17. Wahlperiode 10.10.2017 17/17675 Bayerischer Landtag Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Herbert Kränzlein SPD vom 10.05.2017 Neue Überprüfung von illegalem Dividendenstripping auch in Bayern Wie die WirtschaftsWoche berichtete, trafen sich Anfang Mai 2017 die Fachleute aller Finanzministerien von Bund und Ländern, um neue Methoden zur Aufarbeitung von Altfällen bei illegalem Dividendenstripping zu vereinbaren. Daher frage ich die Staatsregierung: 1. Welche Maßnahmen hat die Staatsregierung bisher ergriffen , um die zum Teil bis ins Jahr 2007 zurückgehenden Fälle von Cum/Cum- oder Cum/Ex-Praktiken aufzuklären ? 2. Wie will die Staatsregierung sich an der gemeinsamen Cum/Cum-Aktion der Bundesländer beteiligen? 3. Kann ausgeschlossen werden, dass die BayernLB ebenfalls in diese Praktiken verwickelt war? 4. Welche Möglichkeiten sieht die Staatsregierung, über die vorgeschlagenen Maßnahmen hinaus, zur Aufklärung und Vermeidung von illegalem Dividendenstripping? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. Antwort des Staatsministeriums der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat vom 07.07.2017 Die Schriftliche Anfrage vom 10.05.2017 betreffend „Neue Überprüfung von illegalem Dividendenstripping auch in Bayern “ nimmt Bezug auf die Sitzung der Arbeitsgruppe „Steuerliche Behandlung sog. Cum/Cum-Transaktionen“ in der Zeit vom 10. bis 11.05.2017. Dies vorausgeschickt wird die Anfrage wie folgt beantwortet: 1. Welche Maßnahmen hat die Staatsregierung bisher ergriffen, um die zum Teil bis ins Jahr 2007 zurückgehenden Fälle von Cum/Cum- oder Cum/Ex-Praktiken aufzuklären? Cum/Cum-Gestaltungen sind von Cum/Ex-Transaktionen strikt zu unterscheiden. Eine Cum/Cum-Transaktion steht im Wortsinn für eine Aktientransaktion, bei der das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft „mit Dividendenberechtigung” vereinbart wird und die anschließende Lieferung der Aktien (dingliches Verfügungsgeschäft ) ebenfalls „mit Dividendenberechtigung” erfolgt. Lieferung mit Dividendenberechtigung meint, dass dem Käufer das zivilrechtliche Eigentum an den Aktien noch vor oder spätestens am Dividendenstichtag (= Tag der Hauptversammlung der ausschüttenden Gesellschaft) verschafft wird. Cum/Cum-Gestaltungen sind in der Regel dadurch gekennzeichnet, dass unmittelbar vor dem Dividendenstichtag inländische Aktien zur Vermeidung einer Definitivbelastung mit Kapitalertragsteuer (insbesondere bei Steuerausländern) durch Cum/Cum-Transaktionen auf einen anrechnungsberechtigten Steuerinländer übertragen werden. Cum/Ex-Geschäfte sind dadurch geprägt, dass ein Leerverkäufer kurz vor oder am Dividendenstichtag Aktien mit Dividendenanspruch an einen Leerkäufer verkauft, aber ohne Dividendenanspruch liefert. Bei ihnen besteht die Gefahr , dass die Anrechnung von Kapitalertragsteuer doppelt zum Schaden des Fiskus geltend gemacht wird. Zur Aufdeckung und Abwicklung von Cum/Ex-Gestaltungen bei Leerverkäufen mit Aktien wurde 2015 am Finanzamt München – Abt. Betriebsprüfung – eine Task Force, bestehend aus 20 Prüferinnen und Prüfern (Bankenfachprüfer mit Konzernerfahrung sowie Prüfer von Investmentfonds), gegründet. Sie ist als Sondereinheit zentral für die Aufdeckung und Abwicklung von Cum/Ex-Gestaltungen in Bayern zuständig. Die Gestaltungen sind durch eine enorme Komplexität und Verschleierung gekennzeichnet, insbesondere durch Zwischenschaltung von im Ausland ansässigen Personen , was die Aufdeckung und Aufklärung der Einzelfälle erheblich erschwert und verzögert. Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/17675 Darüber hinaus arbeiten Betriebsprüfung und Steuerfahndung mit der SKS (= Sonderkommission schwerer Steuerbetrug} innerhalb Bayerns sowie mit anderen betroffenen Bundesländern und dem Bundeszentralamt für Steuern intensiv zusammen . Die Zusammenarbeit umfasst u. a. einen regelmäßigen Erfahrungsaustausch, Bund-Länder-Arbeitsgruppen, die gemeinsame Überprüfung der beim Bundeszentralamt für Steuern vorhandenen Fälle sowie länderübergreifende Multiplikatoren -Schulungen. Die am Finanzamt München eingerichtete Task Force prüft inzwischen auch Sachverhalte mit Cum/Cum-Transaktionen . 2. Wie will die Staatsregierung sich an der gemeinsamen Cum/Cum-Aktion der Bundesländer beteiligen? Die rechtliche Bewertung sogenannter Cum/Cum-Transaktionen war lange umstritten. Mittlerweile hat der Gesetzgeber mit einer Änderung des Einkommensteuergesetzes (EStG) reagiert, die verhindern soll, dass Steuerausländer Cum/ Cum-Gestaltungen nutzen, um die Dividendenbesteuerung in Deutschland zu vermeiden. Durch die Einführung des § 36a EStG im Rahmen der Investmentsteuerreform bzw. des § 50j EStG im Rahmen des BEPS-Umsetzungsgesetzes wurde zum 01.01.2016 bzw. zum 01.01.2017 die Anrechenbarkeit der Kapitalertragsteuer bzw. deren Entlastung bei Cum/Cum-Gestaltungen beschränkt. Die Abteilungsleiterinnen und Abteilungsleiter (Steuer) des Bundes und der Länder haben darüber hinaus im März 2017 eine Bund-Länder-AG beauftragt, den Entwurf eines BMF-Schreibens zum Thema „Steuerliche Behandlung von Cum/Cum-Transaktionen” zu erarbeiten. Das BMF1- Schreiben soll konkrete und verbindliche Handlungsanweisungen zur steuerlichen Aufarbeitung vergangener Cum/ Cum-Gestaltungen für die Finanzämter bezogen auf Dividendenstichtage bis zum 31.12.2015 enthalten. Bei Cum/ Cum-Gestaltungen soll dabei im jeweiligen Einzelfall überprüft werden, ob eine missbräuchliche Steuergestaltung vorliegt. 3. Kann ausgeschlossen werden, dass die BayemLB ebenfalls in diese Praktiken verwickelt war? Nach den Ermittlungsergebnissen der Task Force im Rahmen der abgeschlossenen Betriebsprüfungen für Veranlagungszeiträume bis 2006 ergeben sich bisher keine Anhaltspunkte für Cum/Cum-Gestaltungen durch die BayernLB. Die Betriebsprüfungen für spätere Veranlagungszeiträume dauern derzeit noch an. 4. Welche Möglichkeiten sieht die Staatsregierung, über die vorgeschlagenen Maßnahmen hinaus, zur Aufklärung und Vermeidung von illegalem Dividendenstripping ? Die Finanzbehörden des Bundes und der Länder informieren sich gegenseitig über neue Verdachtsmomente sowie anonymisierte Ermittlungsergebnisse und stimmen das weitere bundeseinheitliche Vorgehen ab. 1 BMF = Bundesministerium der Finanzen