17. Wahlperiode 10.10.2017 17/17702 Bayerischer Landtag Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Prof. (Univ. Lima) Dr. Peter Bauer FREIE WÄHLER vom 07.04.2017 Gustav Weißkopf Symposium 19.10.2016 im Deutschen Museum Ich frage die Staatsregierung: 1.1 Ist der Staatsregierung als Veranstalter des Symposiums im Deutschen Museum am 19.10.2016 bekannt, dass der Gustav-Weißkopf-Forscher John Brown einer Teilnahme erst zustimmte, als ihm seitens des Durchführers (Deutsches Museum) Zusicherungen hinsichtlich eines ausgewogenen und in der Wissenschaft üblichen Ablaufs gemacht wurden? 1.2 Ist der Staatsregierung bekannt, dass trotz der Zusicherung des Deutschen Museums an Herrn John Brown, einen in der Wissenschaft üblichen „Call for Papers“ durchzuführen, dieser nicht stattfand, sodass die gegensätzlichen Standpunkte und Diskussionspunkte nicht klar umrissen und die Vorträge beim Symposium inhaltlich nicht darauf abgestimmt werden konnten und somit der Pro-Standpunkt weder eine Gelegenheit hatte , sich auf den Vortrag des Kontra-Standpunktes vorzubereiten , noch auf den Kontra-Standpunkt zu erwidern? 1.3 Ist ihr bekannt, dass ohne den „Call for Papers“ verhindert wurde, dass der Pro-Standpunkt in der Wissenschaft zitierfähig wurde? 2.1 Ist der Staatsregierung bekannt, dass sämtliche Redner des Pro-Standpunktes ihre (ohnehin kürzere) Redezeit (Brown 30 Min., Glaser 5 Min., Hanke 5 Min.) weitgehend einhielten, während sämtliche anwesende Redner des Kontra-Standpunktes ihre Redezeit um ein Vielfaches überzogen (Hanickel 32 statt 15 Minuten, Philipp 46 statt 15 Minuten), ohne dass der Moderator Prof. Dr. Helmuth Trischler vom Deutschen Museum hierbei eingriff ? 2.2 Ist ihr bekannt, dass der Moderator Prof. Dr. Helmuth Trischler Fragen aus dem Publikum, die an Herrn John Brown gerichtet waren, selbst beantwortete und dabei dem Standpunkt des Herrn John Brown widersprach, statt die Fragen neutral zu moderieren und an Herrn John Brown weiterzuleiten? 2.3 Ist ihr bekannt, dass der Redner des Deutschen Museums (Peter Hanickel) in dessen Vortrag Tatsachen leugnete , von denen er nachweislich bereits seit zwei Jahren Kenntnis hatte, die den Anspruch Gustav Weißkopfs auf den ersten Motorflug untermauert hätten*, und sogar Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. Gegenteiliges** vortrug in einem Kontext, der Gustav Weißkopfs Anspruch lächerlich erscheinen lassen sollte (*Mitführen von Acetylengas in Druckbehältern statt **Erzeugung von Acetylengas an Bord)? 3.1 Ist der Staatsregierung bekannt, dass die kurzfristige Absage des Redners Dr. Tom Crouch aus Washington DC von diesem zwar schriftlich mit Bauarbeiten, die in seinem Museum seit vier Jahren andauern, begründet wurde, aber dass dieser bei einer Veranstaltung in den USA zehn Tage später am 29.10.2016 im Avon Free Public Library, Connecticut, erklärte, seine Teilnahme in München abgesagt zu haben, weil er nicht im selben Raum wie Herr John Brown sein wollte? 3.2 Ist ihr bekannt, dass der Moderator Prof. Dr. Helmuth Trischler (Deutsches Museum) in seiner Anmoderation die Absage des Dr. Tom Crouch andeutungsweise so darstellte, dass diese krankheitsbedingt erfolgte? 3.3 Sieht die Staatsregierung in der kurzfristigen Absage eine Brüskierung der Leistungen von Gustav Weißkopf? 