Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Gabi Schmidt FREIE WÄHLER vom 26.02.2014 Bestandserhaltung von Kulturgut in bayerischen Universitätsbibliotheken Im Doppelhaushalt 2013/14 stehen der Bayerischen Staats­ bibliothek (BSB) Mittel in Höhe von jeweils 1.432.200 Euro (Kapitel 1590, 547 01­8 162) für 2013 und 2014 für bestands erhaltende Maßnahmen und Restaurierung zur Verfügung. Unbestritten der Tatsache, dass die BSB einen herausragenden Altbestand vorweisen kann, sind die Altbe­ stände der vier Universitätsbibliotheken Augsburg, Erlan­ gen­Nürnberg, LMU München und Würzburg ebenfalls von großem historisch­kulturellem Wert. Ich frage die Staatsregierung: 1. Wie groß sind die Altbestände der vier oben genann­ ten Universitätsbibliotheken in Augsburg, Erlangen­ Nürnberg, München und Würzburg und wie groß ist der Altbestand der Bayerischen Staatsbibliothek? 2. Wie wird die Bestandserhaltung bayerischer Bibliothe­ ken grundsätzlich sichergestellt? 3. Wie hoch sind die Mittel, die die vier oben genannten Universitätsbibliotheken in Augsburg, Erlangen­Nürn­ berg, München und Würzburg für bestandserhaltende Maßnahmen und Restaurierung erhalten (bitte Anga­ be je Universitätsbibliothek)? a) Inwiefern werden die vier Universitätsbibliotheken bei der Bestandserhaltung und Restaurierung zusätzlich von der Staatsregierung unterstützt? 4. Existiert eine Kooperation im Bereich bestandserhal­ tende Maßnahmen und Restaurierung zwischen den vier genannten Universitätsbibliotheken und der Baye­ rischen Staatsbibliothek, und falls ja, in welcher Form? 5. Wie hoch ist der Bedarf an finanziellen Mitteln in Bay­ ern, um die Altbestände zu erhalten und zu restaurie­ ren, und wie hoch ist der finanzielle Bedarf pro oben genannter Universitätsbibliothek? 6. Plant die Staatsregierung derzeit Maßnahmen, um die Bestandserhaltung zu optimieren? Antwort des Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 28.04.2014 1. Wie groß sind die Altbestände der bayerischen Universitätsbibliotheken in Augsburg, ErlangenNürnberg , München und Würzburg und wie groß ist der Altbestand der Bayerischen Staatsbibliothek ? Eine im Jahr 2012 durchgeführte bundesweite Umfrage der „Koordinierungsstelle für die Erhaltung des schriftlichen Kul­ turguts“ (KEK) ergab für die bayerischen Universitätsbiblio­ theken folgenden Altbestand (bis 1850): UB Augs- burg UB Erl.- Nürnberg UB München UB Würzburg Gesamt UBB BSB* Handschriften 3.466 2.574 3.481 2.292 11.813 111.591 Inkunabeln 1.244 2.200 3.603 1.018 8.065 29.069 Druckwerke 1501 bis 1850 162.044 272.800 496.397 227.932 1.159.173 1.916.128 Nachlässe k. A. 100 182 67 349 1.536 * Bayerische Staatsbibliothek (BSB) inkl. staatliche Regionalbibliotheken 2. Wie wird die Bestandserhaltung bayerischer Bibliotheken grundsätzlich sichergestellt? Die Grundsätze der Bestandserhaltung in bayerischen Bibli­ otheken ergeben sich aus dem „Konzept zur Sicherung der Archivalien der staatlichen Archive und der Buchbestände der staatlichen Bibliotheken“, das dem Bayerischen Land­ tag mit Schreiben vom 30.04.2010 vom Staatsminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst vorgelegt wurde. Dort wird für den Bibliotheksbereich gemäß dem „Konzept zur Bestandserhaltung in den staatlichen Bibliotheken Bayerns“ (Februar 2010) und in Fortschreibung der „Richtlinien zur Erhaltung, Archivierung und Aussonderung von Druckschrif­ ten in Bayern“ von 1998 festgelegt, dass sämtliche in den bayerischen staatlichen Bibliotheken vorhandenen Werke vor 1840 möglichst im Original zu erhalten sind. Von allen nach 1840 erschienenen Werken ist mindestens ein Exem­ plar zu erhalten, sofern es für Wissenschaft, Kultur und Ge­ sellschaft von dauerhaftem Wert ist. Dabei soll in der Regel nur eine Erhaltungsmaßnahme