Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Gabi Schmidt FREIE WÄHLER vom 26.05.2017 Rahmenbedingungen für Heilerziehungspfleger in Bayern Ich frage die Staatsregierung: 1. Ist der Besuch einer Fachschule für Heilerziehungspflege der einzige Weg, um sich zum staatlich anerkannten Heilerziehungspfleger zu qualifizieren? 2.1 Kann ein Schüler an einer Fachschule für Heilerziehungspflege das Meister-BAföG erhalten? 2.2 Falls nein, warum nicht? 3.1 Hält die Staatsregierung das Praktikum in einer Praxisstelle im Rahmen der fachpraktischen Ausbildung zum Heilerziehungspfleger für eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit? 3.2 Falls nein, warum nicht? 4.1 Gilt ein staatlich anerkannter Heilerziehungspfleger als Fachkraft in einer Kindertageseinrichtung gem. dem Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz (BayKiBiG)? 4.2 Falls nein, warum nicht? 5.1 Erhalten Kindertageseinrichtungen für die Beschäftigung von Heilerziehungspflegern die gleiche staatliche Förderung wie bei Kinderpflegern oder Erziehern? 5.2 Falls nein, worin liegt der fördertechnische Unterschied ? 5.3 Wie wird er begründet? 6.1 Wie schätzt die Staatsregierung die Zukunftschancen am Arbeitsmarkt für Heilerziehungspfleger ein? 6.2 Welche Unterstützung gewährt sie derzeit Schülern an Fachschulen und staatlich anerkannten Heilerziehungspflegern ? 7. Wie können die Rahmenbedingungen für Schüler an Fachschulen und staatlich anerkannte Heilerziehungspfleger zukünftig weiter verbessert werden? Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 27.06.2017 Die Schriftliche Anfrage wird in Abstimmung mit dem Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst wie folgt beantwortet: 1. Ist der Besuch einer Fachschule für Heilerziehungspflege der einzige Weg, um sich zum staatlich anerkannten Heilerziehungspfleger zu qualifizieren ? Heilerziehungspfleger und Heilerziehungspflegerinnen werden ausschließlich an Fachschulen für Heilerziehungspflege ausgebildet (schulische Fortbildung). Der Besuch einer Fachschule für Heilerziehungspflege soll die Schüler zu eigenverantwortlicher Begleitung, Betreuung, Pflege, Assistenz , Bildung, Sozialisation und Rehabilitation von Menschen , deren personale und soziale Identität und Integration durch Beeinträchtigungen oder Behinderungen erschwert ist, befähigen. Bei erfolgreichem Ausbildungsabschluss wird die Berufsbezeichnung „Staatlich anerkannter Heilerziehungspfleger “ bzw. „Staatlich anerkannte Heilerziehungspflegerin “ verliehen. 2.1 Kann ein Schüler an einer Fachschule für Heilerziehungspflege das Meister-BAföG erhalten? Aufgrund des Inkrafttretens des Dritten Gesetzes zur Änderung des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes (3. AFBGÄndG) zum 01.08.2016 ist nach § 2 des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes (AFBG) nicht mehr nur eine abgeschlossene Erstausbildung oder vergleichbare berufliche Qualifikation Voraussetzung für eine Förderung. Es kann auch die Teilnahme an Fortbildungsmaßnahmen öffentlicher und privater Träger gefördert werden, die in einer fachlichen Richtung gezielt (Fortbildungsziel) auf gleichwertige Fortbildungsabschlüsse nach bundes- oder landesrechtlichen Regelungen vorbereiten (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 AFBG). Für die Feststellung der Gleichwertigkeit der Fortbildungsabschlüsse sind grundsätzlich die Inhalte der Fortbildungen zu prüfen und zu vergleichen. Der Deutsche Qualifizierungsrahmen (DQR) erleichtert dabei diese Feststellung, da die Gleichwertigkeitsprüfung nicht mehr im jeweiligen Einzelfall durchgeführt werden muss. Nach dem AFBG förderfähig sind grundsätzlich Aufstiegsfortbildungen, die dem DQR- Niveau 6 zugeordnet werden. Für die Ausbildung zum/zur staatlich anerkannten Heilerziehungspfleger/-in ist dies bereits geschehen. Eine Einstufung erfolgte hierbei auf DQR/ EQR-Niveau 6 (EQR = Europäischer Qualifikationsrahmen). Somit ist diese Ausbildung – bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen – grundsätzlich förderfähig nach dem AFBG. 2.2 Falls nein, warum nicht? Entfällt, siehe Antwort zu Frage 2.1. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 18.10.2017 17/17523 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/17523 3.1 Hält die Staatsregierung das Praktikum in einer Praxisstelle im Rahmen der fachpraktischen Ausbildung zum Heilerziehungspfleger für eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit? Ausgehend von den Regelungen in der „Fachschulordnung Heilerziehungspflege“ dürfte während der Praktika regelmäßig kein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorliegen. Die Entscheidung hierzu ist aber in jedem Einzelfall von der Einzugsstelle zu treffen. Hierbei ist zu berücksichtigen, ob die tatsächlichen Verhältnisse der Berufsausbildung möglicherweise von den Vorgaben der Fachschulordnung abweichen. 3.2 Falls nein, warum nicht? Nach § 10 der in Bayern geltenden „Fachschulordnung Heilerziehungspflege“ sind das Fach Praxis der Heilerziehungspflege und der sonstige Unterricht aufeinander abzustimmen . Das Fach steht in der Verantwortung der Schule, die Lehrer und andere geeignete Fachkräfte sind mit der Praxisbetreuung beauftragt. Entsprechend den Stundentafeln (Anlagen 1 und 2 Fachschulordnung) findet ein regelmäßiger Wechsel von fachtheoretischer Ausbildung an der Fachschule (schulische Ausbildung) und fachpraktischer Ausbildung (Zwischenpraktika) in Praxiseinrichtungen über die gesamte Ausbildungsdauer mit überwiegend fachtheoretischem Ausbildungsanteil statt. Nach den Ausführungen unter Ziffer 3.7 des gemeinsamen Rundschreibens der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung vom 23. November 2016 zur versicherungsrechtlichen Beurteilung von beschäftigten Studenten, Praktikanten und ähnlichen Personen erstreckt sich der Begriff des ordentlichen Studierenden nicht allein auf Studenten von Hochschulen, sondern auch auf Schüler von Fachschulen und Berufsfachschulen. Ein betriebliches Praktikum stellt ausnahmsweise dann keine Beschäftigung dar, wenn es aufgrund bundes- oder landesrechtlicher Vorschriften in die Schulausbildung eingegliedert und deshalb als Teil der schulischen Ausbildung anzusehen ist. Hiervon ist auszugehen , wenn auch die Phasen der betrieblichen Ausbildung im Wesentlichen durch die Schule geregelt und gelenkt werden und sich infolge enger Verzahnung mit der theoretischen Ausbildung als Bestandteil der Schulausbildung darstellen. Im Rahmen einer praxisintegrierten (einphasigen) Fachschul - oder Berufsfachschulausbildung, in der ein regelmäßiger Wechsel von fachtheoretischer Ausbildung an der Fach- oder Berufsfachschule (schulische Ausbildung) und fachpraktischer Ausbildung (Zwischenpraktika) in Praxiseinrichtungen über die gesamte Ausbildungsdauer mit überwiegendem fachtheoretischen Ausbildungsanteil stattfindet, erfüllen Zwischenpraktika dann nicht die Voraussetzungen einer Beschäftigung, wenn sie als Bestandteil der Schulausbildung zu werten sind, weil die berufspraktische Ausbildung derart eng mit der durch die Schule geregelten fachtheoretischen Ausbildung verzahnt ist, dass sie als integraler Bestandteil des Besuchs der Fach- oder Berufsfachschule anzusehen ist. 4.1 Gilt ein staatlich anerkannter Heilerziehungspfleger als Fachkraft in einer Kindertageseinrichtung gem. dem Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz (BayKiBiG)? Über die Erweiterung des Fachkraftbegriffs in § 16 Abs. 2 Nr. 4 der Verordnung zur Ausführung des Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetzes (AVBayKiBiG) können staatlich anerkannte