Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Jürgen Mistol BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 30.05.2017 Aktuelle Situation und Zukunft des Biotopverbunds „Grünes Band“ Oberpfalz/Bayern Am 4. April 2017 beschloss die Staatsregierung bei einer Kabinettssitzung in Amberg den Lückenschluss im Grünen Band im oberpfälzischen Raum auf 200 Kilometern Länge und bekannte sich zu einem verbesserten Natur- und Artenschutz am Biotopverbund im Grenzraum Bayern-Tschechien . Laut einer Studie von 2008 sind in Tschechien die naturnahen Flächen des Grünen Bandes mit 94 Prozent geschützt, während auf bayerischer Seite 68 Prozent nicht unter Schutz stehen. Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Wie hoch ist nach gegenwärtigem Stand der Anteil an geschützten Flächen des Grünen Bandes in Bayern insgesamt und in der Oberpfalz? b) Wie bewertet die Staatsregierung den Schutzgrad des Grünen Bandes in Bayern insgesamt und in der Oberpfalz ? 2. a) Wie beabsichtigt die Staatsregierung den Natur- und Umweltschutz im bayerischen und oberpfälzischen Raum konkret zu verbessern und künftig insbesondere Flächenverlusten des Biotopverbundes aufgrund von Landbewirtschaftung und Infrastrukturmaßnahmen entgegenzuwirken? b) Inwiefern beabsichtigt die Staatsregierung, das Grüne Band im bayerischen Raum als Schutzgebiet auszuweisen ? c) Wie beurteilt die Staatsregierung die Ausweisung des Gebiets Grünes Band als nationales Naturmonument, wie dies bis 2018 im Freistaat Thüringen erfolgen soll, hinsichtlich einer Anwendung im bayerischen Raum? 3. a) Wann gedenkt die Staatsregierung die Ausdehnung des Grünen Bandes in Bayern auch in ihrer Breite zu definieren? b) Wie soll dies geschehen? 4. a) Welche Rolle spielt der Schutz des Biotopverbundes Grünes Band in den aktuellen und künftigen Entwicklungsplänen der Staatsregierung für den bayerischtschechischen Grenzraum? b) Welche Potenziale und Perspektiven sieht die Staatsregierung in einer verstärkten Kooperation mit Tschechien bei der Sicherung und Biotoppflege des Grünen Bandes? c) Welche Perspektiven sieht die Staatsregierung für eine nachhaltige touristische Entwicklung in der Grenzregion , wie sie von tschechischer Seite bereits gefördert wird? 5. a) Wie gestaltet sich aktuell die Umsetzung des Beschlusses zur Lückenschließung im Gebiet Grünes Band Oberpfalz? b) Wie ist der aktuelle Stand der angekündigten Machbarkeitsstudie zur Verbesserung von Natur- und Umweltschutz im Gebiet Grünes Band Oberpfalz? c) Wann ist mit ersten Ergebnissen der Machbarkeitsstudie zu rechnen? 6. a) Welchen Zeitrahmen sieht die Staatsregierung für die Realisierung des Lückenschlusses am Grünen Band Oberpfalz vor? b) In welchen Etappen soll dies geschehen? c) Welchen Zeitrahmen sieht die Staatsregierung für die Realisierung des Lückenschlusses am Grünen Band Oberpfalz vor? 7. Warum beabsichtigt die Regierung der Oberpfalz keine Inschutznahmeverfahren für Gebiete, die im Bereich des Grünen Bandes liegen? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 29.06.2017 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie wie folgt beantwortet: Aufgrund der für Jahrzehnte eingeschränkten Nutzung entlang des ehemaligen „Eisernen Vorhangs“ und der dadurch heute noch ausgedehnten naturnahen Bereiche bildet das sogenannte Grüne Band eine der wichtigsten transnationalen Biotopverbundachsen innerhalb Europas und Deutschlands. Obwohl das Grüne Band nicht auf bayerischem Hoheitsgebiet liegt, sondern unmittelbar angrenzend, kommt ihm auch in Bayern große naturschutzfachliche Bedeutung als Rückgrat und „Andockstation“ für Verbundstrukturen von grenznahen Schutzgebieten und wertvollen Lebensräumen zu. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 26.10.2017 17/17529 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/17529 Das Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV) unterstützt deshalb seit Langem die naturverträgliche Entwicklung am Grünen Band und eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit zum Erhalt der biologischen Vielfalt. 1. a) Wie hoch ist nach gegenwärtigem Stand der Anteil an geschützten Flächen des Grünen Bandes in Bayern insgesamt und in der Oberpfalz? b) Wie bewertet die Staatsregierung den Schutzgrad des Grünen Bandes in Bayern insgesamt und in der Oberpfalz? Berücksichtigt man einen 5 km breiten Streifen entlang der bayerischen Landesgrenze zu Thüringen, Sachsen und Tschechien, so beläuft sich die Fläche an geschützten Gebieten (Natura2000-Gebiete, Nationalpark und Naturschutzgebiete ) auf rund 40.000 ha (auf die Oberpfalz bezogen 2.838 ha). b) Wie bewertet die Staatsregierung den Schutzgrad des Grünen Bandes in Bayern insgesamt und in der Oberpfalz? Der Schutzstatus der naturschutzfachlich relevanten Flächen in diesem Bereich wird in Bayern und in der Oberpfalz aktuell als ausreichend angesehen. 2. a) Wie beabsichtigt die Staatsregierung den Naturund Umweltschutz im bayerischen und oberpfälzischen Raum konkret zu verbessern und künftig insbesondere Flächenverlusten des Biotopverbundes aufgrund von Landbewirtschaftung und Infrastrukturmaßnahmen entgegenzuwirken? Die Staatsregierung ist sich der hohen ökologischen Bedeutung des Grünen Bandes bewusst. Die Verhinderung von Flächenverlusten durch Infrastrukturmaßnahmen setzt voraus, dass im jeweiligen Einzelfall die rechtlichen Voraussetzungen für entsprechende Anordnungen oder die Versagung von Genehmigungen vorliegen. Solchen Entscheidungen kann nicht vorgegriffen werden. In die jeweils zu treffende Abwägung ist aber die Schutzwürdigkeit des Grünen Bandes entsprechend ihrer jeweiligen ökologischen Wertigkeit einzustellen. Landbewirtschafter sollen insbesondere durch Förderung freiwilliger Maßnahmen für einen Schutz wertvoller Flächen gewonnen werden. Hierzu stellt das StMUV verschiedene Fördermöglichkeiten wie beispielsweise die Landschaftspflege - und Naturparkförderung (Landschaftspflege- und Naturparkrichtlinien − LNPR) oder das Bayerische Vertragsnaturschutzprogramm (VNP-Offenland und VNP-Wald) zur Verfügung. So wird beispielsweise im Jahr 2017 die Rekordsumme von über 41 Mio. Euro im Vertragsnaturschutz ausbezahlt. Derzeit nehmen mehr als 18.000 Betriebe mit etwa 4.000 ha an Äckern, Wiesen, Weiden und Teichen am Vertragsnaturschutz teil. Eines der wichtigsten Instrumente für die Etablierung eines Biotopverbundes auch entlang des Grünen Bandes ist BayernNetzNatur, ein Umsetzungsinstrument des STMUV, das eine engmaschige Verknüpfung der Lebensräume im Rahmen größerer Naturschutzprojekte erreichen will. Alleine im grenznahen Bereich wurden 36 solcher Projekte initiiert . Vorbildlich umgesetzt werden die Ziele des Grünen Bandes beispielsweise im BayernNetzNatur-Projekt „Bischofsreuter Waldhufen“, wofür die Gemeinde Haidmühle (Lkr. Freyung-Grafenau) 2015 als erste „Modell-Gemeinde am Grünen Band Europa“ durch den BUND Naturschutz ausgezeichnet wurde. Darüber hinaus gibt es in allen relevanten Regierungsbezirken zahlreiche weitere Maßnahmen, die direkt und indirekt das Grüne Band stärken. So findet seit vielen Jahren eine enge grenzüberschreitende Kooperation bei Maßnahmen zum Natur- und Artenschutz statt, z. B. bei der Entwicklung eines Biotopverbunds entlang der Grenzgewässer, insbesondere auch beim Schutz der Flussperlmuschel. Mit dem grenzüberschreitenden Naturschutzgroßprojekt „Grünes Band Rodachtal - Lange Berge – Steinachtal“ wird mit Unterstützung durch den Bund die Entwicklung eines Biotopverbunds zwischen Bayern und Thüringen entlang des Grünen Bandes in den Landkreisen Coburg und Kronach auf ca. 120 Kilometer Länge verbessert. Im Bereich des Nationalparks Bayerischer Wald wird