4. Ist ihr bekannt, dass Herr John Brown auf Deutsch und Englisch ein jeweils mehr als 500-seitiges Buch über das Hauptthema des Symposiums im Jahre 2016 veröffentlichte , und dass dieses Buch durch öffentlich-rechtliche Sender in drei Ländern (Deutschland [ZDF], Frankreich [ARTE] und Australien [ABC]) nach erfolgreichem Fakten-Check als TV-Dokumentation verfilmt wurde und dieser Film in Australien bereits eine Auszeichnung gewann ? 5. Teilt die Staatsregierung die Einschätzung, dass das von ihr veranstaltete, aber vom Deutschen Museum durchgeführte Symposium Merkmale aufwies, welche darauf hindeuten, dass das Deutsche Museum möglicherweise darum bemüht war, eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem flughistorischen Vermächtnis Gustav Weißkopfs zu vermeiden? 6.1 Welche Erkenntnisse liegen der Staatsregierung über den Flugpionier Gustav Weißkopf vor? 6.2 Wie beurteilt sie die zugunsten Gustav Weißkopfs bereits mehrfach vorgetragenen Argumente? 7. Ist die Staatsregierung der Meinung, dass die Position des Deutschen Museums im Hinblick auf die Erforschung Gustav Weißkopfs verbesserungswürdig ist? 8.1 Plant die Staatsregierung, weitere Symposien oder Foren dieser Art durchzuführen? 8.2 Wenn ja, wo und wann genau? 8.3 Wenn nein, warum nicht? Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/17702 Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 07.07.2017 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst wie folgt beantwortet: 1.1 Ist der Staatsregierung als Veranstalter des Symposiums im Deutschen Museum am 19.10.2016 bekannt , dass der Gustav-Weißkopf-Forscher John Brown einer Teilnahme erst zustimmte, als ihm seitens des Durchführers (Deutsches Museum) Zusicherungen hinsichtlich eines ausgewogenen und in der Wissenschaft üblichen Ablaufs gemacht wurden? Nein. Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass das Symposium eine gemeinsame Veranstaltung des Deutschen Museums und des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr war, wobei das Deutsche Museum die fachliche Betreuung und Einladung der Referenten übernommen hatte. 1.2 Ist der Staatsregierung bekannt, dass trotz der Zusicherung des Deutschen Museums an Herrn John Brown, einen in der Wissenschaft üblichen „Call for Papers“ durchzuführen, dieser nicht stattfand, sodass die gegensätzlichen Standpunkte und Diskussionspunkte nicht klar umrissen und die Vorträge beim Symposium inhaltlich nicht darauf abgestimmt werden konnten und somit der Pro- Standpunkt weder eine Gelegenheit hatte, sich auf den Vortrag des Kontra-Standpunktes vorzubereiten , noch auf den Kontra-Standpunkt zu erwidern? Das Deutsche Museum veranstaltet jährlich zwischen 30 und 50 wissenschaftlich anerkannte Workshops, Symposien und Konferenzen, häufig mit internationalen Kooperationspartnern aus aller Welt, und nutzt dabei unterschiedliche , in der Wissenschaft übliche Formate. Zu diesen zählen Veranstaltungen, die auf einem „Call for Papers“ basieren, ebenso wie solche, deren Programm von den Organisatoren zusammengestellt wird. Mit dem Symposium sollten die zum Thema „Gustav Weißkopf als erster Motorflieger?