Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Jutta Widmann FREIE WÄHLER vom 19.03.2014 Vermarktung Bioprodukte Ich frage die Staatsregierung: 1. Ist der Staatsregierung bekannt, dass aktuell die Ver- marktung von Biofleisch für viele Erzeuger sehr problematisch ist? 2. Was sind die Gründe für die momentanen Absatz- schwierigkeiten? 3. Gibt es vonseiten des Freistaats Konzepte, Unterstüt- zungmaßnahmen oder Strategien, wie den betroffenen Landwirten bei der Vermarktung geholfen werden kann? 4. Wie sieht die Besteuerung eines „normalen“ Landwirts aus, der Biofleisch erzeugt und seine Produkte selbst direkt vermarktet: a) durch einige wenige Hoffeste im Jahr? b) durch eigene Gastronomie? 5. Wie sieht die Besteuerung eines Landwirts nach § 13 a EStG aus, der Biofleisch erzeugt und seine Produkte selbst direkt vermarktet: a) durch einige wenige Hoffeste im Jahr? b) durch eigene Gastronomie? Antwort des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 28.04.2014 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat wie folgt beantwortet: 1. Ist der Staatsregierung bekannt, dass aktuell die Vermarktung von Biofleisch für viele Erzeuger sehr problematisch ist? Der Markt für Bio-Fleisch wird wie alle anderen Märkte auch von Angebot und Nachfrage bestimmt. Die Fleischvermarktung im Bio-Segment ist wie im konventionellen Segment differenziert nach den Tierarten Rind, Schwein und Geflügel zu betrachten. Bei Bio-Rindfleisch und Bio-Geflügelfleisch herrscht am Markt eine ausgeglichene Angebots- und Nachfragesituation , Probleme in der Vermarktung treten derzeit nicht auf. Bei Bio-Schweinefleisch hingegen ist das Angebot derzeit größer als die Nachfrage, der Überhang wirkt sich negativ auf die Bio-Schweinefleischpreise und damit auch auf die Ferkelerzeugung und Mast in der Bio-Schiene aus. 2. Was sind die Gründe für die momentanen Absatzschwierigkeiten ? Der Anteil von Bio-Schweinefleisch an der gesamten Schweinefleischproduktion in Bayern liegt bei rund 0,5 %. Ausgehend von dieser niedrigen Basis haben in den letzten Jahren mehrere große konventionelle Ferkelerzeuger auf ökologische Produktionsweise umgestellt. Der deutliche Zuwachs an Bio-Zuchtsauen hat das Angebot an Bio-Ferkeln und Bio-Mastschweinen erhöht. Der Zuwachs auf der Angebotsseite traf auf eine nicht adäquate Nachfrage, in Folge gerieten die Preise für Bio-Schweinefleisch unter Druck. Der Überhang wird durch zusätzliche Mengen an Bio-Schweinefleisch aus anderen europäischen Ländern (Niederlande, Frankreich, Dänemark), in denen ebenfalls die Produktion ausgeweitet wurde, verschärft. Vor allem holländische BioSchweine drängen auf den deutschen Markt. Neben dem größeren Angebot hat auch der Handel die Qualitätsanforderungen erhöht, Preisabzüge bei Qualitätsmängeln nehmen zu. Das insgesamt niedrige Preisniveau für konventionelles Schweinefleisch wirkt sich zudem negativ auf das Bio-Schweinefleisch aus. Bei Bio-Rindfleisch hingegen läuft die Vermarktung problemlos . Das Angebot bei Jungbullen, Färsen und Ochsen in Öko-Qualität ist ausgeglichen. Bio-Kühe sind eher knapp. Das gute Preisniveau in der konventionellen Rinderhaltung wirkt stützend auf das Preisniveau bei Bio-Schlachtrindern. Die Vermarktung von Bio-Rindfleisch erfolgt überwiegend über größere Verarbeiter von Bio-Fleisch- und Bio-Wurstwaren , z. B. Kurhessische Fleischfabrik, Chiemgauer Naturfleisch und die Marktgesellschaften der Bio-Anbauverbände . Der Absatz von Bio-Rindfleisch über handwerkliche Metzgereibetriebe ist hingegen gering. Bei Mastgeflügel ist der Öko-Anteil relativ gering. Ein hoher Anteil des Bio-Geflügelfleisches wird direkt ab Hof vermarktet. Trotz eines Absatzplus im Jahr 2013 waren bei Bio-Mastgeflügel leichte Preisrückgänge zu verzeichnen, allerdings ausgehend von einem hohen Niveau. 