neben dem konsequent durchgeführten Prozessschutz und durch Projekte wie dem von der EU geförderten LIFE-Projekt „Moore, Fließgewässer und Schachten im Nationalpark Bayerischer Wald“ die Funktion des Grünen Bandes als überregionale Verbundstruktur verbessert und gefördert. Auch die zahlreichen Schutzgebiete wie der Nationalpark Bayerischer Wald, Natura 2000 Gebiete und das Biosphärenreservat Rhön tragen durch die Umsetzung von Nationalparkplan oder Managementplänen konsequent zum Erhalt und zur Verbesserung der Lebensräume seltener Tier- und Pflanzenarten im Bereich des Grünen Bandes bei. b) Inwiefern beabsichtigt die Staatsregierung, das Grüne Band im bayerischen Raum als Schutzge biet auszuweisen? Da das Grüne Band nicht in Bayern verläuft, sondern den Grenzstreifen jenseits der Landesgrenze umfasst, liegt die rechtliche Zuständigkeit nicht beim Freistaat. Die Staatsregierung hält die Ausweisung von Schutzgebieten in Bayern insoweit nicht für zielführend. c) Wie beurteilt die Staatsregierung die Ausweisung des Gebiets Grünes Band als nationales Naturmonument , wie dies bis 2018 im Freistaat Thüringen erfolgen soll, hinsichtlich einer Anwendung im bayerischen Raum? Gemäß § 24 Abs. 4 des Bundesnaturschutzgesetzes müssen diese Gebiete aus wissenschaftlichen, naturgeschichtlichen , kulturhistorischen oder landeskundlichen Gründen von herausragender Bedeutung sein. Dies mag entsprechend der Ausweisung in Thüringen für den sog. „Todesstreifen “ im früheren Ostteil Deutschlands zutreffen. Dieser stellt ein kulturhistorisches Mahnmal dar, das an die jahrzehntelange deutsche Teilung erinnert. Auf westdeutscher Seite liegen diese Voraussetzungen nicht vor. 3. a) Wann gedenkt die Staatsregierung die Ausdehnung des Grünen Bandes in Bayern auch in ihrer Breite zu definieren? Die Ausdehnung des Grünen Bandes ist aufgrund der Historie festgelegt. b) Wie soll dies geschehen? Siehe Antwort zu Frage 3 a. 4. a) Welche Rolle spielt der Schutz des Biotopverbun- Drucksache 17/17529 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 des Grünes Band in den aktuellen und künftigen Entwicklungsplänen der Staatsregierung für den bayerisch-tschechischen Grenzraum? Der Biotopverbund ist im Bundesnaturschutzgesetz sowie im Bayerischen Naturschutzgesetz verankert und länderübergreifend zu realisieren. Die Verbesserung des Biotopverbundes ist ein wesentliches Element im ressortübergreifend abgestimmten Biodiversitätsprogramm Bayern 2030 „Natur Vielfalt Bayern“. Damit wird auch künftig das Grüne Band entsprechend berücksichtigt werden. So wurde beispielsweise das Bestreben, eine Vernetzung von Biotopen beiderseits der ehemaligen innerdeutschen Grenze und der Grenze zur Tschechischen Republik zu erreichen , auch von der Regionalplanung aufgenommen. b) Welche Potenziale und Perspektiven sieht die Staatsregierung in einer verstärkten Kooperation mit Tschechien bei der Sicherung und Biotoppflege des Grünen Bandes? Aufgrund der in den letzten Jahren deutlich intensivierten Partnerschaften zwischen den grenznahen Gemeinden und der engen Zusammenarbeit der beiden „Transboundary Parks“ Bayerischer Wald/Šumava ergeben sich zahlreiche Möglichkeiten, die Lebensräume entlang des Grünen Bandes zu bewahren bzw. zu optimieren. Bereits jetzt gibt es im Bereich der Nationalparke eine intensive erfolgreiche Zusammenarbeit am Grünen Band. So konnte zusammen mit der Nationalparkverwaltung Šumava zwischenzeitlich eine gemeinsame Naturzone und eine gemeinsame jagdfreie Zone festgelegt werden. Darüber hinaus wird seit längerer Zeit ein gemeinsames Biomonitoring durchgeführt. Dieses soll in der nächsten Zeit um ein gemeinsames hydrologisches Monitoring erweitert werden. Es ist davon auszugehen, dass im Rahmen der Machbarkeitsstudie und weiterer grenzübergreifende Projekte die Kooperation mit Tschechien