“ bestehenden unterschiedlichen Positionen dem interessierten Publikum durch hierzu vorab eingeladene Personen vorgestellt und ein Forum für Diskussionen geboten werden. Für ein solches Veranstaltungsformat und aufgrund des vorgesehenen Zeitrahmens für die Veranstaltung wurde auf einen „Call for Papers“ verzichtet, zumal die zur Verfügung stehenden Vortragszeiten bereits mit Vertretern beider Standpunkte mehr als gefüllt waren. Zudem konnte das Grundanliegen des Symposiums, nämlich eine offene, kritisch geführte Diskussion herbeizuführen, auch ohne einen „Call for Papers “ erreicht werden. 1.3 Ist ihr bekannt, dass ohne den „Call for Papers“ verhindert wurde, dass der Pro-Standpunkt in der Wissenschaft zitierfähig wurde? Die Zitierfähigkeit des „Pro“-Standpunkts ist unabhängig von einem „Call for Papers“. Den Vertretern des „Pro“-Standpunkts steht es frei, auf der Basis der während des Symposiums gehaltenen Vorträge Artikel mit dem Ziel der Publikation bei einschlägigen Fachzeitschriften einzureichen. 2.1 Ist der Staatsregierung bekannt, dass sämtliche Redner des Pro-Standpunktes ihre (ohnehin kürzere ) Redezeit (Brown 30 Min., Glaser 5 Min., Hanke 5 Min.) weitgehend einhielten, während sämtliche anwesende Redner des Kontra-Standpunktes ihre Redezeit um ein Vielfaches überzogen (Hanickel 32 statt 15 Minuten, Philipp 46 statt 15 Minuten), ohne dass der Moderator Prof. Dr. Helmuth Trischler vom Deutschen Museum hierbei eingriff? Nein, soweit einzelne Redner das ihnen zugedachte Zeitbudget überschritten, hatte der Moderator (insbesondere bei Herrn Philipp) entsprechend interveniert. Im Übrigen liegen der Staatsregierung keine genauen Informationen über die tatsächlichen Zeiten der einzelnen Redebeiträge vor. 2.2 Ist ihr bekannt, dass der Moderator Prof. Dr. Helmuth Trischler Fragen aus dem Publikum, die an Herrn John Brown gerichtet waren, selbst beantwortete und dabei dem Standpunkt des Herrn John Brown widersprach, statt die Fragen neutral zu moderieren und an Herrn John Brown weiterzuleiten? Nein. 2.3 Ist ihr bekannt, dass der Redner des Deutschen Museums (Peter Hanickel) in dessen Vortrag Tatsachen leugnete, von denen er nachweislich bereits seit zwei Jahren Kenntnis hatte, die den Anspruch Gustav Weißkopfs auf den ersten Motorflug untermauert hätten*, und sogar Gegenteiliges** vortrug in einem Kontext, der Gustav Weißkopfs Anspruch lächerlich erscheinen lassen sollte (*Mitführen von Acetylengas in Druckbehältern statt **Erzeugung von Acetylengas an Bord)? Die Aussagen des Redners des Deutschen Museums sind bekannt. Deren Bewertung bleibt jedoch der wissenschaftlichen Diskussion vorbehalten. 3.1 Ist der Staatsregierung bekannt, dass die kurzfristige Absage des Redners Dr. Tom Crouch aus Washington DC von diesem zwar schriftlich mit Bauarbeiten , die in seinem Museum seit vier Jahren andauern, begründet wurde, aber dass dieser bei einer Veranstaltung in den USA zehn Tage später am 29.10.2016 im Avon Free Public Library, Connecticut , erklärte, seine Teilnahme in München abgesagt zu haben, weil er nicht im selben Raum wie Herr John Brown sein wollte? 3.2 Ist ihr bekannt, dass der Moderator Prof. Dr. Helmuth Trischler (Deutsches Museum) in seiner Anmoderation die Absage des Dr. Tom Crouch andeutungsweise so darstellte, dass diese krankheitsbedingt erfolgte? 