt es auch Konzepte und finanzielle Anreize für die Nachnutzung bzw. Umnutzung leer stehender Bausubstanz durch junge Familien, Gewerbetreibende , soziale Einrichtungen oder engagierte Privatleute. Auch im Rahmen des Städtebauförderungsprogramms „Soziale Stadt“ wird Bürgerschaftliches Engagement gefördert . Mit diesem Programm werden städtebauliche Maßnahmen zur Stabilisierung und Aufwertung von Stadt- und Ortsteilen, zur Verbesserung der Generationengerechtigkeit , Familienfreundlichkeit und des gesellschaftlichen Zusammenhalts unterstützt. Entscheidend für einen Erfolg ist die Mitwirkung der Akteure und Bewohner im Gebiet. Beginnend mit der gemeinsamen Erarbeitung eines Integrierten Städtebaulichen Entwicklungskonzepts (ISEK) werden die Bewohner mobilisiert und qualifiziert. Sie werden in die Lage versetzt, selbst Verantwortung für ihren Stadtteil zu übernehmen und eigene Projekte zu entwickeln zur Stabilisierung und Aufwertung des Quartiers. Eine Schlüsselfunktion bei der Gestaltung des Prozesses in einem Programmgebiet und bei der Einbindung und Motivierung der Bewohner kommt dem Quartiers- oder Stadtteilmanagement zu. Zu seinen Aufgaben gehören die Initiierung , Entwicklung oder auch Umsetzung von Projekten, die Koordination und Moderation der örtlichen Prozesse sowie die Vernetzung der lokalen Akteure. Um den Gestaltungsspielraum der Bewohner zu stärken, hat sich in vielen Programmgebieten die Einrichtung eines Quartiers- oder Verfügungsfonds bewährt, aus dem verschiedene quartiersbezogene Projekte und Aktivitäten finanziert werden können . Die Projekte werden ortsspezifisch erarbeitet. Aktuell werden in Bayern insgesamt 80 Projekte in 100 Gemeinden bzw. Städten durchgeführt.