ausgebaut und gestärkt werden kann. c) Welche Perspektiven sieht die Staatsregierung für eine nachhaltige touristische Entwicklung in der Grenzregion, wie sie von tschechischer Seite bereits gefördert wird? Der bayerischen Tourismuspolitik liegt ein umfassendes Verständnis von Nachhaltigkeit in ökonomischer, sozialer und ökologischer Hinsicht zugrunde. Bayern setzt sich daher in allen Regionen für Rahmenbedingungen ein, innerhalb derer die touristischen Leistungsträger wirtschaftlich tragfähige Angebote für die Reisenden entwickeln können. So kann die Grenzregion am Grünen Band, ebenso wie alle anderen bayerischen Tourismusregionen auch, bei Einhaltung der ökologischen Kriterien staatliche Förderung von kommunalen und gewerblichen Tourismusprojekten in Anspruch nehmen (weiterführende Informationen dazu unter https://www.stmwi.bayern.de/service/foerderprogramme/ tourismusfoerderung/). Zudem unterstützt die Staatsregierung die nachhaltige Tourismusentwicklung im Rahmen eines reichweitenstarken Themenmarketings durch die BAYERN TOURISMUS Marketing GmbH (by.TM https://www.bayern.by/natururlaubbayern und unter http://www.natururlaub.bayern.de/index. htm). Auch hat die Staatsregierung mit den Infrastruktureinrichtungen im Nationalpark Bayerischer Wald wichtige Grundlagen für eine nachhaltige touristische Entwicklung gefördert . Der Nationalpark Bayerischer Wald ist die touristische Hauptattraktion des Inneren Bayerischen Waldes. Für einen sanften, naturverträglichen Tourismus wird eine umfangreiche touristisch nutzbare Infrastruktur entwickelt und aufrechterhalten . Hierzu gehören im Nationalpark ein 350 km umfassendes Wanderwegenetz, 210 km Radwege, 80 km Langlaufloipen, zwei große Besucherzentren mit Tierfreigeländen sowie Europas längster Baumwipfelpfad. Aufgrund des Engagements von Gemeinden in Kombination mit dem Nationalpark Bayerischer Wald als Besuchermagneten in der Grenzregion (Gesamtbesucherzahl: ca.1,3 Mio. im Jahr) liegen gute Voraussetzungen für eine positive touristische Entwicklung vor. Darüber hinaus fördert das Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz Maßnahmen für naturbetonte Erholung in den Naturparken mit über 2 Mio. Euro jährlich (siehe auch LT-Anfrage vom 31.08.2016 Drs. 17/12152 Betreff: Förderung der bayerischen Naturparke). Dies kommt insbesondere auch den Naturparken entlang des Grünen Bandes zugute. 5. a) Wie gestaltet sich aktuell die Umsetzung des Beschlusses zur Lückenschließung im Gebiet Grünes Band Oberpfalz? Derzeit werden die Ausschreibungsunterlagen für die Machbarkeitsstudie zusammengestellt sowie Gespräche auf verschiedenen Ebenen mit Interessenvertretern und mit tschechischen Verwaltungsstellen geführt. b) Wie ist der aktuelle Stand der angekündigten Machbarkeitsstudie zur Verbesserung von Naturund Umweltschutz im Gebiet Grünes Band Oberpfalz ? Derzeit wird die Vergabe der Studie vorbereitet. c) Wann ist mit ersten Ergebnissen der Machbarkeitsstudie zu rechnen? Es ist beabsichtigt, die Studie im Herbst dieses Jahres zu vergeben. Ergebnisse liegen frühestens Ende 2018 vor. 6. a) Welchen Zeitrahmen sieht die Staatsregierung für die Realisierung des Lückenschlusses am Grünen Band Oberpfalz vor? Im Rahmen der Machbarkeitsstudie sollen zunächst die Möglichkeiten der Umsetzung erarbeitet werden. Konkrete Zeitvorgaben lassen sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht ableiten .3 b) In welchen Etappen soll dies geschehen? Erst nach Vorliegen der Ergebnisse der Studie lassen sich hierzu Aussagen treffen. c) Welchen Zeitrahmen sieht die Staatsregierung für die Realisierung des Lückenschlusses am Grünen Band Oberpfalz vor? Siehe Antwort zu Frage 6 a. 7. Warum beabsichtigt die Regierung der Oberpfalz keine Inschutznahmeverfahren für Gebiete, die im Bereich des Grünen Bandes liegen? Siehe Antwort zu Frage 1 b.