oder staatlich geprüfte Heilerziehungspfleger/-innen in integrativen Kindertageseinrichtungen als Fachkräfte im KiBiG.web erfasst werden . Unter der Voraussetzung, dass sie über ausreichend praktische Erfahrung verfügen und an einer Fortbildung für Leitungskräfte teilgenommen haben, können staatlich anerkannte oder staatlich geprüfte Heilerziehungspfleger/-innen auch die Leitungsfunktion übernehmen. Um dieser Berufsgruppe den Zugang als pädagogischen Fachkräften auch in nichtintegrativen Kindertageseinrichtungen in Bayern zu ermöglichen, hat das Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration (StMAS) bereits 2011 im Rahmen einer Projektförderung eine Weiterqualifizierungsmaßnahme für Heilerziehungspflegerinnen und Heilerziehungspfleger aufgelegt. Der Zertifikatsabschluss „Heilerziehungspfleger/-in im Erziehungsdienst“, der in die Datenbank bereits geprüfter Berufe eingetragen ist, die das Landesjugendamt führt, eröffnet die Möglichkeit, Heilerziehungspflegerinnen und Heilerziehungspfleger zur Tätigkeit als pädagogische Fachkraft in allen bayerischen Kindertageseinrichtungen zuzulassen. Darüber hinaus hat das StMAS gemeinsam mit der Landesarbeitsgemeinschaft der bayerischen Fachschulen für Heilerziehungspflege und Heilerziehungspflegehilfe (LAG HEP) ein in der Ausbildung verankertes Weiterbildungskonzept zur Fachkraft in Regeleinrichtungen der Kindertagesbetreuung entwickelt. Dadurch wird der Erwerb des Zertifikats „Heilerziehungspfleger/-in im Erziehungsdienst“ über die erfolgreiche Teilnahme am neuen Wahlfach „Frühkindliche Bildung“ und die Einbringung begleiteter Praxis in einer Kindertageseinrichtung im Anschluss an die Ausbildung zum „Staatlich anerkannten Heilerziehungspfleger“ beziehungsweise zur „Staatlich anerkannten Heilerziehungspflegerin“ ermöglicht (vgl. http://www.stmas.bayern.de/kinderbetreuung /baykibig/paedagogisch.php). Diese Weiterqualifizierungsmöglichkeit wurde an staatlich anerkannten Fachschulen für Heilerziehungspflege erstmals im Schuljahr 2014/15 umgesetzt. Das Zertifikat ermöglicht in Bayern den Einsatz von Heilerziehungspflegerinnen und Heilerziehungspflegern als pädagogische Fachkraft in allen Kindertageseinrichtungen . Nach Abschluss der Ausbildung als Staatlich anerkannte Heilerziehungspflegerin beziehungsweise als Staatlich anerkannter Heilerziehungspfleger ist eine sechsmonatige begleitete Praxisphase in einer Kindertageseinrichtung zu absolvieren. Die Anstellung erfolgt für die Dauer der Weiterbildung als Ergänzungskraft. Der Mindestumfang der Arbeitszeit beträgt 50 Prozent. Die Tätigkeit der Heilerziehungspflegerin beziehungsweise des Heilerziehungspflegers darf sich nicht auf Kinder mit Behinderung beschränken. 4.2 Falls nein, warum nicht? Entfällt, siehe Antwort zu Frage 4.1. 5.1 Erhalten Kindertageseinrichtungen für die Beschäftigung von Heilerziehungspflegern die gleiche staatliche Förderung wie bei Kinderpflegern oder Erziehern? Unter den in Frage 4.1 beschriebenen Voraussetzungen können staatlich anerkannte oder staatlich geprüfte Heilerziehungspfleger/-innen als Fachkraft geführt werden. Damit werden sie bei der staatlichen Förderung in gleicher Weise berücksichtigt wie andere Fachkräfte auch. Für die kindbezogene Förderung ist die Einhaltung der Fachkraftquote gem. § 17 Abs. 2 AVBayKiBiG erforderlich. Drucksache 17/17523 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 5.2 Falls nein, worin liegt der fördertechnische Unterschied ? Entfällt, siehe Antwort auf Frage 5.1. 5.3 Wie wird er begründet? Entfällt, siehe Antwort auf Frage 5.1. 