durchgeführt werden. Als zentrale Landes­ und Archivbibliothek des Freistaates hat die Bayerische Staatsbibliothek die Aufgabe, alle in ihrem Bestand befindlichen Werke vollständig zu erhalten. Grund­ voraussetzung einer nachhaltigen Bestandserhaltungsstra­ tegie ist dabei ein Maßnahmenbündel, das drei komplemen­ täre Handlungsfelder abdeckt: Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 13.06.2014 17/1759 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/1759 1. Prävention (fachgerechte Lagerung in konservatorisch adäquaten Räumlichkeiten, Versorgung der Bestände mit Schutzhüllen, Schulungen zum sachgerechten Umgang mit schriftlichem Kulturgut, Notfallplanung) 2. Originalerhaltung (Restaurierung, Massenentsäuerung) 3. Informationssicherung durch digitale Sekundärform Das „Konzept zur Bestandserhaltung in den staatlichen Bib­ liotheken Bayerns“ (Februar 2010) zielt auf die langfristige Sicherung aller staatlichen Bibliotheksbestände im Freistaat Bayern ab. Auf der Grundlage einer gesamtbayerischen Koordinierung von Maßnahmen in den drei zentralen Hand­ lungsfeldern Schadensprävention, Originalerhaltung und Informationssicherung ist das Konzept konsequent ange­ legt. 3. Wie hoch sind die Mittel, die die vier oben genannten Universitätsbibliotheken in Augsburg, Erlangen -Nürnberg, München und Würzburg für bestandserhaltende Maßnahmen und Restaurierung erhalten (bitte Angabe je Universitätsbibliothek)? a) Inwiefern werden die vier Universitätsbibliotheken bei der Bestandserhaltung und Restaurierung zusätzlich von der Staatsregierung unterstützt? Die Mittelausstattung der Universitätsbibliotheken erfolgt im Rahmen des Haushaltes der jeweiligen Hochschule. Zu­ sätzlich erhielten die Universitätsbibliotheken einmalig im Jahre 2012 insgesamt 150.000 Euro für die Restaurierung von Handschriften, Inkunabeln, Grafiken und Alten Büchern. Dieser Betrag wurde wie folgt aufgeteilt: Erlangen­Nürn­ berg, München, Würzburg je 40.000 Euro und Augsburg 30.000 Euro. Wie die Universitätsbibliotheken bei der Bestandserhal­ tung und Restaurierung unterstützt werden, bitten wir der nachfolgenden Antwort zu entnehmen. 4. Existiert eine Kooperation im Bereich bestandserhaltende Maßnahmen und Restaurierung zwischen den vier genannten Universitätsbibliotheken und der Bayerischen Staatsbibliothek, und falls ja, in welcher Form? Mit dem Institut für Buch­ und Handschriftenrestaurierung (IBR) der Bayerischen Staatsbibliothek stehen den staatli­ chen Bibliotheken Bayerns eine gut ausgebaute Werkstatt und ein international renommiertes Kompetenzzentrum für die Erhaltung des schriftlichen Kulturerbes zur Verfügung. Das IBR erbringt vielfältige Beratungsleistungen zur präven­ tiven Konservierung, vor allem zu Fragen der Aufbewah­ rung, Benutzung und Objektbetreuung bei Ausstellungen oder Digitalisierung. Im Weiteren betreut das IBR die Ab­ wicklung von Restaurierungsaufträgen in externer Auf­ tragsvergabe an ausgewählte freiberufliche Restauratoren. Bei besonders hochwertigen Objekten, die nicht an freibe­ rufliche Restauratoren vergeben werden können, erfolgt die Restaurierung grundsätzlich durch das IBR. Für diese Leis tung hat die Bayerische Staatsbibliothek im September 2013 aus Mitteln in Kap. 1590 Titel 547 01 (Bestandserhal­ tende Maßnahmen, Restaurierung sowie Sicherheits­ und Schutzverfilmung) eine Restauratorenstelle im IBR einge­ richtet, die ausschließlich Objekte aus den genannten Uni­ versitätsbibliotheken restauriert. Das IBR führt regelmäßig bedarfsorientiert Fortbildungsveranstaltungen durch. Im Not­ und Katastrophenfall erbringt das IBR seine Beratungs­ und Dienstleistungen auch direkt vor Ort. Wie zu Frage 2 erläutert, zielt das o. g. „Konzept zur Be­ standserhaltung in den staatlichen Bibliotheken Bayerns“ (Februar 2010) auf die langfristige Sicherung aller staatli­ chen Bibliotheksbestände im Freistaat Bayern ab und diffe­ renziert daher nicht nach Bibliotheken. 