3. Gibt es vonseiten des Freistaates Konzepte, Unterstützungsmaßnahmen oder Strategien, wie den betroffenen Landwirten bei der Vermarktung geholfen werden kann? Von meinem Haus wurde vor kurzem im Rahmen des Programms „BioRegio 2020“ ein Runder Tisch einberufen, zu dem alle am Bio-Markt beteiligten Gruppierungen (Erzeuger , Verarbeiter, Handel) eingeladen waren. Ziel ist es, die Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 13.06.2014 17/1761 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/1761 bayerische Erzeugung von Bio-Produkten zu stärken. Unter anderem beschäftigt sich eine Arbeitsgruppe mit der Vernetzung von Erzeugern und Verarbeitern. Einbezogen sind selbstverständlich auch Vertreter der Bio-Fleischbranche. Regionale Öko-Produkte nehmen bei der Vermarktung regionaler Produkte eine sehr wichtige, eigenständige Stellung ein. Im Rahmen des Landesprogramms „BioRegio 2020“ planen wir deshalb eine Vielzahl von Informationsund Kommunikationsmaßnahmen, um die Vermarktung von bayerischen Bio-Produkten zu verbessern, unter anderem: • Im Rahmen des Öko-Wertschöpfungsprojektes der LfL beschäftigt sich ein Teilprojekt mit dem Absatz von „BioSchweine - und Geflügelfleisch“. • Im Bereich Außer-Haus-Märkte fördern wir das Projekt „Echte bayerische Bio-Brotzeit“. Das Projekt beinhaltet die Vernetzung von Lieferanten und Abnehmern, Schulungen der Köche zur Warenauswahl und Kalkulation von Bio-Rohwaren sowie die öffentlichkeitswirksame Vermarktung . • Ein weiteres Projekt im Außer-Haus-Markt sind die „Regionalen Bio-Produktwochen in bayerischen Restaurants“. Das Projekt beinhaltet die Vernetzung von Lieferanten und Abnehmern unter Einbezug von Bio-Großhändlern sowie die öffentlichkeitswirksame Vermarktung. Im investiven Bereich unterstützen wir kleinere, regionale Verarbeitungs- und Vermarktungsunternehmen von ÖkoProdukten mit dem VuVregio-Programm mit bis zu 30 % Zuschuss bzw. mit maximal 75.000 €. Die Förderung soll auch in 2014 fortgeführt werden. Für größere Investitionen in die Verarbeitung und Vermarktung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen steht ab Ende 2014 wieder das Marktstrukturverbesserungs-Programm zur Verfügung. 4. Wie sieht die Besteuerung eines „normalen“ Landwirts aus, der Biofleisch erzeugt und seine Produkte selbst direkt vermarktet: a) durch einige wenige Hoffeste im Jahr? b) durch eigene Gastronomie? 5. Wie sieht die Besteuerung eines Landwirts nach § 13 a EStG aus, der Biofleisch erzeugt und seine Produkte selbst direkt vermarktet: a) durch einige wenige Hoffeste im Jahr? b) durch eigene Gastronomie? Die Fragen 4 und 5 werden zusammen beantwortet. Unter einem „normalen“ Landwirt wird im Folgenden ein Landwirt verstanden, der seinen Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG (Betriebsvermögensvergleich) oder § 4 Abs. 3 EStG (Einnahmenüberschussrechnung) ermittelt. Es ist darauf hinzuweisen, dass die weiteren Ausführungen nur eine allgemeine Stellungnahme ohne Berücksichtigung möglicher Umstände konkreter Einzelfälle darstellen können. Dies vorausgeschickt ist bezüglich der Besteuerung der genannten Umsätze zwischen der Einkommensteuer und der Umsatzsteuer zu unterscheiden. Einkommensteuer Veräußert ein Landwirt (Bio-)Fleisch aus selbst erzeugten und geschlachteten Tieren, ist zunächst zu differenzieren, in welcher Form die Erzeugnisse an den Endverbraucher abgegeben werden. Die zum Verkauf bestimmten Erzeugnisse können der Land- und Forstwirtschaft zugeordnet werden, wenn die im Betrieb erzeugten Tiere lediglich im Rahmen einer sog. „ersten Stufe“ be- oder verarbeitet worden sind. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn geschlachtete Schweine in Hälften oder geschlachtete Rinder in Vierteln abgegeben werden. Im Rahmen der Ermittlung des Gewinns durch Buchführung oder Einnahmenüberschussrechnung stellen die hierbei erzielten Umsätze gewinnerhöhende Betriebseinnahmen dar. Hat der Landwirt seinen Gewinn bisher nach Durchschnittssätzen gem. § 13 a EStG ermittelt, bleibt zu prüfen, ob die Be- oder Verarbeitung der Tiere in einem Nebenbetrieb (§ 13 Abs. 2 Nr. 1 EStG) zum Wegfall der Berechtigung zur Gewinnermittlung nach § 13 a EStG führen kann (§ 13 a Abs. 5 EStG). Die weitere Be- und Verarbeitung der selbst erzeugten Tiere über die erste Stufe hinaus zu portioniertem Fleisch oder ggf. zu Wurstwaren (sog. „zweite Bearbeitungsstufe) ist dagegen grundsätzlich eine gewerbliche Tätigkeit. Die daraus erzielten Erlöse können jedoch nach bundeseinheitlicher Verwaltungsauffassung aus Vereinfachungsgründen noch der Land- und Forstwirtschaft zugerechnet werden, wenn die Erzeugnisse im Rahmen der Direktvermarktung abgesetzt werden und die Umsätze hieraus dauerhaft nicht mehr als ein Drittel des Gesamtumsatzes und nicht mehr als 51.500 € im Wirtschaftsjahr betragen. Diese Vereinfachungsregelung ist auch dann anwendbar, wenn die erzeugten (Bio-)Fleisch- und Wurstwaren im Rahmen gelegentlicher Hoffeste veräußert werden. Die erzielten Erlöse sind dann im Rahmen der Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft durch Buchführung bzw. Einnahmenüberschussrechnung als gewinnerhöhende Betriebseinnahmen zu erfassen. Ermittelt der Landwirt zulässig seinen Gewinn nach §13 a EStG, führen diese Umsätze zu einem Sondergewinn nach § 13 a Abs. 6 Nr. 3 EStG. Der Sondergewinn beträgt (gesetzlich vorgeschrieben ) 35 % der Betriebseinnahmen. Werden die erzeugten (Bio-)Fleisch- und ggf. Wurstwaren jedoch als zubereitete Speisen im Rahmen eines (dauerhaften ) gastronomischen Betriebs abgegeben, kann dies regelmäßig nicht mehr den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft zugeordnet werden. Aufgrund der mit der gastronomischen Einrichtung verbundenen Betriebsführung und Infrastruktur sowie den dabei erbrachten Dienstleistungen wird regelmäßig ein selbstständiger gewerblicher Betrieb anzunehmen sein, der zusätzlich zum land- und forstwirtschaftlichen Betrieb entstanden ist mit der Folge, dass hieraus Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt werden. Umsatzsteuer Für regelbesteuernde Landwirte gilt: Bei der Direktvermarktung originärer landwirtschaftlicher Erzeugnisse fällt in der Regel der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7 % an. Dies trifft auch auf den Verkauf von abgepacktem rohem Fleisch zu. Soweit eine weitere Verarbeitung des Fleisches z. B. zu Speisen im Rahmen eines Hoffestes oder der eigenen Gastronomie erfolgt, ist der Regelsteuersatz von 19 % anzuwenden . Bei der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG (Umsatzsteuer-Pauschalierung) darf der Durchschnittssatz (10,7 %) nur auf Umsätze aus dem Verkauf von Tieren oder Schlachtkörpern (z. B. Schweinehälften) als Erzeugnisse aus dem eigenen landwirtschaftlichen Betrieb angewandt werden. Die Umsätze mit zugekauften Produkten sind von Drucksache 17/1761 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 der Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung ausgenommen . Umsätze aus dem Verkauf von weiterverarbeiteten Produkten (z. B. abgepacktes Fleisch, Speisen) unterliegen dem jeweiligen Umsatzsteuersatz nach den allgemeinen Regelungen des Umsatzsteuergesetzes. Hier ist auch im pauschalierenden Betrieb die Umsatzsteuer abzuführen. Gleichzeitig steht dem Landwirt insoweit der Vorsteuerabzug – unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG – zu.