6.1 Wie schätzt die Staatsregierung die Zukunftschancen am Arbeitsmarkt für Heilerziehungspfleger ein? Der bayerische Arbeitsmarkt bietet derzeit für Heilerziehungspfleger relativ gute Chancen. Die Situation hat sich seit 2014 deutlich verbessert. Vom Juni 2014 bis Juni 2016 ist die Zahl der Beschäftigten in der Heilerziehungspflege kontinuierlich um insgesamt 10 Prozent gestiegen. Im gleitenden Jahresdurchschnitt Juni 2016 bis Mai 2017 standen für 743 Arbeitsuchende in den Heilerziehungsberufen 385 Stellen zur Vermittlung zur Verfügung (2 Bewerber auf eine Stelle), 25 Prozent mehr als im Jahresdurchschnitt 2014. 6.2 Welche Unterstützung gewährt sie derzeit Schülern an Fachschulen und staatlich anerkannten Heilerziehungspflegern? Der Freistaat Bayern übernimmt seit Langem zuverlässig und kontinuierlich einen erheblichen Anteil der Kosten für die Ausbildung an den privaten Fachschulen in der Heilerziehungspflege . Damit unterstützt er mittelbar die Ausbildung der Schüler, die andernfalls ein höheres Schulgeld bezahlen müssten: • Die Schulträger erhalten für die – überwiegend staatlich anerkannten – Fachschulen für Heilerziehungspflege 100 Prozent eines teilpauschalierten Lehrpersonalaufwandes als Betriebszuschuss. • Darüber hinaus ziehen die Schulen für ihre Schülerinnen und Schüler den staatlichen Schulgeldersatz ein (seit 1. August 2015 102,50 Euro an staatlich anerkannten Fachschulen pro Schüler und Unterrichtsmonat). Außerdem hat die Staatsregierung bei der Umsetzung des Bildungsfinanzierungsgesetzes 2013 mit dem Pflegebonus ein Modell für bestimmte Ausbildungsberufe entwickelt, das für einen privaten Schulträger einen finanziellen Anreiz setzt, von seinen Schülerinnen und Schülern keine unmittelbare, über die staatliche Schulgeldersatzleistung hinausgehende Schulgeldzahlung zu verlangen. Die Ausbildung zur Heilerziehungspflegerin bzw. zum Heilerziehungspfleger zählt zu denjenigen Ausbildungsberufen, die grundsätzlich von der Pflegebonusregelung profitieren können. Entscheidet sich ein Schulträger, den Pflegebonus in Anspruch zu nehmen, muss er sich gegenüber der staatlichen Schulaufsicht verpflichten , seinerseits kein zusätzliches Schulgeld von den Schülerinnen und Schülern zu verlangen. Im abgelaufenen Schuljahr 2015/16 nahmen sämtliche staatlich anerkannten Fachschulen für Heilerziehungspflege am Pflegebonus teil. Im Ergebnis mussten daher im letzten Schuljahr die Schülerinnen und Schüler an den Fachschulen für Heilerziehungspflege nicht aus eigener Tasche für das Schulgeld aufkommen . Mit Bekanntmachung des (damaligen) Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 16. August 2013 wurden u. a. Regelungen zur sog. „Meisterprämie und Prämie für gleichgestellte Abschlüsse (Prämie)“ für den hiesigen Zuständigkeitsbereich getroffen. In Nr. 2 dieser Bekanntmachung ist festgehalten, dass junge Berufstätige und vergleichbar Qualifizierte, die eine Fortbildung an einer Fachschule oder Fachakademie in Bayern absolvieren, für ihren erfolgreichen Berufsabschluss (Weiterbildungsabschluss) eine sogenannte Meisterprämie bzw. eine Prämie für gleichgestellte Abschlüsse (Prämie) in Höhe von 1.000 Euro erhalten. Dies schließt erfolgreiche Absolventinnen und Absolventen von Fachschulen für Heilerziehungspflege bzw. Heilerziehungspflegehilfe ein. Die Staatsregierung prüft im Zuge des Nachtragshaushalts 2018 eine Erhöhung der Meisterprämie auf 1.500 Euro. Damit soll in besonderem Maße die Gewinnung und Sicherung von Fachkräften auch in Zukunft gewährleistet bleiben. Die Meisterprämie ist ein zusätzlicher Anreiz, sich beruflich weiterzubilden und die eigene Qualifikation zu stärken. 7. Wie können die Rahmenbedingungen für Schüler an Fachschulen und staatlich anerkannte Heilerziehungspfleger zukünftig weiter verbessert werden ? Aus der Antwort zu Frage 6.2 ergibt sich, dass die Schülerinnen und Schüler der Fachschulen für Heilerziehungspflege zielgerichtet und umfassend gefördert werden. Auf diesem Feld wird kein weiterer Handlungsbedarf gesehen.