Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Kerstin Celina BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 24.05.2017 Sicherheit für Menschen mit Hörbehinderung im Straßenverkehr Immer wieder passieren Unfälle mit gehörlosen Verkehrsteilnehmern . Ein aktuelles Beispiel ist der Zusammenstoß eines Feuerwehrautos im Einsatz mit einem gehörlosen Fahrradfahrer im pfälzischen Frankenthal am 10. Mai 2017, bei dem der Fahrradfahrer tödlich verletzt worden ist (vgl. http://www.mz-web.de/26884404). Obwohl keine statistisch auswertbaren Daten zu Unfällen mit Hörbehinderten vorliegen (vgl. Schriftliche Anfrage Drs. 17/14988, Antworten zu Frage 3), ist die Vermeidung eines jeden Unfalls ein wichtiges politisches Anliegen. Ich frage daher die Staatsregierung: 1. Hat die Staatsregierung im Zusammenhang mit der Berichterstattung zu dem Beschluss des Landtags auf Drs. 17/16601 „Mehr Sicherheit für Menschen mit Hörbehinderung im Straßenverkehr – Zusätzliche Signalanlagen an Ampelübergängen“ Kenntnis von dem tödlichen Verkehrsunfall am 10.05.2017 in Frankenthal erhalten? 2. Wie könnten Unfälle dieser Art genau durch den Einsatz neuer Kommunikationstechniken aus dem in der Beantwortung der Anfrage zum Plenum vom 13.03.2017 (Drs. 17/16027) angeführten C-ITS-Projekt der EU-Kommission verhindert werden? 3. Wie beurteilt die Staatsregierung weitere technische Warnsysteme, die gehörlose Menschen an Ampelübergängen besser vor Unfällen schützen können (bitte beurteilen in Bezug auf Signalarten wie Blinken, Vibrieren, wiederholte akustische Signale oder einmalige Signale)? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 26.06.2017 Zu 1.: Vor Ihrem Hinweis haben wir im Zusammenhang mit der Berichterstattung auf Drs. 17/16601 nicht von diesem Unfall erfahren. Der Unfallort liegt außerhalb Bayerns. Zu 2.: Bei dem Unfall im pfälzischen Frankenthal am 10. Mai 2017 ist ein gehörloser Fahrradfahrer, der gerade die Straße überqueren wollte, durch ein Feuerwehrauto, das mit Blaulicht bei roter Ampel in die Kreuzung eingefahren war, tödlich verletzt worden. C-ITS (Cooperative Intelligent Transport Systems) bzw. V2X-Kommunikation (Vehicle-to-Vehicle- bzw. Vehicle-to- Infrastructure-Kommunikation) bezeichnet die Vernetzung von Fahrzeugen und Infrastruktur durch kooperative Systeme . Diese ermöglichen die direkte Kommunikation zwischen Fahrzeugen, straßenseitiger Verkehrsleittechnik und Verkehrsteilnehmern mit dem Ziel einer intelligenteren und unfallfreieren Mobilität. Die Entwicklung für die Ausrüstung von Infrastrukturkomponenten und Fahrzeugen wird auf nationaler und europäischer Ebene vorangetrieben. Im länderübergreifenden Projekt C-ITS Corridor Rotterdam – Frankfurt/M. – Wien werden kooperative Systeme mit standardisierten neuen Kommunikationstechniken zwischen Fahrzeugen untereinander und mit der Infrastruktur entwickelt. Mit den derzeit getesteten Anwendungsfällen „Frühzeitige Warnung vor Tagesbaustellen“ und „Verbessertes Verkehrsmanagement durch Nutzung von Fahrzeugdaten “ soll die C-ITS-Technologie verbreitet und für weitere Anwendungen nutzbar gemacht werden. Die Entwicklungen in C-ITS eröffnen daher künftig neue Möglichkeiten, auch die Gefahr von Verkehrsunfällen mit Hörbehinderten zu verringern. Einsatzfahrzeuge, die mit entsprechenden, kooperativen Systemen ausgerüstet werden , werden ihre Position, Fahrzeugklasse oder auch den Status der Warnleuchten an die Umgebung übermitteln können. Mit Empfangsmodulen ausgestattete Lichtsignalanlagen können dann die Fahrtroute des Einsatzfahrzeuges freigeben, während alle anderen Wegebeziehungen auf Rot geschaltet werden. Ebenso möglich wäre auch die individuelle Kommunikation zwischen Verkehrsteilnehmer wie Hörbehindertem und Einsatzfahrzeug. Der Verkehrsteilnehmer empfängt dann über handliche Empfangsgeräte individuell das Signal des herannahenden Einsatzfahrzeuges und kann sich darauf einstellen. Zu 3.: Im Fall, dass an den Lichtsignalanlagen im Bedarfsfall alle Wegebeziehungen außer der Einsatzroute auf Rot geschaltet werden, erübrigen sich zusätzliche Warnsysteme. Die Richtlinien für Lichtsignalanlagen (RiLSA), die von der For- Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 13.10.2017 17/17478 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/17478 schungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen unter Mitwirkung von Experten aus allen einschlägigen Bereichen des Straßenwesens erstellt und von den Straßenbau- und Verkehrsbehörden verbindlich eingeführt sind, sehen derzeit auch keine zusätzlichen Signale für Hörbehinderte vor. Die Nutzung individueller Empfangsgeräte bietet das Potential, die Unfallgefahr nicht nur an Lichtsignalanlagen, sondern auch an anderen Straßenquerungen zu senken. Dabei erscheinen optische Signalarten und solche mit Vibrationsalarm für Menschen mit Hörbehinderung grundsätzlich geeigneter als akustische Signale. Welche Art der Signalübertragung sinnvoller ist, hängt sicherlich auch vom Grad der Hörbehinderung ab. Sicher wird die Industrie in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Gehörlosen-Bund geeignete und auf den individuellen Bedarf ausgerichtete Lösungen entwickeln.