3.3 Sieht die Staatsregierung in der kurzfristigen Absage eine Brüskierung der Leistungen von Gustav Weißkopf? Gemäß Pressemitteilung des Deutschen Museums vom 19.10.2016 erfolgte die Absage von Dr. Tom Crouch wegen dringender beruflicher Verpflichtungen. Hierin wird keine Brüskierung der Leistungen von Gustav Weißkopf gesehen. Andere Erkenntnisse liegen nicht vor. 4. Ist ihr bekannt, dass Herr John Brown auf Deutsch und Englisch ein jeweils mehr als 500-seitiges Buch über das Hauptthema des Symposiums im Drucksache 17/17702 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Jahre 2016 veröffentlichte, und dass dieses Buch durch öffentlich-rechtliche Sender in drei Ländern (Deutschland [ZDF], Frankreich [ARTE] und Australien [ABC]) nach erfolgreichem Fakten-Check als TV-Dokumentation verfilmt wurde und dieser Film in Australien bereits eine Auszeichnung gewann? Bekannt ist, dass Herr John Brown ein Buch mit dem Titel „Gustav Weißkopf und die Brüder Wright“ (2016) geschrieben hat und dass es zu Gustav Weißkopf auch TV-Beiträge gibt. Über damit zusammenhängende Auszeichnungen liegen der Staatsregierung jedoch keine Informationen vor. 5. Teilt die Staatsregierung die Einschätzung, dass das von ihr veranstaltete, aber vom Deutschen Museum durchgeführte Symposium Merkmale aufwies , welche darauf hindeuten, dass das Deutsche Museum möglicherweise darum bemüht war, eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem flughistorischen Vermächtnis Gustav Weißkopfs zu vermeiden ? Nein. 6.1 Welche Erkenntnisse liegen der Staatsregierung über den Flugpionier Gustav Weißkopf vor? Die, die auch der interessierten Öffentlichkeit zugänglich sind. Die auf dem Symposium am 19.10.2016 vorgetragenen Argumente und Positionen haben das Spektrum der kontroversen Standpunkte zum Thema „Gustav Weißkopf als erster Motorflieger?“ breit ausgeleuchtet. Die von den Referenten zur Verfügung gestellten Vortragsunterlagen wurden zudem auf der Internetseite des Staatsministeriums des Innern , für Bau und Verkehr zum Download bereitgestellt. 6.2 Wie beurteilt sie die zugunsten Gustav Weißkopfs bereits mehrfach vorgetragenen Argumente? Seitens der Staatsregierung findet in wissenschaftlichen Streitfragen keine Beurteilung statt. Inwieweit die Fachwelt historische Ereignisse würdigt, ist auch keine politisch zu entscheidende Frage, unabhängig davon, dass es hinsichtlich des Andenkens an Personen durchaus zu berechtigten politischen Entscheidungen kommen kann. Diese Fragenkreise sind nach hiesiger Auffassung aber stets strikt zu trennen. 7. Ist die Staatsregierung der Meinung, dass die Position des Deutschen Museums im Hinblick auf die Erforschung Gustav Weißkopfs verbesserungswürdig ist? Nach hiesiger Kenntnis plant das Deutsche Museum, dem Thema „Gustav Weißkopf“ im Rahmen der Neugestaltung seiner Luftfahrtabteilung einen breiten Raum zu geben. Die Staatsregierung begrüßt diese Planung. 8.1 Plant die Staatsregierung, weitere Symposien oder Foren dieser Art durchzuführen? 8.2 Wenn ja, wo und wann genau? 8.3 Wenn nein, warum nicht? Zweck des Symposiums am 19.10.2016 war es, die zum Thema „Gustav Weißkopf als erster Motorflieger?“ bestehenden unterschiedlichen Positionen dem interessierten Publikum vorzustellen und überhaupt erst einmal ein Forum für Diskussionen zu bieten. Die weitere wissenschaftliche Kontroverse sollte jedoch in geeigneter Weise auf wissenschaftlicher Ebene fortgeführt werden. Die Staatsregierung plant daher derzeit nicht, sich an entsprechenden wissenschaftlichen Veranstaltungen fachlich zu beteiligen.