5. Wie hoch ist der Bedarf an finanziellen Mitteln in Bayern, um die Altbestände zu erhalten und zu restaurieren , und wie hoch ist der finanzielle Bedarf pro oben genannter Universitätsbibliothek? Für den in allen bayerischen Bibliotheken vollständig zu erhaltenden Altbestand (Handschriften, Inkunabeln, Druck­ werke bis 1840) konnte im Rahmen der Vorbereitung des genannten „Konzepts zur Sicherung der Archivalien der staatlichen Archive und der Buchbestände der staatlichen Bibliotheken“ für den Bibliotheksbereich insgesamt fol­ gender Finanzbedarf hochgerechnet werden: Anzahl der Maßnahmen Gesamtbedarf (Euro) Schutzhüllen 375.290 2.870.000 Restaurierung 134.992 23.152.000 Schutzdigitalisierung Bestand vor 1840 147.732 16.521.000 Im „Konzept zur Bestandserhaltung in den staatlichen Bib­ liotheken Bayerns“ (Februar 2010) und im „Konzept zur Sicherung der Archivalien der staatlichen Archive und der Buchbestände der staatlichen Bibliotheken“, das dem Bay­ erischen Landtag mit Schreiben vom 30.04.2010 vorgelegt wurde, gilt das Jahr 1840 als Erfassungsgrenze. Damit beläuft sich der finanzielle Aufwand für die Erhal­ tung des kulturellen Erbes vor 1840 in den staatlichen Bib­ liotheken Bayerns auf etwa 42,6 Mio. Euro. Die Umsetzung des Bestandserhaltungskonzepts ist damit nur langfristig vorstellbar, etwa in Form eines abgestuften Vorgehens über einen Gesamtzeitraum von 30 Jahren. Eine Aufschlüsse­ lung des jeweiligen Finanzbedarfs auf die einzelnen Univer­ sitätsbibliotheken ist noch nicht erfolgt. 6. Plant die Staatsregierung derzeit Maßnahmen, um die Bestandserhaltung zu optimieren? Die Bayerische Staatsbibliothek ist als zentrale Landes­ und Archivbibliothek des Freistaats und als staatliche Fachbe­ hörde für das Bibliothekswesen in Bayern zuständig für die Koordination und Planung der Bestandserhaltung der staatlichen Bibliotheksbestände. Das genannte, 2010 entwi­ ckelte Bestandserhaltungskonzept gilt es, Schritt für Schritt umzusetzen. Zudem wird derzeit ein neues Konzept zur In­ anspruchnahme der Dienstleistungen des Instituts für Buch­ und Handschriftenrestaurierung (IBR) mit den Universitäts­ bibliotheken abgestimmt. Die Sicherung des bedrohten schriftlichen Kulturguts stellt eine immense kulturpolitische Herausforderung für die nächsten Jahre dar. Angesichts der großen Menge an bedrohtem schriftlichen Kulturgut kann die Bestandserhal­ tung nicht nur allein von den jeweiligen Einrichtungen und Länderhaushalten sichergestellt werden. Es ist notwendig, die Aktivitäten für bestandserhaltende Maßnahmen durch eine starke nationale Komponente zu ergänzen. Es wur­ de daher eine Koordinierungsstelle für die Erhaltung des schriftlichen Kulturguts (KEK) bei der Stiftung Preußischer Kulturbesitz eingerichtet, die gemeinsam vom Bund und der Kulturstiftung der Länder finanziert wird. Der Mehrwert der Koordinierungsstelle liegt in der Erarbeitung bundesweiter Drucksache 17/1759 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Handlungsempfehlungen, in der Entwicklung und Umset­ zung von speziellen Methoden der Bestandserhaltung, die länderübergreifend abgestimmt und koordiniert werden, so­ wie im regelmäßigen fachlichen Austausch, in koordinierten Ausschreibungen (Rabatte, Rahmenverträge) und abge­ stimmten Investitionen. Zudem können in Kooperation mit Forschung und Dienstleistern kostengünstigere Mengenver­ fahren entwickelt werden. Auch soll eine Datenbank über restaurierte und aktuell behandelte Bestände sowie über praktizierte Verfahren und Projekte aufgebaut werden. Des Weiteren stehen Fördermittel für Modellprojekte zur Verfü­ gung.